Donnerstag, 28. Mai 2015

Maifeld Derby, Mannheim, Tag 1 und 2


Konzert: Maifeld Derby (u.a. mitMogwai, Ghostpoet, Aurora...)
Ort: Maimarkt-Gelände, Mannheim
Datum:  22. und 23.05.2015
Zuschauer: ca. 4.000



von Dirk aus Mönchengladbach

Als Start in die Festivalsaison hat sich das Maifeld Derby in den letzten Jahren zurecht als Liebhaber-Festival etabliert. Innerhalb von nur wenigen Jahren in einem Atemzug mit dem Immergut oder Haldern-Pop genannt zu werden, ist ein toller Erfolg. 

Es geht um Musik, und da stört auch das eigentlich nicht sehr festliche, weil steinige und staubige Gelände wenig. Die Lücken im Programm sind für den musikalisch offenen Besucher rar. Gleich 4 Bühnen werden im Wechsel bespielt. Neben zwei Zeltbühnen findet sich unter der Tribüne des Reitstadions noch eine bestuhlte, kleine Bühne die dieses Jahr oftmals mehr als gut besucht war. Besonderheiten wie eine Festival eigene Fahrradtour (incl. Frühstück und Gig von Inah) sowie die einzigartige Steckenpferd Dressur runden das tolle Festival ab. 

Bevor wir hier aber Konzerttagebuch-typisch zur Einzelbewertung kommen, noch ein Fazit der diesjährigen Ausgabe. Die Organisation (zudem viele ehrenamtliche Helfer) war in diesem Jahr wirklich toll und kaum zu verbessern. Durch das milde, trockene Wetter und das gut Line-up gab es fast überall nur zufriedene Gesichter. 

Trotzdem gibt es ein grundsätzliches Problem. Durch den Verkauf von Tageskarten (die meistens für die Headliner anreisen) füllt sich das Gelände erst relativ spät. Zusätzlich gibt es keinerlei Zeitfenster zwischen den Auftritten auf den beiden Hauptbühnen. Dies führt zu der fast absurden Situation, dass viele Zuschauer die „alte“ Band beim besten Song verlassen, oder die „neue“ Band vor einer Handvoll Leuten ihren Set beginnen muss. 

Hier wäre eine Pause von 10min zwischen den Bühnen sinnvoll und würde gleichzeitig den Getränkeverkauf ankurbeln. 

So, genug geredet. Wie waren die Bands? 

Freitag: 

Das Festival auf das Pfingstwochenende zu legen, war für viele am Montag ein Segen, dafür gestaltete sich die Anfahrt am Freitag für weiter anreisende Besucher natürlich stressiger. Daher begann der Tag für mich auch erst mit Ball Park Music und endete früher als erhofft im Hotel. 

Ball Park Music waren für mich fast schon das Highlight der diesjährigen Ausgabe. Die Songs sind irre abwechslungsreich, klingen aber alle so, als würden sie auch für einen Headliner auf einer Riesenbühne funktionieren. Sänger Sam Cromack sieht aus wie der Sohn von E (Eels) und hat auch ähnlich gute Songtitel (She Only Loves Me When I'm There) zu bieten. Die Australier beginnen mit Fence Sitter von ihrem Album Museum und können dieses Niveau bis zum Ende halten. 

Danach führt Ghostpoet im großen Zelt seinen (früher hätte man gesagt) Trip-Hop auf. Das neue Album Shedding Skin incl. diverser Gaststars ist ja wirklich erstaunlich. Dass diese Stimmen heute alle nicht dabei sind, stört aber wenig. Ghostpoet hat genug Charisma, den Abend alleine zu gestalten. Seine Band spielt straff und groovig, ein sehr guter Festival Act der in Zukunft wohl nur noch größere Bühnen vor sich hat. 

Die nachfolgenden Motorama werden wie immer von Christoph persönlich gewürdigt. 

Da mich die nachfolgenden Acts Gisbert zu Knyphausen und die Allah Las nicht (mehr) interessierten endet damit bereits die Bericht von Freitag. Love A und die junge Soak fielen leider dem Zeitplan zum Opfer. 

Samstag: 

Endlich ausgeschlafen und fit nach einer entspannenden Fahrradtour bis Heidelberg am Morgen geht es am Nachmittag mit East India Youth gleich richtig gut los. Der Mann steht alleine im Anzug auf der Bühne. Um ihn herum eine fast unüberschaubare Menge an Elektronik. Benutzen wird davon so ziemlich alles in den nächsten 45 Minuten. Das frühere Album gefiel mir nur zu Hälfte, das neue war noch nicht verfügbar, umso überraschter war ich von der Live-Präsenz. Spielend gelang es ihm mit fast irrwitzigen Moves, Sounds und Songs aus seinen Maschinen zu prügeln, zum Teil noch parallel live am Bass. Zunächst ungläubiges Staunen im Publikum, am Ende dann aber tanzende und begeisterte Jubelrufe. Eine echte Entdeckung. 

