Dienstag, 26. Mai 2009

Bowerbirds, The Mae Shi, Abe Vigoda, Paris, 25.05.09


Konzert: Bowerbirds & The Mae Shi & Abe Vigoda

Ort: Le Point Éphémère
Datum: 25.05.2009
Zuschauer: nur mittelmäßig besuchte Veranstaltung
Konzertdauer: pro Band ca. 35-40 Minuten



Macht es wirklich Spaß bei gefühlten 58 ° Celsius ein Konzert zu besuchen? Wenn man mal ehrlich ist: Nur sehr bedingt und dies ganz unabhängig von der Band, die gerade spielt!

Ich fühlte mich ein wenig, als würde ich einen Saunagang einlegen, als ich den Glutkasten namens Point FMR betrat. Eine Luft zum Schneiden empfing mich und das nicht allzu zahlreich versammelte Publikum schaute recht träge und ermattet Richtung Bühne. Kaum jemand regte sich, kein Wunder, Bewegung erzeugt schließlich Wärme und davon gab es mehr als genug. An einem Tag, an dem die Temperaturen die 30 ° Marke überschritten, war nicht nur beim Tennisturnier in Roland Garros jede Menge Vielfalt geboten. Musikfans hatten die Qual der Wahl zwischen Konzerten von Art Brut (Nouveau Casino), Scott Matthew (L'Europén), Kasabian, (Trabendo), Phoenix (Cigale) und Phosphorescent (mit Clinic im Café de la Danse). Vor allem weil im Point FMR aber die wunderbaren Bowerbirds angesetzt waren, entschied ich mich für dieses Konzert.

Ich erwartete die Band aus North Carolina als letzte des Abends, sprich als Headliner, so wie es in Konzertankündigungen ausgewiesen war. Stattdessen aber wurden sie als Erste auf die Bühne gejagt! Warum bloß? Völlig verdattert brauchte ich in etwa eine viertel Stunde um überhaupt zu schnallen, daß die Herrschaften im Rampenlicht bereits die Bowerbirds waren. Ich glaubte ein Nebenprojekt von Sänger Phil Moore zu begutachten, denn nur ihn erkannte ich. Die junge Frau mit den türkisfarbenen Leuchtstrumpfhosen und der stilechten 80 er Jahre Punk/New Wave Frisur (vorne kurz, hinten lang ausgefranst) am Keyboard sagte mir zunächst nichts. Erst als sie sich das Akkordeon umschnallte, stellte ich fest, daß es sich um Beth Tacular handeln musste. Sie war optisch völlig verändert und spielte auch nicht sitzenderweise Schlagzeug wie noch 2008 in der Flèche d'or. Geiger Mark Paulson war auch nicht mehr dabei, stattdessen gab es eine recht kräftigen waldschratigen Burschen am Bass. An den Drums agierte (vermutlich, allerdings nicht sicher) Matt Damron. Man muß es so deutlich sagen: In dieser Besetzung war das Ganze eine ziemliche Enttäuschung. Es fehlten viele Elemente, die den Sound von den Bowerbirds charakterisierten und ihn so besonders machten. Die klackernden Percussions vermisste ich ebenso schmerzlich wie die gefühlvolle Fiedel und den Liedern fehlte irgendwie der echte Schwung. Von den neuen Titeln des demnächst erscheinenden Albums Upper Air blieb auf Anhieb gar nichts hängen. Das mag an der unerträglichen Hitze gelegen haben, die so ziemlich alle Sinne betäubte, möglicherweise aber auch daran, daß die Neuheiten noch nicht so flutschen wie das alte Material. Mit Our Talon vom formidablen Album Hymns For A Dark Horse kam nämlich gegen Ende zum ersten Mal so etwas ähnliches wie Stimmung auf. Und beim abschließenden Dark Horse glänzte Beth Tacular auch endlich mit ihrer wunderschönen Stimme. Dennoch: Ein überragendes Konzert klingt anders...

Im Anschluß ging es wesentlich hektischer, lauter und hibbeliger weiter. Die Heißsporne von Abe Vigoda, einer jungen, aufstrebenden Band aus Los Angeles war am Start. Eigentlich müssten sie aus Kalifornien ja heiße Temperaturen gewöhnt sein, aber jeder zweite Satz von ihnen war: "It's so hot in here". Die vier Burschen schwitzten aus allen Poren und wenn sie rumwirbelten tropfte der Schweiß auf den Boden. Dennoch nahmen sie niemals den Fuß vom Gaspedal und sprinteten 40 Minuten lang durch manisch-depressive Lieder (besonders hervozuheben All Night And Day), die irgendwo zwischen Ra Ra Riot, den Born Ruffians, Vampire Weekend, Dirty Projectors, Animal Collective und den Dodos einzordnen waren. Ihre stakkatischen Rhythmen, die sehr tanzbar und infektiös waren, machten richtiggehend Laune und gefielen mir auf Anhieb. Eine ziemlich durchgeknallte Indieband, von der man zumindest 2009 sicherlich noch hören und lesen wird.

Von The Mae Shi, ebenfalls aus Los Angeles stammend, haben sicherlich schon einige Musikfans gelesen. Selbst der britische NME lobte schon mehrfach ihre energiegeladenen Liveshows. Schwung und Energie hatten sie dann in der Tat zu bieten, aber ihre hektische und genresprengende Musik (eine Mischung aus AC/DC, Mars Volta, den Flaming Lips und neuen Acts wie z.B. Dananananaykroyd) war nicht wirklich etwas für mich. Zu viel Geschrei, zu viel Spektakel, zu wenige "richtige" Lieder, so mein Eindruck. Einen Großteil des Sets verbrachten die Musiker im Publikum, auf der Bühne hielt es sie meistens nicht sehr lange. Größter Gag war das Aufspannen eines riesigen Tuchs (einer Fahne?) über den Köpfen der verdutzten Zuschauer. Man fühlte sich eine Weile wie unter einem Zelt und konnte dergestalt das Geschrei des wilden Sängers aus nächster Nähe mitverfolgen. Circa. 40 Minuten lang zappelten sich die Raubeine durch ein noisiges Set, bevor sie sich unter Applaus von ihren Anhängern verabschiedeten.

Ich persönlich war froh nun an die frische Luft zu kommen. Am Canal S. Martin, der gleich vor der Tür des Point FMR fließt, war es wesentlich erträglicher als Im Inneren des kultigen Konzertraumes und auch die Bowerbirds und die anderen Bands tummelten sich hier noch eine ganze Weile. Etwas später setzten dann die Unwetter ein, die die Hitze über der Stadt wegspülten.

Mehr Fotos von den Bowerbirds hier
Mehr Fotos von Abe Vigoda hier
Mehr Fotos von The Mae Shi hier



3 Kommentare :

E. hat gesagt…

schade. allerdings muss ich zugeben, dass auch ich noch nicht so in den neuen liedern drin bin. sie drängen sich weitaus weniger auf, als jene vom debutalbum.

Oliver Peel hat gesagt…

Bezüglich des neuen Materials der Bowerbirds gilt: abwarten und Tee trinken. Zumal sie die neue Scheibe gar nicht dabei hatten und ich mich deshalb noch gedulden muss.

E. hat gesagt…

du ärmster... vielleicht kann man dir unter die ähm arme greifen.

 

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