Konzert: The Coral
Ort: L'Elysée Montmartre, Paris
Datum: 06.11.2007
Zuschauer: nicht ausverkauft
Nachdem ich das vorzügliche letzte Album von The Coral "Roots And Echoes" so einige Male auf meinem i-pod gehört hatte, stellte sich mir zwangsläufig die Frage, warum denn eine Band, die ein hervorragendes Album nach dem anderen herausbringt, immer noch nicht Headliner bei den größten englischen Festivals ist. Und warum eigentlich sind sie auch nie auf dem Cover des NME zu sehen? Jedes Mal, wenn eine neue Ausgabe des größten britischen Musikmagazins vor meiner Fußmatte liegt (wir haben keinen Briefkasten, sondern bekommen die Post durch die Tür geschoben), sind die ständig gleichen Fratzen zu sehen. Die Artic Monkeys, Klaxons, CSS, The Enemy, Kaiser Chiefs, etc. Allesamt Gruppierungen also, die wesentlich weniger Alben auf der Haben-Seite verbuchen können und meistens bei den Kritikern auch schlechter abschneiden als The Coral. Woran liegt es also, daß die Liverpooler weniger mediale Aufmerksamkeit bekommen? Hätten sie nicht mehr Rummel verdient?
Um dies endlich mal richtig zu ergründen, kam der Termin im Elysée Montmartre wie gerufen. Schon zweimal wurden mir The Coral als Vorgruppe präsentiert und zwar 2005, als sie Oasis im Zénith supporteten und vor ein paar Monaten, als sie an gleicher Stelle für die Arctic Monkeys eröffnen durften. Da aber Auftritte im Vorprogramm schwer zu beurteilen sind, weil die meisten Besucher nun einmal für den Hauptact kommen und die "Warmmacher" oft ignorieren, schien mir eine Einschätzung kaum vornehmbar.
Heute also die Gelegenheit, genauer hinzugucken-und zu hören. Tja und leider, leider wurde schon früh deutlich, daß James Skelly und seine Mitstreiter nur sehr bedingt als Live-Band taugen. Über die Güte der einzelnen Lieder muß man nicht diskutieren, die ist unbestritten. Auf sämtlichen Alben gibt es kaum ein schwaches Stück oder gar einen Ausfall. Live allerdings konnten sie kaum etwas bewegen. Und bewegen ist schon ein gutes Stichwort, weil alle sechs Herren äußerst statisch agierten. Manchmal fragte mich, ob sie Sekundenkleber unter den Schuhsohlen hatten. Dies wirkte sich natürlich auch auf die Reaktionen des Publikums aus. Es gab nämlich keine, sieht man einmal von ein paar Leutchen in den ersten Reihen ab, die ihre Köpfchen hin und her bewegten. Ansonsten war kaum etwas los. Die Stimmung war mau, das muß man mal ganz ehrlich sagen. Das tat mir sehr leid, denn schließlich waren mir die sechs Kerle da vorne ja sehr symphatisch und auch die Songs mochte ich sehr.Das Problem war bloß, daß sie sich nicht großartig anders anhörten als auf dem Album. Auch der Saal war zu groß gewählt, er war bei weitem nicht ausverkauft und, um den Mangel an Zuschauern etwas zu kaschieren, hatte man die seitlichen Flure, in denen man sonst stehen kann, mit schweren Vorhängen unzugänglich gemacht. Oft hätte ich mir gewünscht, daß Sänger und Gitarrist James Skelly etwas mehr aus sich rausgeht und ein wenig mit dem Publikum kommuniziert. Nicht jeder muß da vorne den Hampelmann machen, das ist schon klar und das Talent amüsante Anekdoten zwischen den Stücken zu erzählen ist auch nicht jedem in die Wiege gelegt worden. Aber zumindest Blickkontakt zu den Fans könnte man schon ab und zu aufnehmen, etwas Gestik und Mimik ist auch durchaus hilfreich. Stattdessen beschränkte sich James auf "The next song is called..." (vorher) und "Thanks a lot" (nachher). Mehr nicht. Ihm fehlte es ganz einfach an Charisma. Wenn Morrissey ihm doch nur eine Scheibe von seiner Ausstrahlung abschneiden könnte...
