Dienstag, 16. Oktober 2012

Mice Parade, Montreuil, 09.10.12


Konzert: Mice Parade
Ort: ein kleines Häuschen in Montreuil, vor den Toren von Paris, Oliver Peel Session # 44
Datum: 09.10.2012
Zuschauer: etwa 25
Konzertdauer: ungefähr 1 Stunde


"Aufgegeben wird nur ein Brief." Dieser Spruch wird dem extrem kämpferisch veranlagten Ex- Tennis Star Thomas Muster zugeschrieben.


Gefiel mir schon immer diese Devise und sie galt und gilt auch im Bezug auf meine Oliver Peel Sessions. Sie schienen mit Nummer 43 beendet zu sein. Aber so schnell lasse ich dieser Veranstaltung, in die ich über 4 Jahre lang meine ganze Energie gesteckt habe, nicht sterben und seien mir  auch alle potentiellen Nachbarn von ganz Paris im Weg! Nach dem Drama, das sich bei der letzten Session mit Dawn Landes auf unserer Terrasse ereignet hatte (mein Nachbar von unten hatte uns unter lauten Drohungen dazu gezwungen, das Konzert abzubrechen und uns massiv den Spaß verdorben), war klar, daß ich eine neue Spielstätte brauchte. Aber wo sollte ich die so schnell finden? Meine Suche führte mich bereits durch Galerien und ähnliche Räumlichkeiten, aber bisher ohne konkreten Erfolg.


Dann ereichte mich vor ein paar Wochen plötzlich eine e-mail von Adam Pierce, dem Chef von Mice Parade und US-Leiter des glänzenden britischen Labels Fat Cat Records. Er sagte, er hätte Bock bei uns zu spielen, was ich davon hielte? Nun, natürlich eine ganze Menge, aber was sollte ich ihm antworten? Absagen wollte ich einer solch glänzenden Band nicht, also musste ich schleunigst nach einem Auftrittsort suchen. Da traf ich zufälligerweise kurze Zeit später die amerikanische Sängerin Dana Boulé, die auch schon in der Vergangenheit eine schöne Oliver Peel Session mit den Resident Cards (sie und Erica Buettner) geboten hatte und sagte mir, daß ihr kleines Häuschen in Montreuil, gleich vor den Toren von Paris, für ein solches Abenteuer zur Verfügung stünde. 

Das klang zu verlockend und ich besichtigte die Örtlichkeiten ein paar Tage später. Dana hatte zu meiner Überraschung einen richtigen kleinen Garten, in dem sie ihre eigenen Tomaten züchtet und auch einen kleinen Wintergarten, der mir für eine Session als ideal erschien. 25 Leutchen würden wir hier schon unterkriegen und wenn mehr kämen, würden wir eben in das andere, größere Zimmer gehen. Freudestrahlend schrieb ich Adam am gleichen Abend, daß dem Wohnzimmerkonzert nun nichts mehr im Wege stünde. Die Kommunikation verlief in der Folge dann ganz entspannt und unproblematisch und Pierce sagte mir auch, daß Mice Parade dieses Mal ein akustisches Trio seien, geradezu ideal für eine leise Homeshow.




Am Tage vor der Session sah ich Mice Parade dann im Café de la Danse spielen und hinterher tranken wir auch noch ein paar Glaserl Rotwein in einem typisch französischen Restaurant. Dabei war auch das Ex Top Model Sibyl Buck, die aber trotz Zusage zu der Session letzlich nicht erschien. Schade, ein echtes Mannequin bei den Oliver Peel Sessions das wäre doch irgendwie zu cool gewesen!




Aber auch so wurde es ungewöhnlich und wunderschön. Etwa 25 Leutchen tröpfelten im Laufe des Abends bei Dana in Montreuil ein und gegen 20 Uhr 30 befanden wir, daß wir eigentlich loslegen könnten. Vorher war ich noch mit Tourmanager und Gründungsmitglied Brandon in einem Van in den Supermarkt gefahren und hatte ordentlich Wein, Bier, Pizza und Chips gekauft. Unsere traditionellen, handgebackenen Quiches konnten wir aus Zeitgründen leider nicht machen. Aber das war kein Problem, auch so blieb niemand hungrig oder durstig zurück.


Bevor wir uns dem gesellschaftlichen Teil (sprich fressen, saufen, flirten) zuwendeten, wurde aber nun natürlich erst einmal Musik gespielt. Zu unserer aller Freude trug zunächst die überaus liebenswürdige isländische Musikerin Sigurlaug Gísladóttir aka Silla zwei Lieder auf isländisch vor. Das war zum Steineerweichen schön, Freunde! An den feierlich glänzenden Augen der Gäste (oder war das nur das Kerzenlicht?) konnte man gut erkennen, daß jeder ergriffen war, obwohl natürlich kaum jemand (niemand?) die fremde Sprache verstand. Die ungeheure Emotionalität, die Silla in ihren verhallt-verhuschten Bildhübschgesang legte, reichte aber, um uns dahinschmelzen zu lassen. Insgeheim wünschten wir uns, der bewegende Vortrag würde noch etwas länger als zwei Lieder dauern, aber das neue Projekt der Múm-Sängerin steht noch in den Startlöchern, hat noch gar keinen richtigen Namen und die Stücke wurden vorher erst einmal bei einer Hochzeit gespielt.


Nun aber war Dan Lippel, der akademisch ausgebildete Gitarrist aus New Jersey, mit seinem instrumentalen Werk an der Reihe. Der intellektuell wirkende Bursche spielt schon seit einer Weile bei Mice Parade, verfolgt aber parallel auch seine Solokarriere und tritt immer mal wieder auf klassisch ausgerichteten Musikfestivals auf. Er durfte heute ebenfalls zwei Eigenkompositionen mit spanischem Einschlag vortragen, (Mango Sketches und As Fast As Slow) und begeisterte durch sein flinkes Fingerpicking und sein handwerkliches Können.

Jetzt gesellte sich auch Adam Pierce mit hinzu und es ging offiziell mit dem Set von Mice Parade los. Adam und Silla wechselten sich beim Gesang ab, spielten Akustikgitarre und Percusssions, bzw. Ukuele und Dan natürlich ebenfalls Gitarre.



Performt wurden Songs quer durch den Garten der reichhaltigen Diskografie (8 Longplayer, ein Livelalbum England vs. France) Jeweils zwei Stücke kamen von der selbstbetitelten LP und dem als Meisterwerk geltenden Bem-Vinda Vontade, eins von Obrigado Saudade, und es gab mit Candela auch ein ganz neues Lied, das erst 2013 auf einem gleichnamigen Album erscheinen soll.




Enorm gut gefiel mir Double Dolphins On The Nickel, ein wahnsinnig schönes, hochmelancholisches Lied, auf dem Silla voller Inbrunst sang und mir eine Gänsehaut auf den Arm zauberte (draußen regnete es derweil, das tat aber nichts zur Sache).


Getoppt wurde das aber noch von Candela, dem nagelneuen Song, in dem es um eine von Pannen begleitete Zugreise nach Spanien ging und zu der Pierce erklärte, daß er in Paris irgendwo im Bahnhof auf dem Boden geschlafen habe, als ihm die Idee zu dem autobiografischen Song kam.


Als Zugabe erbat ich mir ein kurzes Lied und obwohl die Band schon Richtung Küche unterwegs war, taten sie mir (bzw. uns) den Gefallen und spielten noch die hübsche Ballade Warm Hand in Farmland, ein völlig unaufgeregtes, sehr entspanntes Lied, gesungen von Adam mit seiner Märchenerzählerstimme und unterstützt durch die himmelhochjauchzende Silla.

Wow, toll war das! Meine Motivation weiterzumachen und länger als Helmut Kohl und Thomas Gottschalk im Amt zu bleiben, ist jetzt wieder enorm hoch!


 Setlist Mice Parade, Oliver Peel Session # 44, Paris

01: P Diddy (richtiger Titel?)
02: Satchelaise
03: Candela
04: Double Dolphins On The Nickel
05: Two Three Fall
06: Steady As She Goes (kein Raconteurs Cover!)

07: Warm Hand In Farmland



2 Kommentare :

E. hat gesagt…

hinreissend und originell. sehr schön. paris wird dir ein denkmal setzen!

Anonym hat gesagt…

Live ein Genuss! Große Band mit eigenem Sound. Frage mich da nur, warum Pierce auf dem neuen Album sein typisches EGDGAD-Tuning hat fallengelassen. Dieses Tuning ist nämlich DER Mice-Parade-Sound!

 

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