Ort: Freiheizhalle, München
Datum: 29.11.2011
Von Bloggerpapst Eike vom bayrischen Klienicum, vielen herzlichen Dank!
Ein Konzertabend ist immer auch eine Art Sozialstudie. Die gewonnenen Erkenntnisse werden jedoch zumeist nicht wissenschaftlich erhoben und verarbeitet. Sollte man vielleicht öfter tun. Empirische Daten zur Altersstruktur, zur Länge des Auftritts, zur Güte des Sounds oder zu Fragen des Lichteinsatzes in Sachen Bühnenbeleuchtung wären dabei das eine, individuelle Ansichten und Einblicke das andere. Hätte man am Dienstag abend gegen 22:00 uhr eine Stichprobe gezogen und Teilnehmer des The Felice Brothers Konzertes in der Freiheizhalle zu München dahingehend interviewt, wie ihnen das laufende Konzert gefallen würde, hätte man unterschiedlichste Antworten erhalten. Mancher floh gar, andere zogen eine Flunsch, viele waren schwer begeistert. Ursache der unterschiedlichen Stimmungslage wäre wohl, und hier hätte man im universitären Sinne tiefer graben müssen, eine sehr individuelle Vorbereitung auf den Auftritt der Jungs from Upstate New York gewesen. Wer sich auf die ersten Alben konzentriert hatte, durfte eine ausgelassene Americana Band erwarten, wer auch ein wenig Zeit dem aktuellen Werk "Celebration, Florida" gewidmet hatte, der wusste, dass sich die Truppe um die verbliebenen beiden Felice Brüder Ian und James weiter entwickelt hatte, ihrer Musik neue Facetten abgerungen hatten. Von denen, die etwas genervt den Konzertsaal verliessen, hätte man durchaus etwas mehr Stehvermögen verlangen können. Es waren zumeist ältere Semester, denen Altersmilde gut stünde.
Mir persönlich hätte etwas bessere Vorbereitung auf A.A. Bondy gut gestanden. Zwar war mir der Name des Burschen aus Alabama geläufig, aber eine professionelle Auskunft zu seinem Schaffen hätte ich nicht liefern können. Doch ich war gefeit vor Enttäuschungen, im Gegensatz zu obengenannten Besucherkollegen, da ich Lust auf Neues, auf Entdeckungen hatte und in der Regel gewohnt bin, mitzunehmen was geboten wird. Und das war aller Ehren wert. Die vierköpfige Crew bot eine in allen Maßen entschlackte, auf den Punkt konzentrierte Americana Leistung, das man ob der wenigen Mittel und ihrer enormen Wirkung nur staunen konnte. Zwar war das Soundbild alles andere als rund, aber dem Wesentlichen wurde man gewahr. Zudem war der Instrumenteneinsatz begrenzt, so dass es nicht allzu viel zusammen zu mischen gab. Die Essenz schwappte ins Publikum, das sich nach einer gewissen Aufwärmzeit durchaus begeistert zeigte. Die geruhsame Art, mit der A.A. Bondy und Kollegen ihre Songstrukturen entstehen liessen, wirkte wie ein Zauber, weil es den Musikern gleichzeitig gelang, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: mit glitzerndem Gitarrespiel, bei dem sich neben dem Kopf der Band auch der Sidepart auszeichnete, die Lines durchschnitten die schweren Drumschläge, den oft auf Melodien gepolten Bass, der ansonsten durchaus Treue zum rhythmischen Konzept zeigte.
Im Programm des ausführlichen Voracts standen vor allem Lieder des aktuellen, mittlerweile dritten Soloalbums Bondys "Believers", das schleichend anschmiegsame, elegisch verstiegene "Down in the Fire (Lost sea)", das dumpf mäandernde "Skull & Bones", da die Gitarren sengend wichen und der Sänger die Stimme hob, das kraftvoll angeschobene "The Heart is Willing", das die Ausrichtung des Albums, aber auch des Konzerts selbst gut auf den Punkt bringt, der Musik wird Zeit und Raum gegeben, um eine Magie zu entfalten, die dem Schrecken der Geschwindigkeit erfolgreich entgegensteht. A.A. Bondy mimt den konzentrierten Sänger und Gitarristen und ist dennoch nah am Publikum. "Surfer King", in der Mitte des Sets", bot beispielhaft auf, dass der frühere Verbana Mann eine Stimme zur Verfügung hat, die ausdrucksstark und warm ist und inneres Feuer besitzt. Das Schunkeln wog in den Reihen der Anwesenden fort. Mein persönlicher Höhepunkt war das fein betonte "rte. 28/Believers", die Slide entbot Sendungsgrüße in unbekannte Fernen, der Bass stapelte tief und die Gitarre des Sängers ertönte im Gleichmaß mit dem Gesang von A.A. Bondy.
Selten lasse ich mich so ausführlich über eine Vorband aus. Das sei durchaus als Ausdruck meines Beeindruckt Seins verstanden, und nun im Nachgang auch eine Empfehlung bezüglich des Albums "Believers", ein ganz ausgezeichnetes, stoisches, poröses und sanft drängendes Werk.
