Konzert: The Hand & Ichi & This Is The Kit
Ort: Le Pop In, Paris
Datum: 09.06.2009
Zuschauer: der Keller war voll!
Konzertdauer: insgesamt weit über 2 Stunden
Vor ziemlich genau 3 Monaten hatte ich ja bereits an dieser Stelle in den höchsten Tönen von This Is The Kit, Rachael Dadd, The Hand und Wahlebone Polly (das gemeinsame Projekt von This Is The Kit und Rachael Dadd ) geschwärmt und die flotte Truppe machte heute erneut Station im Pariser Pop In, nachdem sie erst kürzlich die Bar 25 in Berlin beehrt hatten.
Den wunderbaren Folkabend eröffnete Kate Stables aka This Is The Kit, die aus Bristol, UK, stammt, aber seit einigen Jährchen in Paris lebt. Ihr Paradeinstrument ist das Banjo und mit Songs an diesem pluckernden Instrument legte sie auch los, aber recht schnell wechselte sie zur elektischen Gitarre und trug teilweise ungewohnt rockige Songs vor, die auf ihrem zweiten, noch nicht veröffentlichten ,Album landen dürften. Am Debüt Krulle Bol, das Kultproduzent John Parish (PJ Harvey), fabriziert hatte, konnte man sich das Herz wärmen, aber die bloße Einstufung von This Is The Kit als Folksängerin schien mir schon damals zu eng. Die stets zöpfchentragende Engländerin entwickelt sich nämlich kontinuierlich weiter, verbessert ihr Songwriting und macht inzwischen auch Songs, die man unter dem Bergiff Indierock verorten könnte. Ich bin auf ihr neues Werk sehr gespannt und kann den Release kaum erwarten. Bis dahin vertröste ich mich aber mit dem bisher bekanntesten Lied der Künstlerin nämlich Birchwood Beaker, das die französisch singenden Belgier Soy Un Caballo gecovert haben (A Travers La Neige). Es ist als Vinyl Single in schickem Weiß erhältlich und hat ein wunderschönes Cover. Das mit viel Gefühl vorgetragene Original bleibt aber weiterhin ein Highlight und begeisterte heute abend nicht nur mich!
Gegen Ende des Sets bat Kate Stables schließlich ihre englische Freundin Rachael Dadd auf die Bühne zu treten, um gemeinsam 3 Lieder ihres Projekts Whalebone Polly vorzutragen. Wie herrlich das war! Die beiden traumhaft schönen Stimmen der beiden harmonieren auf das Wundervollste und das Banjospiel von Rachael ist atemberaubend sicher und präzise. In den letzten Jahren habe ich etliche Künstler am Banjo agieren sehen, aber niemand bedient dieses Instrument so spielerisch leicht, so elegangt, so filigran. Racheal Dadd und Kate Stabbles zusammen, das ist geballte Lebens-und Spielfreude im Doppelpack! Die beiden Mädels verstehen sich prächtig, lächeln unentwegt und sind so natürlich und ungekünstelt wie man sich das nur wünschen kann. Man Herz schlägt regelmäßig höher, wenn ich sie über die Bühne fegen sehe. Kaum eine andere "Girlgroup" hat mich je glücklicher gemacht, Rachael und Kate schaffen es, noch dem letzten Grieskram ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Ich bin Fan, riesiger Fan und kann das Erscheinen der zweiten EP (vorgesehen für den September) kaum erwarten!
Auch die anschließend startenden The Hand (Album Berries From The Rubble) mag ich sehr. Logisch, singt und spielt dort doch ebenfalls Rachael Dadd mit. Aber bei The Hand gibt es auch einen Hahn im Korb und der glänzt an einem außergewöhnlichen Instrument. Die Rede ist von Wig Smith, der seiner Kora (ein harfeähnliches Instrument) mit ein paar gekonnten Fingerpicks lieblichste Töne entlockt. Wig und Rachael harmonieren ebenfalls ganz wunderbar miteinander und die Stimmen bilden einen hübschen Kontrast. Wig singt ein wenig wie ein Geistlicher oder Chorsänger, wenn man ihm zuhört, fühlt man sich fast wie in der Kirche. Manchmal bleiben die beiden aber auch stumm und lassen nur ihre Instrumente sprechen. Bei Hovering Wasp erzählen sie beisspielsweise die Geschichte einer Wespe, ohne Texte dafür zu benötigen. Am schönsten ist es aber letztlich doch, wenn sie so herrlich zusammen singen wie auf Maroosia. Liege ich da völlig falsch, wenn ich sage, daß mich das Ganze an mittelalterliche Minnesänge erinnert? Hmm, wahrscheinlich gerate ich mit dieser Einschätzung auf's Glatteis, fest steht aber, daß die Musik von The Hand etwas stark Altertümliches hat. Ich liebe diese Band! Und dieses Jahr spielen sie sogar in Glastonbury!!
In der nachfolgenden Pause gab es Gelegenheit, sich den hübsch dekorierten Merchandising Stand näher anzusehen. Rachael ist nicht nur Musikerin, sondern stellt auch Textilien her. Ihre CDs bekommt man für einen kleinen Aufpreis in entzückenden Stoffhüllen ausgehändigt und es gibt auch tolle Sticker und Ähnliches.
Völlig vertieft in die Betrachtung der feinen Kunstobjekte, reagierte ich völlig perplex, als plötzlich die Tür aufging und ein Bursche auf Stelzen Richtung Bühne marschierte. Lautes Gelächter machte sich unter den Zuschauern breit und erst beim genaueren Hinsehen erkannte ich, daß es sich bei dem Akrobaten um den Japaner Ichi handelte, der vorher schon ein paar Gastauftritte hatte. Nun war er mit seinem ganz eigenen Spektakel an der Reihe und das war prall gefüllt mit verblüffenden Kuriositäten! Da war zunächst einmal der abgefahrende Look des Asiaten. Er hatte sich einen Schnorres angepappt und seinen Kopf zierte eine Bedeckung, wie man sie aus Marokko kennt, bloß daß bei seinem Teil eine Art Korken das Ganze abschloß. Köstlich! Ichi hatte sich hinter einem reich gedeckten Tisch voller seltsamer Instrumente positioniert. Es gab ein Kinderxylophon, eine Mohrrübe (in die er später reinbeißen sollte!), ein kleines Keyboard und einen Tischtennisschläger(!). Was wollte er damit bloß anfangen? - Na klar, Tischtennis spielen! Mit sich selbst! Völlig abgefahren, wie alles was Ichi so anstellte! Er klöppelte auf alles drauf, was nicht niet-und nagelfest war, bediente sich einer Steel Drum, die esoterisch anmutende Geräusche erklingen ließ, trompetete, benutzte einen alten Taperecorder, auf dem eine Französich-Lern-Kassete lief (Hinatabito), bließ Luftballons auf und performte auch auf einem kuriosen Teil, das aussah wie eine aus einem Topf und Schnüren zusammengebastetelte Harfe. Sein Gesang bestand aus verrückten Mickimauslauten oder auch dem Imitieren von Louis "Satchmo" Armstrong, worüber ich mich hätte totlachen können! Ich glaube ich würde noch bis zu den Sommerferien hier schreibenderweise sitzen, wollte ich alle Gags im Einzelnen beschreiben. Deshalb empfehle ich einfach nur, sich unbedingt einmal Ichi live anzusehen, oder wenigstens seine experimentelle CD zu erwerben. Wenn man den Künstler anschreibt, schickt er sie mit Sicherheit den Fans zu! Klasse!
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Aus unserem Archiv:
This Is The Kit & Rachael Dadd in Paris am 11.03.2009
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