Donnerstag, 8. Dezember 2011

St. Vincent, Paris, 30.11.11


Konzert: St. Vincent
Ort: Le Café de la Danse

Datum: 30.11.2011
Zuschauer: ausverkauft

Konzertdauer: etwa 85 Minuten


Die Crème de la crème der weiblichen Pariser Indiemusikszene war vertreten, um dem Konzert von Annie Clark aka St. Vincent beizuschlafen, ähem!, beizuwohnen. Mina Tindle, The Rodeo, Myra Lee, alle waren sie gekommen, um zu sehen, was ihnen noch zur internationalen Spitze fehlt. Falls ihnen denn noch was fehlt, denn die drei französischen Mädels sind schon verdammt gut. Was kann ihnen dann eine St. Vincent noch zeigen? Vielleicht wie man sich gut inszeniert und vermarktet? In diesem Bereich schien mir Annie Clark schon immer sehr stark zu sein. Bereits zu Beginn ihrer Karriere zog sie die Blicke und die wohlwollenden Kritiken der Musikjournalisten auf sich, was zum Teil mit ihrem bildhübschen Aussehen, natürlich aber auch mit ihrer Stimme, ihren Songwriting Skills und ihrer Ausstrahlung zu tun hat. Und wenn ein solch dünnes und puppengesichtiges Wesen dann auch noch die E-Gitarre aufheulen lässt, ist klar, daß jeder schnell fasziniert ist.

Aber was steckt wirklich hinter dem Phänomen? Ist die New Yorkerin tatsächlich so toll, wie man (fast) überall lesen kann? Die Reaktionen nach dem Konzert vom 30. November waren dahingehend gar nicht so einhellig und von Konsens geprägt. Vielmehr hielten sich positive und negative Kommentare die Waage. Einige bemängelten die rockigen Gitarren als unpassend und störend, andere beklagten die geringe Anzahl an "richtigen" Liedern und die zahlreichen Dissonanzen und Stilbrüche, wieder andere fanden die Begleitband scheiße, während sich harmoniesüchtige Zeitgenossen äußerst zufrieden und angetan zeigten. Ich selbst musste erst einmal ein wenig überlegen (passiert mir sonst selten), um meine Eindrücke kundzutun. Die funkigen Gitarrenparts fand ich nämlich auch teilweise ätzend. Sie erinnerten mich an Suppenkapser wie Prince oder Lenny Kravitz und wirkten bisweilen, als seien sie nur hinzugefügt worden, um zu zeigen, was doch für ein Vulkan, für eine wilde Katze, in dieser fragilen Annie Clark lodert. Also ein wenig show off. So nach dem Motto: in (fast) jedes Lied haue ich bewusst ein paar Ecken rein und lasse Störfeuer auflodern, um bloß nicht nachgesagt zu bekommen, kugelrunde Popsongs für die Charts zu machen. "Schaut her, ich bin originell, eigenwillig, kratzbürstig, indie!!

Damt wären aber schon die Hauptkritikpunkte genannt, denn ein paar Songs kamen wirklich fantastisch rüber. Cruel zum Beispiel ist ein veritabler Ohrwurm, mit einem catchy Gitarrenpart und einem unwiderstehlichen Groove, Cheerleader eine wirklich feine Nummer mit einem interessanten Text und The Party einfach unfassbar schön und einschmeichelnd. Die Stimme von Annie Clark ist sowieso jeder Kritik erhaben und erklang in Paris engelsgleicher denn je. Darüber hinaus ist sie einfach eine glänzende Performerin, die sich elegant und sexy bewegt und alle Blicke auf sich zieht. Schon heiß, wie sie da mit ihrer kurzen schwarzen Ledershorts, den langen dünnen Beinen und den coolen schwarzen Boots über die Bühne fegte!

Auch in Punkto Kommunikation mit dem Publikum konnte Annie brillieren. Sie erzählte charmant schmunzelnd zahlreiche Anekdoten zu den einzelnen Songs und machte am Ende sogar einen Abstecher mitten durch die verdutzten Zuschauer. Dennoch bezeichneten sie einige hinterher als kühl und distanziert, was ich nicht so richtig nachvollziehen konnte. Aber wer joviale Musiker bevorzugt, sollte dann lieber zu Elbow gehen.

Wie auch immer, unter dem Strich stand ein gutes Konzert. In Punkten ausgedrückt: 7/10. Ich bin ein strenger Lehrer.


Setlist St. Vincent, Café de la Danse, Paris:

01: Surgeon
02: Cheerleader
03: Save Me From What I Want
04: Actor Out Of Work
05: Chloe In The Afternoon
06: Dilettante
07: Cruel
08: Just The Same But Brand New
09: Champagne Year
10: Neutered Fruit
11: Strange Mercy
12: She Is Beyond Good And Evil (The Pop Group Cover)
13: Northern Lights
14: Year Of The Tiger
15: Marrow

16: The Party
17: Your Lips Are Red

Fotos stammen von Christoph. Meine kommen etwas später.



 

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