Freitag, 28. März 2008

I Am Kloot, Paris, 27.03.08


Konzert: I Am Kloot

Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 27.03.2008
Zuschauer: ausverkauft!
Konzertdauer: 80 Minuten



"Unfortunately I lost my ticket" (Oliver Peel) - "And I almost lost my house!" (John Bramwell)

Herrlich dieser Dialog! Er fand nach dem vorzüglichen Konzert von I Am Kloot zwischen mir und dem Sänger der englischen Band im Café Charbon statt, das gleich neben dem Nouveau Casino liegt. Ich hatte Johnny erklärt, daß ich leider mein Dezember-Ticket verloren hatte und somit erneut für das Konzert bezahlen mußte. Bereits Ende vergangenen Jahres waren I Am Kloot im Nouveau Casino angekündigt, mußten aber leider kurzfristig absagen, weil Mister Bramwell Probleme mit seiner Reibeisen-Stimme hatte. Zum Glück ist der kurzgewachsene Mann mit dem Wuschelkopf inzwischen genesen und trifft wieder jeden Ton.

Vielleicht sollte er nicht so viel rauchen, oder weniger saufen? Dann würde dem hartgesottenen Burschen aber sicherlich was fehlen und ihm würde es erst recht schlecht gehen, die Stimme würde eventuell sogar seinen wunderbar rauen Klang verlieren. Das Bier und die Zigarette passt nämlich einfach perfekt zu diesem duften Typen. Diese Vergnügen läßt er sich nicht nehmen, Recht hat er!

"Do you mind, if I smoke a cigarette too?", fragte ein Zuschauer während des Zugabenteils Johnny, der sich demonstrativ ein Kippchen angezündet hatte und genüßlich daran paffte. - "Of course not, we are in France, man, they don't give a shit about the law here!"
Herr Bramwell scheint die Mentalität der Franzosen gut zu kennen. Es stimmt, der Franzose hält sich nicht gerne an von oben verordnete Gesetze. Hat sich Johnny wirklich als Straßenmusiker in Paris verdingt, wie Blogger-Freund Eike zu berichten weiß? Und kennt er daher so gut die Marotten der Frenchies?

Die Story würde zu dem Typen passen, ich könnte mir John Harold Arnold Bramwell, wie er mit vollständigem Namen heißt, gut als Straßenmusiker vorstellen. Fluppe im Mund, Gitarre unterm Arm und mit Reibeisenstimme vorgetragene,
äußerst zynische und bisweilen depressive Texte. Der Mann, der wie eine Kreuzung aus Peter Maffay, Thomas Gottschalk und Luke "The Kooks" Pritchard (in zwanzig Jahren) aussieht, hat mit Sicherheit viel erlebt. Nicht nur Gutes, kann ich mir vorstellen, aber seine trotzige Lebensfreude hat er dennoch nicht verloren. Seine blauen Augen sehen wach aus, in ihnen steckt aber auch jede Menge Melancholie. Wenn er den Mund öffnet, um sich seine Geschichten aus der Seele zu schreien, wird sein löchriges Zahnwerk erkennbar.
"He needs dental surgery", sagt mir eine circa. 50 jährige Freundin der Band, mit der ich mich anschließend im Café Charbon,
bei einem Bier, daß Norman McLeod, der Schotte und Pedal Steel Gitarrist der Band spendiert hat, unterhalte. Sie lacht sich halb tot, nachdem sie das gesagt hat. Johnny ist in diesem Moment nicht sehr weit, er sieht meine Kamera um meinen Hals baumeln und will die Bilder sehen, die ich während des Konzerts geschossen habe. "I'm old and ugly", sagt er und wendet sich wieder einer jungen Frau zu, mit der er ein wenig flirtet. Und die Zahne müßten gemacht werden...

Aber Mister Bramwell ist halt eben ein wilder Hund, der bestimmt nicht gerne zum Zahnarzt geht. Harte Burschen wie er haben meistens Angst vor den Gebiss-Klempnern. Auch vor dem Leben hat er Angst, aber dann schreibt er einfach Songs und singt solch gänzende Lieder wie "Storm Warning". Dort heißt es : "hell for leather, lathered, drunk, you're soused, you're pissed, you're sunk, he juke box now is drunk." Und etwas später: Is there a storm coming or are we just another shower, is this a storm warning, has someone just cut the power, is there a storm coming or are we just another shower". Als er die Zeilen intoniert, läuft mir ein Schauer über den Rücken, soviel Herz legt er in das Lied. "You're pissed" - Du bist völlig besoffen, was für ein Ausdruck!

