Sonntag, 17. März 2019

Marie Klock, Paris, 06.03.19


Konzert: Marie Klock (Labo Lola # 15) Clio-Turbo(t)
Ort: Abracadabar, Paris 19
Datum: 06.03.2019







Immer gut, ausgetretene Pfade ein wenig zu verlassen und neue Orte zu entdecken. Danach war mir an diesem Mittwoch. Anstatt ein "normales" Konzert zu besuchen, stattete ich der Abracabar einen Besuch ab. Auf dem Programm stand unter dem anzüglichen Motto "Clito Turbo(t)" ein ziemlich ausgeflippter Abend. Erotische Zeichnungen, burlesker Tanz, Konzerte, hier war alles vertreten, was ein wenig anrüchig war, selbst die Konzerte, denn die hatten versaute Texte. Organisiert hatte das Ganze eine junge Pariserin names Lola, die heuer bereits ihren 15 Themenabend ihrer Reihe Labo Lola veranstaltete. Interdisziplinäre Projekte stehen hier im Vordergrund, schräge Kunst mit erotischem Einschlag werden gefördert. Komplett gratis alles, obwohl das Programm durchaus lohnend und Geld wert war.




Lola begann selbst mit einem verruchten Gedicht über eine Hexe, die aufpassen muss, dass sie nicht von hinten genommen wird, bevor die Frauengruppe "l'Ecole des filles de joie" unter der Leitung von Juliette Dragon heisse Tänze zu Musik von Bikini Kill und anderen Riot Girls Band aufs Parkett legten. Die Mädels trugen alle rote Barretts, allein das gefiel mir schon! Brutswarzen waren abgeklebt, das Programm blieb also jugendfrei, auch wenn die Bekleidung im Lauf der Show immer spärlicher wurde.






Danach gab es eine Pause, bevor der Konzertteil des Abends anstand. Als Erste kam die durchgeknallte Marie Klock auf die Bühne. Blondgefärbte Haare, Rosa Pulli mit Baseballspieler (Aufdruck Hit!), getigerter Rock und Doc Martens, sie zog sofort die Blicke auf sich.

Sie performte solo und einzige Begleitung war ein billiger Synthesizer, dem sie poppige und tanzbare Töne entlockte.





In ihrem ersten Song ging es thematisch um eine Romanze mit einem Typen der ein paar Macken und vor allem nicht die richtige Penisgrösse hatte. Ja ja, richtig gelesen. "J'ai un problème avec les détails/avec les tailles" sang sie unschuldigst zu dem sehr schwungvollen, aber dennoch melancholischen Lied. Ein zweideutiges Wortspiel, bei dem es darum ging, ein Problem mit gewissen charakteristischen Details des Typen (Kleidungstil, Auftreten, Deko der Wohnung etc.) zu haben, vor allem aber ein Problem mit seiner "zu grossen" Penisgrösse. 





"Science Po-France cul", ein anderes französisch-deutsches Wortspiel im Text, was wohl kaum jemand im Saale verstanden haben dürfte. Science Po ist die Abkürzung für Sciences Politiques, also das Studium der Politikwissenschaften, aber Po deutschte sie ein, um einen Bezug zu cul (französisch für Hintern) herzustellen.

Auch an zahlreichen anderen Stellen wurde es textlich sehr lustig, da hiess es beispielsweise: "mais cette manie de relever le col de ton polo, ça ma met mal à 'aise"- aber diese dumme Angewohnheit den Kragen des Polos hochzuziehen, macht mich krank. Oder "le drapeau tibétain en guise de couvre lit, ahh!! ça me met mal à l'aise"- diese tibetische Flagge als Bettbezug, macht mich krank.



Am geilsten aber dieser Satz: "30 centimètres de chibre épais taillé pour la baise, mais il en manque 5 à tes ourlets, ça me met mal à l'aise"- 30 cm Schwanz, dick und wie zum Ficken gemacht, aber leider fehlen 5 Zentimeter an deinem Saum!

Musikalisch war das Synth Pop, aber die textlichen Anzüglichkeiten und Ungeniertheiten basierten auf einer Derbheit die wir eher aus dem Hip Hop kennen.



Dann wurde es der Guten zu warm und sie zog ihren Pulli aus. Nun konnte man ihr T-Shirt erkennen, auf dem der junge Chanson Sänger Michel Sardou einen Fuckfinger zeigend zu sehen war. Der inzwischen sehr konservative Schlagerbarde hatte damals als junger Mann als Provokateur  für ein paar negative Schlagzeilen gesorgt .




Sie performte das Stück "Si t'étais pas de la merde", übersetzt "wenn du nicht ein Stück Scheisse wärest". Die Rhythmusmaschine brachte überaus heitere Töne hervor, aber die Texte waren bitter und zynisch.

"Si t'étais pas de la merde tu serais du sperme" - wenn du nicht Scheisse wärest, wärest du Sperma.

Sie wiederholte den bissigen Refrain des naiv klingenden Stücks mit dem hohen Orgelsound gleich mehrfach. 

Dann merkte sie an: "la merde c'est hyper utile pour les bousiers- Scheisse is sehr nützlich für die Käfer, dann können sie ihre Eier da reinlegen und sich fortpflanzen.




"La merde c'est super utile, mais toi tu sers vraiment à rien, t'es moins que de la merde c'est prodigieux, j'ai jamais vu ça quoi." Scheisse ist nützlich, aber du taugst zu nichts, du bist weniger wert als Scheisse, so was habe ich noch nie gesehen.


Boule de seum im Anschluss war rasant schnell, glänzte mit New Wave Rhythmen, einem Refrain der entfernt an den Sternenhimmel von Hubert Kah denken liess und auch dessen infantile Seite innehatte. Genial!




Und schliesslich gab es sogar ein deutsches Lied! Ein Cover von Christiane Rösinger, "Ich muss immer an dich denken". Mit einwandfreiem Akzent sang die Französin dieses ungemein melancholische Stück zu dem ein Pärchen im Publikum sogar einen Tanz aufs Parkett legte, sagenhaft!



Hinterher erfuhr ich, dass Marie 5 Jahre in Berlin Piano studiert hatte, daher ihre guten Deutschkenntnisse! Ich hätte ihr Konzert aber auch ohne deutsches Lied fabelhaft gefunden, mit ihrer freimütigen Art und ihren flotten Songs hatte sie mich auch so schon begeistert.




Zum Schluss spielte noch eine französische R'n B Sängerin namens Jeannie, das war gar nicht schlecht, selbst wenn dies nicht wirklich mein bevorzugter Musikstil ist.

Insgesamt ein toller, sehr unterhaltsamer Abend! Bei dem nächsten Labo Lola muss ich wieder dabei sein, das ist ungeheuer erfrischend!






 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates