Konzert: Devendra Banhart, Andrew Bird, Beirut, Remi Nichole & Loney, Dear (welch grandiose Bestzung!)
Ort: L'Olympia, Paris (Festival Des Inrocks)
Datum: 12.11.2207
Zuschauer: ausverkauft, logisch!
Die schönsten Dinge im Leben gehen leider immer am schnellsten zu Ende...
So auch das - wie immer - großartige "Festival Des Inrocks" in Paris (und anderen Städten Frankreichs). Allerdings wurde zum Abschluß am Montag im Olympia noch einmal ein regelrechtes Feuerwerk fabelhafter Musik gezündet. Ausnahmekünstler wie Loney, Dear, Beirut, Andrew Bird, Devendra Banhart gaben sich die Klinke (bzw. das Mikro) in die Hand, da konnte man wahrlich nicht meckern. Eher schon schwelgen und zwar zu wunderschönen Melodien und herzerweichendem Gesang.
Gleich zu Beginn wurde schon der Schwede Emil Svanängen aka Loney, Dear in den Ring geschickt und trotz der frühen Uhrzeit - ca. 18 Uhr - waren schon einige Leutchen da, die entweder faul auf ihren roten Theatersesseln saßen und das Schauspiel von oben betrachteten, oder aber auf dem Parkett vor der herrlichen Bühne standen und somit wesentlich näher dran waren. Selbstredend hatte ich mich ganz vorne postiert, schließlich wollte ich den lieben Emil, aber auch seine reizende Keyboarderin und Tambourinspielerin namens Malin Stählberg abknipsen. Und dann kamen sie auch schon, die Schweden, das beschriebene Pärchen, ein zusätzlicher Keyboarder und ein Schlagzeuger, der im Übrigen nicht mehr der Gleiche wie noch im August in Haldern war. Ansonsten gab es durchaus Parallelen zu dem tollen Festival am Niederrhein. Der Opener z.B., der war auch heute wieder das traurig-schöne "Life Has Been This Low". Man findet das Stück auf dem Album "The Year Of River Fontana", das es im Foyer des Olympia in dieser herrlich-amatuerhaften Auflage zu kaufen gab, die aussieht, als hätte sie Emil zu Hause selbst angefertigt. Sowieso alles mit Liebe gemacht bei dem Burschen, und wenn er anfängt zu singen und mit Inbrunst ins Mikro zu trällern, bin ich sowieso immer hin und weg. War heute auch nicht anders. Unglaublich wieviel Herz er da rein legt, er lebt seine Lieder, die Begeisterung ist förmlich ansteckend. Mit "I Am John" bringt er zur Abwechslung auch mal Stoff von "Loney, Noir" und schwört: "I never gonna let you down". Und wie sollte man solch einen Satz einem Lausbuben wie dem semmelblonden Schweden nicht abnehmen? Malin spielt hierzu süßlichste Glöckchen und übernimmt auch die "nanana-Parts". Ich bin augenblicklich gefesselt, könnte noch stundenlang zuhören. Leider bleibt aber nicht viel Zeit; nach dem herrlichen "Carrying A Stone" verliest Emil einen Zettel, er klingt dabei sehr offiziell: "Dear Citizens Of France, I have an announcement to make: please sing with me!" Und in der Tat, die immer etwas schüchternen Franzosen sind nicht abgeneigt mitzusummen, als das walzerartige "Warm, Dark, Comforting Night" ertönt. Der Schwede hat es geschafft, innerhalb kürzester Zeit Sympathien zu gewinnen, überall sieht man gerührte und lächelnde Gesichter. "We are so happy to be here, honestly", platzt es dann auch mehrfach aus dem Sänger heraus und ich glaube ihm aufs Wort. Zum Abschluß gibt er dann noch folgendes mit auf den Weg: "Here's a song we like and we hope you'll like it, too!". "Ignorant Boy, Beautiful Girl" heißt besagtes Lied und natürlich lieben es die Zuschauer auch. Glaube ich zumindest. Ich jedenfalls kann gar nicht mehr aufhören "manamamama" zu singen und bin traurig, daß der rote Vorhang anschließend fällt. Loney, Dear müssen mir versprechen, wiederzukommen, ansonsten fahr ich ihnen halt eben hinterher. Und wenn ich dafür bis nach Schweden fahren muß...