Tops aus Canada, angekündigt als neue Indie-Pop Hoffnung, konnten dagegen bei mir keine Jubelstürme auslösen. Zu belanglos, zu wenig gute, fesselnde Songs waren auszumachen. 

Zurück im Zelt passierte das, worauf wahrscheinlich alle Besucher eines Newcomer-Festivals warten. Einen künftigen Star bei seinen ersten Gehversuchen. Ein solcher Moment war der Auftritt von Aurora aus Norwegen dann auch. Eine knapp 18-jährige, mit kristallklarer Stimme singende Ausnahmekünstlerin, bei der die Bühnenansagen noch ehrlich und die Schüchternheit noch echt war. 

Obwohl die Songs sich im normalen Popsegment als durchaus radiotauglich erweisen werden (1Live macht schon mit) und die Künstlerin mit ihrem viel zu großen 80-Jahre Bläser vor ihrer durchgestylten Hippster Band reichlich verloren wirkte: Hier wird eine Karriere folgen. Im Herbst spielt Aurora schon beim New-Fall-Festival in Düsseldorf im großen Robert-Schumann-Saal. Wie Joe Cocker fuchtelt sie mit den Armen, kann ihr Glück über so viele Menschen kaum fassen, es ist ein Fest. 

Only Real bieten danach austauschbaren Brit-Pop, The Soft Moon doomen sich am Nachmittag ziemlich unpassend durch ihre EBM-Soundwände.. entbehrlich. 

The Rural Alberta Advantage bieten anschließend klassische Haldern-Pop Musik. Stimmungsvoller Folkrock mit einem unfassbar guten Drummer, der sich an der Bühnenseite die Finger wundspielt. Zerschlagene Drumsticks werden sofort in den ersten Reihen entsorgt. Wer so einen Musiker dabei hat, kann sich einen etwas schwächeren Gesang leisten. Die Songs jedoch sind überzeugend, das Album auch. 

Zarte Gemüter mögen die nächsten Zeilen überspringen, kommen wir jetzt zum traurigen Höhepunkt des Festivals. Sizarr spielen einen Mix aus ihren beiden fantastischen Alben und trotzdem wirkt es auf mich gruselig. Die Band bietet nichts an, drei Musiker die jeweils gefühlte 20 Meter voneinander auf der Bühne stehen und schon optisch nichts gemeinsam haben. Drummer und Bassist spielen stoisch, und anstatt live die Perfektion der CD`s aufzulockern oder das Tempo zu variieren wird mit Auto-Tune und Verzerrungen gearbeitet. 

Sänger Fabian Altstötter ist bestenfalls angetrunken, fährt sich hunderte Male durchs Haar und kann auch nicht mehr viel retten. 

Brand New poltern danach auf der Fackelbühne durch harten Rock. Die Band gleicht aber mehr einer Firma, alles ist perfekt arrangiert, Fotos verboten, Dienst nach Vorschrift. 

Und dann wieder einer der Momente die man nur auf Festivals erleben kann. Foxygen stürmen auf die Bühne, gezählt habe ich 9 Musiker. Es explodiert eine Mischung aus Hair Musical, MGMT und Kindergeburtstag, wie sie vorher vielleicht nur bei den Flaming Lips zu sehen war. Sänger Sam France fällt bereits beim ersten Song von der Bühne. Die Band spielt Poker, zwischen den Songs werden einstudierte Dialoge aufgesagt oder komplette Kostümwechsel vollzogen. Weitere Worte sind sinnlos, es war ein Rausch, bei dem leider die Songs meistens im Wahnsinn verloren gingen. Aber ein großer, großer Spaß. 

Größer hätte der Kontrast zu Mogwai nicht sein können, seit genau 20 Jahren touren die Schotten nun schon mit ihrem Soundmonster von Band durch die Welt und es wird einfach nicht langweilig. X-Mal habe ich die Band schon gesehen, jedes Mal haderte ich vorab wegen der unzumutbaren Lautstärke. Aber diesmal war alles perfekt. 80 Minuten pure Musik bis zum ewigen Finale, Mogwai eben. 

Und dann war da noch die Band Human Abfall aus Stuttgart. Im kleinsten Zelt brüllt Frontmann Flavio Bacon die Menge an, die schreit zurück „zu leise“. Der Sänger steht mit immer starrem Blick vor ihnen und wirft mit wüsten Tiraden um sich, als wolle er die Welt zerstören. Das ist gut, das ist wichtig. Es zeigt vor allem, wie wenig sich viele andere Bands trauen. Da-Da Punk zu später Stunde ist ein Gewinn für dieses Festival. 



1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Fotos und Teil 3 folgen noch....

 

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