Konzert: Lisa Morgenstern
Ort: Dreikönigskirche, Dresden
Datum: 27.04.2019
Dauer: 80 min
Zuschauer: ca. 115
Chameleon - Albumrelease
Im Februar 2017 war Lisa Morgenstern bei mir im Wohnzimmer. Im Rahmen der Crowdfundingaktion für ihr geplantes Album hatte ich das Konzert erworben. Damals kannte ich nur das vorherige Album „Amphibian“ und hatte Konzerte von Lisa gesehen, damals noch unter anderem mit Benni Cellini (Letzte Instanz). Bei uns spielte sie Solo, erstmals für mich mit Klavier und schönen alten Synthesizern, analog und mit vielen Kabeln und Drehknöpfen. Damals bekam ich eine erste Idee, wohin Lisas musikalische Reise gehen wird. An eine Veröffentlichung des Albums war vor 2 Jahren aber noch nicht zu denken, Lisa wollte sich Zeit nehmen und vor allem die richtigen Verbündeten für ihr Album finden.
So verging viel Zeit und die Fans mussten sich in Geduld üben. In letzter Zeit gab Lisa Morgenstern dann vermehrt Konzerte, darunter auch als Vorprogramm für Olafur Arnalds und sie hat lange schon den Termin für ein Konzert im September im Rahmen des Reeperbahnfestivals in der Elbphilharmonie angekündigt. Und dann kam vor ein paar Monaten endlich der Termin zum Releasekonzert in der Dreikönigskirche zu Dresden heraus. Möglicherweise ging es anderen ebenso: ich habe mein Wochenende umgeplant, Besuche verlegt, Tickets gekauft und große Vorfreude gespürt.
2 Stunden vor Beginn werfe ich einen Blick durch die Glaswand in das Kirchenschiff. Lisa und Miguel und die anderen sind mit dem Soundcheck beschäftigt, also störe ich sie nicht. Eine halbe Stunde vor Beginn erscheinen die ersten Gäste, das Foyer füllt sich langsam und die Stehtische werden belagert. Ich erkenne bekannte Gesichter, vermute Familie und Freunde der Künstlerin unter den Gästen, begrüße Miguel, der Lisa diesmal am Mischpult betreut. Vor zwei Jahren spielte er mit Lisa gemeinsam und hatte an den analogen Reglern in unserem Wohnzimmer beide Hände voll zu tun.
Wer Lisa Morgenstern kennt, weiß dass das Ambiente der Kirche wie gemacht ist für Lisas Musik. Kurz nach 20 Uhr gehen die Lichter aus, das Kirchenschiff wird dunkel und die Bühne in Lila getaucht. Die ersten beiden Titel hallen in die Dunkelheit. Es breitet sich Lisas neuer und doch schon vertrauter Sound aus, die Mischung aus Synthesizer, Klavier und der umwerfend spannungsreichen Stimme Lisas. Unter dem inzwischen hell strahlenden Altar ist sie mal Engel und mal das unsichtbare Tiefe. Einmal schwingt sich die Seele der Zuhörer fröhlich auf ins Licht und kurz darauf laufen Schauer den Rücken hinab, wölben sich die Poren zur Gänsehaut, wenn Lisa das tiefe Ende ihres Stimmumfangs erreicht. Die Töne aus Saiten, Tasten und Knöpfen untermalen und verstärken diese Stimmungen kongenial. Sie sind meist sparsam eingesetzt und drängen nie in den Vordergrund. Lisa spielt meist abwechselnd auf Klavier und Synthesizern und nach der Pause auch am Cembalo. In anderen Stücken liefern die Synthesizer die Grundstimmung der Titel und werden mit Klavier und durch Lisas Gesang ausgemalt und verstärkt.
In den sozialen Medien hat sich in letzter Zeit auch schon herumgesprochen, dass Lisa ihren bulgarischen Wurzeln nachforscht. Mittlerweile singt sie in Berlin in einem bulgarischen Frauenchor (Bulgarian Voices - https://www.bulgarianvoicesberlin.de). „Prituri“ ist ein Stück aus dessen Repertoire, das sie für den Chor arrangiert hat. Sie bringt es im zweiten Set nach Pause. Die Rolle des Chores übernehmen heute die analogen Klangerzeuger und Lisa schwingt sich mit ihrem Gesang zur tragenden Figur der bittersüßen Geschichte zweier Schäfer auf. Den Chor mit Lisa könnt Ihr am 21. August zum Pop-Kultur in der Berliner Kulturbrauerei erleben.
Das Set heute Abend kombiniert natürlich die Stücke ihres neuen Albums „Chameleon“ (C) und einige von „Amphibian“ (A) sowie neue oder nicht veröffentlichte Titel wie unter anderem „Chameleon“ selbst, der es offenbar nicht auf das gleichnamige Album geschafft hat.
Nach gut 80 Minuten und einer Zugabe wird Lisa mit viel Wärme herzlich von der Bühne verabschiedet und im Foyer beim Signieren ihrer CDs umringt.
Auf der Fahrt nach Hause kreisen meine Gedanken immer wieder um das Erlebte und wie sich alte und neue Lieder an diesem Abend zu einem Ganzen verwoben haben. Und ich frage mich gespannt, ob es mir gelingt, Lisa noch einmal in das Wohnzimmer der Scala zu locken.
Setlist
01. Atlas (C)
02. Codex (C)
03. Answers (C)
04. My Room (A)
05. Nocturne (A)
06. Colours (new)
07. Chameleon (N)
08. My Boat (C)
09. Journey to the end of the night (C)
10. Waltz of a Loner (C)
11. Prituri (bulgarisches Volkslied)
12. Glass (new)
13. At the top of a tree (C)
14. Levitation (C)
15. Deflowering (C) (Z)
Aus unserem Archiv
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