Konzert: Viet Cong
Ort: Primavera Sound Festival, Barcelona
Datum: 28.05.2015
Dauer: 45 min
Zuschauer: sehr viele
Anfang März wurde ein Viet Cong Konzert in Ohio vom Promoter abgesagt, nachdem es massive Beschwerden wegen des Names der Bands. Der vietnamesischen und vietnamesisch-amerikanischen Community sei das nicht zumutbar. Die Kanadier entschuldigten sich für ihre Namenswahl. Sie seien "naive about the history of a war in a country we knew very little about" gewesen, zitiert sie der Guardian. Als Deutscher weiß man natürlich, daß es geschichtliche Begriffe gibt, die sich nicht für irgendeine Form der Neuverwertung eignen. Die kanadische Heimat von Viet Cong (Band) war nicht Partei im Vietnamkrieg, die geschichtliche Sensibiliät fehlte da. Ob die Reaktionen des Ohio-Bookers maßlos übertriebene political correctness ist, maße ich mir nicht zu beurteilen. Wie wären die Reaktionen auf eine Nu-Grunge-Band namens Stasi, die in Gera auftreten wollte? Ich kann mir nicht vorstellen, daß das nicht ginge.
Aber Gregor Gysi würde sofort beteuern, niemals Mitglied dieser Band gewesen zu sein.
Jedenfalls behalten Viet Cong ihren Namen, sie traten so in Deutschland und heute auch in Barcelona auf.
Viet Cong spielten auf der schönen Pitchfork, einer der Bühnen, von denen die Bands direkt aufs Meer gucken. Leider hat die Pitchfork neben der benachbarten Adidas Originals (früher Vice) einen sehr dürftigen Sound. Richtig schadete es den Songs der Kanadier aber nicht. Der kurze Auftritt hinterließ auch so einen tiefen Eindruck.
Nach weit weniger als einer halben Stunden begannen Viet Cong ihr sechstes Lied Death, mit dem sie die letzten 17, 18 min des Konzerts mit herrlich montonem Rhythmus und einer sagenhaft langen Instrumentalphase bestritten. Letzte Woche hatte ich mich in Köln noch gegen Viet Cong und für The Slow Show entschieden. Hätte ich geahnt, wie eindrucksvoll die vier Kanadier live spielen, wäre ich ins Blue Shell gegangen!
Schon vor Death war das Konzert prima. Nach Throw it away von der EP Cassette folgten Stücke vom Album Viet Cong. Besonders March of progress mit einem minutenlangen Intro, das aus acht Bassdrum-Schlägen und dann ein paar Gitarrentönen bestand - und das immer und immer wieder, war sehr toll!
Daß die Musik so mitreißend war, erreichte nicht alle Menschen auf dem Platz. Der rechte der beiden Gitarristen sah die komplette Dreiviertelstunde lang aus, als schlafe er schon. Seine Nachbarn wirkten fitter. Sein Sänger Matt Flegel hatte die Augen zwar auch fast nie auf, er gehört aber einfach zu dieser Sorte zukneifender Frontmänner. Er hatte nicht den Mund auf wie jemand im Tiefschlaf. Komplettiert wurde die Band von einem enorm haarigen zweiten Gitarristen (12saitiges Instrument) und dem ziemlich wilden (und wild blondierten) Drummer Mike Wallace.
Matt Flegels Livestimme klingt noch viel rauer als auf Platte. Er krächzte sich ziemlich heiser durch seinen Gesang. Das passte war wunderbar zur Musik.
Viet Cong (oder wie auch immer sie demnächst vielleicht heißen werden) waren definitiv eines der Highlights des ersten Festivaltages!
Setlist Viet Cong, Primavera Festival, Barcelona:
01: Throw it away
02: Silhouettes
03: Bunker buster
04: March of progress
05: Continental shelf
06: Death
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