Sonntag, 21. Juni 2009

Lily Allen, Luxemburg, 20.06.09



Konzert: Lily Allen
Ort: Den Atelier
Datum: 20.06.2009
Zuschauer: 800 vielleicht (ausverkauft)
Dauer: 75 min


Nein, nein
, ich habe mir Lily Allen nicht angesehen, weil ich endlich einmal all die lustigen Geschichten über die köstliche Engländerin erzählen wollte, die man in der Klatschpresse lesen kann. Die Anekdoten, die dafür sorgen, daß Lily heute wieder einmal auf der Startseite von bild.de war ("Sie ist die absolute Blitzer-Queen"). Nein, mir ging es um die Musik! Denn die hat schließlich dafür gesorgt, daß Lily am gestrigen Freitag beim exzellent besetzten Southside auftrat und Sonntag das Schwester-Festival Hurricane spielen wird.

Eigentlich hatte ich Lily Allen schon im Mai in Köln sehen wollen. Das ging aber leider wegen der parallel spielenden Yeah Yeah Yeahs nicht. Ein paar Wochen vorher, am Rande des Auftritts unserer Lieblinge von
Dear Reader im Gebäude 9, hatten wir uns in einer Runde gleichgesinnter Konzertnerds gegenseitig gestanden, Lily Allen ziemlich klasse zu finden. Mein Beschluß, sie auch einmal live zu sehen, stand kurz später fest!

Als ich am Atelier (an Den Atelier, um genau zu sein) ankam, hatte der Einlaß noch nicht begonnen, ich hatte die Anfahrt überschätzt. Den Eingang des Clubs zu finden, war gar nicht leicht, weil die Straße mit einigen riesigen Fahrzeugen zugeparkt war. Neben einem "Stage Equipment" LKW standen gleich zwei gigantische Nightliner vor der Zufahrt. Ob Lily die Kaiser Chiefs als Support mitgebracht hatte? Zum einen sind die ja leider gerade nicht in der besten Phase ihrer Karriere, zum anderen haben sie
offenbar eine gute Beziehung zur jungen Sängerin. Lily hat schließlich Oh my god für das Coveralbum Versions des Starproduzenten Mark Ronson eingespielt. Mark Ronson ist der Bruder von DJ Samantha Ronson, der gerade-nicht Lebensgefährtin von Lindsay Lohan, mit der Lily gut befreundet ist (also mit Sam). Allerdings verbringt sie auch Zeit mit der Schauspielerin, zum Beispiel, um gemeinsam Tattoos stechen zu lassen oder zu singen (so wie hier). Oh my god, ich schweife ab. Kaiser Chiefs... Zuletzt waren Lily und Ricky gemeinsam in den Schlagzeilen, weil sie ihm ein Nacktbild gesimst hatte, allerdings einen anderen gemeint hatte ("Sorry, wrong Ricky").

Aber ich wollte ja nicht klatschen! Also weiter zur Musik... Nur eine Kleinigkeit noch: Lily und sms sind ein heikles Thema. Das mußte Arctic Monkey Alex Turner bereits
erfahren, denn der hatte seiner Kollegin erfolglos eine Nachricht geschickt, daß er sie gerne kennenlernte.

Irgendwann kam dann der Einlaß. Vorher hatte ich erst ein Konzert im Atelier gesehen, die Wombats im vergangenen Jahr. Da hatte mir der Saal schon sehr
gefallen. Das Atelier ist recht klein und merkwürdig geschnitten. Vom Eingang gesehen liegt die Bühne auf zehn bis elf Uhr Position. Ein wörtliches Backstage gibt es nicht, da die Garderobe von der benachbarten Raumecke abgeht. Also müssen die Künstler auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz durch den Saal. Dazu wird die eine Längsseite des Raums durch Gitter abgetrennt, und die Bands gehen am Publikum vorbei zur Bühne. Eine sehr schöne Sache!

Kurz nach neun war es knallvoll, als das Licht ausging. Erst erschienen Lilys vier
Bandmitglieder - über die ich nichts Gutes gelesen hatte - dann mit gewissem Abstand die Sängerin. Eine Gruppe Frauen hinter mir, die lange vor dem Auftritt ununterbrochen "Liellllieeee, lieeeeliiiieee!" gebrüllt hatten, - was war ich da froh über meine Ohrenstöpsel! - hielt spätestens da nichts mehr! Der Auftaktsong Everyone's at it (übrigens auch der des aktuellen Albums) ist auch eines der besten Lieder von It's not me, it's you. Das Stück wurde im House Remix gespielt. Sehr lustig dabei war Lilys Einsatz eines Stylophones!

Nach Ende des Titels wähnte ich mich in der Kölnarena. Solch einen lauten Jubel und Applaus habe ich ganz ganz selten irgendwo erlebt! Ob das nun angemessen war oder nicht, egal! Jedenfalls reagierte der Saal infernalisch laut auf den Auftakt. Immer noch waren die kreischenden Frauen hinter mir die Lautesten unter Lauten. Da hatte das ein oder andere Glas
Alkohol sicher geholfen. Das hatten sie dann mit der Sängerin gemeinsam... Denn auch die NME Award Gewinnerin von 2007 (in der Kategorie "Worst dressed") schien nicht ganz nüchtern zu sein. Da fällt mir noch eine kleine Lily Anekdote ein (die letzte, versprochen!): gemeinsam mit Elton John präsentierte die zur Zeit dunkelhaarige Künstlerin im vergangenen September die GQ Men Of The Year Awards. Dabei trank sie am Moderatorenpult einen Champagner nach dem anderen (sie schenkte den sich selbst ein, Weltklasse!). "Nun kommen wir zu einem besonderen Moment des Abends." - "Was denn? Genehmigst du dir noch einen Drink?" - "Fuck off, Elton! Ich bin vierzig Jahre jünger als du und habe mein Leben noch vor mir!" und dann Elton Johns legendäre Erwiderung: "I could still snort you under the table!"

Lily trank Apfelwein mit Strohhalm, glaube ich. Ich meine, so etwas wie Apfel in ihren genuschelten Ansagen verstanden zu haben. Die habe ich allerdings nur ganz selten
verstanden, weil es im Saal so laut war - einen Großteil des Abends stand ein Typ an meinem rechten Ohr, der ununterbrochen "Yeahh!" brüllte und damit alles überdeckte.

Als viertes Lied spielten Lily und Band das erwähnte Kaiser Chiefs Cover. Oh my god dauerte aber höchstens eine Minute und ging dann in
Everything's just wonderful über. Als Motte des Abends taugte keiner der beiden Titel, musikalisch lag es irgendwo dazwischen...

Lily lief während des Konzerts ununterbrochen über die Bühne, flirtete mit dem Publikum, trank, reagierte auf Zurufe und hatte scheinbar Spaß. Ich auch! Die Zeit verflog wahnsinnig schnell. Besonders herausragend war zwar kein Lied, mit der Erwartung war ich aber auch nicht angereist. So schlecht, wie das Kölner Konzert laut
Musikexpress war, habe ich Luxemburg aber keinesfalls empfunden! Lily singt live auch (kräftig) angetrunken gut. Sie hatte aber auch nicht mit Stöckelschuhen und rutschendem Kleid zu kämpfen wie im E-Werk. Sie trug ein kurzes schwarzes Kleid mit Rosenaufdruck, die Haare schwarz und kurz, blaue Chucks und ein niedliches Freundschaftskettchen-Tattoo. Gut, ab und zu mußte sie das Kleidchen schon zurechtzupfen, ihr Gesang litt darunter aber nicht.

Die ersten paar Lieder hatte die Sängerin noch ohne Zigarette überstanden. Irgendwann steckte aber dann eine Kippe zwischen ihren Lippen, die sie dummerweise nicht mehr rechtzeitig anzünden konnte, bevor die Band den nächsten Titel anstimmte. Sie versuchte dann erst, mit Zigarette im Mund zu beginnen, schaffte das aber nicht...

Später dann beschwerte sich Lily, daß ihr Tourmanager immer ihren Alkoholkonsum kontrolliere, wenn sie zu betrunken sei. Ihm widmete sie das anschließende Lied
Fuck you und sang ihn immer wieder grinsend an. "Aber nächste Woche bist du ja eh weg. Er wechselt nämlich zu Muse... wie cool!" Fuck you erzeugte wohl die beste Stimmung. Fast kam es mir vor, als wären wir auf dem Oktoberfest, kein Wunder, der Titel ist schließlich eine echte Schunkelnummer.

Nach dem Britney Spears Cover Womanizer, einer kurzen Pause und einem Umzug (Lily trug jetzt Jeans
und ein schwarzes Oberteil) kamen die drei größtens Hits als Zugaben, Smile, gefolgt von The Fear und Not fair, alle in neuen, dancigeren Versionen.

Immerhin 75 Minuten hatte das Konzert gedauert
und begeistertes Publikum zurückgelassen! Das war ganz großes Entertainment, auch ohne Elton John! Ich bin sicher, die Zuschauer bei Katy Perry im ausverkauften Palladium hatten nicht so viel Spaß. A propos Katy Perry: die Amerikanerin hatte Lily als fett bezeichnet. Die Antwort der jungen Britin gefiel mir sehr. Sie drohte, Katys Handynummer auf Facebook zu veröffentlichen, falls die noch einmal über sie rede!

Setlist Lily Allen, den Atelier, Luxemburg:

01: Everyone's at it
02: I could say
03: Never gonna happen
04: Oh my god (Kaiser Chiefs Cover) - Everything's just wonderful
05: Him
06: Who'd have known
07: LDN
08: Back to the start
09: He wasn't there
10: Littlest things
11: Chinese
12: 22
13: Fuck you (für unsere amerikanischen Leser: F*** you)
14: Womanizer (Britney Spears Cover)

15: Smile (Z)
16: The fear (Z)
17: Not fair (Z)

Links:

- Lily Allen am 04.03.07 in Paris
- mehr Fotos aus Den Atelier in Luxemburg



3 Kommentare :

Guido hat gesagt…

Hast du zufällig vor Konzertbeginn noch im Musikexpress gelesen?

Anonym hat gesagt…

In Erinnerung an diees Konzert werden mir wohl zwei Dinge bleiben, Getränkehalter am Mikrophonständer und Aschenbecher als Merchandiseartikel.

Christoph hat gesagt…

Guido: Ertappt!

Aschenbecher? Wie unfassbar cool! Und passend!

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates