Donnerstag, 14. Juni 2007

Woven Hand, Paris, 13.06.07


Konzert: Woven Hand

Datum: 13.06.2007
Ort: Le Divan Du Monde, Paris
Zuschauer: proppenvoll


"You gonna fix this thing, then I'll come back!", mit diesen Worten verließ David Eugene Edwards aka Woven Hand, nach gerade einmal zwei gespielten Stücken wutentbrannt die Bühne. Was war passiert? Nun, aus dem Mikro des Amerikaners und auch aus dem Stimmenverzerrer, kam kaum etwas raus, der blonde Sänger war fast nicht zu verstehen und zu allem Überfluss baumelte das Teil mangels ausreichender Justierung ständig hin und her... Oh, Oh, das gab Ärger... Das zahlreich erschienene Publikum im schönen Divan Du Monde fing an zu pfeifen, man wollte schließlich ein dem Talent von Herrn Edwards angemessenes Rockkonzert sehen.

Der französische Bassist der Band (von dem ich nicht weiß, ob er inzwischen zur Stammbesetzung von Woven Hand gehört, oder nur "ausgeliehen" wurde), trat an das schadhafte Mikrophon und erklärte, daß sie versuchen würden, das Ding auszutauschen, daß er aber gleich schon darauf hinweisen müsse, daß es mit den erlaubten 92 Dezibel schwer werden würde, einen großen Effekt zu erzielen. 92 Dezibel sind wohl die legale Obergrenze, an die sich das Divan Du Monde heute hielt, was aus medizinischen Gründen mit Sicherheit vernünftig, aus rocktechnischer Sicht allerdings eine mittlere Katastrophe ist! Zur Verdeutlichung: ich stand gleich unter den Boxen, empfand das, was aus den Lautsprechern kam, aber trotzdem als ziemlich leise. Wenn ich mich in der Maroquinerie hingegen an gleicher Stelle aufhalte, kann ich den Lärm kaum aushalten.Ich glaube hier wurden schon einmal 124 Dezibel gemessen. So muß es aber auch sein, damit was abgeht! Scheiß auf die blöden Ohren, ich möchte gefälligst mit ruinierten Lauscherchen von dieser Welt abtreten, sonst hab ich umsonst gelebt! - Na, ja, vielleicht übertreib' ich jetzt etwas, natürlich brauch ich meine Ohren noch für die nächsten Konzerte, aber dies hier heute war wirklich zu leise!

Inzwischen war das Mikro ausgetauscht und David Eugene kam unter aufmunterndem Applaus wieder zurück auf die Bühne, um das Konzert fortzusetzen. Unter den beschrieben Umständen schlugen sich der Sänger und seine Band in der Folge ziemlich beachtlich und man konnte sich vorstellen, wie beeindruckend Woven Hand in der Maroquinerie wohl wären...

Trotz aller Widrigkeiten genoss ich das Konzert aber auch hier und heute, denn der Ex- Sixteen Horsepower Musiker hat ein unglaubliches Charisma und eine markante Stimme. Besonders beeindruckend, ja manchmal furchteinflößend war seine Gestik und Mimik. Der Mann scheint seine Musik 100 % zu leben, er legte desöfteren seine Hände auf sein Gesicht, als wolle er nichts mehr von dem Elend dieser Welt sehen. "Every man is evil, and every man is a liar, an unashamed with the wicked tongues singing the black soul choir" hieß es dann auch in der Zugabe "Black Soul Choir", dem einzigen Stück des Abends, das noch von David Eugene's erster Band Sixteen Horsepower stammte. Zuvor las uns der Sohn eines Wanderpredigers (ein Nazarener), eine schwarze, mystische Messe, bestehend aus Songs von den letzten drei Alben von Woven Hand, insbesondere "Mosaic". Verblüffend, wie hier traditioneller amerikanischer Folk mit zum Teil donnerndem (Stoner)-Rock und Gothic verwebt wurde. David Eugen Edwards schien mir musikalisch eine Mischung aus Bruce Springsteen, Josh Homme und Nick Cave zu sein, während er optisch eine Kreuzung aus Klaus Kinski und Olli Kahn war. Wäre ich Regisseur, ich würde ihn in der Rolle des Psychopathen besetzen, keine Frage! Dabei ist er privat mit Sicherheit ein umgänglicher Mensch, wenn auch gewiß sehr launisch...

"Wollt ihr Euer Geld zurück?", fragte er gegen Mitte des Konzerts in die Runde. Natürlich nicht, der Einsatz war doch da, der blonde Barde zeterte, wimmerte und rockte, was das Zeug hielt, wenngleich auch heute nicht so laut, wie das seine wunderschöne Gibson-Gitarre hergegeben hätte. Davon hatte er ein rotes und ein schwarzes Exemplar, aber auch eine Mandoline kam zum Einsatz, dann wurde es besonders schön. Höhepunkte des Sets waren für mich "Whistling Girl", aber auch "Your Russia" von dem Album Blush Music, welches das offizielle Set beendete. Als Zugabe gab es dann das bereits erwähnte "Black Soul Choir", aber auch das wunderbar instrumentierte "Dirty Blue". Auch hier der Text wieder mystisch und schwarz: "This fear is only the beginning all for the loving hand, yes I smile and I agree, it is a good night to shiver..."

David Eugene Edwards ist für mich einer der interessantesten Künstler der Musik-Szene, ich habe fest eingeplant, ihn mir andernorts erneut anzusehen. Kann ich im Übrigen jedem empfehlen!

Setlist Woven Hand Paris:

01: Roma
02: Winter Shaker
03: Speaking Hands
04: Elktooth
05: Truly Golden
06: Deerskin Doll
07: Whistling Girl
08: White Bird
09: Down In The Forest
10: Tin Finger
11: Your Russia

12: Dirty Blue (Z)
13: Black Soul Choir (Z)

von Oliver



2 Kommentare :

Alex Melomane hat gesagt…

Danke für den Blog! Ach ja, David spielt keine Gibson-, sondern Gretsch-Gitarren ;-)

Oliver Peel hat gesagt…

Danke für den Kommentar!
Bin wirklich kein Gitarrenspezialist, aber ziemlich sicher, kleine silberne Plaketten mit der Inschrift "Gibson" auf den Gitarren von David Eugene erkannt zu haben...
Ob Gibson-oder Gretsch-Gitarren, die Dinger sahen auf jeden Fall stark aus und Woven Hand hat super drauf gespielt!
Muß mir unbedingt mal Gitarren-Magazine zulegen!

 

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