Konzert: Greg Dulli
Ort: Leuven - Het Depot
Datum: 13.02.2016
Dauer: 105min
Zuschauer: 450 (ausverkauft)
Ein verregneter und windiger Tag. Typisch belgisches Schmuddel-wetter erwartet mich bei meinem Besuch in Leuven, östlich von Brüssel. Greg Dulli, seit 25 Jahren Bandleader der Afghan Whigs und Kopf diverser Projekte wie den Gutter Twins (mit Mark Lanegan) oder den Twilight Singers spielt heute ein Solo-Konzert, bevor für den Herbst die neue CD der Afghan Whigs angekündigt ist.
Wie eigentlich immer bei unseren Besuchen in den Niederlanden oder Belgien findet auch dieses Konzert in einer fantastischen Halle statt. Mitten auf dem barocken Bahnhofsvorplatz liegt der Eingang des „Het Depot“. Eigentlich eine alte Lagerhalle, die vor der Bühne variabel mit Steh-oder Sitzplätzen (heute bestuhlt) und dahinter erhöht mit roten Kinosesseln ausgestattet wurde. Alles ist vorbildlich organisiert, Wartezeiten oder Gedrängel findet man hier nirgends.
Das Vorprogramm gestaltet Manuel Agnelli (ehemals Sänger der italienischen Rockband Afterhours) mit einem kurzen Set an der Gitarre und Geigenbegleitung. Agnelli wird danach im Hauptset noch des öfteren als Keyboarder zu sehen sein.
Nach der
Umbaupause und kurzer Belehrung durch den Roadie, dass Konzerte ohne
Handys und Blitzaufnahmen viel schöner seien, betritt Mr. Dulli mit
seiner Band die Bühne. Ein originelles Line-Up ohne Schlagzeug, dafür
mit Geige, Akustik- und E-Gitarre wird den Abend nicht zu ruhig aber
auch nicht zu rockig gestalten. Besonders Dulli an seiner formschönen
Akustikgitarre überzeugt.
Anders als erwartet spielt er wenig Keyboard, sondern gibt lieber wieder den Bandleader in der Mitte der Bühne. Geboten wird ein mutiger Mix aus allen Solo-Schaffensphasen, ohne nur auf die großen Hits der Afghan Whigs zu vertrauen. In Belgien kein Problem, hier sind seine Fans zahlreich, kennen auch seltenere Werke.
Eine weitere, konstante Stärke von Greg Dulli sind seine brillanten Cover-Versionen, für die heute ebenfalls mehr Raum bleibt. „Please stay“ von Marvin Gaye ist ebenso dabei wie das alte „Black ist the colour“ und eine traumschöne Version von Bowie`s „Modern Love“ als letzte akustische Zugabe.
„Step into the light“ und „Summer`s kiss“ sind noch die bekanntesten Afghan Whigs Songs des Abends, aber vermißt wird hier eigentlich gar nichts.
Die Band ist trotz der noch jungen Tour, die Dulli mal eben von den USA bis nach Tel Aviv führen wird, perfekt eingespielt und voller Spielfreude. Der Chef schäkert wie immer gekonnt mit dem Publikum.
Als Zugaben gibt es im 23 Songs umfassenden Set unter anderem noch „Candy Cane Crawl“ und das fantastische „Teenage Wristband“, das auch im halb akustischen Sound nichts von seiner Klasse verliert. Definieren sich die Afghan Whigs über ihren schweren, groovenden New Orleans Sound bekommen heute die Kompositionen und Texte mehr Aufmerksamkeit.
Was Dulli anderen Kollegen in seinem Alter voraus hat ist klar. Er schreibt immer noch tolle Songs und wirkt nie satt oder überspielt. Langweilige oder unmotivierte Auftritte habe ich in seiner Anwesenheit noch nie erlebt.
Und so endet ein toller Abend wieder vor der Halle im Regen und schreit nach einem starken Drink in der Bar nebenan, so viel Adrenalin hat das bestuhlte Konzert entfacht. Wer nicht bis zum Herbst und das neue Album warten möchte, sollte einfach nochmal „1965“ von den Afghan Whigs auflegen. Eines der meist unterschätzen Alben seiner Zeit, und trotzdem total zeitlos. Es lohnt sich.
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