Freitag, 2. Mai 2014

Moddi, Freiburg, 01.05.14


Konzert: Moddi
Ort: RängTengTeng in Freiburg i.Br.
Datum: 1. Mai 2014
Dauer: über 90 min
Zuschauer: knapp 100


Schon sehr lange war der norwegische Musiker Moddi auf meinem musikalischen Radar. Die herben und expressiven Lieder mit dem mal jammernden und schreienden und mal jauchzenden Akkordeon hatten mich im Sturm erobert - aber die jeweils nur sehr kurzen Touren ließen zu große Bögen um Karlsruhe, als dass es mit einem kennenlernen bisher geklappt hätte. Letztes Jahr hätte ich sogar die Chance gehabt, ihn noch ganz kurzfristig in mein Wohnzimmer zu holen, musste ihn aber (sehr traurig) vorbeiziehen lassen. 


Nun endlich würde es klappen! Oder doch nicht? Meine Freiburger Kollegen hatten mich vorgewarnt: Das RängTengTeng ist eine Raucherkneipe... the air is too heavy to breath...  Als ich ankam, war ich deshalb sehr erleichtert zu sehen, dass Schilder aufgehängt worden waren, die darum baten, dass während des Konzerts bitte nicht geraucht werden soll und entlasteten mich von der Sorge, dass es nun mit dem live-Zusammentreffen doch wieder nichts würde (*).


Ein bisschen warten musste ich aber noch, bis gegen 21:30 Uhr Pål Moddi Knutsen und Katrine Schiøtt (Cello und Gesang) die Bühne betraten. Das Konzert war geprägt von einem super-expressiven Moddi auf der Bühne, der seine Stimme manchmal bis zur Grenze belastete, zwischendurch den Rhythmus so stampfte, dass er ganz aus der Puste kam und sehr ausführlichen Zwischenansagen, die alles waren, nur nicht oberflächlich oder gefällig (wenngleich sehr sympathisch).


Die Kellerkneipe hatte sich gut gefüllt und ich war sehr angenehm überrascht davon, wie aufmerksam das Publikum war. Es gab keine Schwätzer und fast keine Geräusche von der Bar. Statt dessen andächtige Stille während der Songs, enthusiastischen Applaus dazwischen und diverse Moddi-kundigen Rufe, als es um gewünschte Songs ging oder auch um Assoziationen zu Norwegen und den Norwegern.


Das war keine Laufkundschaft, die hier nur war, um den Feiertag fröhlich ausklingen zu lassen, sondern ein Publikum, das eine sehr aufgeschlossene und angenehme Atmosphäre schuf, in der sich auch beide Musiker offensichtlich sehr wohl gefühlt haben.


Moddis Bühnenpräsenz war manchmal schon fast etwas zappelig und in der ganzkörperlichen Hingabe erinnerte es mich manchmal an einen anderen norwegischen Musiker den ich sehr schätze und der auch seinen Körper im Konzert sehr speziell einzusetzen weiß: Einar Stray. Er wechselte mehrfach zwischen akustischer Gitarre und Akkordeon als Begleitinstrument und damit auch zwischen sitzen und stehen. Daneben war Katrine am Cello ein Ruhepol und ganz und gar geerdet. Auch ergänzten sich die beide Stimmen für meine Ohren ganz hervorragend und besonders wohlklingend. 


Musikalisch waren die nachdenklichen Songs an diesem Abend deutlich in der Überzahl. Und auch bei den länger diskutierten Themen nahmen Krieg und Umweltzerstörung und die Verantwortung, die jeder einzelne dafür übernehmen kann und könnte einen großen Teil der Zeit ein. Persönliche Erlebnisse kürzlich in Israel und den besetzten Gebieten und während seiner Teenagerzeit in Norwegen bildeten den Hintergrund für grundlegende Überlegungen. Dabei wirkte Moddi jedoch stets optimistisch und vor Energie nur so sprühend. Bange machen galt also nicht! Auch nicht vor 2 m langen norwegischen Otto-Normalverbrauchern.



Ein weiteres Thema des Abends waren Sprachen. Moddi sprach über weite Strecken Deutsch, wechselte dann immer mal wieder ins wohl gewohntere Englisch und versuchte zu erklären, wieso manche Lieder einfach schwer in der Heimatsprache zu singen sind - und zwar nicht nur wegen gewisser Gewohnheiten der Pop-Industrie.



Wenn ich für mich besondere Lieder des Abends in Freiburg hervorheben soll, dann waren es Tog sang (bei dem wir uns die Sprache wünschen durften und das mir schon seit dem Cover durch Portishead ein Lieblingslied ist), House by the sea (ein vom Publikum gewünschtes Lied) und Rubbles (das Lied, mit dem ich ihn kennenlernte).


Leider musste ich 23 Uhr meinen Heimweg antreten, als noch das als letztes Lied angekündigte En sang om fly lief. Nach der Stimmung im Raum und auf der Bühne zu urteilen, gab es anschließend sicher noch Zugaben, die mir leider entgangen sind. Aber ich hatte noch 2 Stunden Heimweg vor mir und nur diese Mitfahrgelegenheit.



Moddi wird am 2. und 3. Mai noch zweimal an deutschen Bahnhöfen aussteigen. Geplant sind Reutlingen und Marburg. Im Sommer kann man ihn voraussichtlich auf einigen Festivals erleben. Dicke Empfehlung meinerseits!


Setlist: 
01: Magpie eggs 
02: Soon you will be somebody else
03: Poetry
04: Run to the water
05: Tog sang 
06: Bridges and Balloons (Joanna Newsome cover)
07: Krokstav-emne (mit Akkordeon als Schlagzeug)
08: House by the sea
09: Eli Geva
10: The Architect
11: Rubbles

12: En sang om fly

+ evt. Zugaben 


(*) mein Ausweichplan war, im Falle von zu viel Qualm, in das 10 min entfernte White Rabbit zu gehen und dort Diane Cluck zu sehen. Man kann ja nicht 150 km fahren und sich dann von Rauchern den Abend total verderben lassen...

Tourdaten:
02.05. Franz K. Reutlingen
03.05. KFZ, Marburg



1 Kommentare :

Tom hat gesagt…

Wunderschöner Text, danke.
Das Konzert war wirklich ganz toll. Du hast die Stimmung des Abends super eingefangen. Und es war wirklich super Stimmung. Hab (in Freiburg) selten erlebt, dass bei den ruhigen Songs solch aufmerksame Stille herrscht.

 

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