Ähnlich nahegehend ist "Twist". Auch hier wieder diese Texte, die das Leben schrieb: "We fuck an we fight someone else does the dishes" und der Refrain: "There's blood on your legs, I love you".

I" love you", ja das passt, ich liebe I Am Kloot! Für ihre Natürlichkeit, Bescheidenheit, Geradlinigkeit. Aber vor allem natürlich für ihre Songs, die mir schon so viel Freude bereitet haben. "Morning Rain" ("i've never seen so many people smoke so many cigarettes") zum Beispiel könnte ich zehnmal hintereinander hören, genau wie "Over My Shoulder". Aber auch die zahlreichen neuen Stücke vom aktuellen Output "I Am Kloot play Moolah Rouge" sind vielversprechend, die CD habe ich mir gleich im Anschluß an das famose Konzert zugelegt.

I Am Kloot sind übrigens eine Band, zum Stammpersonal gehören auch der Bassist Peter Hobson und der eine Bierruhe austrahlende Drummer Andy Hargreaves. Heute mit dabei waren aber auch die beiden schottischen Mc Leod-Brüder, der Keyboarder und Produzent Colin Mcleod und Norman McLeod, der glatzköpfige Pedal Steel Gitarrist. Mit Norman habe ich mich nach dem Konzert noch auf amüsante Weise unterhalten. Er erzählte mir von dem hervorragenden Wasser, daß in seiner Heimatregion - der Speyside, fließt und daß er zu Hochzeiten und Beerdigungen gerne mal einen Kilt trägt. Seine Tartan-Farben seien grün und schwarz. Und unter dem Kilt trägt er natürlich...nichts!

I Am Kloot - No Bullshit, just good music!

Setlist I Am Kloot, Nouveau Casino, Paris:

01: One Man Brawl
02: Fave Sky
03: Hey Little Bird
04: Because
05: Ferris Wheels
06: Twist
07: The Runaways
08: Here For The World
09: Over My Shoulder
10: Someone Like You
11:
Fear Of Falling
12: Suddenly Strange
13: Same Deep Water
14: Even The Stars
15: Morning Rain
16: To You
17: Storm Warning
18: I Believe
19: Proof
20: Life In A Day

21: Astray (Z)
22: Dark Star (Z)

Links:

-
mehr Fotos von I Am Kloot hier

Ausgewählte Konzerttermine von I Am Kloot:

29.03.2008: Groningen (Niederlande): Vera
30.03.2008: Amsterdam (Niederlande): Melkweg
31.03.2008: Eindhoven (Niederlande): Effenaar
09.04.2008: Moskau (Russland) : B2
22.04.2008: London (UK) : Koko

Konzertbesucher von I Am Kloot könnten auch mögen:

- Paul Weller in Frankfurt
- Electric Soft Parade in Paris
- Badly Drawn Boy in Paris
- Morrissey in Lille
- The Coral in Paris
- Malcolm Middleton in Köln

Für unseren Leser Harald als kleine Aufmerksamkeit: Ein Livemitschnitt von Titanic



6 Kommentare :

E. hat gesagt…

hast du gewußt, dass john bramwell paris mit den worten "Paris is the worst place to busk in the world, I think you get a better class of disinterested twat in the subways of Stockport". verließ, nachdem er sich dort als straßenmucker verdingte?

Christoph hat gesagt…

Herrlich! Also lasse ich mein Glockenspiel besser zu Hause, wenn ich Oliver übernächste Woche besuche.

Seit die Sun Fotos der Schuhe von Sarko und Carla verglichen hat, packe ich auch lieber ein Paar Schuhe mit hohen Absätzen ein.

Oliver Peel hat gesagt…

@: Christoph: Du bist groß, Du brauchst keine hohen Absätze. Nimm lieber Ballerinas mit :)

@ Eike: Johnny Boy hat Frieden mit Paris geschlossen,er schien sich gestern pudelwohl zu fühlen!

Unknown hat gesagt…

"Titanic" fehlt mir noch. Ein wunderbares Lied wie ich finde. Aber ohnehin eine grenzenlos unterschätzte Band, wie ich finde....

Oliver Peel hat gesagt…

Das stimmt wohl Harald: grenzenlos unterschätzt.

Die Welt ist unfair! I Am Kloot hätten es verdient, wesentlich bekannter zu sein.

Anonym hat gesagt…

Tolles Review. Kann mich nur an die herrschende Meinung anschließen: "Eine grenzenlos unterschätzte Band". Man kann es nicht oft genug sagen.
Ich hätte doch den Ausflug nach Amsterdam wagen sollen. Mit einer ausgiebigeren Deutschland Tour werden uns die Herren in nächster Zeit nicht segnen, oder?

cheers Tristan

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates