Konzert: Los Campesinos! & Kilians
Ort: Rock im Saal, Gasthof Tepferdt, Rees-Haldern
Datum: 01.03.2008
Zuschauer: restlos ausverkauft
Ein erster Aufgalopp des Haldern-Festivals... Ein knappes halbes Jahr vor dem Festival sollte in Rees-Haldern, genauer im Gasthof Tepferdt, ein kleiner Appetitanreger für den Sommer stattfinden. Mit den Kilians, Kula Shaker und natürlich (aus meiner Sicht) Los Campesinos! hatten die Veranstalter dieses Konzerts ein für einen 5.000 Einwohner Ort eindrucksvolles Lineup aufgeboten.
Auf dem Weg an den Niederrhein wurde die Einstimmung auf Haldern zur Perfektion getrieben: Es regnete in Strömen!
Der Gasthof Tepferdt ist genauso, wie ich mir einen Gasthof in Haldern vorgestellt hatte; er hat einen großen Saal, viel Holz und sicher die besten Schnitzel der Gegend. Und wenn jemand heiratet, spielt eine Fleisch ist mein Gemüse Band auf der Bühne, auf der nun drei Indiebands auftreten sollten.
Kaum waren wir im Festsaal, begann das Programm mit den Kilians aus Dinslaken. Aber obwohl sie local heroes sind (Dinslaken liegt gut 30 km von Haldern entfernt), wirkte die Band auf mich reichlich distanziert zu ihrem Publikum. Aber da mag ich mich vielleicht auch täuschen. Für meinen Geschmack ist Sänger Simon den Hartog eine Ecke zu cool. Die Kilians waren auch beim dritten Mal musikalisch absolut gut. Meine Vorbehalte gegen die Band wiederhole ich nicht, nein, nein! Was sie da abliefern ist wirklich ordentlich, das Repertoire der Dinslakener enthält viele echte Hits. Und sie können wirklich nichts dafür, daß der Funke nicht auf mich überspringt, weil ich mir das irgendwann mal versaut habe. Nun ja. Allerdings wäre Simon besser beraten, wenn er weniger arrogant wirkte. Fünfzig Minuten waren für die Kilians angesetzt, und mit dem U2-Cover "Sunday bloody sunday" (ich glaube, das habe ich von ihnen schon mal gesehen) endeten sie brav in der Zeit.
Der dann folgende vierzigminütige Umbau schien dringend nötig zu sein, denn immer mehr Los Campesinos! bemühten sich mit Soundleuten und Roadies um guten Klang. Das schien allerdings sehr schwierig zu sein, denn es wurde viel verstellt, getestet, geregelt, "one, two, three, check" gesagt, die Ergebnisse befriedigten aber niemanden auf der Bühne so richtig. Als man eigentlich durch war, wollte ein Offizieller einen Autohalter bitten, seinen Wagen sofort wegzufahren. Das war durch das eigentlich fertig abgestimmte Sänger-Mikro aber überhaupt nicht zu verstehen.
Wenn sie nicht gebraucht wurden (doofe Formulierung im Zusammenhang mit dieser Band!), standen die Geschwister Campesino! mit unglaublich müden Gesichtern zwischen den Instrumenten und warteten. Als sich Bassistin Ellen zwischen Gähnpausen auf das Schlagzeug-Podest setzte, hatte ich Angst, sie könne einschlafen. Mir taten die Briten wahnsinnig leid, offenbar war die Fahrt vom Konzert Freitag in München quer durch Deutschland substanzzehrend. Recht fit wirkte Schlagzeuger Ollie, der beim Aufbau ein rotes Pearl Jam T-Shirt trug. Richtig, Pearl Jam! In unserem Interview in Köln hatte er uns verraten, daß sein bestes Konzert eines der Band aus Seattle in Cardiff gewesen sei.
Als dann die ersten Töne von "Broken heartbeats sound like breakbeats" erklangen, Aleks, Ellen, Gareth, Ollie, Neil, Tom und Harriet das Konzert begannen, waren sie wach, (zumindest meist). Die Setlist entsprach der von Köln. "Broken heartbeats sound like breakbeats" geht ja auch auf Platte schon in "Don't tell me to do the math(s)" über, live natürlich auch.