Doch wir müssen weiter, denn wenn jemand an den Ketten zerrte, dann waren es die Felice Bros., die Band, die ich glücklicherweise seit ihrem Einstieg in die Musikszene verfolgen durfte, so auch den ersten Münchner auftritt beim Bavarian Open 2007. Damals noch mit dem ausgeflippten Simon in der Runde, der sein Drumset bestieg und später den Mädels nach, allesamt überdreht und manisch und voller Lebensfreude und überbordendem Enthusiasmus. Daran hat sich viele Alben, Auftritte und einer rotierenden Presse zum trotz nicht viel geändert. Die Produktionskosten sind gestiegen, aber der Ausbund an Freude ist nicht zu nehmen. Die geerdete Musik, wie sich mein Kompagnon und Begleiter v. auszudrücken pflegt, die die Hinterwäldler und Hobos zu entwerfen in der Lage sind, hat sich über die Jahre nur unwesentlich verändert.
Da schreddert mal ein elektronischer Beat durchs Soundbild, ein Theremin küsst die von weite gezeichneten Klangkumpane, doch im Vordergrund steht eine geschlossene Gemeinschaft aus exaktem wie leidenschaftlichem Drumming (Dave Turbeville!), fliessendem Bass (Christmas Clapton), akzente setzendem Fiddleling (Greg Farley) und dem Gesang von Ian und James, die daneben das Frontpferd E-Gitarre sowie das aufgeregt klingende Piano bedienen. So schießen sie sich durch eine Setlist, die zunächst vor allem Songs des 2011er Albums rekrutiert, sieben der elf Tracks auf "Celebration, Florida" finden auch in diesem Programm Verwendung. Doch auch "Mix Tip" aus 2010 erhält Berücksichtigung, "White Limo" erklingt schmissig und genauso rumpelig und so gegen den Strich gebürstet wie die Highlights "Run Chicken Run", die Gassenhauer Nummer gerät zu einem wohligen Schunkler mit Knallrefrain, oder das träge "Oonzi", zelebriert wie es Radaubrüder nun mal herholzen. So werden denn auch "Take This Bread" oder die zweite Zugabe "Whiskey In My Whiskey" mehr gebrüllt denn gesungen. Doch das tut der Stimmung im Rund keinen Abbruch. Die, die sich den Schwitzenden als aufmerksame Zuhörer darreichten, gewannen Minute für Minute mehr und mehr Gefallen an dieser lebensbejahenden Vorstellung. Christmas, den Basser kannte man früher oft nur von hinten, besetzte zuweilen die Bühne, Greg unterstützte kurz schlagkräftig Drummer Dave, James entertainte vom E-Piano aus oder hob am Mikro stehend über das Akkordeon hinweg an. Immer in Bewegung, der Fünfer blieb an diesem Abend nichts, aber auch gar nichts schuldig.
Sie rocken aus dem sStehgreif, wechseln die Gangarten und präsentieren bekannte Lieder in gänzlich neuem Gewand, ohne ihnen die ganz persönliche Eigenart zu nehmen. Die Band ist in ihrer Musik verwachsen, ist und lebt Musik.
Setlist: intro / honda civic / fire at the pageant / wonderful life / back in the dancehalls / endless night / white limo / run chicken run / refrain / ponzi / take this bread / goddamn you, jim / mike / loser take all / saint stephen's end / river jordan / whiskey in my whiskey
Mir persönlich hätte etwas bessere Vorbereitung auf A.A. Bondy gut gestanden. Zwar war mir der Name des Burschen aus Alabama geläufig, aber eine professionelle Auskunft zu seinem Schaffen hätte ich nicht liefern können. Doch ich war gefeit vor Enttäuschungen, im Gegensatz zu obengenannten Besucherkollegen, da ich Lust auf Neues, auf Entdeckungen hatte und in der Regel gewohnt bin, mitzunehmen was geboten wird. Und das war aller Ehren wert. Die vierköpfige Crew bot eine in allen Maßen entschlackte, auf den Punkt konzentrierte Americana Leistung, das man ob der wenigen Mittel und ihrer enormen Wirkung nur staunen konnte. Zwar war das Soundbild alles andere als rund, aber dem Wesentlichen wurde man gewahr. Zudem war der Instrumenteneinsatz begrenzt, so dass es nicht allzu viel zusammen zu mischen gab. Die Essenz schwappte ins Publikum, das sich nach einer gewissen Aufwärmzeit durchaus begeistert zeigte. Die geruhsame Art, mit der A.A. Bondy und Kollegen ihre Songstrukturen entstehen liessen, wirkte wie ein Zauber, weil es den Musikern gleichzeitig gelang, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: mit glitzerndem Gitarrespiel, bei dem sich neben dem Kopf der Band auch der Sidepart auszeichnete, die Lines durchschnitten die schweren Drumschläge, den oft auf Melodien gepolten Bass, der ansonsten durchaus Treue zum rhythmischen Konzept zeigte.
Im Programm des ausführlichen Voracts standen vor allem Lieder des aktuellen, mittlerweile dritten Soloalbums Bondys "Believers", das schleichend anschmiegsame, elegisch verstiegene "Down in the Fire (Lost sea)", das dumpf mäandernde "Skull & Bones", da die Gitarren sengend wichen und der Sänger die Stimme hob, das kraftvoll angeschobene "The Heart is Willing", das die Ausrichtung des Albums, aber auch des Konzerts selbst gut auf den Punkt bringt, der Musik wird Zeit und Raum gegeben, um eine Magie zu entfalten, die dem Schrecken der Geschwindigkeit erfolgreich entgegensteht. A.A. Bondy mimt den konzentrierten Sänger und Gitarristen und ist dennoch nah am Publikum. "Surfer King", in der Mitte des Sets", bot beispielhaft auf, dass der frühere Verbana Mann eine Stimme zur Verfügung hat, die ausdrucksstark und warm ist und inneres Feuer besitzt. Das Schunkeln wog in den Reihen der Anwesenden fort. Mein persönlicher Höhepunkt war das fein betonte "rte. 28/Believers", die Slide entbot Sendungsgrüße in unbekannte Fernen, der Bass stapelte tief und die Gitarre des Sängers ertönte im Gleichmaß mit dem Gesang von A.A. Bondy.
Selten lasse ich mich so ausführlich über eine Vorband aus. Das sei durchaus als Ausdruck meines Beeindruckt Seins verstanden, und nun im Nachgang auch eine Empfehlung bezüglich des Albums "Believers", ein ganz ausgezeichnetes, stoisches, poröses und sanft drängendes Werk.
Doch wir müssen weiter, denn wenn jemand an den Ketten zerrte, dann waren es die Felice Bros., die Band, die ich glücklicherweise seit ihrem Einstieg in die Musikszene verfolgen durfte, so auch den ersten Münchner auftritt beim Bavarian Open 2007. Damals noch mit dem ausgeflippten Simon in der Runde, der sein Drumset bestieg und später den Mädels nach, allesamt überdreht und manisch und voller Lebensfreude und überbordendem Enthusiasmus. Daran hat sich viele Alben, Auftritte und einer rotierenden Presse zum trotz nicht viel geändert. Die Produktionskosten sind gestiegen, aber der Ausbund an Freude ist nicht zu nehmen. Die geerdete Musik, wie sich mein Kompagnon und Begleiter v. auszudrücken pflegt, die die Hinterwäldler und Hobos zu entwerfen in der Lage sind, hat sich über die Jahre nur unwesentlich verändert.
Da schreddert mal ein elektronischer Beat durchs Soundbild, ein Theremin küsst die von weite gezeichneten Klangkumpane, doch im Vordergrund steht eine geschlossene Gemeinschaft aus exaktem wie leidenschaftlichem Drumming (Dave Turbeville!), fliessendem Bass (Christmas Clapton), akzente setzendem Fiddleling (Greg Farley) und dem Gesang von Ian und James, die daneben das Frontpferd E-Gitarre sowie das aufgeregt klingende Piano bedienen. So schießen sie sich durch eine Setlist, die zunächst vor allem Songs des 2011er Albums rekrutiert, sieben der elf Tracks auf "Celebration, Florida" finden auch in diesem Programm Verwendung. Doch auch "Mix Tip" aus 2010 erhält Berücksichtigung, "White Limo" erklingt schmissig und genauso rumpelig und so gegen den Strich gebürstet wie die Highlights "Run Chicken Run", die Gassenhauer Nummer gerät zu einem wohligen Schunkler mit Knallrefrain, oder das träge "Oonzi", zelebriert wie es Radaubrüder nun mal herholzen. So werden denn auch "Take This Bread" oder die zweite Zugabe "Whiskey In My Whiskey" mehr gebrüllt denn gesungen. Doch das tut der Stimmung im Rund keinen Abbruch. Die, die sich den Schwitzenden als aufmerksame Zuhörer darreichten, gewannen Minute für Minute mehr und mehr Gefallen an dieser lebensbejahenden Vorstellung. Christmas, den Basser kannte man früher oft nur von hinten, besetzte zuweilen die Bühne, Greg unterstützte kurz schlagkräftig Drummer Dave, James entertainte vom E-Piano aus oder hob am Mikro stehend über das Akkordeon hinweg an. Immer in Bewegung, der Fünfer blieb an diesem Abend nichts, aber auch gar nichts schuldig.
Sie rocken aus dem sStehgreif, wechseln die Gangarten und präsentieren bekannte Lieder in gänzlich neuem Gewand, ohne ihnen die ganz persönliche Eigenart zu nehmen. Die Band ist in ihrer Musik verwachsen, ist und lebt Musik.
Setlist: intro / honda civic / fire at the pageant / wonderful life / back in the dancehalls / endless night / white limo / run chicken run / refrain / ponzi / take this bread / goddamn you, jim / mike / loser take all / saint stephen's end / river jordan / whiskey in my whiskey
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen