Konzert: Tu Fawning
Ort: Blue Shell, Köln
Datum: 21.07.2011
Zuschauer: rund 60
Dauer: 65 min
Puh, Konzert-Sauregurkenzeit... Wer als Musikjunkie im Juli keine Festivals sieht, ist gekniffen, denn in Clubs ist jetzt gerade wirklich nicht viel los. Da ich mir nach den besten drei Festivals meines Lebens, die geballt 2010 stattgefunden hatten (Primavera, Latitude und Bowlie), geschworen hatte, nie wieder zu Festivals zu gehen*, bieten die letzten Wochen Gelegenheit zur Entschleunigung, zur Suche nach der inneren Mitte, dafür die Seele baumeln zu lassen.
Done.
Jetzt möchte die innere Mitte aber gefälligst wieder laute Musik hören und sich ein neues Plätzchen suchen.
Glücklicherweise machen sich in dieser schrecklich langweiligen Zeit nicht alle Bands rar. Mittwoch waren die Indelicates in Mainz (die allerdings auch feststellten, daß gerade keine gute Saison für Konzerte sei), heute die tollen Tu Fawning, die ich im März in Duisburg gesehen hatte, und die mich da restlos überzeugt hatten.
Tu Fawning hatten in Roskilde und auf einem Festival in Belgien gespielt und die Zeit dazwischen für eine kleine Europatour genutzt. Kölner Station war das Blue Shell, denn obwohl die Band größere Clubs verdiente (und sicher souverän bespielte), reicht das potentielle Publikum noch nicht für mehr. So war es auch noch gähnend leer, als wir in der blauen Bar ankamen. Bis es eine halbe Stunde später als angekündigt losging, hatten sich aber noch gut 60 Zuschauer eingefunden, wonach es um neun wirklich nicht ausgesehen hatte.
Tu Fawning stammen aus Portland und sind ein Quartett: Joe Haege (31knots) begann am Schlagzeug, Corrina Repp an der Gitarre, Toussaint Perrault an Glöckchen und Pauke und Liza Rietz am Keyboard. Allerdings wechseln die vier ihre Positionen immer wieder, ohne daß dabei der Fluß des Konzerts gestört würde. Die Musik der Amerikaner einzuordnen, ist schwer. Um Corrinas ganz hervorragende Stimme herum bauen Tu Fawning experimentell scheinende Melodien auf, denen allerdings das Anstrengende solcher Lieder fehlt. Anspruchsvoll aber eingängig, mit Hilfe experimenteller Mittel. Oder ähnlich.
Das Eröffnungsstück Hand grenade beispielsweise fängt mit einem eintönigen Keyboard Akkord an, der später von Trommeln unterstützt wird, bis Corrinas Gesang einsetzt, der da an Beth Gibbons von Portishead erinnert. Dazu kommt später Toussaints Posaune - und ein vollkommener Melodiebruch. Das liest sich schrecklich, ist in Wahrheit - und auf Bühne und Platte - aber hervorragende Kost.
Tu Fawning setzten neben Schlagzeug, Gitarre, Keyboard, die immer vorkommen, so viele Percussionintrumente, Glöckchen oder anders gespielte klassische Instrumente ein, geklopfte Geige, Windspiel, Klanghölzer. Auch wenn vieles davon seine Überraschung beim zweiten Mal verloren hat (zum Beispiel der Ausflug von Toussaint mit Fanfare ins Publikum bei Sad story - was im kleinen Blue Shell einen irren Rundumklang-Effekt erzeugte), machte das das Zusehen keinen Deut unspannender.
Das Stück mit dem Fanfarenzug war auch eines der besten des Abends, allerdings nicht nur wegen des Ausflugs. Sad story war auch das erste Lied, bei dem Corrina am Schlagzeug saß. Ihr Trommeln ist unglaublich sehenswert. Ich kann nicht beurteilen, ob es technisch gut ist, es klingt zumindest nicht falsch. Aber ich habe nie einen Drummer gesehen, dem man ansieht, wie die eigene Kraft eingesetzt wird, um Töne zu erzeugen. Wenn Corrina das Bassdrum-Pedal tritt, wirft sie sich richtig gegen das Gerät. In den Instrumental-Passagen schlug sie schräg von oben nach unten die Trommeln und sah dabei wie eine Kanu-Sprinterin aus. Spektakulär!
Wundervoll auch, als bei Multiply a house alle vier standen und sangen, und mit Tamburinen den Rhythmus machten.
Tu Fawning spielten Lieder ihres Albums Hearts on hold, sowie der Secession EP. Auch ein neues Stück der im Frühjahr erscheinenden zweiten Platte war im Programm, das habe allerdings noch keinen Namen. Außer, daß Liza dabei Geige spielte, unterschied es sich weder stilistisch noch qualitativ vom Rest.
Tu Fawning waren toll! Sie ertrugen auch die aufgezwungenen Dialoge über das Highsein mit den beiden Frauen in der ersten Reihe mit Würde.
Auch außerhalb der Sauregurkenzeit wäre das Konzert aus der Masse herausgestochen. Tu Fawning tauchen definitiv in meiner Jahresbestenliste auf!
