Konzert: Bright Eyes (Jenny and Johnny & Two Gallants)
Ort: Arena Open Air, Wien
Datum: 05.07.2011
Zuschauer: voll, etwa 3000
Konzertdauer: Bright Eyes 130 Minuten
Als Conor Oberst samt Musikerschaft die Bühne des Arena-Geländes betrat, klang der Regen langsam ab, der Himmel brach auf und warmes Sonnenlicht der letzte Strahlen tauchte alles in ein tolles Licht.
Klingt kitschig, war es auch, passt außerdem ganz gut zu Bright Eyes. Falls Herr Oberst samt (dieser) Band zur Zeit seine letzte Tour bestreitet, dann war dieser Abend ein würdiger Abschied.
Zuerst waren aber mal die Kalifornier von Two Gallants dran, eine Zweimannband mit der interessanten Besetzung Gesang/Schlagzeug.
Mit einigen großartigen Auftritten haben sich die beiden in Wien eine durchaus beachtliche Fangemeinde erspielt, die Tatsache, dass sie auf Conor Obersts Label Saddle Creek gesigned sind, dürfte zusätzlich den Ausschlag für die Entscheidung des Veranstalters, eine weitere Vorband zu engagieren, gegeben haben.
Diese Rechnung sollte aufgehen, Two Gallants spielten sich und das Publikum in einen kleinen Rausch, am Ende der 50 Minuten setzte es heftigen Jubel. Ob Jenny and Johnny dieser Vorlage nahekommen konnten?
Das Pärchen Jenny Lewis und Jonathan Rice bot recht netten, countryesken Folkpop (reichlich beliebig kategorisiert, ich weiß), der irgendwie nicht zu überzeugen wusste. Mich nicht und die meisten anderen auch nicht. Jedenfalls war auf dem überdachten Balkon und der angeschlossenen Bar defintiv mehr los, als vor der Bühne - auch weil es zu regnen begonnen hatte.
Gegen Ende hin gefielen mir die beiden Engländer und ihre Band zwar schon besser, dennoch war ich ganz froh, als sie das Feld räumten. Vielleicht bietet sich mal die Chance, in einem anderen Ambiente eins ihrer Konzerte neu zu erleben, an diesem Abend hatten Jenny and Johnny aber eher den Charakter einer Hintergrunduntermalung.
Zurück an den Anfang: Zu der etwas entrückten Stimme aus dem Off zu Firewall kamen Bright Eyes auf die Bühne, was ihnen entgegenschlug waren gewaltige Vorschusslorbeeren. Zu lange waren die Amerikaner nicht mehr in Wien gewesen, das merkte man deutlich.
Anfangs war Conor Oberst allerdings noch nicht sehr auf Interaktion mit dem Publikum aus, auch wenn besonders das ältere Four winds enthusiastisch aufgenommen wurde. Er antwortete auf seine Weise: War es auf der gesamten Europa-Tour bislang (sehr zum Missfallen der meisten Fans) ausgespart worden, schüttelte er völlig überraschend We are nowhere and it's now aus dem Ärmel. Was für eine schöne Geste! Dabei hatte ich die Hoffnung, meinen Lieblingssong beim Konzert zu hören, nach Betrachtung der in den Wochen zuvor gespielten Setlists, schon aufgegeben. Aber jetzt flatterte er doch, der yellow bird und verbreitete eine grandios fragile Stimmung. Glück und Gänsehaut - "I don't know if it's true, but I keep it for good luck."
Die folgenden zwei Songs, das live sehr überzeugende Lover I don't have to love und die derzeitige Single Shell Games (für die Gleiches gilt) setzten diese Stimmung fort, dann folgte aber eine Länge-Phase, in der Intensität und Größe der Darbietung etwas abnahmen. War egal, hinter mir lieferten sich der Verkäufer des Würstelstandes und der Crêpes-Bäcker eine interessante Auseinandersetzung, ihr Wienerisch ließ meine Gedanken zum Lua-Cover der Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune abtreiben...
Es dauerte allerdings nicht lange, bis Bright Eyes den Faden wieder fanden, Conor Oberst wagte sich an immer längere Geschichten und freute sich sichtlich über die Freude und die Konzentration, die das Publikum an den Tag legte.
Insgesamt war beinahe kein Unterschied zwischen der Rezeption alter und neuer Songs feststellbar, alte Klassiker wurden ebenso mitgesungen, wie das neue Material verinnerlicht wurde. Man hatte ein wenig das Gefühl, Conor Oberst könne fast nichts Neues bieten, so gut kannten alle ihn und sein Werk.
Konnte er aber: Nachdem mit dem Ladder Song der reguläre Teil des Konzerts zu Ende gegangen war, zog er eine verblüffende, beinahe befremdliche Show ab. Jeder Musiker wurde eigens vorgestellt und durfte ein kleine Solo zum Besten geben. So weit, so gewöhnlich. Nur die Art, wie Mr. Oberst das tat, erinnerte wahlweise an Stadionrock und die großen Egos von Hip Hop-Superstars: "All the way from fucking Kuhdorf, in the flash....", shoutete er und führte dabei komische Tänzelbewegungen vor.
Ob da wohl eine gewaltige Portion Ironie dahinter steckte? Weiß man bei ihm nie, aber gerade das macht diese interessante Persönlichkeit ja (mit) aus!
Die folgenden Zugaben unterstrichen jedenfalls die unantastbare Bedeutung dieses Musikers: Das schon erwähnte Lua war darunter, mit der immanenten Frage nach der Kluft zwischen Abend und Morgen. Würde man am nächsten Morgen auch noch so angetan von diesem Konzert sein? "Aufd Nacht is immer alles leiwand...", dolmetschte die genannte Neigungsgruppe, leiwand fand ichs am nächsten Morgen auch noch.
Vor allem auch wegen der letzten zwei Songs, die nach einem gemeinsam mit Jenny and Johnny performten Gillian Welch-Cover dran kamen: Das epische Road to joy und One for you, one for me.
"One for the people, one for the parliament. One for the weary, one for the malcontent. One for the master, one for the protégé. One for you, and one for me."
In der Tat war an diesem Abend für jeden was dabei. Für den Fan der ersten Stunde, für Neulinge, für Romantiker und für alte Rocker, für Melancholiker und für lebensfrohe Naturen. Wie es eine Freundin ausdrückte: "Tanzen, lachen, weinen - alles dabei."
Sollte dieser Abend wirklich eine Abschiedsvorstellung gewesen sein, dann darf man sich einerseits glücklich schätzen, dem beigewohnt zu haben, andererseits ist eine große Portion Wehmut angesagt. Die Bühne, von der Conor Oberst abtreten will, wird so einen Ausnahmemenschen nicht so schnell wiederfinden... Wien sagt danke!
Setlist Bright Eyes, Wien, 05.07.2011:
01: Firewall
02: Jejune stars
03: Take it easy (Love nothing)
04: Four winds
05: Bowl of oranges
06: Something vague
07: We are nowhere and it's now
08: Lover I don't have to love
09: Shell games
10: Approximate sunlight
11: Arc of time (Time code)
12: Falling out of love at this volume
13: Triple spiral
14: Cartoon blues
15: Beginner's mind
16: Landlocked blues
17: Hot knives
18: Poison oak
19: The calendar hung itself
20: Ladder song
21: Lua (Z)
22: Wrecking ball (Gillian Welch-Cover) (Z)
23: Road to joy (Z)
24: One for you, one for me (Z)
Aus unserem Archiv:
Bright Eyes, Köln, 21.06.11
Bright Eyes, Wiesbaden, 20.06.07
Bright Eyes, Paris, 30.03.07
Conor Oberst And The Mystic Valley Band, Paris, 13.09.08
Conor Oberst And The Mystic Valley Band, Köln, 11.09.08
Vielen Dank für die Fotos an Christoph!
Ort: Arena Open Air, Wien
Datum: 05.07.2011
Zuschauer: voll, etwa 3000
Konzertdauer: Bright Eyes 130 Minuten
Als Conor Oberst samt Musikerschaft die Bühne des Arena-Geländes betrat, klang der Regen langsam ab, der Himmel brach auf und warmes Sonnenlicht der letzte Strahlen tauchte alles in ein tolles Licht.
Klingt kitschig, war es auch, passt außerdem ganz gut zu Bright Eyes. Falls Herr Oberst samt (dieser) Band zur Zeit seine letzte Tour bestreitet, dann war dieser Abend ein würdiger Abschied.
Zuerst waren aber mal die Kalifornier von Two Gallants dran, eine Zweimannband mit der interessanten Besetzung Gesang/Schlagzeug.
Mit einigen großartigen Auftritten haben sich die beiden in Wien eine durchaus beachtliche Fangemeinde erspielt, die Tatsache, dass sie auf Conor Obersts Label Saddle Creek gesigned sind, dürfte zusätzlich den Ausschlag für die Entscheidung des Veranstalters, eine weitere Vorband zu engagieren, gegeben haben.
Diese Rechnung sollte aufgehen, Two Gallants spielten sich und das Publikum in einen kleinen Rausch, am Ende der 50 Minuten setzte es heftigen Jubel. Ob Jenny and Johnny dieser Vorlage nahekommen konnten?
Das Pärchen Jenny Lewis und Jonathan Rice bot recht netten, countryesken Folkpop (reichlich beliebig kategorisiert, ich weiß), der irgendwie nicht zu überzeugen wusste. Mich nicht und die meisten anderen auch nicht. Jedenfalls war auf dem überdachten Balkon und der angeschlossenen Bar defintiv mehr los, als vor der Bühne - auch weil es zu regnen begonnen hatte.
Gegen Ende hin gefielen mir die beiden Engländer und ihre Band zwar schon besser, dennoch war ich ganz froh, als sie das Feld räumten. Vielleicht bietet sich mal die Chance, in einem anderen Ambiente eins ihrer Konzerte neu zu erleben, an diesem Abend hatten Jenny and Johnny aber eher den Charakter einer Hintergrunduntermalung.
Zurück an den Anfang: Zu der etwas entrückten Stimme aus dem Off zu Firewall kamen Bright Eyes auf die Bühne, was ihnen entgegenschlug waren gewaltige Vorschusslorbeeren. Zu lange waren die Amerikaner nicht mehr in Wien gewesen, das merkte man deutlich.
Anfangs war Conor Oberst allerdings noch nicht sehr auf Interaktion mit dem Publikum aus, auch wenn besonders das ältere Four winds enthusiastisch aufgenommen wurde. Er antwortete auf seine Weise: War es auf der gesamten Europa-Tour bislang (sehr zum Missfallen der meisten Fans) ausgespart worden, schüttelte er völlig überraschend We are nowhere and it's now aus dem Ärmel. Was für eine schöne Geste! Dabei hatte ich die Hoffnung, meinen Lieblingssong beim Konzert zu hören, nach Betrachtung der in den Wochen zuvor gespielten Setlists, schon aufgegeben. Aber jetzt flatterte er doch, der yellow bird und verbreitete eine grandios fragile Stimmung. Glück und Gänsehaut - "I don't know if it's true, but I keep it for good luck."
Die folgenden zwei Songs, das live sehr überzeugende Lover I don't have to love und die derzeitige Single Shell Games (für die Gleiches gilt) setzten diese Stimmung fort, dann folgte aber eine Länge-Phase, in der Intensität und Größe der Darbietung etwas abnahmen. War egal, hinter mir lieferten sich der Verkäufer des Würstelstandes und der Crêpes-Bäcker eine interessante Auseinandersetzung, ihr Wienerisch ließ meine Gedanken zum Lua-Cover der Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune abtreiben...
Es dauerte allerdings nicht lange, bis Bright Eyes den Faden wieder fanden, Conor Oberst wagte sich an immer längere Geschichten und freute sich sichtlich über die Freude und die Konzentration, die das Publikum an den Tag legte.
Insgesamt war beinahe kein Unterschied zwischen der Rezeption alter und neuer Songs feststellbar, alte Klassiker wurden ebenso mitgesungen, wie das neue Material verinnerlicht wurde. Man hatte ein wenig das Gefühl, Conor Oberst könne fast nichts Neues bieten, so gut kannten alle ihn und sein Werk.
Konnte er aber: Nachdem mit dem Ladder Song der reguläre Teil des Konzerts zu Ende gegangen war, zog er eine verblüffende, beinahe befremdliche Show ab. Jeder Musiker wurde eigens vorgestellt und durfte ein kleine Solo zum Besten geben. So weit, so gewöhnlich. Nur die Art, wie Mr. Oberst das tat, erinnerte wahlweise an Stadionrock und die großen Egos von Hip Hop-Superstars: "All the way from fucking Kuhdorf, in the flash....", shoutete er und führte dabei komische Tänzelbewegungen vor.
Ob da wohl eine gewaltige Portion Ironie dahinter steckte? Weiß man bei ihm nie, aber gerade das macht diese interessante Persönlichkeit ja (mit) aus!
Die folgenden Zugaben unterstrichen jedenfalls die unantastbare Bedeutung dieses Musikers: Das schon erwähnte Lua war darunter, mit der immanenten Frage nach der Kluft zwischen Abend und Morgen. Würde man am nächsten Morgen auch noch so angetan von diesem Konzert sein? "Aufd Nacht is immer alles leiwand...", dolmetschte die genannte Neigungsgruppe, leiwand fand ichs am nächsten Morgen auch noch.
Vor allem auch wegen der letzten zwei Songs, die nach einem gemeinsam mit Jenny and Johnny performten Gillian Welch-Cover dran kamen: Das epische Road to joy und One for you, one for me.
"One for the people, one for the parliament. One for the weary, one for the malcontent. One for the master, one for the protégé. One for you, and one for me."
In der Tat war an diesem Abend für jeden was dabei. Für den Fan der ersten Stunde, für Neulinge, für Romantiker und für alte Rocker, für Melancholiker und für lebensfrohe Naturen. Wie es eine Freundin ausdrückte: "Tanzen, lachen, weinen - alles dabei."
Sollte dieser Abend wirklich eine Abschiedsvorstellung gewesen sein, dann darf man sich einerseits glücklich schätzen, dem beigewohnt zu haben, andererseits ist eine große Portion Wehmut angesagt. Die Bühne, von der Conor Oberst abtreten will, wird so einen Ausnahmemenschen nicht so schnell wiederfinden... Wien sagt danke!
Setlist Bright Eyes, Wien, 05.07.2011:
01: Firewall
02: Jejune stars
03: Take it easy (Love nothing)
04: Four winds
05: Bowl of oranges
06: Something vague
07: We are nowhere and it's now
08: Lover I don't have to love
09: Shell games
10: Approximate sunlight
11: Arc of time (Time code)
12: Falling out of love at this volume
13: Triple spiral
14: Cartoon blues
15: Beginner's mind
16: Landlocked blues
17: Hot knives
18: Poison oak
19: The calendar hung itself
20: Ladder song
21: Lua (Z)
22: Wrecking ball (Gillian Welch-Cover) (Z)
23: Road to joy (Z)
24: One for you, one for me (Z)
Aus unserem Archiv:
Bright Eyes, Köln, 21.06.11
Bright Eyes, Wiesbaden, 20.06.07
Bright Eyes, Paris, 30.03.07
Conor Oberst And The Mystic Valley Band, Paris, 13.09.08
Conor Oberst And The Mystic Valley Band, Köln, 11.09.08
Vielen Dank für die Fotos an Christoph!
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