Dienstag, 20. November 2007

Interpol, Köln, 19.11.07


Konzert: Interpol & Blonde Redhead

Ort: Palladium Köln
Datum: 19.11.2007
Zuschauer: höchstens halb voll


Nachdem die letzten Takte von "Stella was a diver and she was always down" um kurz nach elf verklungen waren, habe ich es bereut, im August kurzfristig nach Thüringen zum Highfield Festival gefahren zu sein. Da waren Interpol aus New York Headliner des ersten Abends und lieferten ein perfektes Konzert ab. Aber an diesem Auftritt sollte sich eben auch der heutige im Palladium messen lassen. Und auch wenn ich mich redlich um Unbefangenheit bemüht hatte und nicht schon mit dem Gedanken "im Palladium kann das ja nichts werden" angekommen war, war das Konzert so, daß es mich nicht berührt hat - obwohl ich diese Band liebe und obwohl ich ihre Musik liebe und - eben obwohl ich im Sommer erlebt habe, wie herausragend Interpol live sein können.

Mich
überraschte am Anfang gleich, wie leer das riesige Palladium war. Auf den Tickets stand Beginn 20 Uhr pünktlich, was bei den letzten Malen eine gute Idee war, weil die Vorgruppen dann auch begannen (Herman Düne & die Blood Red Shoes). Um halb acht war allerdings noch so gut wie niemand im Saal. Blonde Redhead als Support sind zwar sicher nicht massen-bekannt, sie sind aber doch namhaft und ein großer Name als Vorgruppe, daß eigentlich für mich nicht zu erwarten war, daß die sich so wenige nur ansehen wollten. Bei den Blood Red Shoes vor Maximo Park war schließlich schon die Hölle los gewesen. Nun denn...

Blonde Redhead stammen wie die Band, für die sie eröffnen, aus New York. Die
Indieband besteht aus einem italienischen Zwillingspaar an Bass und Schlagzeug (Amedeo und Simone Pace) und der japanischstammigen Sängerin, Gitarristin und Keyboarderin Kazu Makino. Kazu hatte ein schlumpfblaues kurzes Kleid und eine Netzstrumpfhose an und hatte (der Eindruck enstand dann mit dem Einsetzen ihres zarten Gesangs) durchaus etwas (nein, nichts von Schlumpfine!) Elfenhaftes. Kazus Gesang ist ganz eindeutig das charakteristische Merkmal der Musik der New Yorker. Ein sehr schönes Beispiel dafür war gleich "Dr. Strangeluv" vom aktuellen Album "23", mit dem sie einiges nach acht begannen. "23" ist bereits das siebte Blonde Redhead Album. Ich kenne bisher nur die letzten beiden. Die sphärisch-rockigen Lieder sind absolut faszinierend und eigen und begeistern mich immer wieder. Für das Palladium und als Stimmungsmacher war das allerdings nichts. Um mich rum quatschten die Leute laut, klatschten dann aber am Ende der Lieder, die sie nicht (und ich ihretwegen kaum) gehört haben. Blonde Redhead sind definitiv eine Band, die man sich live ansehen sollte, dann allerdings in einem Club von Gebäude 9 Größe und als Hauptgruppe. So, vor wenigen Leuten, verpufften Hits wie "23" oder "Spring and by summer fall" leider vollkommen.

Setlist Blonde Redhead Palladium Köln folgt!

Als sich der Interpol Auftritt näherte, wurde es vorne voller. Voller, nicht voll. Der Balkon des Palladiums war ohnehin geschlossen, oben liefen nur eine Handvoll Leute in dem kleinen abgesperrten VIP-Bereich rum, u.a. Blonde Redhead. Ansonsten war es eben so kläglich gefüllt, daß man nach dem Ende ohne eine Sekunde zu warten, an die Bar kam. Normalerweise braucht man von vorne schon Ewigkeiten bis in Barnähe, heute war alles sehr übersichtlich. Schön, um Getränke zu kaufen, unschön für Konzerte.

Auf der Bühne standen schon während Blonde Redhead die LED-Türme, die später zum Einsatz kommen sollten. Als es dann dunkel wurde und die Band rauskam, erschien auf der Bühnenrückwand die Scene vom Cover der aktuellen CD, in der ein
Kudu von zwei Löwen gerissen wird. Dazu erklang das Lied, das wohl zur Zeit alle Interpol-Konzerte eröffnet, "Pioneer to the fall." Selbstverständlich waren die fünf New Yorker wieder sehr stylish gekleidet, insbesondere Gitarrist Daniel Kessler und Bassist Carlos Dengler sahen aus, als kämen sie gerade aus einer Fifth Avenue Boutique. Sänger Paul Banks trug ein weißes weites Hemd und einen schwarzen Schal unter dem Hemd. Auf der Bühne wird die Band zwar routiniert, allerdings nicht vollkommen abgehoben und kühl, wie das viele immer behaupten. Carlos und Daniel bewegen sich viel auf der Bühne, stehen nicht bloß auf ihren Plätzen und genießen die Aufmerksamkeit.

Ich hatte im Gegensatz zum Highfield-Festival Gelegenheit, dies alles zu beobachten, denn da war ich wegen des phänomenalen Sounds so im Banne der Musik, daß um mich rum sonstwas hätte passieren können, ich hätte es vermutlich nur sehr am Rande mitbekommen. Dieser Zauber (oh Gott, ich werde kitschig) fehlte mir im Palladium. Es ist der Fluch der vielen Konzerte, daß ein
gutes Konzert nicht mehr gut genug ist, wenn eben auch hervorragende dabei sind. Gut war es auch in meinen Augen, gar keine Frage, um es aber mit Jette Joob zu formulieren, touchiert hat es mich nicht.

Aber weg von dem, was nicht war und zu dem, was war. Bei den Setlisten, die so im Internet rumgeistern, fällt auf, daß die Band extrem variabel ist. Interpol scheinen einen Live-Vorrat von 20, 25 Liedern zu haben, aus denen sie auswählen. Die Zugaben
scheinen zwar auch immer ein Grundgerüst zu haben ("NYC", "Leif Erikson", "PDA", "Stella" und "Obstacle 1"), sich aber eben abzuwechseln. Die großen Hits der drei Alben (z.B. "Evil", "Narc", "Slow hands" oder "Heinrich maneuver") werden immer gespielt, dazu kommen aber eben auch neben den Singles "kleinere Lieder" (doofer Begriff, Albumtitel, die keine Single sind, meinte ich), wie das unglaubliche "Not even jail", das für mich eines der schönsten Stücke der Band ist. Ein Song, den viele liebe, den ich aber eher unspektakulär finde, ist "The lighthouse", den nur Paul und Daniel - und im Hintergrund Keyboarder Blasco (mit Hut!) in unglaublich kaltem Licht spielten.

"Not even jail" scheint auch der Band wichtig zu sein, das Lied kam nämlich als letztes vor den Zugaben, nachdem mit "Evil" und "
Heinrich maneuver" noch einmal richtig abgeräumt wurde. Nach ein paar Minuten Abtrocknen kamen die vier zu den Zugaben zurück. Dabei bildete "Stella" wie schon beim Highfield den Abschluß, wieder also ein besonderes Lied-Highlight am Ende.

Diese Band ist grandios, gar keine Frage! Vermutlich hat sie das Palladium auch bestmöglich gemeistert (ich kann das schwer einschätzen), in einem anderen Saal (und in einer anderen Ecke des Publikums) hätte es vielleicht auch für mich überragend sein können. Vor allem aber hat Interpol es nicht verdient, vor halbleerem Haus zu spielen. Die Karten waren für die Größe der Band angemessen teuer, es findet zur Zeit in der Kategorie nicht viel anderes an Konzerten statt (die Kaiser Chiefs waren ja auch nicht ausverkauft). Eventuell haben sich wirklich viele vorher vom Palladium abschrecken lassen. Jedenfalls war es dann so leer, daß es das E-Werk sicher auch getan hätte.

Setlist Interpol Palladium Köln:


01: Pioneer to the fall
02: Say hello to the angels
03: Narc
04: C'mere
05: The scale
06: Mammoth
07: No I in threesome
08: Slow hands
09: Rest my chemistry
10: The lighthouse
11: Take you on a cruise
12: Evil
13: Heinrich maneuver
14: Not even jail

15: Leif Erikson (Z)
16: Obstacle 1 (Z)
17: Stella was a diver and she was always down (Z)

Links:

- Interpol live...
- beim Highfield Festival (August 2007)
- in der KulturKirche in Köln (Mai 2007)
- in Paris im Mai 07
- Fotos vom Palladium Auftritt



8 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

dem kann ich mal uneingeschraenkt zustimmen. professionell, aber nicht zu sehr, dass es nach kuehler routine klaenge, gut, aber nicht bewegend. nur blonde redhead fand ich eher doof. aber, nu.

Christoph hat gesagt…

Und ich dachte schon, ich wäre der einzige, dem es so gegangen wäre!

Anonym hat gesagt…

ich hab jose gonzales (ebenfalls gestern in köln) sausen lassen und gleichzeitig mein motörhead-budget dafür hingeblättert.
jetzt wünscht ich nur noch, ich könnte dir wenigestens widersprechen..

Anonym hat gesagt…

Ich kann mich da nicht ganz so anschließen. Für mich war es das erste Interpol Konzert und daher bin ich mit recht wenigen Erwartungen (und Erfahrungen) hingegangen. Von daher kann ich einfach nur sagen, dass ich das Konzert richtig gut fand, es hat übelst gerockt und ich ging anschließend mit einem sehr guten Gefühl und Lust auf mehr nach Hause!
Blonde Redhead fand ich grauenvoll!

Anonym hat gesagt…

für mich war es das zweite interpol konzert und für ein konzert im palladium fand ich es gut. vielleicht sogar sehr gut. die band ist nun mal eher von der kühlen sorte. als sie im ewerk waren haben sie noch weniger gesagt. ich fand gerade die "love to admire" songs unheimlich fesselnd.

Anonym hat gesagt…

am vortag gab es bereits nur noch 50 Karten. Das ist definitiv. Man will also nicht mehr Leute dort haben, es ist keineswegs so, dass es an der Band(s) o.ä. lag.

Christoph hat gesagt…

Oh, das wußte ich nicht. Ich habe eben nur gemerkt, daß viel weniger Leute da waren als bei Maximo Park, den Sportfreunden Stiller, Arcade Fire oder Amy Winehouse. Sehr viel weniger.

Warum war es dann nicht im E-Werk? War das was anderes? Ich habe nichts bemerkt.

Ich habe auch die Schanzenstraße und die Querstraße nie so leer erlebt.

Anonym hat gesagt…

Warum weiss ich auch nicht. Aber die Info ist verlässlich und kommt von jemandem mit ZUgrif aufs Ticketing-System und Panik, dass er selbst überhaupt noch eines bekommt.

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates