Montag, 5. Januar 2009

My Year In Lists: die 10 besten Livelieder des Jahres (Oliver)


Hat mich hier jemand vermisst? Nun, falls ja, darf ich die frohe Botschaft verkünden, daß ich von nun an wieder im Dienst bin. Oliver Peel, der Mann mit der spitzen Feder und der frechen Schreibe, is back! Frohes neues Jahr 2009 an alle Leser!


Und weil ich 2008 mehrere tausend Live-lieder (wie viele eigentlich genau? Puuh, keine Ahnung!) auf mich einprasseln ließ, hatte ich natürlich meine liebe Mühe und Not, eine Top Ten der absoluten Higlights und Sahnehäubchen des Jahres zu erstellen. Schließlich ist es eine Top 15 geworden. Was jetzt folgt, ist nichts anderes als Kaviar für die Ohren. Und glaubt dem erst kürzlich verstorbenen Schriftssteller Simmel nicht!: "Es muss nicht immer Kaviar sein", hieß eines seiner bekanntesten Bücher. Einspruch Herr Simmel: Doch, muss es! Lest und hört (die Links unter den Songtiteln führen zu den entsprechenden Youtube- Videos) selbst!

15: Malcolm - Hopper (La Flèche d'or, Paris)

Heul! Schluchz! Eine der besten Indierockbands Frankreichs ist 2008 zu Grabe getragen worden. Die Rede ist von Hopper, einem Pariser Quartett mit gleich zwei rassigen Sängerinnen an der Spitze. Ich habe diese Gruppe, die zwei sehr beachtliche Alben veröffentlicht hat, mit jeder Faser meines Körpers geliebt. Eigentlich sollte 2008 mit dem Opus Deergirl endlich der erhoffte und verdiente Durchbruch gelingen, aber trotz einer China-Tournee (!!) im Mai blieb das Album weitgehend unbeachtet. Eine Schande, zumal die Band live so was von beeindruckend war! Die melancholische Ballade Malcolm wird aber weiterhin mein Herz erwärmen.

14: Somebody New - Kim Novak (La Flèche d'or, Paris)

Der neue famose Titel der französischen Antwort auf Interpol ist leider bisher nur auf der MySpace Seite anzuhören, ein Originalvideo oder ein Livemitschnitt ist noch nicht verfügbar. Schade, denn die sympathischen Franzosen aus der Normandie klingen hier fast besser als die alten Idole vom englischen Kultlabel Factory (Joy Division, A Certain Ratio,etc.).
Hört und seht stattdessen einen alten Livemitschnitt von Female Friends. Bärenstark!

13: Albion - Pete Doherty (La Maroquinerie, Paris)

Als Pete Doherty Albion anstimmte, kullerten mir plötzlich Tränen aus dem Auge. Warum dieser emotionale Ausbruch? Weil selten jemand so gefühlvoll, so simpel und doch so treffend den englischen Alltag in Worte gepackt hat. "Gin in teacups, violence on busstops", jeder sang an diesem Abend aus voller Kehle die Songfetzen mit. Dazu die feine Gitarrenmelodie, die den Song durchzog und ein Pete Doherty, der die englischen Städtenamen kurzerhand durch französische ersetzte ("we can go to Bordeaux, Lyon, Lille") und zur Überraschung aller auch noch Leipzig(!) hinzufügte. "Aaaaaaaaanywhere in Albion": Als Pete greinte, blieb kein Auge trocken!

12: Fall On Me - R.E.M. (Festival Rock en Seine 2008 bei Paris)

Noch einmal Fall On Me hören und dann sterben! Oder so. Michael Stipe muss einen kräftigen Schluck aus dem Zaubertrank genommen haben, als er diesen Song schrieb. "Ask the sky to fall on me", auch beim Pariser Festival Rock en Seine ein Seelentröster erster Güte! Classic stuff!

11: I Sold My Hands For Food So Please Feed Me - Get Well Soon (La Cigale, Paris)

Konstantin Gropper aka Get Well Soon hat viele starke Lieder geschrieben, keine Frage. Das markante Gitarrensolo, dass sich durch das ganze, immer lauter und dramatischer werdende Lied schlängelt, hatte es mir aber an jenem Abend in der Pariser Cigale besonders angetan. Deuttschland wurde in Frankreich mehr als würdig vertreten und zog sogar einige Calexico- Fans, die auf die Haupt- Band aus Tucson warteten, auf ihre Seite. Großartig! Weiter so!

10: Black Cat John Brown - Alamo Race Track (Haldern Pop Festival 2008)

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle The Northern Territory von den sträflich unbeachteten Holländern nennen. Da aber auf ihrem zweiten Album ausschließlich Hits versammelt sind und von dem Hammersong Black Cat John Brown ein Videomitschnitt vom Haldern Pop Festival vorliegt, hört ihr an dieser Stelle den umwerfenden Schunkler über die schwarze Katze. "Black Cat John Brown, your time will come"... Stimmt und die besten Zeiten hat auch die prima niederländische Band noch vor sich!

09: Do you Realize?? - The Falling Lips (Haldern Pop Festival 2008)

Was für eine Hymne! Was für eine Band! Da haben die Veranstalter in Haldern für ihr Jubiläumsfestival einen ganz dicken Fisch an Land gezogen! Allein Do You Realize sollte jede Gage rechtfertigen. Aber von Wayne Coyne und Konsorten wurde ja soviel mehr für Augen und Ohren geboten! Ich glaube, ich habe heute noch irgendwo Konfettischnipsel in den Haaren...

08: My Manic And I - Laura Marling (Le Baron, Paris)

Warum ist diese junge Blondine so traurig? Wenn man das herzergreifende Schmachtstück My Manic and I hört, möchte man sie am liebsten in den Arm nehmen und ganz fest an sich drücken. Laura Marling hat mir mit diesem Song Pfeile durchs Herz gejagt! "Birds were singing to calm us down", heißt es da. Wenn ich mich doch bloß beruhigen könnte! Mensch, Laura, Du machst mich fertig!

07: Between The Bars - Erica Buettner (Elliott Smit Cover) (Le Pop In, Paris)

Das nenne ich Einsatz und Spielfreude! Der hochtalentierten Singer/Songwriterin Erica Buettner riss ihre Saite, sie war eigentlich mit ihrem Programm komplett durch und dann spielt sie trotzdem mit beschädigtem Arbeitsgerät eine der schönsten Balladen der Musikgeschichte! Die Gänsehaut, die ich spontan bekam, hat sich wahrscheinlich bei mir für immer eingebrannt, so intensiv war sie! Da leider kein Videomitschnitt vorliegt, habe ich eine feine Coverversion von Emily" Metric" Haynes eingebunden.

06: Like Herod - Mogwai (Casino de Paris, Paris)

Lange habe ich hin-und her überlegt, ob ich den neuen, alles plattwalzenden Killersong Batcat oder doch den alten Liveklassiker Like Herod an dieser Stelle nennen soll. Letztlich fiel die Wahl auf Like Herod, weil hier das Wechselspiel zwischen laut- und leise und langsam- und schnell noch filigraner und überraschender geboten wird. Als die höllisch lauten Gitarrenwände aufgezogen wurden, bebte das Casino de Paris in seinen Grundfesten! Wow!!!

05: Only Shallow - My Bloody Valentine (Le Zénith, Paris)

Und weil es schön war, gleich noch einmal die Noisekeule! Diesmal wurde sie mir und den Zuschauern von den legendären Shoegazern My Bloody Valentine um die Ohren gehauen. Und Bilinda sah zudem auch noch so sauscharf aus, meine Fresse! Dieser Schuss von mir machte im Netz die Runde (1800 angesehen, 15 Mal Favorit). Warum wohl?...

04: Shadowplay - Section 25 and Peter Hook (Bassist Joy Division, New Order) (Élysée Montmartre, Paris)

Ein paar Lieder hat der kränklich und schwächlich wirkende Sänger von Section 25, einer (mir vorher unbekannten) Kultband vom Factory-Label, zwar ein wenig versemmelt, aber Shadowplay kam fast so gut wie von Ian Curtis und Joy Division. Muss ein seltsames Gefühl für Peter Hook sein, diesen und andere Klassiker noch einmal live zu spielen. Kommen da nicht zu viele Erinnerungen an das tragische Ende von Ian hoch? Hmm, vielleicht ist inzwischen genug Gras über die Sache gewachsen, auch wenn der Hype um Joy Division voll intakt ist. Macht auch Sinn. Waren eh die Besten...

03: Mr. November- The National (Haldern Pop Festival 2008)

Auch hier steckt ein wenig Joy Division drin. Macht Sinn. Waren eh die Besten! Aber The National sind würdige Erben, die wunderbar melancholische Indiesongs schreiben. Eigentlich könnte man hier fast jedes Lied nennen. Ich entscheide mich aber für Mr. November, weil der ansonsten immer so schüchtern wirkende Sänger Matt Berninger bei diesem Stück völlig ausrastete und bewies, das The National keine Kuschelrocker sind, sonder daß echte Post Punker- Herzen in ihnen schlagen. Wahnsinn!

02: Roland- Interpol (Montreux Jazz Festival 2008)

Auch hier steckt irgendwo Joy Division drin. Macht Sinn. Waren eh die Besten! Aber auch Interpol sind äußerst würdige Erben, die zahlreiche Klassiker des Post Punk Revivals produziert haben. Roland vom ersten Album ist so einer. Live gibt es den nur noch sehr selten zu hören. Umso begeisterter war ich, daß ich im mondänen Montreux noch einmal in den Genuß des düsteren Stampfers kam und mir die Beine aus dem Leib tanzte. Gerne hätte ich hierzu Pogo getanzt, aber die Schweizer waren dafür ein wenig zu lahm und anständig. War trotzdem toll!

01: Mariella- Kate Nash (u.a. Melt! Festival)

"Ever ever ever". Sie kläffte wie ein Hund. Gleich bei drei Festivals in diesem Sommer. Wer nimmt da nicht Reißaus? Ich bevorzuge ohnehin das Schnurren von Katzen.

Ach Mist, jetzt habe ich mich in der Kategorie geirrt! Ich wähle ja hier den besten und nicht den schlechtesten Livesong!

01: Radio Protector -65 daysofstatic (Festival Le Rock Dans Tous ses Etats, Evreux, Frankreich)

Meine Liste verrät ziemlich eindeutig meine musikalischen Präferenzen. Folk, Post- Punk Revival und Postrock stehen bei mir sehr hoch im Kurs.

Musik muss, um mir zu gefallen, melancholisch, dramatisch und recht düster sein. Gleichzeitig aber auch wunderschön, ans Herz gehend, tröstend und hoffnungsspendend. Das Licht am Ende des schwarzen Tunnels sollte noch erkennbar sein. Ein gutes Lied trägt mich auf Flügeln, beamt mich in luftige Sphären und zeigt mir, daß das Leben letztlich doch lebenswert, ja wunderbar ist. All die Kriterien erfüllte der gänzlich instrumental gehaltene süß-saure Schocker Radio Protector von den englischen Postrockern 65 days of Static. 6 Minuten lang genoß ich bei heißem Wetter den Donnerhagel aus melodischen Gitarren, der durch das traumhafte Pianospiel versüßt wurde. Sen-sa- tio-nell!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Thank you guys, you are the winner!



 

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