Dienstag, 23. Februar 2010

Field Music & Le Loup, Paris, 23.02.10


Konzert: Field Music & Le Loup

Ort: Maison de Radio France, Black Session # 311,
France Inter, Paris

Datum: 23.02.2010
Zuschauer: viele

Konzertdauer: jeweils etwa eine Stunde
, Le Loup ein wenig länger



Eine doppelte Black Session in den Studios von France Inter. Hat es so etwas vorher schon einmal gegeben? Hmm, ich bin wahrscheinlich nicht die richtige Ansprechperson. Meinen Freund Philippe müßte man fragen, der hat nämlich allerhöchstens 5 (von 311!) dieser Sessions verpasst.

Aber kramen wir nicht allzu lange in der Historie dieser live aufgezeichneten Radiosendung rum und konzentrieren uns auf das heutige Programm. Das war nämlich ganz vorzüglich! Um 20 Uhr 15 gingen die Engländer Field Music ins Rennen und um 22 Uhr 05, also zur ansonsten üblichen Zeit durften die Amis von Le Loup zeigen, was sie drauf haben. Moderator Lenoir plauderte Interna aus und schilderte mentale Unterschiede in der Vorbereitung. Field Music seien vor Lampenfieber fast gestorben, Le Loup hingen hätten ganz lässig gewirkt.

Aber die Schüchternheit steht Field Music eigentlich recht gut. Die Gebrüder Brewis und ihre beiden Mitstreiter an Bass und Gitarre waren immer eher Leisetreter und keine Band, die man auf dem Cover des NME finden kann. Dabei hätten sie es in musikalischer Hinsicht verdient gehabt, denn alles, was sie bisher ablieferten ( 3 Alben, eines davon mit "Rarities" und "B-sides") war innovativ, komplex und eigenständig. Eine tolle Band also, die allerdings ein paar Jahre pausiert hat. Die Brewis redeten davon, daß sie sich "proper jobs" suchen wollten. Lange hielten die bürgerlichen Vorsätze nicht, denn schon bald starteten sie die Projekte School Of Language (David Brewis) und The Week That Was (Peter Brewis), die ebenfalls hervorragend waren. Nun aber die Reformation und das neue Doppelalbum Measure ist in diesen Tagen erscheinen. Kurioserweise erfolgte der Einstieg ins Set aber ausschließlich mit alten Titeln. Ohne Pause zwischen den Stücken wurden die alten Perlen Give It, Lose It, Take It , A House Is Not A Home (beide von Tones Of Town) und You Can Decide vom selbstbetitelten Album zur Schau gestellt. Der Sound war ungemein rockig und laut, die Stimme von Peter Brewis, der zunächst Piano spielte, im späteren Verlauf dann aber auch trommelte und Gitarre spielte, kaum zu verstehen. Schade, schade, denn er hat doch ein so hübsches Kehlchen! Auf den Alben klingt er fast wie ein junger Paul McCartney, hier und heute hörte man in erster Linie den lauten Bass und die Gitarren. Im Laufe der Session wurde es aber zum Glück etwas besser, obwohl der Eindruck blieb, daß die Verstärker zu sehr aufgedreht waren. Eine Band wie Field Music, deren Stil man zu Recht oft als Kammer Pop bezeichnet, so rockig, daß viele sofort ihre Ohrenstöpsel in die Gehörgange bohrten, schon etwas seltsam. Leider fehlten auch die Streicher, was Peter Brewis in einer Szene schmunzelnd folgendermaßen kommentierte: "Normally there are strings on this song, but not tonight, so you have to use your imagination"...

Wie waren aber nun die neuen Lieder? Nach dem ersten Hördurchgang natürlich schwer zu sagen, aber auf Anhieb gefiel mir schon einmal der Titeltrack Measure und auch Effortlessly war nicht von schlechten Eltern. Der Titel passt ohnehin gut zum Stil der Engländer, denn ich finde, daß bei Field Music alles so leicht und unverkrampft aussieht. Effortless, ohne großen Aufwand eben. Freilich machen es die Jungs einem nicht allzu leicht, denn Refrains im klassischen Sinne haben die Lieder keine und angestimmte Melodien werden oft wieder unterbrochen. Brüche und Tempowechsel gehören zum Standardrepertoire der Sunderlander und es gab hinterher auch einige Zuhörer, die deshalb nicht sonderlich begeistert von dem Konzert waren. Sie sollten sich gedulden und die Alben oft laufen lassen, denn die Kompositionen entfalten ihren zeitlosen Glanz erst beim x-ten Hördurchgang. Ich bin und bleibe Fan. Tolles Konzert einer sympathischen Truppe!

Setlist Field Music, Black Session # 311, France Inter, Paris:

01: Give It, Lose It, Take It
02: A House Is Not A Home
03: You Can Decide
04: Rockist
05: Shorter Shorter
06: Clear Water
07: Each Time Is A New Time
08: A Gap Has Appeared
09: If Only The Moon Where Up
10: Effortlessly
11: Measure
12: Them That Do Nothing
13: Pieces
14: Something Familiar
15: Share The Words
16: Tell Me Keep It


Nach dem Konzert von Field Music wurden die Zuschauer nach draußen gebeten. Darauf hatte ich aber keine Lust, sondern unterhielt mich lieber ein wenig mit dem sehr netten Peter Brewis. Ich sagte ihm, daß ich seine Band sehr schätze und sie heute sehr laut gewesen seien, was er mit einem kurzen: "Oh, really?" konterte. Er wollte dann auch noch wissen, wie man Point Éphémère aussprechen würde. Dort spielen sie nämlich demnächst. Ich bin dabei!

Schließlich beugte ich mich aber doch den Anweisungen des Personals von France Inter. In dem Laden herrschen strenge Regeln. Nicht nur, daß wir alle rausgehen mussten, nein auch das Fotografieren wurde mir und anderen Hobbyknipsern verboten*, was ich schwerlich nachvollziehen konnte. Könnten Field Music und Le Loup, die nun anstanden, nicht ein wenig PR gebrauchen? Außerdem war das, was Le Loup veranstalteten, absolut sehenswert. Chef Wolf Sam Simkoff spielte zunächst mit einer sogenannten Auto Harp, die ich schon einmal bei einem Konzert der Französin Myra Lee gesehen hatte. Der recht kleingewachsene Bursche mit den rötlichen Haaren und der Brille wirbelte in der Folge wie Rumpelstilzchen über die Bühne, spielte auch Keyboard und rückte sich mit einer Hand immer wieder die Brille zurecht, die ihm ob seiner Rumhüpferei ständig nach unten rutschte (schon mal was von der Erfindung von Kontaktlinsen gehört, Mister Simkof?). Auffällig auch der links (vom Zuschauer aus) postierte Gitarrist mit dem Rauschebart. Er spielte solch herrliche warme Melodien, daß ich mit der Zunge schnalzte! Überhaupt der Sound: so harmonisch, organisch, originell und berauschend.

Ich hatte Le Loup schon einmal zur Tour ihres ersten Albums gesehen, war aber bei weitem nicht so begeistert wie heute. Stufte ich sie damals als "nicht schlecht, ziemlich interessant" ein, war ich heute von Anfang bis Ende hingerissen. Unfassbar wie viele Ideen die Amis haben und wie originell ihre Musik klingt! Klar kann man Parallelen zu Bands wie Yeasayer, Animal Collective, Grizzly Bear, Vampire Weekend, Here We Go Magic, Local Natives, The Dodos und auch den Fleet Foxes ziehen, aber damit ist der Stil von Le Loup nicht beschrieben, sondern nur thematisch eingegrenzt. Und sie haben so viele famose Lieder! Mit dem Album Family haben sie wirklich einen riesigen Sprung nach vorne gemacht. Beach Town ist dufte, aber auch der Morning Song oder Sherpa, mit dem sie das fantastische Konzert mit der dritten Zugabe abschlossen. Le Loup sind der Hammer! Wenn sie in Eurer Nähe auftreten, solltet ihr unbedingt zu einem ihrer Konzerte gehen!

Konzerttermine von Le Loup im grenznahen Gebiet (ohne Gewähr):

26.02.2010: Botanique, Brüssel
27.02.2010: Merleyn, Nijmegen
28.02.2010: Cactus, Brügge
03.03.2010: Le Grand Mix, Tourcoing, Lille
04.03.2010: La Laiterie, Straßburg

Aus unserem Archiv:

Le Loup, Paris, 22.10.08
The Week That Was, Paris, 05.09.08

*Anmerkung: Bei den Bildern handelt es sich um Archivfotos. Nur die Schüsse, die Peter Brewis beim salutieren zeigen, sind neu und mit seinem Einverständnis nach dem Konzert entstanden.


Links:

- Auch das Klienicum ist von Le Loup begeistert und schwärmt (hier!) vom Album Family, obwohl Eike das florale Cover abschreckend findet
.
- Plattentest. de lobt hier! das neue Album von Field Music und verteilt 8/10.



1 Kommentare :

Christina hat gesagt…

Ui, tolle Setlist, ich bin sehr sehr neidisch! Ich hoffe, die ändern sie nicht allzu sehr für ihre Europatour, habe nämlich gestern entdeckt, dass sie scheinbar im April ENDLICH mal in Köln spielen (wie viele Jahre habe ich gewartet!). Mit dem neuen Album bin ich noch nicht so warm geworden, aber ich werde es weiter probieren!

 

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