Konzert: The Tuts
Ort: InDieWohnzimmer, Stuttgart
Datum: 04.10.2015
Dauer: gut 50 min
Zuschauer: etwa 50
Immer Ende Juli findet in Ripley (Derbyshire) ein Indie- bzw. Twee-Pop-Festival statt, dem ich seit meinem ersten Besuch 2013 restlos verfallen bin. Als erste Band meines ersten Indietracks traten vor zweieinhalb Jahren The Tuts aus London auf. Die drei jungen Musikerinnen waren im Gesicht bunt bemalt und spielten ein kurzes, knackiges und vor allem punkiges Set. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir aber die Wirkung, die die Tuts damit offenbar erzielt hatten. Während des ganzen Festivals sah ich nämlich immer mehr Menschen mit Tuts T-Shirts oder Taschen rumlaufen. "Und die haben wir damals alle selbst gemacht, absolut DIY!" erzählte Sängerin Nadia beim Essen vor dem Wohnzimmer-Konzert in Stuttgart.
Meine zweite Begegnung mit den Londonerinnen war ein paar Monate nach dem Indietracks an meinem anderen Lieblings-Konzertort: die Tuts waren Support für Kate Nash im Gebäude 9 in Köln und begeisterten mich dabei vollkommen!
Im März 2015 mein nächster Tuts-Moment... Ich hatte mir einen Uralt-Traum erfüllt und ein Ticket für meine früheren Lieblinge The Darling Buds in London gekauft. Erster Support war eine weitere dieser vielen liebenswerten Indietracks-Bands, Colour Me Wednesday (liebenswert wie gesagt...). Deren Bassistin kam mir bekannt vor, ich wusste aber nicht woher. Als ich die beiden anderen Tuts jubelnd zwei, drei Reihen vor mir entdeckte, erkannte ich Harriet Tut wieder. Nach dem wundervollen Konzert von Colour Me Wednesday verteilten die drei Musikerinnen Werbung für ein Tuts-Konzert in London. Dafür haben die meisten Bands vermutlich eigene Agenturen, bei den Londonerinnen war alles do-it-yourself.
"Hast du uns denn auch dieses Jahr beim Indietracks gesehen?" - "Nein." - "Nein?" - "Ich habe die Darling Buds stattdessen gesehen..." - "Und? Wie war das?" - "Total leer, das waren kaum Leute!" - "Ha! Und bei uns war es vollkommen überfüllt! Super!"
Nach ein paar weiteren Indiepop-Fachgesprächen beim Essen ("wen hasst du am meisten in der Indiepop-Szene?"...) trudelte ab sieben langsam die Stuttgarter Musikszene ein. Es ist erstaunlich, was für eine aktive Indie-Community in Stuttgart existiert. Das, was es in Frankfurt und im Ruhrgebiet so gar nicht zu geben scheint. Die Veranstalterinnen hatten im Vorfeld die Gästeliste bei 60 schließen müssen, das Interesse an den Tuts war riesig! Als die Engländerinnen ihre ersten Lieder gespielt hatten, tanzte das Wohnzimmer. Das Interesse war also durch und durch gerechtfertigt.
Die Tuts haben bisher nur eine Handvoll digitaler und zwei 7" Singles veröffentlicht. Obwohl die Band seit 2011 besteht und sie eine ganze Reihe Songs hat, gibt es bisher noch kein Album. Erst seit dem Sommer haben die Tuts einen Manager, vorher lief alles durch die Hände der drei Frauen, vom Booking über die Merchplanung bis zu den Aufnahmen der Lieder. Der DIY-Gedanke im Indipop ist wundervoll charmant, er verhindert aber vielleicht oft auch den verdienten (und bitter nötigen) Erfolg einer Band. Bevor ein Album irgendwann kommt, veröffentlich die Tuts demnächst eine weitere Single (über den Tierfreund David Cameron - Something worth voting for), die sie neben den meisten Stücken der bisherigen Veröffentlichungen spielten. Klingen The Tuts auf Aufnahmen noch recht popig, sind sie live so, wie das auch ihrem Selbstverständnis entspricht - deutlich punkiger. Nadias Stimme war ziemlich verzerrt, vermutlich absolut gewollt. Die Instrumente waren eh krachig, die Band war selbstverständlich mit kompletten Schlagzeug angereist.
Gegen Ende des Konzerts spielten Beverley, Nadia und Harriet zwei Cover kurz nacheinander. Das erste - Rudie can't fail von The Clash - passte musikalisch wie die Faust aufs Auge. Für das zweite sind die Tuts viel zu jung. Sie suchten für Two Princes von den Spin Doctors ("we love it, it's our favourite song!") erst vergeblich einen Gastsänger aus dem Publikum, spielten es aber dann doch alleine und machten aus dem alten Schinken einen echten Kracher. Aber bei guten Bands sind die Cover immer schlechter als die eigenen Songs. Die beiden Zugaben der Tuts bestätigten das.
Ein perfekter Konzertabend! Ich war nicht sicher, ob der Tuts-Punk in einem Wohnzimmer ankommen könnte und beweise dadurch wieder einmal vollkommene Ahnungslosigkeit! Mehr Ahnung haben die: "Played the most AMAZING show last night in a beautiful house in Stuttgart with a bunny mansion in the living room. As we were getting ready upstairs little did we know the house was FILLING up with people eagerly waiting to see us. We walk down the stairs and are greeted with cheering and welcoming whoops. We played to a packed out room, all clapping along to our rendition of the Spin Doctors two princes followed by an ENCORE, SOLD OUT of vinyl and then got back into our trackies to hang out with our new German friends doing illegal things. The night ended with us saying goodbye to everyone from our beds. What a show!"
Danke Claudia und Christine!
Setlist The Tuts, InDieWohnzimmer, Stuttgart:
01: Beverley
02: Tut Tut Tut
03: I call you up
04: Worry warrior
05: All too late
06: Dump your boyfriend
07: Something worth voting for
08: What's on the radio?
09: Do I have to look for love?
10: ?
11: Rudie can't fail (The Clash Cover)
12: Always hear the same shit
13: Two princes (Spin Doctors Cover)
14: Back up
15: Loving it (Z)
16: 1, 2, 3 (Z)
Links:
- The Tuts, Köln, 29.09.13
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