Leider war der Sound nicht überragend, es klang in Köln besser. Harriets Violine war jedoch deutlich lauter als sonst, ein sehr schönes Abfallprodukt der wohl saalgeschuldeten Klangprobleme. Es war aber keine Katastrophe, hätte halt nur einen Tick besser abgestimmt sein können.
Vor "Death to Los Campesinos!" (haben Kula Shaker eigentlich auch einen Hit wie "Die, Kula Shaker, die!", das würde das Bild mit "Kill the Kilians" komplettieren), begrüßte Gareth das Publikum kurz auf Deutsch und entschuldigte sich dafür, daß er es nicht gut könne, was ein Zuschauer neben mir mit "Da haste recht" laut kommentierte. Hmmm... Dabei hatten LC! sich wieder auf den Ort des Konzerts eingestellt und den Auftritt mit einem eingebrüllten "Eins, zwei, drei, vier" eröffnet.
Ab und zu kam die Müdigkeit aber wohl doch durch. Bei "The international Tweexcore underground" verpasste Aleks einen Einsatz, Gareth stand später einmal noch am Schlagzeug rum, als er hätte singen sollen, was er grinsend hinnahm. Diese kleinen Pannen waren furchtbar sympathisch!
Lieblingsmoment des Konzerts (neue Kategorie!) war aber ganz eindeutig etwas anderes: Bevor "You! Me! Dancing!" richtig losging, machte Gareth Trockenübungen am Glockenspiel! Ganz, ganz wundervoll! Der gesprochene Introtext, den sie in die Kölner Y!M!D! Version eingebaut hatten, fehlte hier übrigens. Dafür war ja auch wegen der Übungseinheit keine Zeit.
"We throw parties..." und "Sweet dreams...", diesmal ohne "2007, the year punk broke (my heart)" als Zugabe bildeten den Abschluß meines mittlerweile vierten LC! Konzerts. Aber ich kann mich nicht satthören. Sogar innerhalb so kurzer Zeit und mit gleichem Sets ging nichts vom Reiz verloren. Ganz im Gegenteil, sie gewinnen bei mir immer weiter dazu. Neu ist, daß ich "My year in lists" jetzt richtig gerne mag. Vor allem in der Live-Version, nämlich aus "Knee deep at ATP" übergehend, ist das Lied furchtbar gut. Wieso konnte ich das am Anfang bloß nicht leiden?
Eine Stunde spielten die sieben Campesinos! und kamen damit wohl gut an. Es gab ziemlich viel Getanze, obwohl es im Saal so schrecklich warm war, daß eigentlich jede Bewegung hart war.
Die Hitze, die späte Zeit (vor dem Hintergrund der Rückfahrt), nicht ausreichendes Interesse an Kula Schaker und der wahre Satz, daß man aufhören solle, wenn es am schönsten ist, ließen uns dann aufbrechen.
Eine schöne Veranstaltung, ein kurzweiliger Abend und eine Lieblingsband, die trotz Müdigkeit wieder bewiesen hat, warum sie das ist (also Liebling, nicht müde) - in Haldern scheint man nie etwas falsch zu machen. Ich freue mich aufs Festival!
Auf dem Weg an den Niederrhein wurde die Einstimmung auf Haldern zur Perfektion getrieben: Es regnete in Strömen!
Der Gasthof Tepferdt ist genauso, wie ich mir einen Gasthof in Haldern vorgestellt hatte; er hat einen großen Saal, viel Holz und sicher die besten Schnitzel der Gegend. Und wenn jemand heiratet, spielt eine Fleisch ist mein Gemüse Band auf der Bühne, auf der nun drei Indiebands auftreten sollten.
Kaum waren wir im Festsaal, begann das Programm mit den Kilians aus Dinslaken. Aber obwohl sie local heroes sind (Dinslaken liegt gut 30 km von Haldern entfernt), wirkte die Band auf mich reichlich distanziert zu ihrem Publikum. Aber da mag ich mich vielleicht auch täuschen. Für meinen Geschmack ist Sänger Simon den Hartog eine Ecke zu cool. Die Kilians waren auch beim dritten Mal musikalisch absolut gut. Meine Vorbehalte gegen die Band wiederhole ich nicht, nein, nein! Was sie da abliefern ist wirklich ordentlich, das Repertoire der Dinslakener enthält viele echte Hits. Und sie können wirklich nichts dafür, daß der Funke nicht auf mich überspringt, weil ich mir das irgendwann mal versaut habe. Nun ja. Allerdings wäre Simon besser beraten, wenn er weniger arrogant wirkte. Fünfzig Minuten waren für die Kilians angesetzt, und mit dem U2-Cover "Sunday bloody sunday" (ich glaube, das habe ich von ihnen schon mal gesehen) endeten sie brav in der Zeit.
