Konzert: George Michael
Ort: Oberhausen + Köln
Datum: 17.10.2006 + 07.09.2011
Dauer: je ca. 120min
Zuschauer: 9.000 + 11.000 (ausverkauft)
Adele machte am Wochenende bei den Grammy Awards alles richtig. Sie hatte das Gefühl dafür wie ein ernst gemeinter und ehrlicher Tribute-Song zu präsentieren ist.
Nicht indem man sich verkleidet, oder das Original bis zur Lächerlichkeit kopiert, sondern den Song weiter stärkt und zu seinem eigenen macht. So gelang ihr mit der entschleunigten Version von "Fast Love" ein Meisterstück.
Soviel Gefühl war angemessen für einen Künstler, der sich selber immer wieder mit seinen Songs und seinem Verhalten fast "nackt" der Öffentlichkeit gegenüberstellte.
"Looking for some education
Made my way into the night
All that bullshit conversation
Well, baby can't you read the signs?"
England und der Rest der Welt liebten den Weißen, der den Soul mit völlig neuem Sound in die Diskotheken brachte, sich mit Top-Models umgab und Videos drehte, die auf MTV im Minutentakt gezeigt wurden.
Sein Output war nie groß, aber qualitativ immer hochwertig. Seine Best..of CD aus dem Jahr 1998 zeigte vielleicht schon den Höhepunkt seines Schaffens.
Besonders mit den sorgsam ausgewählten Cover-Versionen, die er auch nie auf das Original reduzierte. Mit Elton John und Freddie Mercury wählte er seine Duettpartner sehr bewusst, das Thema seiner Homosexualität war immer präsent.
So geriet auch sein Auftritt beim späteren Tribute-Konzert für Mercury besonders emotional, er sang „Somebody to Love“ als ginge es auch um sein eigenes Leben und wahrscheinlich war das auch damals schon so.
Das erste Mal live sah ich ihn 2006 mit einer großartigen Bühnenshow in Oberhausen. Die riesige Leinwand hinter ihm verlief wie ein Wasserfall senkrecht und dann auf dem Bühnenboden weiter, reichte bis zu den Füßen des Publikums.
Die gezeigten Animationen, darunter Filmstreifen aus seiner Jugend oder knallige Cartoons glitten so vom Hallendach bis zum Boden, vom Künstler zu den Fans. Neben der Leinwand, an beiden Seiten auf drei Etagen, eine Soulband zum niederknien.
George Michael gelang es auf dieser Tournee noch einmal, seine ganze Klasse auf die Bühne zu bringen. Die glasklare Stimme, die Perfektion der Arrangements und die Ausstrahlung eines Crooners.
Die musikalische Bandbreite von akustischen Perlen zu stampfenden Beats begeisterte die Halle. Besonders eindrucksvoll an diesem Abend geraten das ruhige „Father figure“ und das Ewan MacColl Cover: „The first time ever i saw your face“.
Schlusspunkt bildet natürlich ein nicht enden wollender „Freedom90“-Mix bei dem die Bühne vor lauter Farben und Licht zu explodieren scheint. Eine bis heute beeindruckende Inszenierung.
Danach wurde es immer ruhiger um ihn. Selten gab es noch Schlagzeilen. Wenn, dann fiel er aus irgendeinem Auto oder wurde wieder in ein Krankenhaus eingeliefert. Aber immerhin waren es noch Meldungen die die Leute interessierten und schockierten.
Denn seine Musik verschwand ja nie ganz, auch dank der eigentlich als B-Seite konzipierten Weihnachtssingle "Last Christmas“. Aktuelle Veröffentlichungen blieben rar. Entweder dem eigenen, hohen Anspruch geschuldet, oder den Rauschmitteln.
Im Jahr 2011 dann nochmals der Versuch einer großen Tournee, diesmal mit einem Sinfonieorchester sah ich ihn in Köln. An diesem Abend spielte er 14 ! Coverversionen und nur wenige, eigene Hits.
Auch dies mag seine egoistische Entscheidung gewesen sein, gut tat es dem Konzert nicht. Standen die Balladen sonst gleichberechtigt neben den Hüftschwüngen, so waren es an diesem Abend einfach zu viele Molltöne für eine große Mehrzweckhalle.
George Michael 120 Minuten, auf einem Barhocker vor seinem Orchester sitzen zu sehen, war eher traurig als berührend. Seltene Highlights wie das unzerstörbare „Feeling good“ von Nina Simone oder das überraschende „True Faith“ von New Order konnten über die kraftlosen Versionen von „Roxanne“ oder die viel zu lange und schmalzige Version von „You`ve changed“ von Harry James nicht hinwegtäuschen.
Der Künstler wirkte müde und abwesend, nur selten blitzten Energie und echte Kreativität auf. Auch wenn es sicher sein Wunsch war diesen Rahmen zu wählen, nach dutzenden Konzerten ist in Wien dann wieder das Krankenhaus die Endstation für den Abschied auf Raten.
Adele und Sam Smith werden das Erbe des britischen Souls weiterführen, fast deckungsgleiche Kopien von toller Stimme, starker Persönlichkeit und zumeist traurigen Songs im tanzbaren Gewand. Die Texte und Person von George Michael aber lohnen immer noch den Blick hinter die verspiegelte Sonnenbrille und das himbeerfarbene Jackett.
Das Kölner Konzert endete dann doch noch emotional, mit dem bewegenden Song von Jimmy Dorsey aus dem Jahr 1941, dem großen Liebeslied „I remember you“. Und George Michaels Stimme dazu war, wie immer, der pure Soul.
“When my life is through
And the angels ask me to recall
The thrill of it all Then,
I will tell them,
I remember you”
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