Dienstag, 11. Dezember 2007

1990s, Paris, 10.12.07


Konzert: 1990s (no the and no apostrophe!)
Ort: Maison De Radio France, Paris (Black Session France Inter)
Datum: 10.12.2007
Zuschauer: vollbesetzte Ränge


1990s - no "the" and no apostrophe! ist witzigerweise als Slogan auf der MySpace Seite der Band aus Glasgow zu lesen. Den Burschen scheint es wichtig zu sein, daß man ihren Namen wenigstens richtig schreibt. Hätten die Kartendrucker von France Inter doch bloß auch einmal auf zitierter Seite vorbeigeschaut, sie hätten einen Rechtschreibefehler vermieden. Auf dem grauen Stück Pappe stand nämlich in fetten Lettern 1990's. Tss, Tss...

Trotzdem war natürlich jedem klar, wer gemeint war. Die 1990s sind ein schottisches Trio, bestehend aus dem Sänger Jackie McKeown, dem Drummer Michael McGaughrin und dem Bassisten Dino Bardot (ist der etwa mit Brigitte verwandt?). Im Gegensatz zu den meisten anderen britischen Bands klingen sie aber nicht nach den Beatles, sondern nach...den Rolling Stones. Eindeutig! Und Jackie teilt auch eine gewisse Ähnlichkeit mit Mick Jagger, wobei ich ihm wünsche, daß sein Gesicht im Alter nicht so viele knittrige Falten wirft, wie das des Rock-Dinosauriers, er aber mindestens so viele Frauen rumkriegt.

Auf die Band aufmerksam geworden, bin ich vor ca. einem Jahr, als ich ihren Hit "See You At The Lights" auf MTV Two hörte. Nicht nur das Lied ist übrigens gelungen, sondern auch das entsprechende Video, in dem die Bandmitglieder als Comicfiguren agieren. Interessanterweise klang dieses Stück für mich nach Franz Ferdinand, eine falsche Fährte wie sich mit dem Kauf des Albums Cookies herausstellen sollte. Stattdessen dominiert nämlich überwiegend "Good Old Rock'n Roll" im Stile der 70er Jahre. Nicht ganz mein Fall, wie ich zugeben muß, aber wenn man ein Konzert geschenkt bekommt, sagt man doch nicht nein, oder? Geschenkt heißt in diesem Zusammenhang, daß ich den Platz auf der Gästeliste abgetreten bekam. Heute abend hieß ich also nicht Oliver Peel, sondern Yannick Courtois (Name von der Redaktion geändert). Den charmanten Damen an der Rezeption brauchte ich also nur diesen zu nennen und schon bekam ich das begehrte Pappteil in die Hand gedrückt. Ich hätte sogar noch meine Liebhaberin mitnehmen können (falls es die gäbe), da man mir gleich zwei Einladungen aushändigte.

Mit diesen in der Hand ging es schließlich durch diverse Gänge ins Studio 105, wo der sonore Bernard Lenoir seine sage und schreibe 273 (!) Black Session moderierte. Da das Konzert live im Radio aufgenommen wurde, gab es um Punkt 22 Uhr erst einmal die Nachrichten und man erfuhr, daß es am Mittwock keinen Streik bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben geben werde, uff!

3 Minuten später marschierte der Ansager ein und bat das Publikum, die Band kräftig zu unterstützen, schließlich seien das ja noch "Jüngelchen" (auf französisch sagte er : "Ce sont encore des gamins"). Wer auf schwarzen Humor aus Glasgow stehen würde, bekäme von den 1990s gleich ein paar Kostproben geboten. Und so war's dann auch. Die gar nicht so grünschnäblig aussehenden Jüngelchen (hat der Moderator die etwa mit The Enemy verwechselt?) legten mit "You Made Me Like It" gleich flott los und zeigten bei "Cult Status" ihre witzig-freche Seite: "my cult status keeps me fucking your wife". Köstlich!

Auch zwischen den Stücken waren sie durchaus redseelig. Das Lied "Vondelpark" kündigten sie beispielsweise an mit: "the next song is about having good times in Holland; next time we will write a song about having good times in France." Und diese gute Zeit schienen sie auch hier in Paris zu haben. Zur Verdeutlichung spielte sie dann in der Folge auch einen "optimistischen Song". Gemeint war der unbestrittene Hit "See You At The Lights", der auch in diesem etwas sterilen Radiostudio am Besten zog. Um die Altherren-Atmospähre etwas aufzulockern, hatten sich ohnehin gleich zu Beginn ein paar junge Kerle von ihren Sitzen erhoben und sich gleich vor der Band aufgebaut. Einige andere folgten ihrem Beispiel. Ist aber ja auch wirklich keine Musik, die man im Sitzen konsumiert, zu den pubrockigen Klängen kann man schließlich ziemlich gut tanzen. Am wildesten (wenn man das so sagen kann) wurde es bei "You're Supposed To Be My Friend", welches an vorletzter Stelle gespielt wurde. Das übliche Seufzen im Publikum bei der Ankündigung des letzten Titels wurde gekontert mit dem Spruch: "es ist ein sehr langes Stück, don't worry". Das stimmte auch so, das psychedelische "Situation" zogen die drei Typen über zehn Minuten, bevor sie pünktlich um 11 die Bühen räumen mußten. Die Radiosendung war vorbei, aber die 19990s kamen trotzdem noch einmal zu einer Zugabe zurück. Die Tatsache, ohne Druck weiterzuspielen schien sie sehr zu amüsieren: "now when there is no radio, we can play badly". So schlecht war der Schlußpunkt aber gar nicht. "Enjoying Myself" garnierten die Schotten nämlich mit eingebauten Passagen von "Rehab" ("No, no, no") und "Roadrunner" von Jonathan Richman und den Modern Lovers. Das war cool! Genau wie der Rückweg übrigens, den ich zu Fuß entlang der hochwassergefährdeten Seine bestritt. Bei naßkalten 5 Grad mußte ich mir warme Gedanken machen, um nicht zu frieren, erfreute mich aber wie ein Touri am majestätischen Anblick des Eiffelturms, den ich ansonsten eher ignoriere. Friedlich ruhte es auf seinen Pfeilern, das goldglänzende Monster aus Stahl...


Setlist 1990s, Black Session Lenoir, Paris:

01: You Made Me Like It
02: Cult Status
03: Arcade Precinct
04: Vondelpark
05: Risque Pictures
06: See You At The Lights
07: Look WhatThey've Done To My Song
08: The Box
09: Is There A Switch For That?
10: Pollock Shields
11: Weed
12: You're Supposed To Be My Friend
13: Situation

14: Enjoying Myself (Z)



 

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