Setlist Tu Fawning, Blue Shell, Köln:
01: Hand grenade
02: Diamond in the forest
03: Out like bats
04: Sad story
05: Just too much
06: Multiply a house
07: I know you now
08: neu (noch namenlos)**
09: I'm gone
10: The felt sense
11: In silence we reach the palisades (Z)
12: Mouths of young (Z)
Links:
- Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
* außer Primavera und Haldern in diesem Jahr
** (Textzeilen: "Cover your eyes" und "I want you, you want me")
Ort: Blue Shell, Köln
Datum: 21.07.2011
Zuschauer: rund 60
Dauer: 65 min
Puh, Konzert-Sauregurkenzeit... Wer als Musikjunkie im Juli keine Festivals sieht, ist gekniffen, denn in Clubs ist jetzt gerade wirklich nicht viel los. Da ich mir nach den besten drei Festivals meines Lebens, die geballt 2010 stattgefunden hatten (Primavera, Latitude und Bowlie), geschworen hatte, nie wieder zu Festivals zu gehen*, bieten die letzten Wochen Gelegenheit zur Entschleunigung, zur Suche nach der inneren Mitte, dafür die Seele baumeln zu lassen.
Done.
Jetzt möchte die innere Mitte aber gefälligst wieder laute Musik hören und sich ein neues Plätzchen suchen.
Glücklicherweise machen sich in dieser schrecklich langweiligen Zeit nicht alle Bands rar. Mittwoch waren die Indelicates in Mainz (die allerdings auch feststellten, daß gerade keine gute Saison für Konzerte sei), heute die tollen Tu Fawning, die ich im März in Duisburg gesehen hatte, und die mich da restlos überzeugt hatten.
Tu Fawning hatten in Roskilde und auf einem Festival in Belgien gespielt und die Zeit dazwischen für eine kleine Europatour genutzt. Kölner Station war das Blue Shell, denn obwohl die Band größere Clubs verdiente (und sicher souverän bespielte), reicht das potentielle Publikum noch nicht für mehr. So war es auch noch gähnend leer, als wir in der blauen Bar ankamen. Bis es eine halbe Stunde später als angekündigt losging, hatten sich aber noch gut 60 Zuschauer eingefunden, wonach es um neun wirklich nicht ausgesehen hatte.
Tu Fawning stammen aus Portland und sind ein Quartett: Joe Haege (31knots) begann am Schlagzeug, Corrina Repp an der Gitarre, Toussaint Perrault an Glöckchen und Pauke und Liza Rietz am Keyboard. Allerdings wechseln die vier ihre Positionen immer wieder, ohne daß dabei der Fluß des Konzerts gestört würde. Die Musik der Amerikaner einzuordnen, ist schwer. Um Corrinas ganz hervorragende Stimme herum bauen Tu Fawning experimentell scheinende Melodien auf, denen allerdings das Anstrengende solcher Lieder fehlt. Anspruchsvoll aber eingängig, mit Hilfe experimenteller Mittel. Oder ähnlich.
Das Eröffnungsstück Hand grenade beispielsweise fängt mit einem eintönigen Keyboard Akkord an, der später von Trommeln unterstützt wird, bis Corrinas Gesang einsetzt, der da an Beth Gibbons von Portishead erinnert. Dazu kommt später Toussaints Posaune - und ein vollkommener Melodiebruch. Das liest sich schrecklich, ist in Wahrheit - und auf Bühne und Platte - aber hervorragende Kost.
Tu Fawning setzten neben Schlagzeug, Gitarre, Keyboard, die immer vorkommen, so viele Percussionintrumente, Glöckchen oder anders gespielte klassische Instrumente ein, geklopfte Geige, Windspiel, Klanghölzer. Auch wenn vieles davon seine Überraschung beim zweiten Mal verloren hat (zum Beispiel der Ausflug von Toussaint mit Fanfare ins Publikum bei Sad story - was im kleinen Blue Shell einen irren Rundumklang-Effekt erzeugte), machte das das Zusehen keinen Deut unspannender.
Das Stück mit dem Fanfarenzug war auch eines der besten des Abends, allerdings nicht nur wegen des Ausflugs. Sad story war auch das erste Lied, bei dem Corrina am Schlagzeug saß. Ihr Trommeln ist unglaublich sehenswert. Ich kann nicht beurteilen, ob es technisch gut ist, es klingt zumindest nicht falsch. Aber ich habe nie einen Drummer gesehen, dem man ansieht, wie die eigene Kraft eingesetzt wird, um Töne zu erzeugen. Wenn Corrina das Bassdrum-Pedal tritt, wirft sie sich richtig gegen das Gerät. In den Instrumental-Passagen schlug sie schräg von oben nach unten die Trommeln und sah dabei wie eine Kanu-Sprinterin aus. Spektakulär!
Wundervoll auch, als bei Multiply a house alle vier standen und sangen, und mit Tamburinen den Rhythmus machten.
Tu Fawning spielten Lieder ihres Albums Hearts on hold, sowie der Secession EP. Auch ein neues Stück der im Frühjahr erscheinenden zweiten Platte war im Programm, das habe allerdings noch keinen Namen. Außer, daß Liza dabei Geige spielte, unterschied es sich weder stilistisch noch qualitativ vom Rest.
Tu Fawning waren toll! Sie ertrugen auch die aufgezwungenen Dialoge über das Highsein mit den beiden Frauen in der ersten Reihe mit Würde.
Auch außerhalb der Sauregurkenzeit wäre das Konzert aus der Masse herausgestochen. Tu Fawning tauchen definitiv in meiner Jahresbestenliste auf!
Setlist Tu Fawning, Blue Shell, Köln:
01: Hand grenade
02: Diamond in the forest
03: Out like bats
04: Sad story
05: Just too much
06: Multiply a house
07: I know you now
08: neu (noch namenlos)**
09: I'm gone
10: The felt sense
11: In silence we reach the palisades (Z)
12: Mouths of young (Z)
Links:
- Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
* außer Primavera und Haldern in diesem Jahr
** (Textzeilen: "Cover your eyes" und "I want you, you want me")
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