Goodbye, Emil!
Setlist Loney, Dear, Olympia, Paris, Festival Des Inrocks:
01: Life Has Been This Low
02: I Am John
03: neu
04: neu
05: Carrying A Stone
06: Warm, Dark, Comforting Night
07: Ignorant Boy, Beautiful Girl
Möglicherweise wurde wie in Haldern "Harsh Words" gespielt, ein neues Stück.
Link: Mehr Photos von Loney, Dear hier
Nach Loney, Dear ist eine junge Künstlerin dran, von der ich bisher nur gelesen hatte. Remi Nichole heißt die flotte junge Dame, die so schön schlank ist, daß ihre Gitarre fast zu wuchtig an ihr aussieht. Die Engländerin ist seit geraumer Zeit ein Thema im britischen NME und da werden nun einmal Karrieren gehypt, oder aber auch verhindert, allerdings am ehesten dadurch, daß Künstler einfach nicht erwähnt werden. Die gute Remi wird aber immer ganz wohlwollend besprochen und nach Glasto hat sie es auch schon gebracht. Kann eine Laufbahn verheißungsvoller starten? - Wohl kaum! Aber verdient sie auch die Komplimente? Zunächst einmal verblüfft sie die Zuschauer mit einem extrem rockigen Stück, obwohl man sie doch eher für eine Folk-Sängerin gehalten hätte. Die Kleine legt so wild los, daß sie aus dem Takt kommt und neu starten muß. Das bringt sie und die Pariser zum Schmunzeln. Überhaupt haben wir es hier mit einer lebenslustigen Frau zu tun, die von männlichen Kollegen musikalisch unterstützt wird, am heutigen Abend. Sie habe heute Schuhe in der Stadt gekauft, läßt sie verlauten. Auch den Preis der Neuanschaffung erfahren wir: 35 € sollen die Treterchen gekostet haben. Damit sammelt sie Punkte bei mir, welche trendige Frau kauft schon solch günstigen Schuhe? Hätte ich die Lady doch bloß früher getroffen...
Im Louvre war sie übrigens auch und auf dem Eiffelturm, klar junge Musiker müssen fremde Städte auch erst einmal erkunden. Ansonsten zieht sie ein kurzweiliges und auch recht kurzes Set durch, kommt auch mal mit ihrer Setlist durcheinander und will "Fed Up" zu früh spielen. Macht nichts, man kennt hier eh ihre Songs noch nicht. Sie wiederum kennt sich in der Landessprache nicht so gut aus. "Voulez vous couchez avec moi" ist der einzige Satz, den sie beherrscht, erklärt sie unbeschwert. Auch gut, direkte Frauen trifft man selten. Musikalisch hält sich die Begeisterung meinerseits hingegen einigermaßen in Grenzen. Sie spielt eine bunte Mischung aus Rock, Folk und zuweilen Reggae, der aber manchmal der Spritzer Genialität fehlt. Brauchbar ist das trotzdem und mit dem Lied "Rock 'n Roll" gelingt ihr auch noch ein guter Abgang.
Dann entschwindet sie und alle warten gespannt auf den kleinen amerikanischen Trompeter-Prinzen Zach Gordon aka Beirut und seine Band. Ich drücke fest die Daumen, daß diesmal bei ihm alles in Ordung ist. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte das junge Talent seinen Auftritt beim Festival des Inrocks 2006 kurzfristig absagen müßen und verbrachte den Abend in der Pariser Psychartrie statt auf der Bühne der Boule Noire. Was war passiert? Anscheinend war der Nachwuchsmusiker vom Touren völlig erschöpft und auch das Lampenfieber muß schlimm gewesen sein. Aber zum Glück bekam er eine zweite Chance und konnte im ungleich größeren Olympia zeigen, was in ihm steckt. Und das ist eine ganze Menge! Von Beginn an war von Nervosität oder gar Panikattacken zumindest äußerlich nichts zu spüren, und er und seine Band trafen alle Töne. Zahlreich waren sie einmarschiert, und mit etlichen Blasinstrumenten (Tuba, Horn, Trompeten, Klarinette, Saxofon), Streichinstrumenten (eine weibliche Violinistin) und natürlich auch Banjos, Gitarren und Ukulelen wurde von insgesamt acht Künstlern ein himmlicher Sound erzeugt. Auch ein Akkordeon durfte natürlich nicht fehlen. Mit "Nantes" ging es los und somit wurde thematisch gleich ins Thema Frankreich eingestiegen. Wenn er nicht durch die Weltgeschichte tourt, ist Zach Gordon nämlich inzwischen in Paris wohnhaft und dies hat sich natürlich auch auf sein zweites und neues Album "The Flying Club Cup" ausgewirkt. Von dem spielte er aber interessanterweise gerade einmal drei Titel. Neben dem zitierten Opener später auch noch "A Sunday Smile" und "Forks And Knives". Dennoch: der Amerikaner ist ein richtiger kleiner Franzose geworden. Mit der Pariser Blogothèque hat er eines der inzwischen berühmten Konzerte "Concerts à emporter" aufgenommen, die hübsch gemachte DVD gab es im Foyer des Olympia käuflich zu erwerben und ich freue mich schon auf tolle Unterhaltung. Die gab es aber natürlich auch im Saale selbst geboten. Herrlich, wenn die Bläser losschmetterten und eine gewisse Balkan-Melancholie an die Seine zauberten. Hinter mir sangen Franzosen laut die "ohoho-Passagen" mit und fingen fast an zu schunkeln. Heinz "der blaue Bock" Schenk hätte seine helle Freude gehabt. War aber auch schwer, sich dem Charme von Schmachtfetzen wie "A Sunday Smile" oder "Postcards From Italy" zu entziehen. Ich freute mich sehr, daß für Zach diesmal alles so reibungslos und harmonisch verlief, die Herzen der Pariser, sie flogen ihm zu! Aber auch seine großartige Band hatte großen Anteil am Gelingen des Ganzen, ohne die Unterstützung der Musiker wäre ein solch wuchtiger Sound nie zu produzieren gewesen. Besonders gut gefiel mir das beschwingte "Forks And Knives (La Fête), wozu man auch wieder wunderbar mitsummen konnte. Die Fete, sie fand in der Tat statt und wurde noch gekrönt durch eine Coverversion des legendären Jaques Brel, "Le Moribond", der früher auch schon im Olympia aufgetreten war. Auch er soll im übrigen Zeit seines Lebens unter extremen Lampenfieber gelitten haben, eine erstaunliche Parallele...
Nach leider nur elf Stücken war dann unter tosendem Beifall aber schon Schluß, mit dem "Gulag Orkestar" wurde jedoch noch einmal so richtig auf den Putz gehauen. Da schmetterten die Hörner wie wild und die Trompeten katapultierten mich in traumhafte Höhen. Zach Gordon hatte es geschafft: er hat das Olympia erobert und ist jetzt endgültig ein ganz Großer. Dieser Auftritt wird ihn unsterblich machen, genau wie sich einige Leute heute unsterblich in seine Musik verliebt haben.
Setlist Beirut Paris, Olympia, Festival Des Inrocks (merci à Stéphane!)
01: Nantes
02: Mount Wroclai (Idle Days)
03: Brandenburg
04: A Sunday Smile
05: Elephant Gun
06: Scenic World
07: Postcards From Italy
08: Forks And Knives (La Fête)
09: After The Curtain
10: Le Moribond (Jaques Brel Cover)
11: Gulag Orkestar
Nachdem Beirut und seine Band abgezogen waren, wurde es im Olympia deutlich leerer. Viele Besucher waren wohl in erster Linie wegen seines Auftritts gekommen und sie hatten mit dieser Form der Prioritätensetzung natürlich nicht ganz Unrecht. Allerdings verabschiedeten sich wohl die wenigsten endgültig, sondern nahmen lediglich ihre Pause während des Konzertes von Andrew Bird, um dann zu dem abschließend auftretenden Devendra Banhart gestärkt in den Saal zurückzukehren. Für mich kam es allerdings gar nicht in die Tüte, meine Stellung aufzugeben. Andrew Bird ist einzigartig, da bleibt man doch am Ball!
Mit seiner Violine unter'm Arm kam der schlanke Mann dann auch schließlich hineinspaziert und er hatte auch noch zwei Musiker zur Verstärkung mit dabei. Als ich den Amerikaner vor zwei Jahren das erste Mal in Paris live erlebt habe, begleitete ihn nur ein Drummer, den Rest, daß heißt Pfeifen, Violine- und Gitarre spielen, besorgte Andrew ganz alleine. Heuer gab es also einen dritten Mann, was Herrn Bird aber nicht davon abhielt, auf spektakuläre Weise zwischen Geige und Gitarre während ein und desselben Liedes zu wechseln. Sensationell!
Genau wie Beirut hat der Künstler einen gewissen Bezug zu Frankreich, wenngleich er im Gegensatz zu Zach Gordon nicht in Paris lebt. In der wunderschönen französischen Kapitale ist aber sein Plattenlabel, Fargo, beheimatet. Konsequenz daraus ist, daß die Franzosen immer früher in den Genuß von Neuerscheinungen von Andrew Bird kommen als die Deutschen. Und gerade der letzte Output "Armchair Apocrypha" hat es in sich. Hiervon stammten dann auch die meisten Lieder des mit sieben Liedern leider viel zu kurzen Sets. "Fiery Crash" wurde gleich zu Beginn abgefeiert, gefolgt von "Plasticties", einem anderen neuen Glanzlicht. Mit "Lull" ging es dann aber zurück in den Back-Katalog des Ausnahmekünstlers und zwar zurück zum Album "Wheather Systems". Faszinierend wie Andrew hierzu vogelgleich pfiff, ich fragte mich ernsthaft wie er diese Töne erzeugt. Legt er sich etwa irgendetwas in den Mund, um so trällern zu können?...
Als er ausgeträllert hatte, zeigte er,daß er auch ein wenig französisch spricht, "Imitosis" kündigte er nämlich an mit: "c'est une chanson sur le scientifique". Aha, also eine Wissenschaft für sich. Auffällig war für mich erneut, daß er bei diesem Lied singt wie der junge Sting, bloß, daß die Kompositionen von Herrn Bird natürlich wesentlich ausgeklügelter und besser sind. "We were all basically alone", wird da gesungen und wenn man recht überlegt, stimmt dieser Satz ja auch. Mit "Heretics" und dem glänzenden "Fake Plaindromes" wurden dann noch zwei Highlights aus dem Live-Standard Repertoire zum Besten gegeben, bevor es noch eine echte Überraschung zum Schluß gab. Der "Happy Birthday Song" vom Album "The Mysterious Production Of Eggs" wurde gespielt, ohne daß bekannt wurde, ob und wer denn eigentlich Geburtstag hatte. All dies bliebt mysteriös, um beim Albumtitel zu bleiben. Offensichtlicher war aber die Güte des Auftritts von Andrew Bird. Der war nämlich ohne Zweifel hervorragend!
Setlist Andrew Bird, Olympia, Paris, Festival Des Inrocks:
01: Fiery Crash
02: Plasticities
03: Lull
04: Imitosis
05: Heretics
06: Fake Palindromes
07: The Happy Birthday Song
So auch das - wie immer - großartige "Festival Des Inrocks" in Paris (und anderen Städten Frankreichs). Allerdings wurde zum Abschluß am Montag im Olympia noch einmal ein regelrechtes Feuerwerk fabelhafter Musik gezündet. Ausnahmekünstler wie Loney, Dear, Beirut, Andrew Bird, Devendra Banhart gaben sich die Klinke (bzw. das Mikro) in die Hand, da konnte man wahrlich nicht meckern. Eher schon schwelgen und zwar zu wunderschönen Melodien und herzerweichendem Gesang.
Gleich zu Beginn wurde schon der Schwede Emil Svanängen aka Loney, Dear in den Ring geschickt und trotz der frühen Uhrzeit - ca. 18 Uhr - waren schon einige Leutchen da, die entweder faul auf ihren roten Theatersesseln saßen und das Schauspiel von oben betrachteten, oder aber auf dem Parkett vor der herrlichen Bühne standen und somit wesentlich näher dran waren. Selbstredend hatte ich mich ganz vorne postiert, schließlich wollte ich den lieben Emil, aber auch seine reizende Keyboarderin und Tambourinspielerin namens Malin Stählberg abknipsen. Und dann kamen sie auch schon, die Schweden, das beschriebene Pärchen, ein zusätzlicher Keyboarder und ein Schlagzeuger, der im Übrigen nicht mehr der Gleiche wie noch im August in Haldern war. Ansonsten gab es durchaus Parallelen zu dem tollen Festival am Niederrhein. Der Opener z.B., der war auch heute wieder das traurig-schöne "Life Has Been This Low". Man findet das Stück auf dem Album "The Year Of River Fontana", das es im Foyer des Olympia in dieser herrlich-amatuerhaften Auflage zu kaufen gab, die aussieht, als hätte sie Emil zu Hause selbst angefertigt. Sowieso alles mit Liebe gemacht bei dem Burschen, und wenn er anfängt zu singen und mit Inbrunst ins Mikro zu trällern, bin ich sowieso immer hin und weg. War heute auch nicht anders. Unglaublich wieviel Herz er da rein legt, er lebt seine Lieder, die Begeisterung ist förmlich ansteckend. Mit "I Am John" bringt er zur Abwechslung auch mal Stoff von "Loney, Noir" und schwört: "I never gonna let you down". Und wie sollte man solch einen Satz einem Lausbuben wie dem semmelblonden Schweden nicht abnehmen? Malin spielt hierzu süßlichste Glöckchen und übernimmt auch die "nanana-Parts". Ich bin augenblicklich gefesselt, könnte noch stundenlang zuhören. Leider bleibt aber nicht viel Zeit; nach dem herrlichen "Carrying A Stone" verliest Emil einen Zettel, er klingt dabei sehr offiziell: "Dear Citizens Of France, I have an announcement to make: please sing with me!" Und in der Tat, die immer etwas schüchternen Franzosen sind nicht abgeneigt mitzusummen, als das walzerartige "Warm, Dark, Comforting Night" ertönt. Der Schwede hat es geschafft, innerhalb kürzester Zeit Sympathien zu gewinnen, überall sieht man gerührte und lächelnde Gesichter. "We are so happy to be here, honestly", platzt es dann auch mehrfach aus dem Sänger heraus und ich glaube ihm aufs Wort. Zum Abschluß gibt er dann noch folgendes mit auf den Weg: "Here's a song we like and we hope you'll like it, too!". "Ignorant Boy, Beautiful Girl" heißt besagtes Lied und natürlich lieben es die Zuschauer auch. Glaube ich zumindest. Ich jedenfalls kann gar nicht mehr aufhören "manamamama" zu singen und bin traurig, daß der rote Vorhang anschließend fällt. Loney, Dear müssen mir versprechen, wiederzukommen, ansonsten fahr ich ihnen halt eben hinterher. Und wenn ich dafür bis nach Schweden fahren muß...
Goodbye, Emil!
Setlist Loney, Dear, Olympia, Paris, Festival Des Inrocks:
01: Life Has Been This Low
02: I Am John
03: neu
04: neu
05: Carrying A Stone
06: Warm, Dark, Comforting Night
07: Ignorant Boy, Beautiful Girl
Möglicherweise wurde wie in Haldern "Harsh Words" gespielt, ein neues Stück.
Link: Mehr Photos von Loney, Dear hier
Nach Loney, Dear ist eine junge Künstlerin dran, von der ich bisher nur gelesen hatte. Remi Nichole heißt die flotte junge Dame, die so schön schlank ist, daß ihre Gitarre fast zu wuchtig an ihr aussieht. Die Engländerin ist seit geraumer Zeit ein Thema im britischen NME und da werden nun einmal Karrieren gehypt, oder aber auch verhindert, allerdings am ehesten dadurch, daß Künstler einfach nicht erwähnt werden. Die gute Remi wird aber immer ganz wohlwollend besprochen und nach Glasto hat sie es auch schon gebracht. Kann eine Laufbahn verheißungsvoller starten? - Wohl kaum! Aber verdient sie auch die Komplimente? Zunächst einmal verblüfft sie die Zuschauer mit einem extrem rockigen Stück, obwohl man sie doch eher für eine Folk-Sängerin gehalten hätte. Die Kleine legt so wild los, daß sie aus dem Takt kommt und neu starten muß. Das bringt sie und die Pariser zum Schmunzeln. Überhaupt haben wir es hier mit einer lebenslustigen Frau zu tun, die von männlichen Kollegen musikalisch unterstützt wird, am heutigen Abend. Sie habe heute Schuhe in der Stadt gekauft, läßt sie verlauten. Auch den Preis der Neuanschaffung erfahren wir: 35 € sollen die Treterchen gekostet haben. Damit sammelt sie Punkte bei mir, welche trendige Frau kauft schon solch günstigen Schuhe? Hätte ich die Lady doch bloß früher getroffen...
