Montag, 30. April 2007

Konzertrückblick: Patrick Wolf, Köln, 21.04.07

2 Kommentare

Konzert: Patrick Wolf
Ort: Köln, Gebäude 9
Datum: 21.04.2007


Argh, ich komm immer noch nicht von dem Zeug weg. Das macht aber auch Spaß. Ich hab die letzten, puh..bestimmt 7 Jahre keine Seifenblasen mehr gemacht. Das muss aufgeholt werden! Gestern hab ich angefangen. Und jetzt sind meine Finger ganz klebrig davon. Und der Glitzer geht auch, trotz mehrmaligem, ausgiebigen Duschen nicht mehr aus den Haaren raus. Das sind die Souvenirs die ich, neben dem Merchandise versteht sich, vom Patrick Wolf Konzert für mich, oder sollte ich sagen an mir behalten habe. Was für ein Abend. Meine Begleitung und ich kamen 10 Minuten vor Einlass am Gebäude9 an und stellten uns zu den anderen wartenden Menschen. Irgendwas ist bei meiner Planung schief gegangen. Ich bin ja an sich die notorische 2Stunden-vor-Einlass-dasein-Konzertgängerin. Geplant war auch, dass ich eine Stunde früher da sein würde. Aber irgendwie waren es dann nur 10min. Dabei beträgt meine Anreise gerade mal 20min. Na, ist ja auch egal. Also wir noch ein paar Minuten gewartet und die ganze Zeit uns mit unseren Seifenblasen vergnügt. Die übrigen Fans (zum größten Teil weiblich) sahen häufig etwas zu übertrieben auf Patrick-Wolf-Stil oder ihre Interpretation dieses gestylt aus. Nett waren die Meisten aber trotzdem. Also wurde dann noch ein bisschen geplaudert und es ging rein. Die eine und Andere kaufte sich noch ein T-Shirt vor der Show auf dem entweder ein Einhorn (genau jenes, welches Patrick auch auf seiner linken Brust tätowiert hat) abgebildet war oder Auszüge aus der Accident&Emergency-Lyrics geschrieben waren und daneben noch eine Giraffe und ein Herz gemalt waren. Ganz ehrlich: das T-Shirt hat schon Ähnlichkeit mit einem Picasso. Und das meine ich ernst!


Drinnen dann weiter gemacht mit Seifenblasen. Ich sag’s euch, ihr müsst das alle noch mal probieren. Es macht wirklich Spaß! Eine viertel Stunde vor offizieller Zeit begann dann bereits der wunderbare Support Act sein Set zu spielen.


Eine Frau gekleidet in einem extravaganten, recht kurzen Kleid mit schwarzer Strumpfhose und roten hohen Lackschuhen (auf welche ich übrigens äußerst neidisch bin) kam auf die Bühne. Bishi heißt die Dame aus London. Und sie macht eine Mischung aus elektronischer, indischer Musik. Auf der Bühne war sie alleine mit ihrer spezial auf Wunsch gebauten Sitar aus Neu Delhi wo sie, wie sie erzählte auch studiert hat. Schon nach dem 2. Song war das Publikum schon vollkommen auf die junge Musikerin eingestellt und von jedem weiteren Stück begeistert. Mir ist besonders „Magus“ im Ohr geblieben. Nach etwa 30 Minuten war sie leider schon fertig mit ihrem Auftritt. Aber lieber kurz eine gute Band sehen, als 1 ½ Stunden eine miserable Vorband. Sie kam auf jeden Fall sehr gut an.

Nach einer mehr oder weniger kurzen Umbaupause kam die Band, die Herrn Wolf an diesem Abend unterstütze, auf die Bühne. Inklusive neuem Schlagzeuger. Marcel heißt der gute Mensch. Die Geschichte von Zach haben ja nun doch so ziemlich alle mitbekommen. Aber das ist die Angelegenheit von Patrick allein und sollte das Publikum an diesem Abend wenig stören. Einige Zeit nach der Band und unter dem Gekreische junger und älterer Mädchen kam er dann auf die Bühne. Gekleidet in einem schwarzen Overall der an die Kleidung eines Bergmanns erinnerte. Er griff zur Geige und begann mit einem Intro welches zu „Overture“ überleitete. Einer meiner Lieblingssongs von der neuen Platte. Das Gekreische und das Jubeln der männlichen Konzertbesucher wurde von Song zu Song lauter. Es wurde energetisch getanzt und ich meine sogar ein paar Leute pogen gesehen zu haben. Bei „Get Lost“ war es dann soweit und der junge Herr aus London riss sich den Overall vom Leib und darunter kamen, neben seiner üblichen recht kurzen Hose, unter welcher er diesmal goldene Leggins trug ein weiß-grün kariertes Hemd mit schwarzer Weste und eine Kette mit einem roten Schlüssel, sozusagen dem „Magic Key“ zum Vorscheinen. Der Höhepunkt des Abends, neben Hits wie „Accident&Emergency“, „Bloodbeat“ und „The Libertine“ war ein Kelly Marie Cover Namens „Feels Like I’m In Love“. Der Song war so was von klasse gecovert!!! Meiner Meinung nach 1000000x besser als das Original. Aber das ist ja bekannter Weise Geschmackssache. Patrick versprach Ende des Jahres noch einmal nach Deutschland zu kommen. Und wer ihn dann verpasst, der hat’s nicht anders verdient! Hier die Setlist des Abends:

Setlist Patrick Wolf:
01: Intro
02: Overture
03: Get Lost
04: To The Lighthouse
05: Pigeon Song
06: The Bluebell
07: Bluebells
08: Tristan
09: (Solo) Who Will
10: The Libertine
11: Accident & Emergency
12: The Stars
12: Magic Position

13: Feels Like I'm In Love (Kelly Marie Cover) (Z)
14: ?? (Z)
15: ?? (Z)


16: Magpie (zusammen mit Bishi) (Z)


von Magali



Sonntag, 29. April 2007

Festivalcheck: Haldern-Pop

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Festival:
Haldern-Pop
Ort: Haldern bei Rees
Das ist wo: am Niederrhein, ziemlich ab vom Schuß
Datum: 2. - 4. August

Über das Festival: Kleines aber sehr feines Festival, das einfach viel Spaß macht.

Zuschauermenge: 5.000, sehr angenehm klein

Bands 2006: Element of Crime, The Kooks, The Wrens, The Rifles, The Divine Comedy, The Cooper Temple Clause, Martha Wainwright, Guillemots und andere

Bands 2007: The View, The Magic Numbers, Editors, Jamie T, Jan Delay, Malajube, Polarkreis 18, Duke Special, Two Gallants, Tunng, Brakes u.a.

Pluspunkte: Kein Gedränge, tolle Bands, nette Leute, keine Parkprobleme

Minuspunkte: Anreise, Regen (es regnet immer in Haldern!)

Besonderheiten: Extrem familiär! Die Bands werden mit selbstgemachtem Essen (und Kuchen) versorgt, laufen über das Gelände, als sei das vollkommen normal.

Preis: 55,- für drei Tage (incl. Zelten & Parken)

Bewertung (1-10 Punkte, 10 ist Höchstnote):
Bands: 7,5
Verpassgefahr:* 10
Anreise: 5
Parken: 10
Festivalgelände: 8,5
Essen & Trinken: 7
Preise dafür: 9
Publikum: 10
Gedrängefaktor: 9
Preis/Leistung: 9

Gesamtnote: 8,5

Fazit: Vermutlich das beste deutsche Festival. Durch die Begrenzung auf 5.000 Zuschauer bleibt eine gemütliche Atmosphäre erhalten, obwohl das Programm keinesfalls provinziell ist. Die Veranstalter schaffen es perfekt, bekannte Acts mit Bands, die gerade groß werden, zu kombinieren. Besser könnte man so ein Festival nicht organisieren. Wenn es nur zentraler läge und der Regen nicht wäre.


* Verpassgefahr: Finden viele Sachen parallel statt, so daß man Bands verpaßt? (1=dauernd, 10=gar nicht) Gedrängefaktor: Wie schlimm ist das Gedränge? (1=grausam, 10=jede Menge Platz)




Samstag, 28. April 2007

Bloc Party, Paris, 27.04.07

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Konzert: Bloc Party
Datum: 27.04.2007
Ort: L'Olympia
Zuschauer: Ausverkauft


Kann man eine Band wegen ihres Publikums hassen? Oder zumindest weniger mögen als vorher (vorher heisst in diesem Falle vor zwei Jahren, als Bloc Party noch in der winzigen Boule Noire auftraten). War damals noch das gesamte Pariser Indie-Publikum versammelt, so sah ich heute kaum bekannte Gesichter. Hat sich etwa das Szene-Publikum von der Band verabschiedet und sind die Engländer jetzt nur noch Spielball von Mainstream-Hanswürsten?

Mich beschlichen ernsthafte Zweifel, die auch noch dadurch bestärkt wurden, dass in meiner Nachbarschaft nur streberhaft wirkende Typen rumstanden, die sich mal locker gemacht haben, weil heute Freitag war. Casual Friday sozusagen, diese vor allem in Banken und Anwaltskanzleien gängige Einrichtung, bei der sich die mausgrauen Angestellten, die sonst in feinen Zwirn gehüllt sind, mal die Krawatte aufmachen dürfen, oder gar (hey, wie wild!) im Polo-Shirt zur Arbeit erscheinen dürfen.

Während ich mich dann noch ein bisschen weiter über die bebrillten und seitengescheitelten Typen und ihre doofen Freundinnen ereiferte, wartete ich ungeduldig darauf, dass es endlich losging. Irgendwie war ich schon ziemlich mies drauf und ich fragte mich, ob ich nicht lieber zu Electrelane gegangen wäre, die zur gleichen Zeit in einer anderen Pariser Location spielten.

Gegen 21 Uhr startete das Ganze dann endlich. Opener war ganz wie auf dem neuen Album "A weekend in the city" das Stück "Song for clay (disappear here)", bei dem Sänger Kele Okereke zu Beginn unfassbar hohe Töne anschlug. Dies schwierige Aufgabe meisterte er aber mit Bravour, bevor dann krachende Gitarren einsetzten. Das Publikum ging gleich von Beginn an stürmisch mit. Mich liess das aber erstaunlich kalt. Ich hatte das Gefühl, dass hinter der lauten Gitarrenwand eine ziemlich lauwarme und sterile Suppe gekocht wurde! Auch das nachfolgende "Positive tension", eigentlich ein Lied, das ich sehr mag, erreichte mich nicht. War die enthaltende Songzeile "Play it cool, boy" etwa die passende Programmansage? Coole Musik, ohne Gefühl also? "Hunting for witches" konnte den schlechten Eindruck leider nicht wegwischen. Diese Elektronik-Gefrickel und wieder diese zwar krachenden, aber glatt wirkenden Gitarrenriffs. War ich etwa bei Muse oder Placebo gelandet, also den schlimmsten Schrottbands, die frei rumlaufen? Dann endlich ein Lichtblick! Banquet!! Ja, das kam gut! Sehr gut sogar! Anscheinend gefällt mir doch das erste Album "Silent Alarm" immer noch wesentlich besser. Und ich denke auch zu wissen, warum: hier ist der Sound noch wesentlich roher, ruppiger, abgehakter. Mehr Gang of Four (die beste Band aller Zeiten), weniger Muse. Danach aber leider wieder höchstens Durchschnittskost mit "Where is home?" und dem mainstreamigen "I still remember". Bitte, liebe Jungs von Bloc Party: in die Mülltonne mit solchen Songs, o.k. Auf jeden Fall stärker, aber auch nicht 100 % überzeugend, war dann schon "Prayer". Um aber auch mal ein Lied von dem neuen Album zu loben: "Uniform" ist eines der besten Stücke, die Bloc Party je geschrieben haben! Zu Beginn langsam und melancholisch, entwickelt sich die Nummer im weitern Verlauf zu einem unglaublichen Stampfer, ein Abräumer allererster Güte! Damit hatten sie bei mir das Eis gebrochen, endlich hatte auch ich mich locker gemacht und tanzte beschwingt zu "Here we are" mit. Einem Mädchen im Publikum ging es da weniger gut. Sie fiel gleich neben mir in Ohnmacht, berappelte sich zum Glück aber schnell wieder. Wahrscheinlich war die Bullenhitze Schuld an ihrem Kollaps. Wie Hohn muss es dann wohl in ihren Ohren geklungen haben, als Kele bei "Eating glass", "it's so cold in this house" ins Mikro schrie. Da es dem Mädchen aber glücklicherweise besser ging, wollte ich mir nicht mehr die Laune vermiesen lassen, hatte doch die Stimmung und die Qualität gerade ihren Höhepunkt erreicht. Monsieur Okereke verausgabte sich, als stünde sein Leben auf dem Spiel und Matt Tong, der fabelhafte Drummer, sorgte mit seinem wahnwitzigen Trommelwirbel zu Beginn des Stücks dafür, dass Hände und Köpfe wild durch die Gegend wirbelten. Eine ganz ganz grossartige Phase war das, ich war jetzt endgültig aus meinem Schmollwinkel raus und in Fahrt gekommen. "Like drinking poison and eating glass" schrien alle begeistert mit. Das Olympia war zum Hexenkessel geworden. " We got crosses on our eyes, we have been walking into the furniture". Kele war nicht zu stoppen. Toll, toll, toll! Aber was war jetzt los? Die Burschen verliessen die Bühne. Sollte etwa nach zwölf Liedern schon Schluss sein, jetzt, wo es am Schönsten war? - Natürlich nicht! Es gab nämlich noch vier Zugaben! Bei "She's hearing voices" imitierten alle das "Hey, hey, hey", das in dem Lied vorkam. Überflüssig zu sagen, dass das eine unglaubliche Zugnummer war. Aber das Beste hatten sie sich natürlich für den Schluss aufgehoben. Klar, ich rede von.... Helicopter. Was auch sonst! Dieser Überhit hat nichts, aber auch gar nicht von seiner Zugkraft eingebüsst. Kam so gut wie eh und je!

Ein würdiger Abschluss, keine Frage. Die meisten glaubten, der Vorhang sei endgültig gefallen, auch ich bewegte mich Richtung Ausgang. Aber Moment, Moment, noch war die Messe nicht gelesen. Zu meiner hellen Freude spielten sie noch "Pioneers". Neben den wavigen Gitarren in diesem Stück haben mir immer schon einige Songzeilen sehr gefallen, z.B.: "if it can be lost, than it can be won". Ja, diese Hoffnung aus einer depressiven Grundstimmung heraus, hat schon was "Bewegendes", auch wenn es kitschig klingen mag. So konnte ich dem Lied dann auch die Lehre aus dem heutigen Abend entnehmen. "All you need is time" heisst es da. Lässt sich auch auf das Konzert anwenden. Brauchte etwas, um in die Gänge zu kommen und mich zu berühren, aber am Ende knallte es dann um so doller! Bloc Party, Bloc Party, Bloc Party!!!

