Mittwoch, 29. November 2006

Arab Strap, Paris, 28.11.06

Konzert: Arab Strap
Datum: 28.11.2006
Location: Trabendo, Parc de la Villette, Paris
Zuschauer: circa 350 trauernde Arab Strap Fans


Heute war ein ganz mieser, grauer Novembertag. Den ganzen Tag hat sich die Sonne nicht einmal blicken lassen. Ideale Voraussetzungen also, um sich auf das Abschiedskonzert der Schotten von Arab Strap vorzubereiten, welches sie unter dem Motto: "Arab Strap, Ten years of tears", stattfinden lassen. Im März hatte ich die beiden Köpfe der Band, den blonden Gitarristen Malcolm Middleton und den beleibten, bärtigen Sänger Aidan Moffat zum ersten Mal live erlebt. Schade, daß sich unsere Wege schon so schnell trennen müssen... Von den zehn tränenreichen Jahren habe ich allerdings erst die letzten beiden so richtig mitbekommen, denn vorher kannte ich die Band überhaupt nicht. Das Jura-Studium führt halt eben zu kultureller Abstumpfung! Aber besser spät als nie und so habe ich wenigstens das Ende dieser fabelhaften, aber sehr diskreten Gruppe mitbekommen.

Um die Engländer Field Music nicht zu verpassen hatte ich mich extra frühzeitig auf die Söckchen gemacht, aber anstatt der vorzüglichen Engländer aus Sunderland sah ich zu meiner Enttäuschung einen französischen Barden, nur ausgestattet mit Klampfe und Mundharmonika. Mit seinem ovalen Gesicht und seiner an Prinz Eisenherz erinnernden Frisur sah er ein wenig seltsam aus. Zudem kam er aus Clermont-Ferrand, einer Stadt, die in Frankreich dafür bekannt ist, das letzte Kaff zu sein. Vielleicht vergleichbar mit Koblenz. Aber das spielte letztlich überhaupt keine Rolle, denn schlecht war er keineswegs, eher ziemlich gut und talentiert. Wie ich hinterher aus seinem eigenen Munde erfuhr, nennt er sich Leopold Skin. Hmm, im Auge behalten!

In der Pause guckte ich mir den Merchandising-Stand an und entdeckte so einige lustige T-Shirts unter anderem eines mit dem Aufdruck: "Dead is not the end." Zu sehen war ein Grabstein, eingraviert mit dem Bandnamen plus der Angabe 1996-2006. Aus dem Grab lukte eine Hand hilfesuchend hervor. Witzig auch dasjenige mit dem Aufdruck: "Tears R us", in der Anspielung auf den Spielzeughersteller.

Pünktlich um 21 Uhr ging dann das Licht aus und zur Belustigung des Publikums ertönte schottische Dudelsackmusik. Die Band legte im ersten Teil mit einigen Titeln von dem letzten Album "The last romance" los, darunter Stücke wie "Stink", "No hope for us", "Don't ask me to dance", "Confessions of a big brother", "Dream Sequence"( ich glaube das war der Opener). Genannte Lieder sind gute Beispiele für den Stil von Arab Strap, der einmal mit Post-Folk bezeichnet wurde. Ein ständiger Wechsel zwischen sehr gemächlichen, sich dahinschleppenden Nummern und plötzlichen Tempowechseln, die oft in einen regelrechten Gitarrenwirbel münden. Die Beschreibung depressiv und sautraurig würde es aber auch gut treffen, nicht umsonst wurde der Slogan mit den Tränen als Motto für die Farewell-Tour gewählt. Ein völlig besoffener Schotte sagte mir dann auch:" Oh man, this is fucking sad, how can a person be this depressed?" Den Rest verstand ich ich ob seines schottischen Akzents und seiner alkoholbedingten Aussetzter nicht richtig. Mal an dieser Stelle ein Wort zum Publikum: irgendwie passend zu einer solchen Abschiedstournee war es traurigerweise ziemlich leer, aber dafür waren hier Fans und Kenner unter sich. Sollen die anderen doch zu Placebo oder Muse gehen! Unter den Zuschauer diesmal nach langer Zeit mal wieder ein alter Bekannter. Ein dicklicher Franzose nämlich, der mir beim Bright Eyes Konzert 2005 aufgefallen war. Er ist abgesehen von seiner Körperfülle deshalb gut zu erkennen, weil er immer in der ersten Reihe steht, grinst wie ein Honigkuchenpferd und Luftgitarre spielt. Zudem schießt er permanent Photos aus nächster Nähe und diesmal hatte er sogar eine niegelnagelneue Kamera dabei. Interssant ist, daß das Publikum immer ein wenig wie die Bandmitglieder aussieht, ist fast wie beim Hund und seinem Herrchen. In unserem Fall war eine Ähnlichkeit zwischen Sänger Aidan Moffat und dem Honigkuchenpferd nicht zu
bestreiten. Beide fett und vollbärtig, allerdings lacht Aidan nur sehr selten. Häufiger trinkt er Bier (ich habe circa 8 Fläschen gezählt), streicht sich über den Bart und verschließt beim Singen die Augen. Nonverbale Kommunikation zwischen ihm und Malcom: null! Die beiden haben sich wohl wirklich nicht mehr viel zu sagen. Malcolm verzog übrigens während des ganzen Konzerts keine Miene, sondern zupfte bloß stoisch an seiner Gitarre. Selbst die Zurufe der besoffenen Schotten: "Malcolm, we love you" oder auch "Malcolm: Fuck you!" schien er einfach zu überhören.

Gespielt wurden natürlich auch viele alte Titel, darunter die erste Single: "The first big weekend", die damals von Radio one zum besten Lied des Jahrzehnts gewählt wurde. Die Kritiker standen immer auf der Seite von Arab Strap aber leider hatten sie zuwenige Fans. Gemeines Musikbusiness... Nach hundert traurigen aber musikalisch hochklassigen Minuten hieß es dann: "This is our last song. Maybe we will see us again in the future". Thank you for your support. Eine kleine Träne hing dabei in den traurigen Augen von Aidan und ich fühlte mich auch ein wenig betröpfelt. Hoffnung macht allerdings die Tatsache, daß Malcolm Middleton ein gutes letztes Solo-Album abgeliefert hat und das auch Aidan eigene Platten herausbringen wird. Bye, bye, ihr Melancholiker!!

von Oliver



2 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Die Links zu "Fuck you" und dem besoffenen Schotten finde ich diesmal am Besten!

Christoph hat gesagt…

Auch wenn im Artikel "Fuck you" vorkommt, wollten wir damit nicht den Wunsch danach äußern, Kommentare mit Pornolinks zu bekommen.

Solche löschen wir unverzüglich.

 

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