Mittwoch, 10. Februar 2016

Suede, Brüssel, 06.02.16


Konzert: Suede
Ort: Ancienne Belgique, Brüssel
Datum: 06.02.2016
Dauer: 48 min & knapp 55 min
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft



Mein letztes Konzert im AB in Brüssel fand am 06.11.15 statt, New Order spielten vor ausverkauftem Haus - sieben Tage vor den Anschlägen von Paris. Einige der Täter hatten in unmittelbarer Nähe der Anspachlaan, in der das AB und viele Restaurants und Bars liegen, gelebt und geplant. In den Wochen nach dem Pariser Terror herrschte in Brüssel Ausnahmezustand, auch alle Veranstaltungen im Ancienne Belgique wurden gestrichen. Ganz ausblenden konnte ich die Gedanken an den vergangenen November nicht, als wir ins AB kamen, man guckt jetzt zum Beispiel eher nach den Notausgängen.

Mein persönlicher Schluß nach Paris ist, noch eine Spur bewußter zu leben. Und lieber mal ein Konzert mehr zu gucken. Bei Suede allerdings war das nicht nötig, zu dem Konzert wäre ich so oder so gefahren. 


Ende Januar veröffentlichte die britische Band ihr neues Album Night thoughts, dem zweiten nach der langen Pause von elf Jahren. Zur Platte erschien ein Film des Regisseurs Roger Sargent. Auf der aktuellen Tour spielen Suede die komplette neue Platte "mit Film" und danach ein normales Set, so weit war ich vorbereitet. Details, wie das aussehen würde, kannte ich nicht. Wobei das ja auch nicht schrecklich schwer vorzustellen ist. Da spielt eine Band und im Hintergrund läuft ein Film. Gab's schon mal.

Bei Night thoughts läuft das anders. Die Leinwand hing vorne an der Bühne und die Band begann um kurz nach halb neun hinter ihr. Auch das ist nicht neu, Sigur Rós haben bei ihrer letzten Tour auch so begonnen. Da fiel die Leinwand aber nach ein paar Minuten, bei Suede blieb er. Also sahen wir den Film und durchschimmernd die Band dahinter. In manchen Liedern wurden einzelne Musiker durch Spots hervorgehoben, manchmal sah man wegen der Farben der Bilder des Films mehr oder weniger von Suede.


Das war schon einmal grundsätzlich eine wunderbare Art eines Konzerts. Die Bilder, die der Film zeigt, abgestimmt auf die Songs, machte es aber erst zu einem einzigartigen Erlebnis. In Episoden zu den Liedern zeigt Night thoughts am Anfang einen Mann der durch ein Kornfeld an den Strand läuft, um dann ins Wasser zu gehen. Im Verlauf des Konzerts sieht man (und er) sein Leben auseinanderdriften. Dies ist zum Teil grandios dargestellt. In einer Szene (zu I don't know how to reach you) zwingt der Protagonist seine Ex-Freundin mit vorgehaltener Waffe ins Auto. Die Bilder wechseln mit Szenen aus der glücklichen Zeit der beiden, der Weg vom Haus zum Auto, das Einsteigen, die Fahrt. Suede spielen die Stücke zum Film ohne Pausen durch. Ein wenig hatte die Band die Funktion dieser Kino-Pianisten oder -orchester von früher.

Als Musikfilm wird sich Night thoughts sicher auch auf DVD lohnen, an die Brillanz der Aufführung mit Band hinterm Bildschirm wird das aber nicht ansatzweise herankommen.

Und musikalisch? Ich kannte die Platte vorher nicht und ich mag es, neue Musik live kennenzulernen. Natürlich passierte hier eine ganze Menge gleichzeitig, Band, neue Lieder, rempelnde Leute, Film. Einen richtigen Eindruck unter diesen Umständen zu bekommen, ist schwierig. Aufs erste Hören gefiel mir Night thoughts sehr gut. Irgendwo las ich, es sei das beste Suede Album seit Dog man star, das ist vermutlich arg verwegen. Aber es ist gut und hörenswert.

Knapp 50 min dauerte dieser erste Teil. Dann wurde die Leinwand entfernt, um nach einer knappen halben Stunde ein normales Konzert drauf zu packen. Naja, was bei Suede so normal ist...


Brett Anderson schwitzte sein Hemd bereits in den ersten Minuten durch. Hinter der Leinwand war sein Bewegungsspielraum arg eingeschränkt, als der Vorhang fiel, fielen auch die Hemmungen. Irgendwann war der Sänger öfter vor als auf der Bühne und rampensaute sich durch die knappe Stunde Best-of, die im Prinzip ein erster Zugaben-Block war, der nur aus Hits bestand. Einmal mittendrin wurde es leiser, als die Band The sound of the streets anstimmte. Brett Anderson gab zwischendrin seinem Gitarristen ein Zeichen, leiser zu spielen, was der erst übersah. Als das Winken heftiger wurde, folgte er. In Brüssel sind grundsätzlich viele Briten bei Konzerten. Daß das auch hier so war, zeigte die große Textsicherheit.


Die eigentlichen Zugaben begannen mit Everything will flow. "It's from a disliked album but it's a good song!" kündigte Brett an. Mit laut mitgegröhltem New generation endete das Doppelkonzert. Die erste Hälfte war wegen ihres Gesamteindrucks brillant, die zweite wegen all der Hits. Das war ein ganz und gar nicht verschenkter Abend!

Setlist Suede, Ancienne Belgique, Brüssel:

01: When you are young

02: Outsiders play
03: Tomorrow
04: Pale snow
05: I don't know how to reach you
06: What I'm trying to tell you
07: Tightrope
08: Learning to be
09: Like kids
10: I can't give her what she wants
11: When you were young
12: The fur and the feathers

13: Moving
14: Killing of a flashboy
15: Trash play
16: Animal nitrate
17: It starts and ends with you
18: Sometimes I feel I'll float away
19: The sound of the streets
20: So young
21: Metal Mickey
22: Beautiful ones

23: Everything will flow (Z)
24: New generation (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Suede, London, 30.03.14
- Suede, Köln, 21.11.13
- Suede, London, 30.03.13



 

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