Aber vielleicht eignen sich die oft psychedelischen Stücke auch nicht sonderlich gut für Liveauftritte. Man kann weder durchgängig zu ihnen tanzen, noch richtig mitklatschen. Gut gespielt wurden sie allemal, musikalische Fehler waren jedenfalls nicht auszumachen. Auch die Stimme von Herrn Skelly war sattelfest und schön wie auf den Alben, besonders bei "Pass It On". Danach kam übrigens "Don't Think Youre The First", die Single mit der ich The Coral vor ein paar Jahren kennen - (und lieben) gelernt hatte und es schien mir, als würde endlich mal etwas mehr Bewegung in die Sache reinkommen, auch seitens der Zuschauer. Dauerhaft konnte eine hohe Intensität jedoch nicht gehalten werden, besonders Balladen wie "Put The Sun Back" verpufften in dem großen Saal fast vollkommen. Das ist allerdings nichts Neues, das Elysée Montmartre hat sich schon für viele Bands als schwieriges Pflaster herausgestellt. Irgendwie ist es sehr schwierig, diese Location zum Kochen zu bringen. Ein Konzert, was mich wirklich umgehauen hat, habe ich im Grunde genommen noch nie dort erlebt. Deshalb will ich in meinem Urteil auch nicht zu streng mit The Coral sein. Vielleicht würde die Sache in der Cigale, oder im Olympia ganz anders aussehen, wer weiß? Wenn die Engländer dort einmal angesetzt werden, will ich gerne wiederkommen. Hier und heute aber haben sie mich nicht überzeugt und wer meinen Geschmack kennt, weiß wie schwer mir diese Aussage fällt. Erst kürzlich habe ich ihrem letzten Album 8,5/10 Punkten gegeben. Es wird mit Sicherheit in meinen Jahres Top 20 stehen, wie schon die Vorgänger. Dieses Konzert aber nicht.
Setlist The Coral, Paris, Elysée Montmartre:
01: Who's Gonna Find Me
02: Remember Me
03: Jacqueline
04: Fire Flies
05: He Sings The Mourning
06: Pass It On
07: Don't Think You're The First
08: Dreaming Of You
09: Far From The Crowd
10: In The Morning
11: Bill McCai
12: Arabian Sands
13: Put The Sun Back
14: In The Rain
15: Rebecca You
16: Music At Night
17: Goodbye
18: Simon Diamond
19: She's Got A Reason
Datum: 06.11.2007
Zuschauer: nicht ausverkauft
Nachdem ich das vorzügliche letzte Album von The Coral "Roots And Echoes" so einige Male auf meinem i-pod gehört hatte, stellte sich mir zwangsläufig die Frage, warum denn eine Band, die ein hervorragendes Album nach dem anderen herausbringt, immer noch nicht Headliner bei den größten englischen Festivals ist. Und warum eigentlich sind sie auch nie auf dem Cover des NME zu sehen? Jedes Mal, wenn eine neue Ausgabe des größten britischen Musikmagazins vor meiner Fußmatte liegt (wir haben keinen Briefkasten, sondern bekommen die Post durch die Tür geschoben), sind die ständig gleichen Fratzen zu sehen. Die Artic Monkeys, Klaxons, CSS, The Enemy, Kaiser Chiefs, etc. Allesamt Gruppierungen also, die wesentlich weniger Alben auf der Haben-Seite verbuchen können und meistens bei den Kritikern auch schlechter abschneiden als The Coral. Woran liegt es also, daß die Liverpooler weniger mediale Aufmerksamkeit bekommen? Hätten sie nicht mehr Rummel verdient?
Um dies endlich mal richtig zu ergründen, kam der Termin im Elysée Montmartre wie gerufen. Schon zweimal wurden mir The Coral als Vorgruppe präsentiert und zwar 2005, als sie Oasis im Zénith supporteten und vor ein paar Monaten, als sie an gleicher Stelle für die Arctic Monkeys eröffnen durften. Da aber Auftritte im Vorprogramm schwer zu beurteilen sind, weil die meisten Besucher nun einmal für den Hauptact kommen und die "Warmmacher" oft ignorieren, schien mir eine Einschätzung kaum vornehmbar.
Heute also die Gelegenheit, genauer hinzugucken-und zu hören. Tja und leider, leider wurde schon früh deutlich, daß James Skelly und seine Mitstreiter nur sehr bedingt als Live-Band taugen. Über die Güte der einzelnen Lieder muß man nicht diskutieren, die ist unbestritten. Auf sämtlichen Alben gibt es kaum ein schwaches Stück oder gar einen Ausfall. Live allerdings konnten sie kaum etwas bewegen. Und bewegen ist schon ein gutes Stichwort, weil alle sechs Herren äußerst statisch agierten. Manchmal fragte mich, ob sie Sekundenkleber unter den Schuhsohlen hatten. Dies wirkte sich natürlich auch auf die Reaktionen des Publikums aus. Es gab nämlich keine, sieht man einmal von ein paar Leutchen in den ersten Reihen ab, die ihre Köpfchen hin und her bewegten. Ansonsten war kaum etwas los. Die Stimmung war mau, das muß man mal ganz ehrlich sagen. Das tat mir sehr leid, denn schließlich waren mir die sechs Kerle da vorne ja sehr symphatisch und auch die Songs mochte ich sehr.Das Problem war bloß, daß sie sich nicht großartig anders anhörten als auf dem Album. Auch der Saal war zu groß gewählt, er war bei weitem nicht ausverkauft und, um den Mangel an Zuschauern etwas zu kaschieren, hatte man die seitlichen Flure, in denen man sonst stehen kann, mit schweren Vorhängen unzugänglich gemacht. Oft hätte ich mir gewünscht, daß Sänger und Gitarrist James Skelly etwas mehr aus sich rausgeht und ein wenig mit dem Publikum kommuniziert. Nicht jeder muß da vorne den Hampelmann machen, das ist schon klar und das Talent amüsante Anekdoten zwischen den Stücken zu erzählen ist auch nicht jedem in die Wiege gelegt worden. Aber zumindest Blickkontakt zu den Fans könnte man schon ab und zu aufnehmen, etwas Gestik und Mimik ist auch durchaus hilfreich. Stattdessen beschränkte sich James auf "The next song is called..." (vorher) und "Thanks a lot" (nachher). Mehr nicht. Ihm fehlte es ganz einfach an Charisma. Wenn Morrissey ihm doch nur eine Scheibe von seiner Ausstrahlung abschneiden könnte...
Aber vielleicht eignen sich die oft psychedelischen Stücke auch nicht sonderlich gut für Liveauftritte. Man kann weder durchgängig zu ihnen tanzen, noch richtig mitklatschen. Gut gespielt wurden sie allemal, musikalische Fehler waren jedenfalls nicht auszumachen. Auch die Stimme von Herrn Skelly war sattelfest und schön wie auf den Alben, besonders bei "Pass It On". Danach kam übrigens "Don't Think Youre The First", die Single mit der ich The Coral vor ein paar Jahren kennen - (und lieben) gelernt hatte und es schien mir, als würde endlich mal etwas mehr Bewegung in die Sache reinkommen, auch seitens der Zuschauer. Dauerhaft konnte eine hohe Intensität jedoch nicht gehalten werden, besonders Balladen wie "Put The Sun Back" verpufften in dem großen Saal fast vollkommen. Das ist allerdings nichts Neues, das Elysée Montmartre hat sich schon für viele Bands als schwieriges Pflaster herausgestellt. Irgendwie ist es sehr schwierig, diese Location zum Kochen zu bringen. Ein Konzert, was mich wirklich umgehauen hat, habe ich im Grunde genommen noch nie dort erlebt. Deshalb will ich in meinem Urteil auch nicht zu streng mit The Coral sein. Vielleicht würde die Sache in der Cigale, oder im Olympia ganz anders aussehen, wer weiß? Wenn die Engländer dort einmal angesetzt werden, will ich gerne wiederkommen. Hier und heute aber haben sie mich nicht überzeugt und wer meinen Geschmack kennt, weiß wie schwer mir diese Aussage fällt. Erst kürzlich habe ich ihrem letzten Album 8,5/10 Punkten gegeben. Es wird mit Sicherheit in meinen Jahres Top 20 stehen, wie schon die Vorgänger. Dieses Konzert aber nicht.
Setlist The Coral, Paris, Elysée Montmartre:
01: Who's Gonna Find Me
02: Remember Me
03: Jacqueline
04: Fire Flies
05: He Sings The Mourning
06: Pass It On
07: Don't Think You're The First
08: Dreaming Of You
09: Far From The Crowd
10: In The Morning
11: Bill McCai
12: Arabian Sands
13: Put The Sun Back
14: In The Rain
15: Rebecca You
16: Music At Night
17: Goodbye
18: Simon Diamond
19: She's Got A Reason
3 Kommentare :
...eines der heftigsten Moshpiterlebnisse meines Lebens hatte ich übrigens mal während eines The Coral-Auftritts. Es geht also auch anders. Das fand ich damals aber auch eher unpassend und verstörend. Und die Band ist glaube ich immer so auf der Bühne, zumindest habe ich das noch nie anders erlebt.
Wie schade!
Aber es geht ja auch anders. Bei den Arctic Monkeys war Anfang der Woche so viel los, daß hinterher der Boden nass vor Schweiß war (mir wird gerade übel). Obwohl die Band da oben nicht viel machte.
Das tut mir echt leid mit The Coral - hatte jetzt hier nämlich auch einen euphorischen Bericht erwartet.
Im Elysée Montmartre ist die Stimmung oft sehr mäßig. Ich werde mir The Coral in einer anderen Location noch einmal ansehen. Ihre CDs laufen eh ständig bei mir rauf und runter...
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