Der dann folgende vierzigminütige Umbau schien dringend nötig zu sein, denn immer mehr Los Campesinos! bemühten sich mit Soundleuten und Roadies um guten Klang. Das schien allerdings sehr schwierig zu sein, denn es wurde viel verstellt, getestet, geregelt, "one, two, three, check" gesagt, die Ergebnisse befriedigten aber niemanden auf der Bühne so richtig. Als man eigentlich durch war, wollte ein Offizieller einen Autohalter bitten, seinen Wagen sofort wegzufahren. Das war durch das eigentlich fertig abgestimmte Sänger-Mikro aber überhaupt nicht zu verstehen.
Wenn sie nicht gebraucht wurden (doofe Formulierung im Zusammenhang mit dieser Band!), standen die Geschwister Campesino! mit unglaublich müden Gesichtern zwischen den Instrumenten und warteten. Als sich Bassistin Ellen zwischen Gähnpausen auf das Schlagzeug-Podest setzte, hatte ich Angst, sie könne einschlafen. Mir taten die Briten wahnsinnig leid, offenbar war die Fahrt vom Konzert Freitag in München quer durch Deutschland substanzzehrend. Recht fit wirkte Schlagzeuger Ollie, der beim Aufbau ein rotes Pearl Jam T-Shirt trug. Richtig, Pearl Jam! In unserem Interview in Köln hatte er uns verraten, daß sein bestes Konzert eines der Band aus Seattle in Cardiff gewesen sei.
Als dann die ersten Töne von "Broken heartbeats sound like breakbeats" erklangen, Aleks, Ellen, Gareth, Ollie, Neil, Tom und Harriet das Konzert begannen, waren sie wach, (zumindest meist). Die Setlist entsprach der von Köln. "Broken heartbeats sound like breakbeats" geht ja auch auf Platte schon in "Don't tell me to do the math(s)" über, live natürlich auch.
Leider war der Sound nicht überragend, es klang in Köln besser. Harriets Violine war jedoch deutlich lauter als sonst, ein sehr schönes Abfallprodukt der wohl saalgeschuldeten Klangprobleme. Es war aber keine Katastrophe, hätte halt nur einen Tick besser abgestimmt sein können.
Vor "Death to Los Campesinos!" (haben Kula Shaker eigentlich auch einen Hit wie "Die, Kula Shaker, die!", das würde das Bild mit "Kill the Kilians" komplettieren), begrüßte Gareth das Publikum kurz auf Deutsch und entschuldigte sich dafür, daß er es nicht gut könne, was ein Zuschauer neben mir mit "Da haste recht" laut kommentierte. Hmmm... Dabei hatten LC! sich wieder auf den Ort des Konzerts eingestellt und den Auftritt mit einem eingebrüllten "Eins, zwei, drei, vier" eröffnet.
Ab und zu kam die Müdigkeit aber wohl doch durch. Bei "The international Tweexcore underground" verpasste Aleks einen Einsatz, Gareth stand später einmal noch am Schlagzeug rum, als er hätte singen sollen, was er grinsend hinnahm. Diese kleinen Pannen waren furchtbar sympathisch!
Lieblingsmoment des Konzerts (neue Kategorie!) war aber ganz eindeutig etwas anderes: Bevor "You! Me! Dancing!" richtig losging, machte Gareth Trockenübungen am Glockenspiel! Ganz, ganz wundervoll! Der gesprochene Introtext, den sie in die Kölner Y!M!D! Version eingebaut hatten, fehlte hier übrigens. Dafür war ja auch wegen der Übungseinheit keine Zeit.
"We throw parties..." und "Sweet dreams...", diesmal ohne "2007, the year punk broke (my heart)" als Zugabe bildeten den Abschluß meines mittlerweile vierten LC! Konzerts. Aber ich kann mich nicht satthören. Sogar innerhalb so kurzer Zeit und mit gleichem Sets ging nichts vom Reiz verloren. Ganz im Gegenteil, sie gewinnen bei mir immer weiter dazu. Neu ist, daß ich "My year in lists" jetzt richtig gerne mag. Vor allem in der Live-Version, nämlich aus "Knee deep at ATP" übergehend, ist das Lied furchtbar gut. Wieso konnte ich das am Anfang bloß nicht leiden?
Eine Stunde spielten die sieben Campesinos! und kamen damit wohl gut an. Es gab ziemlich viel Getanze, obwohl es im Saal so schrecklich warm war, daß eigentlich jede Bewegung hart war.
Die Hitze, die späte Zeit (vor dem Hintergrund der Rückfahrt), nicht ausreichendes Interesse an Kula Schaker und der wahre Satz, daß man aufhören solle, wenn es am schönsten ist, ließen uns dann aufbrechen.
Eine schöne Veranstaltung, ein kurzweiliger Abend und eine Lieblingsband, die trotz Müdigkeit wieder bewiesen hat, warum sie das ist (also Liebling, nicht müde) - in Haldern scheint man nie etwas falsch zu machen. Ich freue mich aufs Festival!
Setlist Los Campesinos! Rock im Saal, Rees-Haldern:
01: Broken heartbeats sound like breakbeats
02: Don't tell me to do the math(s)
03: Death to Los Campesinos!
04: This is how you spell, "Hahaha, we destroyed the hopes and dreams of a generation of faux-romantics"
05: Drop it doe eyes
06: The international Tweexcore underground
07: Knee deep at ATP
08: My years in lists
09: Frontwards
10: We are all accelerated readers
11: ... and we exhale and roll our eyes in unison
12: You! Me! Dancing!
13: We throw parties you throw knives
14: Sweet dreams, sweet cheeks
Links:
- Los Campesinos! beim Wireless Festival in London 2007
- Live in Brüssel 2007
- Und live in Paris im November 2007
- Im Februar 2008 in Köln
- mehr Fotos von LC! bei Rock im Saal
7 Kommentare :
...so ein tolles Konzert verdient übrigens auch einen nicht-Spam Kommentar!
<3
Andrea fand Kula Shaker übrigens den langweiligsten Auftritt seit Wolke *g* Mir gefielen sie - wenn sie nicht gerade indisch-spirituellen Kram einbauten - eigentlich ganz gut. Nananana nana na na.
Schöner Konzertbericht, ich hätte gern noch was über Kula Shaker gelesen. Die Welt ist so rätselhaft: wie kann man den Abend beenden, ohne denen wenigstens ne Chance zu geben? Ich fand sie großartig.
Christina: Ein tolles Konzert verdiente auch einen besseren Bericht, mein Hirn war aber gestern nach dem Wochenende zu matschig.
Nelle: "Nananana nana na na" klingt toll, mit solchen Textzeilen (kein Quatsch) kann man mich immer kriegen. Aber indisch-spirituell wäre bei meiner Müdigkeit und der Hitze da nichts für mich gewesen.
Ralf: Vielen Dank! Ja, ich hätte das vermutlich aus anderer Perspektive auch nicht verstanden. Aber es fühlte sich da genau richtig an, nach LC! zu fahren. Und ich hatte nie einen Draht zu Kula Shaker.
"Nanana" usw. in Form von "Hush" müsste aber theoretisch so bekannt sein, dass du es kennst...
http://www.youtube.com/watch?v=4fJRziKsrqU
(Cover von irgendwas Ur-Altem hab ich gerade bei Wikipedia gelernt)
Hush! Das war es! Ich überlege seit Tagen wie das zweite Kula Shaker Lied heißt das ich kenne!
Andreas Kommentar zum Konzert von Kula Shaker hat mich dann doch überzeugt, dass wir das richtige getan haben, als wir spontan geflüchtet sind ;) Schließlich sollte man gehen, wenn es am schönsten ist, und besser hätte es nicht werden können :))
Ich find das lustig das es anscheinend nicht nur mir und meiner Begleitung so ging nach LC! nicht mehr den Drang zu haben auch die letzte Band zu hören ;)... kann auch an der langen autofahrt nach Haldern gelegen haben, aber was will man machen, wenn die einfach nicht weiter in den Norden vorstoßen...
War einfach ein super konzert, das man durch diesem tollen bericht nochmal Revue passiern lassen kann. danke dafür...
Kommentar veröffentlichen