Dienstag, 14. April 2009

A Camp, Köln, 13.04.09


Konzert: A Camp & Kristofer Åström

Ort: Luxor, Köln
Datum: 13.04.2009
Zuschauer: ca. 400
Dauer: A Camp 85 min, Kristofer Åström 30 min


Auf dem Rückweg vom Luxor lief bei Einslive das Kassettendeck, zusammengestellt von der wundervollen Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers. Und irgendwie war
diese Sendung die perfekte Fortsetzung meines Abends. Denn auch vorher bei A Camp übertünchte die charmante und hinreißende weibliche Hauptdarstellerin die ein oder andere musikalische Schwäche. Ich sollte aber anders anfangen...

Meine Motivation, zu Konzerten zu gehen, besteht in der Regel aus zwei Komponenten, der Liebe zu einer Band oder meiner musikalischen Neugierde. Meist ist der emotionale Faktor der größere, heute war es ausschließlich der Wunsch,
Musiker kennenzulernen, denn sowohl A Camp als auch Kristofer Åström kannte ich bisher nur theoretisch. Aber ein schwedischer Singer/Songwriter und eine schwedische Indiepop-Band kann man ja ohne jegliches Risiko ansehen...

Das Luxor war entgegen meiner Erwartung nur mäßig voll. Vor der Tür sah es noch aus, als wäre der Club ausverkauft. Drinnen war dann allerdings reichlich Platz, kein Gedränge an der Theke und in Gängen, so
daß ich schätze, daß etwa 400 Leute am Ostermontag dieses Konzert sehen wollten.

Den ersten Part des Abends übernahm der Songwriter Kristofer
Åström aus Luleå in Nordschweden. Im Gegensatz zu seinem anderen Projekt Fireside macht Kristofer und seinem wirklichen Namen ruhige Musik, nur von seiner Stimme und einer Gitarre getragen. Zumindest heute, denn im Laufe seines Auftritts sprach er davon, im Frühsommer noch einmal mit zusätzlichen Musikern nach Köln zu kommen. Obwohl ich einige Vorschußlorbeeren über den Schweden gehört hatte, hat mich sein halbstündiger Auftritt ziemlich gelangweilt. Vielleicht wäre es mir anders gegangen, hätte ich eine seiner (vielen) Platten vorher einmal gehört. So allerdings sprang nun wirklich gar kein Funken auf mich über, auch wenn die Lieder alle vielversprechende Namen und Texte hatten.

Setlist
Kristofer Åström, Luxor, Köln:

01: Come out
02: Twentyseven
03: Blind motherfucker
04: Hard to live
05: Big lie, idiot die
06: One more drink
07: All lover's hell

Um zehn wurde es dann... hmmm... Auf der Bühne stand allerlei Wohnzimmerdeko herum, lustige Lampen, ein gedeckter Stehtisch (allerdings mit Keyboard auf der Tischdecke), eine selbstgebastelte Bandlogo-Abdeckung des Hauptkeyboards und schwarzen Federn an den Mikros. Dazu kamen dann noch fünf Musiker, ein Schlagzeuger, eine Keyboarderin in schwarzem Kleidchen und die zauberhafte
Sängerin Nina Persson. Nina, bekannter durch ihre Tätigkeit bei den Cardigans, war recht elegant gekleidet, gekrönt durch eine der schwarzen Federn, die kunstvoll ihre Frisur verzierte. Es hatte etwas von einem 20er Jahre Cabaret-Outfit (vorsorglich schon mal ein Hach...). Rechts und links von Nina stellten sich zwei dunkelhaarige und -bärtige Musiker auf, ihr Bassist und Gitarrist. Ich hatte erst für die beiden kein Auge, das sollte sich aber schnell ändern.

Der Gitarrist vor mir, Nicas Frisk, legte eine Show hin, die mich nur schwer ernstbleiben ließ. In seiner Choreographie steckte viel ABBA und viel Eintänzer. Ich wußte nicht, wo ich hingucken sollte (immer zu Nina war mir zu indiskret). Ein
Versuch, auf den Boden zu gucken, scheiterte kläglich, denn Niclas' Schuhe waren die ledergewordenen Fortsetzungen seines Tanzens. Oh. Mein. Gott.

Auf Ninas linker Seite tanzte und hüpfte ihr Ehemann Nathan Larson am Bass. Auch er riß immer wieder sein Instrument in die Senkrechte oder hüpfte mal über die Bühne (es war schließlich Ostern!) und machte andere Bewegungen, die mir meine
Fähigkeiten nahmen, konzentriert der Musik zu folgen. Höhepunkt auf dieser Bühnenseite war ein Verbeugungsritual Nathans vor dem Roadie, der ihm einen anderen Bass brachte...

Irgendwann hatte ich mich dann im Griff und verfolgte das Konzert. Allerdings dauerte es eine Weile, bis mir Lieder gut gefielen. Der Anfang war nicht richtig aufregend, wenn ich ehrlich bin. Bei Angel of sadness, dem vierten Stück, schien die Band sogar mächtig an einander vorbei zu spielen, es klang sehr neben dem Takt. Vielleicht soll das so sein, sicher bin ich da aber nicht.

Musikalisch packte es mich erstmals mit
Rock 'n' roll ghost, einem wirklich guten Lied, das ich mir sicher noch einmal auf Platte anhören werde! Aber das zweifelsfrei beste Stück des Abends folgte anschließend: Golden teeth and silver medals, im Duett mit Kristofer Åström. Auf Colonia (und nicht etwa Berlin!), dem aktuellen A Camp Album, singt sein Landsmann Nicolai Dunger diesen Part. Golden teeth and silver medals war herzerweichend schön! Dazu die schmachtenden Blicke der Sängerin, die deren Ziel am Nachbarmikro aber eher ausdruckslos hinnahm. Nina Persson versteht es ohnehin meisterhaft, Gestik und Mimik einzubinden! Wenn man nicht immer zu Nathan und Niclas gucken müsste, würde man da viel Drama erkennen können! (Mich erinnerte die Sängerin übrigens, bevor ich es vergesse, an die Schauspielerin Kirsten Dunst.)

Zurück zur Musik, wobei die eigentlich heute nicht richtig wichtig war. Nach dem Duett wurde es erst wieder banaler. Mich packte keines der folgenden Stücke. Auch ein Grace Jones Cover (die mochte ich noch nie) gefiel mir nicht besonders. Erst I
signed the line war wieder etwas für mich. Toll dann das, was folgte. Nina Persson kündigte es an mit "It's time to talk about maths!" Algebra könnte eine Titelmelodie einer 70er oder 80er Jahre Kinderserie aus der Tschechoslowakei sein (das ist ein Lob, nur daß das klar ist!) - ein Knüller!

In der Folge kam dann immer mal wieder der stoisch guckende
Kristofer Åström als zweiter Gitarrist auf die Bühne (naja, eigentlich als erster, der andere tanzte ja so vor sich hin). Dann verschwand Nina nach einem Song backstage. Ihre Saiten-Leute spielten ein psychedelisches Instrumentalintro, das ziemlich schwer zu ertragen war und sich anfühlte, als dauerte es eine Viertelstunde. Nina kam zurück, stieg ein und beendete das Lied mit Anstand. Aber toll war Chinatown nicht. Kein neuer Liebling!

Das folgende My America entstand als Folge einer Begegnung mit Bill Clinton, und ich erspare mir jetzt alle doofen Witze.

Nach dem letzten regulären Lied, der Single Stronger than Jesus, erschienen A Camp noch zweimal zu Zugaben. Bemerkenswert dabei das Bowie Cover Boys keep swinging. Allerdings auch bemerkenswert nichtssagend. 85 Minuten dauerte dieses Popkonzert, das bei mir viele Eindrücke hinterläßt, die aber allesamt von der Sängerin der Band überdeckt wurden. Also ein schöner Abend, die Musik hätte manchmal besser sein können.

Setlist A Camp, Luxor, Köln:

01: The crowning
02: Love has left the room
03: Frequent flyer
04: Angel of sadness
05: Rock 'n' roll ghost
06: Golden teeth and silver medals (mit
Kristofer Åström)
07: Here are many wild animals
08: Walking the cow
09: I've done it again (Grace Jones Cover)
10: Bear on the beach
11: I signed the line
12: Algebra
13: I can buy you*
14: Chinatown
15: My America
16: Stronger than Jesus*

17: Song for the leftovers (Z)*
18: Boys keep swinging (David Bowie Cover) (Z)

19: The weed got here first (Z)

* mit
Kristofer Åström

Links:

- mehr Fotos aus dem Luxor

Konzertgänger könnten auch diese Konzerte interessieren:

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- Anna Ternheim
- Björn Kleinhenz in Köln




3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

du wolltest vor allem hingerissen sein. nina ist die allerschönste.
gute nacht!

Dirk hat gesagt…

Da hinterließ das Konzert in Stockholm bei mir einen besseren Eindruck, denn
- Nicolai Dunger sang im Duett "Golden Teeth And Silver Medals" als Überraschungsgast mit
- bei "Stronger Than Jesus" wurden A Camp von den Sweptaways (eigentlich einem 20köpfigen Hausfrauenchor, der Acapella-Coverversionen versucht zum Besten zu geben) durchaus hörenswert unterstützt
- der Cirkus ist ein wundervoller Konzertsaal, der seinen Namen nicht umsonst trägt.

Das Rumgehopse der Mitmusiker fiel mir nicht negativ auf, nur meine mangelnden Schwedisch Kenntnisse, so dass ich kein Wort der kommunikativen Nina verstand.

Existenznachweis hat gesagt…

Verdammt. Ich wäre besser mal bei Euch stehen geblieben. Da war das Licht definitiv besser.

 

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