Konzert: Night Flowers
Ort: Redon, London
Datum: 31.10.2019
Dauer: Night Flowers gut 55 min, Ex-Vöid gut 20 min, Foundlings knapp 30 min
Zuschauer: verkleidet!
Im März waren Night Flowers Gast beim Cologne Popfest, daher bin ich nicht ganz neutral, denn das organisiere ich mit. Die Londoner Band (mit Wurzeln in Hull) hatte ich beim Indietracks 2014 kennengelernt, 2016 als Support von Allo Darlin' an deren Abschiedswochende und beim Indietracks 2018 wiedergesehen. Um Bands wie Night Flowers in Köln spielen zu sehen, haben wir das Popfest gegründet; Genre: perfekter Indiepop.
Nach dem Debütalbum Wild notion von 2018 und einer Reihe von Singles und EPs erschien vergangene Woche die zweite Platte Fortune teller auf Dirty Bingo Records. Gefeiert wurde die Veröffentlichung an Halloween in einem Club in London. "Expect fancy dress, prizes, fortune telling and more!" hieß es in der Ankündigung. Auf das "More" war ich besonders gespannt, anders als oft gab es keine lästigen sondern sehr spannende Vorgruppen: Foundlings und Ex-Vöid, zwei Bands, die auf dem Indietracks gespielt haben, die ich da aber verpasst hatte.
Das Redon ist ein kleiner Club in einem Bahnbogen in Bethnal Green im Osten Londons. Der Club hat eine hohe Holzbühne, über der sich eine Empore befindet. Dekoriert war das Redon mit allerlei Halloween-Grusel, passend zur politischen Stimmung der letzten Monate. Neben dem Merch-Stand standen zwei abenteuerliche Maschinen, Cassandra die Wahrsagerin und ein Hirn-Auslese-Apparat. Wir machten alles mit. Cassandra druckte uns unsere Zukunft voraus, nachdem sie die Handflächen intensiv analysiert hatte (irgendwas mit "Du wirst drei Konzerte in den kommenden drei Tagen sehen und keine Zimt-Cola finden"). Das Publikum war der Fancy-Dress-Vorgabe gefolgt, wir sahen einen Wolf, einen Zirkusdirektor, eine Sowjetunion-Fahne... Schon vor der ersten Band war der Abend ein sehr großer Spaß!
Um kurz nach acht kamen zuerst Foundlings auf die Bühne. Foundlings sind Amber, Bryan, Matthew und Olly, ihre Musik "breathless indie-pop" (Steve Lamacq). Die Band hat bisher Singles und eine EP veröffentlicht und ist beim schottischen Label Last Night From Glasgow. Das kurze Set überzeugte mich sofort. Die Lieder haben einen melancholischen Einschlag und durchaus Postpunk-Elemente. Irgendwo habe ich gelesen, Foundlings klängen, als seien Fleetwood Mac auf Sarah Records erschienen. Das war toll!
Danach kam viel Neon-Gelb auf die Bühne! Die Mitglieder von Ex-Vöid hatten sich textmarkerfarben angezogen, mit Brillen und Bommel-Stirnbändern (als "sexy aliens") chic gemacht. Sängerin Alanna McArdle und Gitarrist Owen Williams waren vorher Teil der walisischen Band Joanna Gruesome, die ich ein paarmal gesehen hatte. Ähnlich wie ihre erste Band sind Ex-Vöid musikalisch schwer zu fassen. Ihre Songs sind Indiepop, der immer wieder von Punk-Elementen (Geschrei!) unterbrochen wird. Das ist viel spannender, als es klingt und machte mir großen Spaß! Leider war auch der Ex-Vöid-Auftritt viel zu kurz, die Band hat aber einfach noch nicht schrecklich viel Material.
Bei Night Flowers ist das anders. Obwohl die Band so jung wirkt, hat sie unendlich viele großartige Lieder im Programm, das Konzert in London war aber vor allem eine Album-Veröffentlichungs-Party, also stand Fortune teller im Mittelpunkt des Konzerts, Night Flowers spielten das Album komplett. Ich hatte das ein wenig gehofft, weil die Platte fantastisch ist! Was für ein Glück, sie von Anfang bis Ende hören zu dürfen! Gitarrist und Co-Sänger Greg sagte irgendwann, daß es vermutlich das einzige Mal sei, daß die Band die Platte ganz spiele.
Der Wolf und der Zirkusdirektor waren auch wieder aufgetaucht und standen als Gitarrist und Bassist auf der Bühne, Greg war existenzialistischer Clown, Schlagzeuger Zebedee Strongman und Sängerin Sophia glitzerte. Wir hatten zwischendurch immer wieder Angst, daß der Wolf von der kleinen Bühne stürzt, viel sehen konnte er durch sein Maul nicht. Und wir wollten das Konzert unbedingt komplett sehen...
Nach dem letzten Fortune-teller-Stück folgten direkt drei alte Lieblinge. Embers (Night Flowers EP), Losing the light und Hey love (Wild notion). Danach wurde beschert ("prizes"). Die Band beriet sich kurz, wer die besten Kostüme trage und kürte dann drei Siegerinnen ("third place: my mom!" - Greg). Übergangen wurde dabei das beste Outfit des Abends - Bandmanager Luke als Freddie Mercury mit Mikro-Ständer.
Glow in the dark und das perfekt passende Cheap-Trick-Cover I want you to want me beendeten das wundervolle Konzert. Night Flowers sind eine verflucht tolle Live-Band und ich ziemlich stolz, daß die bereits beim Cologne Popfest gespielt hat.
Setlist Night Flowers, Redon, London:
01: Night train
02: Lotta love
03: Merry-go-round
04: Perfect storm
05: Fortune teller
06: Carry on
07: I've loved you (such a long time)
08: No coming down
09: Embers
10: Losing the light
11: Hey love
12: Glow in the dark
13: I want you to want me (Cheap Trick Cover)
Links:
- Night Flowers, London, 10.12.16
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