Konzert: Françoiz Breut
Ort: Tollhaus in Karlsruhe
Datum: 28. September 2016
Dauer: 80 min
Zuschauer: 120
Was ich mir von einem Konzert mit Françoiz Breut nach der Ankündigung im Tollhaus versprochen hatte? Das habe ich mir vorher gar nicht so genau überlegt. Ich gehe gern ins Tollhaus, der Termin lag günstig und - französische Sängerin - das passt doch immer. Ein paar Tage vorher erfuhr ich zudem, dass auch eine Freundin zum Konzert gehen würde und sich sehr darauf freute wegen bester Vorerfahrungen. Im Konzert selbst stellte sich jedoch heraus, dass ich sehr wohl ein Bild im Kopf gehabt hatte - ein falsches. Dabei hätte ich nur einmal die Berichte von Oliver aus Paris und Markus aus Berlin zu lesen brauchen...
Zunächst einmal gab es gleich eine ganze Band: Marc Mélia an einem Turm von Tasten, Roméo Poirier an den Drums (zwischendurch aber auch Synthie- elektronisch) und Stéphane Daubersy an Gitarre, Bass, Melodica, Drums und Trompete - also fast so ein wenig das Mädchen für alles und irgendwie auch Hauptpartner im Hin und Her der Musik. Das war sehr unterhaltsam anzusehen und brachte auch viel Farbe ins Programm: Zwischen säuselnd und ordentlich bumms war wirklich alles vertreten, vieles durfte schwebend ungewiß bleiben oder verführerisch mit den Hüften wackeln.
Der zweite Eindruck war: Was für eine frappierende Ähnlichkeit mit Marianne Dissard (vielleicht auch nur, weil dies meine greifbarste Referenz war). Es stellte sich aber dann im Nachgang für mich heraus, das beide auch in ihren Lebensläufen manche Ähnlichkeit haben und mein Eindruck vielleicht doch nicht nur fantasiert war. Nach dem Auftakt mit dem Titelsong ihres aktuellen Albums Zoo folgte À pic sehr Rhythmus-dominant und der junge Mann am Schlagzeug konnte zeigen, welche Facetten er liefern kann und welche abgedrehten Taktwechsel.
Mit Everyone kisses a stranger wurde es wiegend und zur Abwechslung konnte ich dem Text auch einmal folgen. Vielleicht ist es mir deshalb als besonders toll in Erinnerung geblieben - vielleicht aber auch nur weil es gleichzeitig wunderbar sehnsuchtsvoll wie hoffnungsvoll war. La danse des ombres setzte dem ein klopfendes Herz und eine Lebensfreude entgegen, die eigentlich danach ruft, als Ohrwurm hängen zu bleiben, wenn es denn einen rechten Refrain zum mitpfeifen gäbe. Le ravin war ebenfalls eine starke Nummer, in der es wirklich sehr expressiv wurde.
Es gab im Verlauf des Abends sehr wenig Worte von der Bühne außer dem einen oder anderen gehauchten Merci für Applaus. Eine Ausnahme bildete der Song Deep Sea Diver dessen Ansage mich aber zunächst etwas ratlos machte, weil es für mich wie Dipsi Deiver klang. Mit dem nächsten Stück Le don d'ubiquité kam schließlich die Melodica zum Einsatz, die ich die ganze Zeit schon hatte liegen sehen (es fehlte nun nur noch der Einsatz der Trompete auf der Bühne). Loon Plage hat das schlingernde (vor allem vom Piano getrieben) kombiniert mit einem fast militärischen Marschrhythmus. Wieder so ein gekonnt kombinierter vermeintlicher Gegensatz! Schließlich wurde das letzte Lied angesagt und mit Le grande filtre sollte (angeblich...) nach etwa einer Stunde Schluss für den Abend sein.
Das Publikum war über die Dauer des Konzertes sehr andächtig beim Lauschen und enthusiastisch im Applaus. Folglich ging es sofort danach um Zugaben, für die sich die Band etwas Besonderes überlegt hatte. Die Frau vom Merch kam auf die Bühne und rezitierte ein deutsches Gedicht von dem ich dann später las, es war Morlocks und die Streunerin. Ein wenig bizarr und sehr herb, aber ich konnte mich dem Sog nicht entziehen.
Als wollten sie ihr Publikum nicht mit diesem Fragezeichen in die Nacht entlassen, gab es im Anschluss noch ein locker flockiges Liedchen: La chirurgie des sentiments. Was dazu führte, dass der Applaus danach noch immer Hunger auf mehr verriet. Tatsächlich ließen sich sich sogar zu einer zweiten Zugabe bitten, die ihre Heimatstadt ehren soll: Bruxelles Bleuette. Danach folgte erstmals eine gemeinsame Verbeugung aller vier Beteiligter auf der Bühne und damit das Signal: Dies ist der endgültige Abschied für heut.
Oder fast, denn als ich kurz später mit meinem Fahrrad am Gebäude vorbeifuhr, stand das Quartett rauchend wie selbstverständlich im Hof und wertete das Konzert aus. Da gabe es von den nach Hause strömenden Besuchern noch so manchen Zuruf Merci und Très bon concert im Vorbeigehen ...
Setlist:
01: Zoo
02: À pic
03: Everyone kisses a stranger
04: La danse des ombres
05: Le ravin
06: Le jardin d'Eden
07: Werewolf
08: La conquete
09: A l'unisson
10: Deep Sea diver
11: Le don d'ubiquité
12: La Boîte De Nuit
13: Loon Plage
14: Le grande filtre
15: Morlocks und die Streunerin (Z)
16: La chirurgie des sentiments (Z)
17: Bruxelles Bleuette(Z)
Tourdaten:
21.09. Köln, Bahnhof Ehrenfeld
22.09. Leipzig, NATO
23.09. Erlangen, E-Werk
24.09. Linz, Posthof
25.09. Hannover, Pavillon
26.09. Freiburg, Cafe Atlantik
28.09. Karlsruhe, Tollhaus
29.09, Le Port Franc, Sion
01.10. El Lokal, Zürich
03.10. Schwankhalle, Bremen
12.10. Atelier 210, Etterbeek
Aus unserem Archiv:
Françoiz Breut, Paris, 12.02.13
Françoiz Breut, Berlin, 03.12.12
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