Setlist Bloc Party:

01: Song for clay (disappear here)
02: Positive Tension
03: Hunting for witches
04: Waiting for the 7:18
05: Banquet
06: Where is home?
07: I still remember
08: This modern love
09: The Prayer
10: Uniform
11: So here we are
12: Eating glass

13: Sunday (Z)
14: She is hearing voices (Z)
15: Little thoughts (Z)
16: Helicopter (Z)

17: Pioneers (Z)

Bloc Party live erleben:

O4. Mai 2007: Berlin
O5. Mai 2007: Wien
O6. Mai 2007: Dresden
08. Mai 2007: Köln
09. Mai 2007: München
10. Mai 2007: Lausanne

von Oliver



Freitag, 27. April 2007

Konzertrückblick: Hanne Hukkelberg, München, 14.04.07

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Konzert: Hanne Hukkelberg
Ort: Ampere München

Datum: 14.04.2007


Unter gleichsam geistlichem Beistand fand das Konzert von Hanne Hukkelberg im Ampere am 14.04.07 statt, hatte sich doch 'Monsignore Mühlich' unter die ca. 100 Zuhöhrer gemischt. Und wie ich vernehmen konnte, folgte er damit dem Tip eines guten Bekannten. Da mich sein aufdringliches Gequatsche in Folge nervte, entfernte ich mich und suchte ein weniger unaufgeräumtes Plätzchen in der nur mäßig gefüllten Location auf, konnte aber den Herren während der Veranstaltung häufiger in Begeisterung verfallen sehen.


Unter einem gleichsam schlechten Stern stand das Konzert, da in der anliegenden Muffathalle ein Nachwuchsband Wettbewerb stattfand, zu dem als Stargast Adam Green geladen war. Die Veranstaltung war kostenlos und so verlief sich der eine oder andere Unentschlossene doch noch in die falsche Veranstaltung. Aber: das euphorische, kundige Auditorium machte die Leere im hinteren Publikumsbereich allemal wett. Denn die Band spielte ein hochkonzentriertes, musikalisch ausgereiftes, feinädriges Set. Unter Einsatz diverser Klanginstrumente in Symbiose mit dem oktavenübergreifenden, dynamischen und Grenzen auslotenden, narrativen Gesang Hannes und der prima Zweitstimme der Line Horntveth fanden die Songkonstruktionen schnell eine aufmerksame, begeisterte Zuhörerschaft. und tatsächlich gelang es den fünfen, die hochsensiblen Stücke in realiter wie 1:1 vom Tonträger erstehen zu lassen. Das hervorragende, peinlich genaue abgestimmte Zusammenspiel der Musiker war nur eine der notwendigen Voraussetzungen hierfür. Vielmehr stand die Lust und Liebe an der Beschäftigung mit Klängen und dem Ineinanderfügen von tonalen Erzeugnissen im Vordergrund. ob es ein Kinderklavier, die Speichen eines Fahrrads, der Mülltonnendeckel oder eines der diversen Percussiongeräte war, alles fügte sich, ordnete sich in die Klangfamilie ein.

Die wirklich kleine Hanne Hukkelberg taute während des Konzertes zunehmend auf, erlaubte sich den einen oder anderen Spaß und kommentierte Ereignisse, die den Abend ornamentierten: Stöckelschuhe, die auf dem Gang zum Klo hallten, das Noisegewitter der Boxen mitten in einem Titel, den Jubel des Publikums. Zum Dank gab es denn auch zwei Zugaben.

Meine Highlights waren "Ticking bomb", "The north wind", das Pixies-Cover "Break my body" und "Ease". Wobei ich mir gewünscht hätte, dass Hanne öfter ihre Stimme in den mittleren Höhen bewegt hätte, da sie dort, kraftvoll, energisch singend, noch mehr Gänsehaut, Wohlgefühl erzeugen kann. Weitere Titel waren: "Cast anchor", "Words & a piece of paper", "Berlin", "Cheater's armoury", "The pirat".

Die außerordentlich sympathische Band:
Hanne Hukkelberg - voc, violin, perc, bicycle
Line Horntveth - fl, voc, tuba, toy piano
Thomas Helland - keys, acc, g, voc
Henning Sandsdalen - g, b
Peter Baden - dr & perc
Anders Aasebøe - sound engineer

von Eike von das Klienikum

Foto: Eike



Donnerstag, 26. April 2007

Les Shades, Paris, 25.04.07

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Konzert: Les Shades
Datum: 25.04.2007
Ort: Le nouveau Casino
Zuschauer: von einer ganzen Horde 17-jähriger Girlies dicht besiedelt


Ich hatte mir fest vorgenommen, heute auf kein Konzert zu gehen, sondern wollte stattdessen das schöne Wetter geniessen. Da bekam ich plötzlich bei MySpace ein Bulletin von Ground-Zero, "A nice indie-record store in Paris", in dem darauf hingewiesen wurde, dass die neue CD von Electrelane bei ihnen eingetroffen sei. Da ich die junge englische "Girlgroup" spätestens seit ihrem Auftritt im Vorprogramm von Arcade Fire sehr schätze, musste ich den neuen Silberling gleich haben und machte mich auf den Weg zu Ground Zero. Wohlgemerkt: ich wollte nur CDs kaufen, was ich dann auch tat. Beim anschliessenden Bummel durch die szenige Rue Oberkampf lief mir dann aber Gustave Naast von der Pariser Nachwuchsrockgruppe Naast über den Weg. Ein unglaublicher Schönling der Bursche, mit seinen braunen Haaren und den feinen Gesichtszügen sieht er mindestens so gut aus wie der junge Alain Delon, was Gustave aber wohl auch weiss, er wirkt nämlich auf den ersten Eindruck ziemlich arrogant. Kurzum, ich dachte mir, wenn der sich hier so rumtreibt, spielen bestimmt irgendwelche jungen Bands aus der gehypten Pariser Nachwuchsszene im nahegelegenen Nouveau Casino. Der Blick auf die gestylten Teenager, die da vor dem Laden rumhingen, (allesamt in hautenge Skinny-Jeans gehüllt, spitze Schuhe, trendige Frisuren von Toni & Guy), nahm mir dann jeglichen Zweifel am Auftreten von Bands der "neuen Pariser Schule". Der Blick auf den weissen Zettel, der an der Tür des Nouveau Casino hing, verriet mir dann auch den Namen: Les Shades (und also nicht Naast).

Von dieser Band hatte ich schon viel Gutes in der lokalen Presse gelesen, vor allem, dass sie von dem Pariser Tausendsassa Bertrand Burgalat (Musiker, Produzent, Labelbetreiber) betreut werden und im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen auf französisch singen.

Da ich dann auch noch auf meinen Pariser Bekannten Jeremie stiess, der bei der Band Dorian Pimpernel singt, beschlossen wir, gemeinsam die Shades unter die Lupe zu nehmen. Zuvor spielte aber noch eine andere Band, denn die Veranstalter des Festivals Rock en Seine hatten hier ein richtiges kleines Vorfestival für den Nachwuchs organisiert (Les Avant Seine). Kurz vor zehn war es dann aber soweit. Überwiegend in weiss gehüllt, betraten die fünf Lieblinge der pubertierenden Pariser Girlies vor den Augen ihres Mentors Bertrand Burgalat die Bühne und spielten ein flottes und melodisches Garagenrock-Set.

Ein wenig erinnerte das an Telephone, aber auch Bands der neuen deutschen Welle, wie UKW oder gar Nena kamen mir vor allem aufgrund des poppigen Keyboard-Stils von Hugo (ein neuer Uwe Fahrenkrog-Petersen, wenn man so will) in den Sinn. Gespielt wurden Hits von ihrer bereits bei Tricatel erschienenen EP, wie z.B. "Le prix à payer", "Electrique" oder le "Temps presse". "Le temps presse" (zu deutsch: es eilt), war dann auch ein Motto des heutigen Abends, denn es wurde nicht nur schnell, sondern auch nur relativ kurz gespielt, so dass gegen halb elf alles gelaufen war, zumindest für die Shades, die aber immerhin noch zwei Zugaben spielten. Mir hat es im Gegensatz zu einem deutschen Mädchen im Publikum, das das Ganze für fürchterlich gestellt und unreif hielt, ziemlich gut gefallen und ich werde "Les Shades" weiter im Auge behalten. Für das Set der im Anschluss auftretenden Rodeo Massacre, war ich dann aber deutlich zu müde und ich entschwand, nicht ohne eine Single der jungen Franzosen erworben zu haben, in die laue Pariser Nacht.

Auszug aus der Setlist Les Shades:

- Le Prix à Payer
- Electrique
- Le temps presse
- Orange mécanique
- les yeux fermés

von Oliver



Mittwoch, 25. April 2007

Laura Veirs & Marissa Nadler, Paris, 24.04.07

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Konzert: Laura Veirs & Marissa Nadler
Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 24.04.2007
Zuschauer: Wahrscheinlich ausverkauft


Nachdem sich die Präsidentschaftskandidaten in Frankreich während des Wahlkampfs so rührend um Einzelschicksale gekümmert haben, werde ich mich demnächst auch mal schriftlich an den - oder die Präsidentin der Republik wenden und kürzere Taktzeiten für die Buslinie 96 einfordern! Jedes Mal, wenn ich zur Maroquinerie möchte, warte ich ewig an der Haltestation "Filles du calvaire" und verpasse deshalb regelmässig die oft guten Vorgruppen. Zum Glück bekam ich diesmal von der schüchternen Amerikanerin Marissa Nadler noch den Grossteil des Sets mit, auch wenn mir wiederum der ein oder andere frühgebrachte Song durch die Lappen ging. Was ich da so hörte, gefiel mir durchaus gut, denn die brünette Dame aus Providence/Rhode Island hat schon eine besondere Stimme. Nur mit ihrer Klampfe bewaffnet, hauchte sie ein melancholisches Lied nach dem anderen ins Mikro und liess die Temperaturen in der ohnehin brütend heissen Maroquinerie noch weiter ansteigen.

"It' so hot in here, let's go swimming after the show!" Gute Idee Marissa, aber wo finden wir nachts in Paris einen See, oder Swimming-Pool? Während mir der Schweiss von der Stirn tropfte, genoss Fräulein Nadler sichtlich ihren Auftritt in der Stadt der Liebe und gab einige Stücke von ihrem neuen Album "Song 3: Bird on the water", aber auch ältere Titel von den Vorgängeralben zum Besten. Auf ihrer MySpace-Seite kann man nachlesen, welchem Musikstil das Ganze zugeordnet werden kann. "Melodramatischer Pop-Song/ Gothic/Amerikanisch" steht da neben ihrem Bildchen. Gothic? Nun ja, schon ein bisschen, es hatte schon eine schwarze und depressive Seite, aber ihre sirenenhafte, an Hope Sandoval oder Joni Mitchell erinnernde Stimme hat mich ziemlich schnell verzaubert. Ich beschloss, mir mal ein paar Lieder von ihr zu besorgen, was ich Freunden dieser Stilrichtung auch empfehlen kann.

Laura Veirs schien dagegen fast fröhlich rüberzukommen, mit ihren Handclaps, der lustig gekleideten männlichen Band, die sie mitgebracht hatte (die Herren trugen allesamt mit unfassbaren Stickereien verzierte Anzüge, z.B. aufgenähte Schmetterlinge und Octopusse!), und ihrer witzigen runden Brille. Für den Paris-Auftritt hatte sie extra ein blau-weiss gepunktetes Kleid und rote, flache Schuhe angezogen. Wahrscheinlich stellen sich Amerikaner so die typische Pariserin vor...

Nach Paris kommt Laura Veirs eh gerne, spielte sie doch heute bereits zum dritten Male in der Maroquinerie. Beim ersten Auftritt an diesem Ort war ich auch schon dabei und bedauerte damals, dass nur so wenige Leute den Weg in den Kellerraum gefunden hatten. Heute aber war die Hütte voll! Und das hat sie verdient, denn mit dem neuen Opus "Saltbreakers" liefert Laura bereits ihr fünftes gutes Album in Folge ab. Von eben jenem "Saltbreakers" stammten dann auch gleich die ersten drei - und die meisten anderen Songs des Konzertes. Den Auftakt bildete "Pink light", gefolgt von "Saltbreakers" und der wundervollen Ballade "Nightingale". Danach bedankte sich die Blondine dann erst einmal... auf deutsch! Ja genau, auf deutsch, sie sagte "danke schön", da sie gerade von Deutschland gekommen war und sie noch Umstellunsprobleme hinsichtlich der jeweiligen Landessprache hatte. Das nahm ihr das Pariser Publikum aber natürlich nicht übel, da sie schnell auf das "Merci" umschwenkte und vor allem, weil sie mit "Parisian Dream" einen der Kapitale Frankreichs gewidmeten Titel vortrug. Besonders gut gefiel mir dann im Anschluss "Shadow Blues" das einzige Lied , das sie von dem tollen Album "Carbon glacier" brachte.

Aber auch die neuen Stücke verfehlten nicht ihre Wirkung, vor allem "Drink deep" hatte es mir angetan, mit seinem gefühlvollen Piano und seinem zarten Gitarrenspiel. Ein Lied zum "Drin-Versinken"! Auch "Black-eyed-Susan" von dem Album "The triumphs & Travels of Orphan Mae", drückte mächtig auf die Tränendrüse. Tränen flossen aber heute keine, denn das Set war deutlich rockiger als ich es von Laura Veirs gewohnt war. Die dreiköpfige männliche Band, "The Saltbreakers", liessen es phasenweise richtig krachen, so dass man auch nicht mehr ohne weiteres von Laura Veirs der "Singer/Songwriterin" reden kann. Ich finde, dass ist auch gut so, denn schliesslich muss sich ihr Sound ja weiterentwickeln und der Prozess weg von der Sängerin mit der Klampfe hin zur Indie-Rockerin ist ihr sehr ordentlich gelungen. Das sah wohl auch das Pariser Publikum so, das minutenlangen Beifall spendete und noch mit zwei Zugaben verwöhnt wurde.

See you next year, Laura, an gleicher Stelle mit neuem Album im Gepäck!

Setlist Laura Veirs:

01: Pink Light
02: Saltbreakers
03: Nightingale
04: Secret Someones
05: Parisian Dream
06: Cast a hook
07: Shadow Blues
08: Where gravity is dead
09: Ocean Night Song
10: Drink Deep
11: Galaxies
12: To the county
13: Black-eyed Susan
14: Black Butterfly
15: Don't loose yourself

16: Rialto (Z)
17: Wrecking (Z)

von Oliver



Dienstag, 24. April 2007

Rose Kemp, Plasticine & Juliette and the Licks, Paris, 23.04.07

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Konzert: Les femmes s'en mêlent # 10 mit Rose Kemp, Plasticine & Juliette and the Licks
Datum: 23.04.2007
Ort: Bataclan, Paris
Zuschauer: bei weitem nicht ausverkauft

Nachdem die Franzosen über Nacht die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen zu verdauen hatten, stand heute eher Unpolitisches auf dem Programm: die zehnte Ausgabe des Festivals les femmes s'en mêlent nämlich.

Den Auftakt im ziemlich leeren Bataclan machte eine etwas füllige Engländerin, Rose Kemp aus Bristol. Die junge Dame hat gerade ihr hochgelobtes Debütalbum veröffentlicht und schon tauchen Vergleiche mit PJ Harvey auf. An die Qualitäten von Polly Jean reichte das aber nicht ganz ran, dazu fehlten ein wenig die packenden Songs. Die Musik von Rose Kemp hat eine experimentelle Note, zuweilen ist das Ganze sogar leicht gothisch.In einem ähnlichen Stil agierend, hat mich zuletzt My Brightest Diamond mehr begeistert. Trotzdem war das Set nicht langwelig, zumal phasenweise das Tempo stark angezogen wurde und knackige Gitarren und harte Drumms das Bataclan aufheizten.

Nachdem der rote Vorhang gefallen war, wartete ich gespannt auf den eigentlichen Grund meines Erscheinens: ich wollte mir einfach mal ein Konzert der jungen, hübschen und im Moment stark gehypten Plasticine aus Paris ansehen. Schon viel war in der lokalen Presse zu lesen von Katty, der Sängerin, Louise, der Bassistin und Marine der Gitarristin. Die Schlagzeugerin Zazie, die eigentlich zur Stammbesetzung gehörte, ist bereits ausgestiegen, vielleicht wurde ihr der Medienrummel zu viel...

Allein die Entstehungsgeschichte der Band ist inzwischen legendär, sollen doch die Freundinnen Katty und Marine, die aus der Banlieue von Paris stammen, die einzige "echte" Pariserin Louise bei einem Libertines-Konzert kennengelernt haben! Und da sie dringend eine Bassistin suchten, stiess Louise kurzerhand dazu. So entstand die Girlgroup, die zunächst durch kleinere Bars und Clubs der Hauptstadt tingelte, bevor sie ausgerechnet einen Vertrag beim Major-Label Virgin bekam. Von da an hatten sie genug Geld, um sich ordentliche Instrumente zu kaufen. Spötter behaupten, dass das ihrem Spiel auch nicht viel gebracht habe, da sie einfach sehr mittelmässig seien. Wobei mit Sicherheit eine gehörige Portion Neid mit im Spiel ist, wenn solche abschätzige Kommentare fallen. Einige lokale Musiker verdauen es ziemlich schlecht, dass sie immer noch in winzigen Bars für mickrige Gagen auftreten, während die Girls von Plasticine einem auf den Titelseiten von Hochglanzmagazinen zulächeln und inzwischen im renommierten Bataclan spielen dürfen.

So standen dann auch einige Leute mit einem hämischen Grinsen im Gesicht im Publikum und warteten förmlich darauf, dass den Mädels ein Patzer passiert. Aber nichts da! Von Anfang machten die Schnuckelchen Druck und Tempo und schossen ihre flotten Punk-Pop Perlen wie aus einem Maschinengewehr ab. "Un, deux, trois, quattre", ein prägnantes Gitarrenriff und schon starten die meist nicht mehr als eineinhalb Minuten langen Titel. Manchmal ist das ein bisschen wie damals bei den legendären Ramones: "Hey ho, let's go!" Zeit zum Luftholen blieb da nicht viel, zumal mir dieselbige beim Blick auf die Endlos-Beine von Louise fast wegblieb! Ich gebe es zu: für Männer war da schon was geboten, ein wahrer Augenschmauss war das. Ich halte das allerdings für ausgleichende Gerechtigkeit, dürfen doch sonst die Mädchen für Mando Diao, oder die Libertines schwärmen...

Ach so, worüber gab es sonst noch zu berichten, ausser über diese unglaublich scharfe Jeans-Short von Louise? Dass Katty und Marine auch ganz niedlich sind? Auch, aber die Musik fand ich auch gar nicht so übel, zumal z.B "Loser" ein veritabler Hit ist. Einmal im Ohr, geht dieser Wurm nicht mehr so schnell raus! Geschrieben und gesungen hat das Stück übrigens Katty, wie überhaupt die allermeisten Lieder. Meinen Lieblingssong auf dem Album "LP1" sang aber ausnahmsweise die Gitarristin Marine. "(Zazie fait de la) Bicyclette" heisst dieses unwiderstehliche Stück, was übersetzt bedeutet: Zazie fährt Fahrrad. Ja, die einfachen Dinge des Lebens wie Radfahren, Knutschen und Freunde treffen sind die bevorzugten Themen der Girls. Warum auch nicht? Spannender als Politik war das allemal! Leider war das Set dann aufgrund der Kürze der Songs auch ziemlich schnell vorbei, obwohl uns Plasticine insgeamt zwei Non-Album Tracks gönnten.

Einige waren allerdings froh, dass schon Schluss war, die alten verbitterten Säcke! Mir hat's gefallen, obwohl ich nicht sicher bin, ob ich befangen war...

Setliste Plasticine Bataclan:

01: Alchimie
02: Shake (Twist around the fire)
03: Rake
04: We don't know
05: Bicyclette
06: Loser
07: No way
08: Lost in translation
09: Human Rights
10: Another Night
11: Mister Driver
12: Under Control

Vielen Dank an Marine, die mir persönlich bei der Vervollständigung der Set-List behilflich war!

Mit dem Auftritt von Plasticine hatte der Abend allerdings dann schon seinen Höhepunkt erreicht, denn das was danach kam, war wirklich unterirdisch! Juliette Lewis, die Schauspielerin, die man aus Filmen wie "Natural Born Killers" kennt, kam 2003 auf die dumme Idee, eine Band zu gründen und Musik zu machen. Juliette & The Licks nennt sich das Ganze und bietet lauten, mainstreamigen angehauchten amerikanischen Rock, der gerne punkig rüberkommen möchte, aber nicht die Spur progressiv ist.

Wenn ich sage, dass der indianische Federschmuck in den Haaren von Juliette noch das Beste an dem Set war, so ist das nicht gelogen! So zeigte dann auch der Daumen von Cécile, die heute abend mit dabei war, nachdem sie den Eisbären Knut am Wochenende in Berlin besucht hatte, schon nach zwei Liedern energisch nach unten. "Das ist schlecht, Oliver", meinte sie knapp. Ich konnte leider nicht widersprechen, denn ausser der Pose und dem Gehabe, hatte Juliette nichts von einem Rockstar. Die durchgeknallte Tante hatte aber auch wirklich keinen Song zu bieten, der halbwegs akzeptabel war! Alles höchstens Durchschnittskost, deren Mangel an Qualität auch durch die Lautstärke nicht kompensiert werden konnte. So sahen das bisher auch ziemlich einmütig die Musikkritiker, die an ihren Alben kein gutes Haar liessen und ich weiss jetzt auch warum! Nach sechs Liedern reichte es uns dann schon und wir verliessen fluchtartig das Bataclan. So etwas passiert mir selten, aber es war vielleicht auch kein gutes Omen, dass ich damals auch schon bei "Natural Born Killers" frühzeitg das Kino verliess...

Wer sich bei dem Southside/Hurricane-Festival 2007 eine Pause zwischen all den guten Acts gönnen möchte, sollte sie also bei Juliette & The Licks nehmen!

von Oliver


Sonntag, 22. April 2007

The Rakes, Paris, 21.04.07

5 Kommentare
Konzert: The Rakes
Datum: 21.04.2007
Ort: Elysée Montmatre, Paris
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft

Cécile, meine Süsse, ist heute mit Easy-Jet nach Berlin gedüst und sie wünschte sich sehnlichst, dass ich sie zum Flughafen begleite. Meinen Hinweis, dass ich dann wohl die Vorgruppe des heutigen Abends The Good Shoes aus London verpasse, schlug sie in den Wind. "Blödsinn, Du kannst um sieben schon wieder Richtung City eilen, dann bist Du dicke früh genug." Hätte ich mal dagegen gewettet, ich hätte gewonnen, denn bis ich von Orly an den schmuddeligen Place Clichy gelang, wo auch das Elysée Montmartre liegt, war es zwanzig nach acht geworden und die guten Schuhe hatten schon ihre mit Sicherheit kurze Show abgezogen. Was für eine Frechheit vom Veranstalter, ein Konzert um 19 Uhr anzusetzen und das an einem Samstag! Ist das etwa ein Kindergeburtstag, oder was?