Im Louvre war sie übrigens auch und auf dem Eiffelturm, klar junge Musiker müssen fremde Städte auch erst einmal erkunden. Ansonsten zieht sie ein kurzweiliges und auch recht kurzes Set durch, kommt auch mal mit ihrer Setlist durcheinander und will "Fed Up" zu früh spielen. Macht nichts, man kennt hier eh ihre Songs noch nicht. Sie wiederum kennt sich in der Landessprache nicht so gut aus. "Voulez vous couchez avec moi" ist der einzige Satz, den sie beherrscht, erklärt sie unbeschwert. Auch gut, direkte Frauen trifft man selten. Musikalisch hält sich die Begeisterung meinerseits hingegen einigermaßen in Grenzen. Sie spielt eine bunte Mischung aus Rock, Folk und zuweilen Reggae, der aber manchmal der Spritzer Genialität fehlt. Brauchbar ist das trotzdem und mit dem Lied "Rock 'n Roll" gelingt ihr auch noch ein guter Abgang.
Dann entschwindet sie und alle warten gespannt auf den kleinen amerikanischen Trompeter-Prinzen Zach Gordon aka Beirut und seine Band. Ich drücke fest die Daumen, daß diesmal bei ihm alles in Ordung ist. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte das junge Talent seinen Auftritt beim Festival des Inrocks 2006 kurzfristig absagen müßen und verbrachte den Abend in der Pariser Psychartrie statt auf der Bühne der Boule Noire. Was war passiert? Anscheinend war der Nachwuchsmusiker vom Touren völlig erschöpft und auch das Lampenfieber muß schlimm gewesen sein. Aber zum Glück bekam er eine zweite Chance und konnte im ungleich größeren Olympia zeigen, was in ihm steckt. Und das ist eine ganze Menge! Von Beginn an war von Nervosität oder gar Panikattacken zumindest äußerlich nichts zu spüren, und er und seine Band trafen alle Töne. Zahlreich waren sie einmarschiert, und mit etlichen Blasinstrumenten (Tuba, Horn, Trompeten, Klarinette, Saxofon), Streichinstrumenten (eine weibliche Violinistin) und natürlich auch Banjos, Gitarren und Ukulelen wurde von insgesamt acht Künstlern ein himmlicher Sound erzeugt. Auch ein Akkordeon durfte natürlich nicht fehlen. Mit "Nantes" ging es los und somit wurde thematisch gleich ins Thema Frankreich eingestiegen. Wenn er nicht durch die Weltgeschichte tourt, ist Zach Gordon nämlich inzwischen in Paris wohnhaft und dies hat sich natürlich auch auf sein zweites und neues Album "The Flying Club Cup" ausgewirkt. Von dem spielte er aber interessanterweise gerade einmal drei Titel. Neben dem zitierten Opener später auch noch "A Sunday Smile" und "Forks And Knives". Dennoch: der Amerikaner ist ein richtiger kleiner Franzose geworden. Mit der Pariser Blogothèque hat er eines der inzwischen berühmten Konzerte "Concerts à emporter" aufgenommen, die hübsch gemachte DVD gab es im Foyer des Olympia käuflich zu erwerben und ich freue mich schon auf tolle Unterhaltung. Die gab es aber natürlich auch im Saale selbst geboten. Herrlich, wenn die Bläser losschmetterten und eine gewisse Balkan-Melancholie an die Seine zauberten. Hinter mir sangen Franzosen laut die "ohoho-Passagen" mit und fingen fast an zu schunkeln. Heinz "der blaue Bock" Schenk hätte seine helle Freude gehabt. War aber auch schwer, sich dem Charme von Schmachtfetzen wie "A Sunday Smile" oder "Postcards From Italy" zu entziehen. Ich freute mich sehr, daß für Zach diesmal alles so reibungslos und harmonisch verlief, die Herzen der Pariser, sie flogen ihm zu! Aber auch seine großartige Band hatte großen Anteil am Gelingen des Ganzen, ohne die Unterstützung der Musiker wäre ein solch wuchtiger Sound nie zu produzieren gewesen. Besonders gut gefiel mir das beschwingte "Forks And Knives (La Fête), wozu man auch wieder wunderbar mitsummen konnte. Die Fete, sie fand in der Tat statt und wurde noch gekrönt durch eine Coverversion des legendären Jaques Brel, "Le Moribond", der früher auch schon im Olympia aufgetreten war. Auch er soll im übrigen Zeit seines Lebens unter extremen Lampenfieber gelitten haben, eine erstaunliche Parallele...
Nach leider nur elf Stücken war dann unter tosendem Beifall aber schon Schluß, mit dem "Gulag Orkestar" wurde jedoch noch einmal so richtig auf den Putz gehauen. Da schmetterten die Hörner wie wild und die Trompeten katapultierten mich in traumhafte Höhen. Zach Gordon hatte es geschafft: er hat das Olympia erobert und ist jetzt endgültig ein ganz Großer. Dieser Auftritt wird ihn unsterblich machen, genau wie sich einige Leute heute unsterblich in seine Musik verliebt haben.
Setlist Beirut Paris, Olympia, Festival Des Inrocks (merci à Stéphane!)
01: Nantes
02: Mount Wroclai (Idle Days)
03: Brandenburg
04: A Sunday Smile
05: Elephant Gun
06: Scenic World
07: Postcards From Italy
08: Forks And Knives (La Fête)
09: After The Curtain
10: Le Moribond (Jaques Brel Cover)
11: Gulag Orkestar
Nachdem Beirut und seine Band abgezogen waren, wurde es im Olympia deutlich leerer. Viele Besucher waren wohl in erster Linie wegen seines Auftritts gekommen und sie hatten mit dieser Form der Prioritätensetzung natürlich nicht ganz Unrecht. Allerdings verabschiedeten sich wohl die wenigsten endgültig, sondern nahmen lediglich ihre Pause während des Konzertes von Andrew Bird, um dann zu dem abschließend auftretenden Devendra Banhart gestärkt in den Saal zurückzukehren. Für mich kam es allerdings gar nicht in die Tüte, meine Stellung aufzugeben. Andrew Bird ist einzigartig, da bleibt man doch am Ball!
Mit seiner Violine unter'm Arm kam der schlanke Mann dann auch schließlich hineinspaziert und er hatte auch noch zwei Musiker zur Verstärkung mit dabei. Als ich den Amerikaner vor zwei Jahren das erste Mal in Paris live erlebt habe, begleitete ihn nur ein Drummer, den Rest, daß heißt Pfeifen, Violine- und Gitarre spielen, besorgte Andrew ganz alleine. Heuer gab es also einen dritten Mann, was Herrn Bird aber nicht davon abhielt, auf spektakuläre Weise zwischen Geige und Gitarre während ein und desselben Liedes zu wechseln. Sensationell!
Genau wie Beirut hat der Künstler einen gewissen Bezug zu Frankreich, wenngleich er im Gegensatz zu Zach Gordon nicht in Paris lebt. In der wunderschönen französischen Kapitale ist aber sein Plattenlabel, Fargo, beheimatet. Konsequenz daraus ist, daß die Franzosen immer früher in den Genuß von Neuerscheinungen von Andrew Bird kommen als die Deutschen. Und gerade der letzte Output "Armchair Apocrypha" hat es in sich. Hiervon stammten dann auch die meisten Lieder des mit sieben Liedern leider viel zu kurzen Sets. "Fiery Crash" wurde gleich zu Beginn abgefeiert, gefolgt von "Plasticties", einem anderen neuen Glanzlicht. Mit "Lull" ging es dann aber zurück in den Back-Katalog des Ausnahmekünstlers und zwar zurück zum Album "Wheather Systems". Faszinierend wie Andrew hierzu vogelgleich pfiff, ich fragte mich ernsthaft wie er diese Töne erzeugt. Legt er sich etwa irgendetwas in den Mund, um so trällern zu können?...
Als er ausgeträllert hatte, zeigte er,daß er auch ein wenig französisch spricht, "Imitosis" kündigte er nämlich an mit: "c'est une chanson sur le scientifique". Aha, also eine Wissenschaft für sich. Auffällig war für mich erneut, daß er bei diesem Lied singt wie der junge Sting, bloß, daß die Kompositionen von Herrn Bird natürlich wesentlich ausgeklügelter und besser sind. "We were all basically alone", wird da gesungen und wenn man recht überlegt, stimmt dieser Satz ja auch. Mit "Heretics" und dem glänzenden "Fake Plaindromes" wurden dann noch zwei Highlights aus dem Live-Standard Repertoire zum Besten gegeben, bevor es noch eine echte Überraschung zum Schluß gab. Der "Happy Birthday Song" vom Album "The Mysterious Production Of Eggs" wurde gespielt, ohne daß bekannt wurde, ob und wer denn eigentlich Geburtstag hatte. All dies bliebt mysteriös, um beim Albumtitel zu bleiben. Offensichtlicher war aber die Güte des Auftritts von Andrew Bird. Der war nämlich ohne Zweifel hervorragend!
Setlist Andrew Bird, Olympia, Paris, Festival Des Inrocks:
01: Fiery Crash
02: Plasticities
03: Lull
04: Imitosis
05: Heretics
06: Fake Palindromes
07: The Happy Birthday Song
Nach solch vielen grandiosen Künstlern war natürlich die Konzentrationsfähigkeit so langsam erschöpft, aber zumindest den Anfang von Devendra Banhart wollte ich mir nicht entgehen lassen. Schön wie ein junger Gott erschien der Liebling von Modedesigner Karl Lagerfeld dann schließlich auch auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Mit dabei war eine mehrköpfige Band, deren Mitglieder in punkto Optik Devendra nicht das Wasser reichen konnten. Dafür machten sie aber musikalisch einen sehr versierten Eindruck und plusterten die Kompositionen des Amerikaners ordentlich auf. Der "Chef" war guter Laune und witzelte darüber, daß heute ja schon so viele tolle Künstler aufgetreten seien, da müsse er doch mal was in negativer Hinsicht entgegensetzen. Natürlich war auch sein Auftritt qualitativ hochstehend, wenngleich ich nicht verhehlen will, daß ich mich nicht zu den Banhart-Fans zähle. Sein letztes Album "Smokey Rolls Down..." liegt mir zum Beispiel gar nicht vor. Insofern war ich mit dem, was heute gespielt wurde nicht so recht vertraut und kann deshalb auch keine Titel des Sets nennen. Mir schien es, als wären zumindest auch ein paar Sachen von "Cripple Crow" gebracht worden, aber die Hand ins Feuer legen will ich dafür nicht. Auf jeden Fall gab es auch Songs auf spanisch. Ihr seht schon, bei Herrn Banhart bin ich im Moment nicht so drin, der Mann ist Vielschreiber und nach dem Doppelschlag mit "Nino Rojo" und "Rejoicing In The Hands" hatte ich ein wenig den Faden verloren und lange nichts mehr von ihm auf meinem i-pod laufen lassen. Wahrscheinlich habe ich damit Unrecht, denn entgegen mancher Schmähkritiken scheint mir Devendra nicht bloß ein mediengeiler Neo-Hippie zu sein, der halbgaren Mist produziert. Seien wir ehrlich: der Mann polarisiert, manche finden ihn regelrecht zum Kotzen (darunter auch Musikerkollegen), andere vergöttern ihn geradezu. Ich nehme eine vermittelnde Position ein, halte ihn für talentiert und gut hörbar. Sein Universum war mir aber heute zu komplex, die Müdigkeit lag wie Blei auf meinen Gliedern und ich verließ vorzeitig das Olympia. Zuvor hatte aber eine junge Amerikanerin, die wohl in Paris lebt noch einen artig beklatschten Gastauftritt. Ihr charmantes Lächeln wird mir in guter Erinnerung bleiben, wie ohnehin der ganze Abend äußerst denkwürdig war.
2 Kommentare :
du hast das großartige neue banhart album nicht? was hast du nur für freunde und bekannte, die nicht einmal für die grundausstattung sorge tragen können? kr'z'fx' s'g'ram't!
Ich wußte, daß ich mir mit diesem Outing eine Rüge bei Dir einfangen werden, Eike :-)
Habe ja schließlich Deine Jahresbestenliste studiert...
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