Auch Cécile's Karte wurde ich nicht los, obwohl ich - völlig legal - zum regulären Preis verkaufen wollte. Na ja, drauf geschissen, c'est la vie, wie der Franzose sagt. Schon ein wenig schade um die Good Shoes, zumal ihr Debütalbum trotz geringer Originalität (klingt nach Art Brut und den Futureheads), einige schmissige Lieder aufzuweisen hat, z.B. "Morden", oder "Never meant to hurt you".

Die Hauptgruppe des heutigen Abends, The Rakes, ebenfalls aus London, liessen dann auch nicht lange auf sich warten, anscheinend wollte der Laden heute früh schliessen.

Den Auftakt bildete "Terror!", ein alter Song von Capture/Release. Genauso wie Song Nr. 2 "Retreat". Haben die vier Burschen etwa noch kein Vertrauen in ihre neuen Stücke? Doch!, wie "We Danced Together" bewies. Fügte sich nahtlos ins Set ein, genauso wie das gelungene "Down with the moonlight", beide vom neuen Album "Ten New Messages".

Wobei die Frage erlaubt sein darf, wie neu denn diese zehn Mitteilungen wirklich sind. "The world was a mess, but his hair was perfect", ist trotz des witzigen Titels eigentlich ein alter Hut, wurde doch das Lied schon auf Konzerten Ende 2005 (!) gespielt. Auch "Down with the moonlight" bekam ich schon im August 2006 beim Festival Rock en Seine serviert. Der Verdacht, dass die Rakes bereits ihren kreativen Zenit mit ihrem guten Debütalbum erreicht haben, ist nicht ganz unberechtigt. Zumal mir bei Recherchen im Internet unangenehm aufgefallen ist, dass sie wieder mal ihre Setliste so gut wie nicht verändert haben. Da findet sich z.B. die Setlist eines Konzertes von einem Konzert in England vor circa drei Wochen und bis auf zwei Aufnahmen ist die Liste komplett unverändert! Auch die Songabfolge stimmt exakt überein. Dabei haben sie doch eigentlich einige gute B-Seiten gemacht, die sie auch mal live spielen könnten! A propos B-Seiten, eine spielten sie dann doch und zwar "Dark Clouds", eine der beiden Ausnahmen zum England-Gig. Die zweite, "Just a man with a job", entschädigte dann etwas für den mangelnden Einfallsreichtum. Hierbei handelt es sich um eine gut umgesetzte Cover-Version eines alten Serge Gainsbourg Chansons. Im Original heisst es übrigens "Le Poinçonneur des Lilas". Wenn ich gemein wäre, würde ich jetzt anfügen können, dass ich das Stück schon bei drei ihrer in Frankreich verfolgten Konzerte gehört habe, aber dann würde ich doch vielleicht ein zu schlechtes Bild von einer eigentlich ordentlichen Band zeichnen. Denn das Quartett um Sänger Alan Donohoe war gewohnt kurzweilig, zackig, unterhaltsam und auch ein paar der neuen Lieder zogen sehr gut. Hervorzuheben ist hier "Suspicious eyes" und auch "Little Superstitions", welches das reguläre Set beendete. Die Rakes sind dabei immer so ehrlich darauf hinzuweisen, dass sie natürlich gleich noch einmal wiederkommen und das der Spruch "das ist jetzt das letzte Lied" totaler Quatsch ist. Wie man überhaupt sagen muss, dass wir es hier mit einer der symphatischsten Bands der Indie-Szene zu tun haben. Allesamt extrem bescheiden-höfliche Jungs, lustig und im guten Sinne auf dem Teppich geblieben. Witzig war dann auch, dass Alan, als er zu den Zugaben zurückkam, sich dafür bedankte, dass die Leute geblieben waren. Aber, aber, wer sollte denn jetzt schon gehen? Es kamen ja schliesslich noch die Knüller "Work, work, work" und vor allem "Open Book", das den grössten Applaus des Abends provozierte.

Alles in allem eine solide Vorstellung, allerdings ohne grössere Überraschungen.

Setlist The Rakes:

01: Terror!
02: Retreat
03: We danced together
04: We are all animals
05: Just a man with a job
06: Down with moonlight
07: When Tom Cruise Cries
08: Binary Love
09: Dark Clouds
10: All too humain
11: Suspicious eyes
12: 22 Grand Job
13: Ausland Mission
14: Trouble
15: Strasbourg
16: Little Superstitions

17: Work, work, work (Pub, Club, Sleep) (Z)
18: Open book (Z)
19: The world was a mess, but his hair was perfect (Z)

Deutschlandtermine The Rakes:

01.05.07: Hamburg
02.05.07: Berlin
03.05.07: Stuttgart
05.05.07: München
06.05.07: Köln

von Oliver



Samstag, 21. April 2007

Midlake & Stephanie Dosen, Paris, 20.04.07

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Konzert: Midlake & Stephanie Dosen
Datum: 20.04.2007
Ort: Le Trabendo, Paris
Zuschauer: waren trotz des schönen Wetters einige da


An einem abermals herrlich sonnigen Frühlingstag zog es mich zum zweiten Mal in dieser Woche raus auf das Gelände von La Villette. Der Müll, den die pubertierenden Tokio Hotel Fans hinterlassen hatten, war inzwischen geräumt und die schöne Wiese auf dem Areal wieder ziemlich einladend, da die Abendsonne noch wärmte... Auch die Géode strahlte im Glanz der letzten UV-Strahlen, so dass ich am liebsten hier mein Haupt gebettet hätte, um gemütlich wegzudämmern.

Aus musikalischer Sicht wäre das aber bedauerlich gewesen, denn das glänzende Label Bella Union, das vom ehemaligen Cocteau Twins Musiker Simon Raymonde gegründet wurde, feierte sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurden drei Bands bzw. Künstler des Labels für den heutigen Abend engagiert, als da wären, der gutaussehende Sonnyboy Robert Gomez aus Denton, Texas, die hübsche Blondine Stephanie Dosen und als Haupt-Act die ebenfalls aus Denton stammenden Midlake.

Als ich etwas unmotiviert den Weg Richtung Trabendo einschlug und in den Saal eintrat, bekam ich gerade noch das letzte Lied von Robert Gomez mit. Musikalisch wird er oft mit Elliott Smith verglichen, was ich da hörte, war allerdings etwas rockiger. Ich denke, es lohnt sich den Lockenkopf zu entdecken, zumal bei Bella Union eh keine schlechten Musiker vertreten sind.

Hatte ich von Herrn Gomez zumindest schon mal gelesen, so sagte mir Stephanie Dosen bisher überhaupt nichts und dass obwohl, wie ich am Merchandising Stand sah, eine CD aus dem Jahre 2003 erhältlich war. Im Mai 2007 erscheint dann ihr neues Album "A Lily For The Spectre", von dem sie auch eine handvoll Lieder spielte (es waren genau deren fünf) und das sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen! Die zierliche Frau hat nämlich eine wundervolle Stimme, die mir auf Anhieb gefiel. Lieder voller Poesie und Melancholie, heute dargeboten von einer ebenfalls blonden Violinistin und einer brünetten Dame am Kontrabass. Toll! Besucht doch mal die MySpace-Seite, dort finden sich auch zwei Songs, die heute gespielt wurden, "Overcome" und "Vinalhaven Harbor". Zum Abschluss des leider kurzen Sets gab es dann noch den Titelsong des neuen Werkes.

Die Einstimmung in den Abend war also gelungen, der Spass an einem Musikkonzert zurückgekehrt. Die fünf Burschen von Midlake sollten dann auch keine Spielverderber sein, im Gegenteil. Schon mit dem Opener "Gathered in Spring" hatten sie mich wieder in ihren Bann gezogen und ich fragte mich, warum ich eigentlich ihr fabelhaftes Album "The Trials of van Occupanther" in letzter Zeit nicht mehr so oft gehört hatte, war es doch schliesslich eines meiner Top Ten-Alben des Jahres 2006. Und nicht nur bei mir stand dieses zweite Werk ganz hoch im Kurs, sondern auch bei etlichen Musikjournalisten. So war es Platz 9 in der Jahresbestenliste bei Mojo, 7 bei Uncut, ebenfalls Top Ten bei Les Inrocks und immerhin 21 bei Q und 40 beim NME.Viel Lorbeer also, für eine Band, die doch eigentlich "altmodisch" klingt, wenn man gemein ist. So einiges aus den 70ern kann man aus ihrem Sound raushören, manche sagen Crosby Stills & Nash, andere sprechen von Pink Floyd und so weiter. Das mag zutreffen, fest steht aber, dass es die feingliedrigen Texaner geschafft haben, den 70er-Mief ausgemistet zu haben und nur die schönen melancholischen und oft psychedelischen Melodien ins neue Jahrtausend transportiert zu haben.

Ganz glänzend dann auch Titel zwei des Abends, "Roscoe", eines der besten Lieder der Band, ein treibender, mittelschneller Folk-Rock Song. Ein ganzes Feuerwerk brillanter Songs brannten sie dann ab, was vom fachkundigen Pariser Publikum auch hinreichend gewürdigt wurde. "Es ist schon seltsam, aber es ist tatsächlich so, dass wir in Frankreich die meisten Platten verkaufen, vielen, vielen Dank!", sagte Sänger Tim Smith aufrichtig gerührt. Recht haben sie die Franzosen, wenn sie schon selbst keine sonderlich gute Musik machen, beweisen sie doch zumindest in der Auswahl englischer Musik ein sicheres Händchen! Auch ein nagelneuer Song wurde gespielt, ansonsten stammte alles bis auf zwei Ausnahmen vom "Occupanther" Album. Die Ausnahmen bezogen sich auf Songs vom Erstling "Banman and Silvercork", darunter, das an die Flaming Lips und Coldplay (!) erinnernde "Some of them were superstitious". Besonders gut zogen dann auch noch "Young Bride", das die Leute schon an seinem glänzenden Basslauf erkannten und die Singleauskoppelung "Head Home". Da kam richtig ausgelassene Stimmung auf, es sage also bloss keiner mehr, Midlake machten Altherrenmusik! Berauscht von der zarten Sentimentalität der Lieder und den psychedelischen Gitarren hätte ich noch stundenlang zuhören und schwelgen können. Leider war aber dann mit "Branches" zum Abschluss endgültig ausgeschwoft und ich entschwand beseelt in die Pariser Nacht.

Setlist Midlake

01: We gathered in Spring
02: Roscoe
03: Van Occupanther
04: Bandits
05: neu
06: Some of them were superstitious
07: ? (auf jeden Fall vom ersten Album)
08: In this camp
09: Young Bride
10: Chasing after deer
11: Head home

12: It covers the hillside (Z)
13: Branches (Z)

von Oliver


Freitag, 20. April 2007

Jamie T & The Pigeon Detectives, Paris, 19.04.07

4 Kommentare
Konzert: Jamie T & The Pigeon Detectives
Datum: 19.04.2007
Ort: La Maroquinerie, Paris
Zuschauer: zunächst erstaunlich leer, schliesslich dann aber doch gewohnt gut gefüllt


Heute stand mal wieder ein "Les Inrocks Indie-Club" Abend an. Einen Donnerstag pro Monat schaffen es hier die Veranstalter immer wieder auf's Neue, interessante Acts, oft aus England, in den Kellerclub zu locken. An diesem heissen Frühlingstag auf dem Programm: The Pigeon Detectives aus Leeds und der junge Hip Hoper Jamie T aus London.

Es lag wohl wirklich an den Temperaturen, dass selbst um 21 Uhr noch nichts los war, eigentlich ungewöhnlich für die Maroquinerie. Die wenigen Leute die schon da waren, so wie ich, bekamen noch ein wenig von dem Set der dritten Band des Tages mit, nämlich The Immediate. Das Wenige, was ich da hörte, war durchaus ansprechend, ein Besuch ihrer MySpace-Seite bietet sich also an.

Etwas voller wurde es dann für den Auftritt der Pigeon Detectives, die u.a. schon als Vorgruppe der Kaiser Chiefs in Erscheinung getreten sind. Allesamt mit einer Fluppe im Munde (trotz des Rauchverbotes ), schlurften sie etwas verpennt auf die Bühne. Zum Glück war dann ihre Performance alles andere als schläfrig, denn einmal die Kippen zur Seite gelegt, machten sie von Anfang bis Ende Dampf. Mit circa acht Punk-Pop Stampfern brachten sie die Menge ganz schön auf Trab. Das wir uns nicht falsch verstehen. Bei den Pigeon Detective handelt es sich um keine gute Band im eigentlichen Sinne, denn alles was sie bringen, hat man in letzter Zeit von unzähligen anderen englischen Bands bereits gehört, z.B. den ebenfalls mittelmässigen Rifles, oder den besseren Good Shoes. Als Vorgruppe sind sie aber bestens geeignet und auch auf Festivals werden sie auch dafür sorgen, dass die Frühangekommenen Besucher keine Langweile haben müssen. Gespielt wurde u.a. "I found out" von ihrem Debütalbum und einige andere schnelle Stücke. Riesenstimmung kam dann aber vor allem bei ihrem letzten Song "I'm not sorry" auf, bei dem unzählige Fans, darunter viele kleine Mädchen, die Bühne stürmten und für eine Atmosphäre wie auf einer Abi-Fete sorgten. Toll! So gehört sich das!

Der nachfolgende Umbau war dann gewohnt zäh und langweilig, aber zum Glück sorgte Jamie T sofort wieder für ein vergnügtes Grinsen auf den Gesichtern des Publikums. Unverschämt frech rockte und rappte er gleich von Beginn an los, was das Zeug hielt. Die Kategorisierung unter Hip Hoper trifft es sowieso nicht so ganz, um den Stil des Südlondoners zu beschreiben. Da steckt auch viel Arctic Monkeys, also straighter, schneller Indie-Rock drin. Darüber hinaus ist der junge Mann ein überaus symphatischer Lausbub, ein chaotischer Typ, dem man aber nie etwas übel nemen könnte, dazu lächelt er zu unschuldig verschmitzt. Interessant ist, dass er mit seinen gerade zwanzig Lenzen schon unter behandlungsbedürftigen Panikattacken leidet, weshalb sein Erstlingswerk auch "Panic Prevention" heisst. Singen ist für ihn Therapie, die beste Möglichkeit, sich den Frust und die Angst von der Seele zu schreien.So war ihm auch nichts anzumerken von irgendwelchen Ängsten, frohgelockt ulkte er mit dem Publikm und reagierte auch immer wieder schlagfertig auf Zurufe aus dem Publikum. Besonders gefreut hat ihn der Kommentar eines Südamerikaners aus der ersten Reihe: "Jamie, we love you too in Brazil!" Die Franzosen schienen da ganz der Meinung des Brasilianers zu sein, man merkte, dass sie ihn ins Herz geschlossen hatten. Mit seiner Zahnlücke und den abgefressenen Fingernägeln gibt er aber auch wirklich das Bild des typischen englischen Proleten der ungemein netten Sorte ab.

Besonders gut zogen natürlich Hits wie "Sheila", "If you got the money", oder "Calm down dearest". Insgesamt gab es aber ansonsten auch überhaupt keine Ausfälle zu beklagen. So verging dann die Zeit auch mal wieder wie im Fluge und Jamie und seine Band (er hatte vier Musiker mitgebracht, die für einen dynamischen Sound sorgten), verliessen nach gut einem Dutzend gespielter Knüller vorerst die Bühne. Die einzige Zugabe sollte es dann noch einmal in sich haben. "Manche Künstler spielen als Zugabe irgendwelche B-Seiten, ich nicht", so Jamie T. "Stattdessen wiederhole ich ein bereits gespieltes Stück noch einmal, aber in einer deutlich schnelleren Version". Es handelte sich um "Calm down dearest", das wirklich in einem mörderischen Tempo dargeoten wurde, so dass die jungen Leute ganz ausser Rand und Band gerieten. So wurde dann auch ein guter Schlusspunkt unter einen gelungenen Abend gesetzt.

Setlist Jamie T. :

01: Down to the subway
02: Operation
03: If you got the money
04: Ike & Tina
05: Pacemaker
06: Calm down dearest
07: Back in the game
08: So lonely was the ballad
09: Alicia Quays (Alicia Keys)
10: Northern Line
11: Sheila
12: Salvador
13: Brand New Bass Guitar
14: A New England

15: Calm down dearest (schnelle Version)

The Pigeon Detectives Deutschland-Termine:

26.04.2007: Köln
27.04.2007: Hamburg
28.04.2007: Berlin

Jamie T. Konzerttermine (mit den Beatsteaks):

26.05.2007: Bremen
27.05.2007: Bielefeld
29.05.2007: Zürich
30.05.2007: Innsbruck
31.05.2007: Wien
05.06.2007: Leipzig
06.06.2007: Hannover
09.06.2007: Hamburg

von Oliver



Donnerstag, 19. April 2007

CSS & Tilly and the Wall, Paris, 18.04.07

2 Kommentare

Konzert: CSS + Tilly and the Wall
Datum: 18.04.2007
Ort: Elysée Montmartre, Paris
Zuschauer: gut besucht, aber nicht ausverkauft

Wie jedes Jahr findet auch 2007 wieder das Festival "Les femmes s'en mêlent" in Paris und einigen anderen französischen Städten statt. Wie der Name ("die Frauen mischen sich ein") es schon vermuten lässt, ist Voraussetzung, dass die Bands zumindest zum überwiegenden Teil weiblich dominiert sind, oder aber eine Frau singt. Mir persönlich gefällt dieses Konzept sehr gut, obwohl ich gerade von weiblicher Seite schon kritische Töne hierzu vernommen habe. Heute auf dem Progamm: Tilly and the Wall, bestehend aus drei Frauen und zwei Männern und CSS (fünf Damen, ein Herr am Schlagzeug).

Als ich das passabel gefüllte Elysée Montmartre betrat, war die erstgenannte Band noch am Gange. Tilly and the Wall sind Amerikanerinnen, die von Bright Eyes Mastermind Conor Oberst entdeckt wurden und bei seinem Label Team Love unter Vertrag stehen.

Auf Platte singt Conor bei dem ein oder anderen Song mit, heute machte er mir aber leider nicht die Freude seiner Anwesenheit. Stattdessen mühten sich die - zumindest, wenn man nicht zu nah rangeht - heiss aussehenden Girls, Stimmung in den Saal zu bringen. Dies gelang ihnen dann auch einigermassen gut, vor allem mit dem tangoartigen Stück "Bad education" von ihrem zweiten Album "Bottoms of Barrels". Zugegebenermassen war der folkig angehauchte Süsswarenpop nicht ganz nach meinem Geschmack, da für Diabetiker nicht unbedingt geeignet...

Laune machte der Auftritt dennoch, denn einige Titel haben etwas ansteckend Fröhliches.

Ein bisschen mehr Biss versprach ich mir anschliessend von den Brasilianerinnen von CSS, die mit ihrem 2006er Album Cansei de ser sexy (erschöpft davon, sexy zu sein), für ziemliche Furore sorgten. Grund für den mittleren Hype sind vor allem zwei Faktoren. Zum Einen pflegen die Girls einen Musikstil, der gerade unter dem Begriff "New Rave" vor allem in England glänzend vermarktet wird (CSS traten neben u.a. den Klaxons und Sunshine Underground auf der NME - NewRave -Tour auf), zum Anderen haben sie mit Lovefoxxx als Sängerin eine unglaublich energiegeladene Frontfrau.

Besagte Lovefoxxx war es dann auch, die der Show der Band von Anfang an ihren Stempel aufdrückte. Ohne den anderen netten Mädchen und dem männlichen Drummer zu Nahe treten zu wollen, sie waren eher nur Beiwerk heute abend... Lovefoxxx stach schon optisch hervor. Waren die andern Mädels in ihren labrigen T-Shirts eher unscheinbar, war der nicht ganz schlanke, aber dennoch sexy wirkende Körper der Sängerin in einen hautengen, lilafarbenen Ganzkörperanzug (!) gehüllt. Wo kann man so was kaufen? Unfassbar das Teil, Beth Ditto von The Gossip trägt auch so'nen Fummel, füllt ihn aber noch deutlich mehr aus!...

Der musikalische Part wurde übrigens gestartet von "Jagger Yoga" und ziemlich schnell wurde auch eine Blondine aus L.A. verbal aufs Korn genommen ("Meeting Paris Hilton"). Schon zu diesem Zeitpunkt ging das Pariser Publikum gut mit. Überhaupt gab "Wonneproppen" Lovefoxxx ihr Bestes, um die Leute auf ihre Seite zu ziehen: "France is the true romance" reimte sie unter anderem. Das verfehlte nicht seine Wirkung, genausowenig wie die fetzigen Elektro-Rock Stücke, vor allem "Off the hook", das auch mir sehr gefiel. Zwischendrin gab es manchmal aber auch etwas Leerlauf, so war zum Beispiel der Song "Alcohol" nicht unbedingt mein Favorit des Abends. Gut war das Set immer, wenn im Stile der Yeah Yeah Yeahs gepunkrockt wurde, etwas weniger gut, wenn es eine leicht billige Note à la Peaches oder The Sounds, bekam. Aber wollen wir hier nicht zu erbsenzählerisch sein, CSS sind eine gute, gerade live mitreissende Band. Schade, dass die Location nicht ganz so optimal war, um die Stärken der Südamerikanerinnen voll zur Geltung zu bringen, die da wären extensives "crowdsurfing" seitens der Sängerin und enger Kontakt zum Publikum, dass oft auf die Bühne zum Mittanzen geholt wird. Weder Crowdsurfing noch Mittanzen waren aber heute drin, dazu war aus Sicherheitsgründen alles zu stark abgeriegelt.

Dennoch, CSS boten ein ansprechendes Konzert, bei dem Jennifer Lopez noch ihr Fett wegbekam (I wanna be your JLo) und auch ein nagelneues Lied (Lindja) gespielt wurde.

Setlist CSS Paris:

01: Jagger Yoga
02: Alala
03: Fuck Off Is Not The Only Thing You Have To Show
04: Meeting Paris Hilton
05: This Month
06: Alcohol
07: Acho Um Pouco Bom
08: Pretend We're Dead (L7 Cover)
09: Off The Hook
10: Art Bitch
11: Music Is My Hot Hot Sex

12: I Wanna Be Your J.Lo (Z)
13: Lindja (Z)
14: Let's Make Love And Listen To Death From Above (Z)


von Oliver



 

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