Konzert: Hopper & Friends
Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 24.10.2008
Zuschauer: viele
Konzertdauer: wie immer pro Band 30-40 Minuten
"Eine Beerdigung ist nichts Trauriges, im Gegenteil, das ist ein Fest!"
Mit diesen Worten hatte mich der legendäre Chansonier Jaques Brel in einem kürzlich ausgestrahlten Fernsehinterview verblüfft. "Jede Art von Zusammenkunft von Menschen mit einem gemeinsamen Ziel ist eine Art Fest, das ist eine fröhliche, mutmachende Angelegenheit", ergänzte der berühmte Franzose (der eigentlich Belgier ist) und grinste breit über sein kindlich wirkendes Gesicht. Diese Worte ließen mich nicht kalt, ich dachte in den vergangenen Tagen desöfteren darüber nach. Und gerade am heutigen Freitag kamen sie mir wieder ins Bewußtsein, denn es wurde eine Gruppe zu Grabe getragen, die die französische Indierockszene in den letzten 8 Jahren zumindest im Underground stark mitgeprägt hat. Die Rede ist von Hopper, einer vierköpfigen Gruppe mit gleich zwei feurigen Ladys, Aurelia und Dorothée, an der Spitze.
Ausgerechnet in der Flèche d'or, wo die Pariser Noiserocker ihr erstes Konzert gegeben haben, wird die Geschichte von Hopper mit zwei abschließenden Konzerten zu Ende geschrieben. Traurig, traurig, obwohl nein, wir hatten ja gelernt, daß eine Beerdigung ein Fest ist!
Und zu diesem Fest hatten Hopper Freunde eingeladen. Bands, die sie mögen, mit denen sie aber in ihre Karriere nie zusammengespielt haben und befreundete Musiker. Und natürlich die Fans, die Hopper teilweise schon bis zu 10 mal auf Pariser Bühnen erlebt haben und von den Livequalitäten ausnahmslos schwärmen. Aber was sage ich da? Pariser Bühnen? Nicht nur, denn Hopper haben auf der ganzen Welt gespielt, z.B. in Kanada und dieses Jahr sogar in China! Der mit Hopper befreundete Filmer Ludomatic hat die Chinatournee in einem Dokumentarfilm festgehalten, den man über eine Leinwand in der Flèche d'or sehen konnte. Ein spannendes und charmantes Stück französischer Musikgeschichte, zu bewundern auch auf der MySpace Seite der Künstler.
Aber kommen wir zum Geschehen des heutigen Abends. Eingeleitet wurde er von Eliote & The Ritournelles, einer Pariser Folkband, die die Blogothèque als kleine Schwester im Geiste von Sybille Baier und Vashti Bunyan beschrieben hatte. Eine schöne Beschreibung, die ich allerdings nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen konnte, da Eliote & The Ritournelles unglaublich früh auf die Bühne gescheucht wurden. Als ich in der Flèche d'or eintraf, waren sie auf jeden Fall schon mit ihrem Programm durch.
Weiter ging es mit Kid Francescoli aus Marseille, die einen sphärischen und sehr hübschen Dreampop boten. Das erinnerte ein wenig an Bands wie die Trembling Blue Stars, oder Camera Obscura und war durchweg melodisch und filigran, zog aber in einem Raum wie der Flèche d'or nicht so richtig. Ein intimerer Konzertsaal hätte da besser gepasst, aber die Südfranzosen waren froh, Teil der Hopper Abschiedskonzerte zu sein. Ich persöhnlich werde den Werdegang von Kid Francescoli weiter im Auge behalten, ich denke, daß das lohnt!
Danach war aber die Zeit für den großen Auftritt von Hopper gekommen. Ich war bestens vorbereitet, denn ich hatte das zweite Album Deergirl (2008), das von dem amerikanischen Topproduzenten Ryan Hadlock (Blonde Redhead, Built To Spill, Black Heart Procession, Foo Fighters, Gossip, The Strokes) in den legendären Bear Creek Studios in Seattle aufgenommen wurde, in letzter Zeit sehr oft und mit großer Freude gehört.
Der Opener Good Vibrations For Neighbourhood Militants stammte aber von dem Debütalbum A Tea With D. und machte sofort klar, was bei Hopper angesagt ist: saftiger, höllisch rockender Indierock amerikanischer Prägung, gepaart mit französischer Melancholie. Ein diabolisches Gemisch aus Grunge, Noiserock und New Wave, das von Beginn die zahlreichen Zuschauer in der Flèche d'or begeisterte. Gleich vor meiner Nase agierte Aurelia, eine der beiden Sängerinnen und Gitarristinnen bei Hopper. Und diese Dame hat wirklich Feuer unter dem Arsch! Sie wirbelte rund 40 Minuten lang herum wie eine Wilde und lieferte sich mit Dorothée einen regelrechten Schlagabtausch. Aber bei den Parisern gibt es phasenweise auch sanftere Töne zu genießen. Malcolm beispielsweise ist eine herrliche Ballade mit einer traumhaft schönen Gitarrenmelodie. Ich fühlte mich wie auf einer Wolke und vergas fast meine Trauer darüber, daß dies heute mein letztes Konzert mit Hopper sein würde...
Gegönnt wurde mir noch einmal das tolle Colours (dem alten Bassisten Romain gewidmet), eines der besten Stücke vom Debüt, dem eine zarte Melancholie innewohnt, die sich durch das ganze Lied zieht. Gesungen wird es von Dorothée, die eine rauere, verrauchtere Stimme hat als Aurelia. Ich habe Colours immer geliebt und werde es leider in Zukunft nur noch auf CD genießen können, verdammt schade! Noch wilder als Colours rockte aber ein anderes altes Stück, nämlich Calculating Infinity. Am Ende gab es einen einzigen ekstatischen Donnerhagel aus schrammeligen Gitarren und einem hektisch galoppierendem Schlagzeug und die Haare der heißen Rockröhren wirbelten nur so durch die Luft. Wow!
Der Abschluß wurde schließlich mit einem Cover der legendären Kölner Krautrocker Can, Vitamine C, bestritten. Allerdings erkannte keiner den Song, auch ich nicht. Vielleicht müsste ich mich öfter mit deutscher Musikgeschichte beschäftigen? Aber im Moment finde ich halt eben die französische besonders spannend! Auch wenn diese um eine famose Liveband ärmer geworden ist...
Setlist Hopper, La Flèche d'or, Paris:
01: Good Vibrations For Neigbourhood Militants
02: Rock N Roll High
03: Malcolm
04: Rainy Days Smells Like Gloow
05: Part II
06: Colours
07: Life Is Not A Test
08: Tell Everybody
09: Calculating Infinity
10: Vitamin C (Can Cover)
Erwähnenswert ist schließlich noch der Auftritt des irre komischen und sehr talentierten Duos My Girlfriend Is Better Than Yours, über die ich auf diesem Blog schon mehrfach berichtet hatte. Deshalb und weil Hopper nun einmal die Hauptpersonen des Abends waren, will ich mich diesbezüglich etwas kürzer fassen.
Nur soviel: My Girlfriend Is Better Than Yours wurde auf der Bühne unterstützt von dem Bassisten Yean Yves, der auch bei Syd Matters spielt, dem Schlagzeuger Jean und Mister Syd Matters himself, John Morali, am elektrischen Piano. Diese fünf Sympathen überzeugten auf ganzer Linie mit einem interessanten Gebräu aus Frenchpop, Sixtiespop, Psychedelica, und Postrock. Ein Album ist in Planung und ich hoffe, daß das tolle Like A Rebirth darauf enthalten sein wird. Girl From South , das heute zusammen mit den Mädels von Hopper performt wurde, dürfte gesetzt sein, genau wie die Ballade Winterfarmland.
Besonders klasse war auch noch einmal der Abschluß. Der depressive Titel Everybody Wants To Die wurde durch eine fröhlichen Lalala-Singalong perfekt aufs Korn genommen.
Eine Beerdigung ein Fest? Ja, schon, aber traurig bin ich trotzdem!
01: Setlist My Girlfriend Is Better Than Yours:
01: Before
02: My Girlfriend
03: From My Sofa
04: Winterfarmland
05: Like A Rebirth
06: Girl From South
07: Black Hole
08: My Dictionary
09: Everybody Wants To Die!
Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 24.10.2008
Zuschauer: viele
Konzertdauer: wie immer pro Band 30-40 Minuten
"Eine Beerdigung ist nichts Trauriges, im Gegenteil, das ist ein Fest!"
Mit diesen Worten hatte mich der legendäre Chansonier Jaques Brel in einem kürzlich ausgestrahlten Fernsehinterview verblüfft. "Jede Art von Zusammenkunft von Menschen mit einem gemeinsamen Ziel ist eine Art Fest, das ist eine fröhliche, mutmachende Angelegenheit", ergänzte der berühmte Franzose (der eigentlich Belgier ist) und grinste breit über sein kindlich wirkendes Gesicht. Diese Worte ließen mich nicht kalt, ich dachte in den vergangenen Tagen desöfteren darüber nach. Und gerade am heutigen Freitag kamen sie mir wieder ins Bewußtsein, denn es wurde eine Gruppe zu Grabe getragen, die die französische Indierockszene in den letzten 8 Jahren zumindest im Underground stark mitgeprägt hat. Die Rede ist von Hopper, einer vierköpfigen Gruppe mit gleich zwei feurigen Ladys, Aurelia und Dorothée, an der Spitze.
Ausgerechnet in der Flèche d'or, wo die Pariser Noiserocker ihr erstes Konzert gegeben haben, wird die Geschichte von Hopper mit zwei abschließenden Konzerten zu Ende geschrieben. Traurig, traurig, obwohl nein, wir hatten ja gelernt, daß eine Beerdigung ein Fest ist!
Und zu diesem Fest hatten Hopper Freunde eingeladen. Bands, die sie mögen, mit denen sie aber in ihre Karriere nie zusammengespielt haben und befreundete Musiker. Und natürlich die Fans, die Hopper teilweise schon bis zu 10 mal auf Pariser Bühnen erlebt haben und von den Livequalitäten ausnahmslos schwärmen. Aber was sage ich da? Pariser Bühnen? Nicht nur, denn Hopper haben auf der ganzen Welt gespielt, z.B. in Kanada und dieses Jahr sogar in China! Der mit Hopper befreundete Filmer Ludomatic hat die Chinatournee in einem Dokumentarfilm festgehalten, den man über eine Leinwand in der Flèche d'or sehen konnte. Ein spannendes und charmantes Stück französischer Musikgeschichte, zu bewundern auch auf der MySpace Seite der Künstler.
Aber kommen wir zum Geschehen des heutigen Abends. Eingeleitet wurde er von Eliote & The Ritournelles, einer Pariser Folkband, die die Blogothèque als kleine Schwester im Geiste von Sybille Baier und Vashti Bunyan beschrieben hatte. Eine schöne Beschreibung, die ich allerdings nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen konnte, da Eliote & The Ritournelles unglaublich früh auf die Bühne gescheucht wurden. Als ich in der Flèche d'or eintraf, waren sie auf jeden Fall schon mit ihrem Programm durch.
Weiter ging es mit Kid Francescoli aus Marseille, die einen sphärischen und sehr hübschen Dreampop boten. Das erinnerte ein wenig an Bands wie die Trembling Blue Stars, oder Camera Obscura und war durchweg melodisch und filigran, zog aber in einem Raum wie der Flèche d'or nicht so richtig. Ein intimerer Konzertsaal hätte da besser gepasst, aber die Südfranzosen waren froh, Teil der Hopper Abschiedskonzerte zu sein. Ich persöhnlich werde den Werdegang von Kid Francescoli weiter im Auge behalten, ich denke, daß das lohnt!
Danach war aber die Zeit für den großen Auftritt von Hopper gekommen. Ich war bestens vorbereitet, denn ich hatte das zweite Album Deergirl (2008), das von dem amerikanischen Topproduzenten Ryan Hadlock (Blonde Redhead, Built To Spill, Black Heart Procession, Foo Fighters, Gossip, The Strokes) in den legendären Bear Creek Studios in Seattle aufgenommen wurde, in letzter Zeit sehr oft und mit großer Freude gehört.
Der Opener Good Vibrations For Neighbourhood Militants stammte aber von dem Debütalbum A Tea With D. und machte sofort klar, was bei Hopper angesagt ist: saftiger, höllisch rockender Indierock amerikanischer Prägung, gepaart mit französischer Melancholie. Ein diabolisches Gemisch aus Grunge, Noiserock und New Wave, das von Beginn die zahlreichen Zuschauer in der Flèche d'or begeisterte. Gleich vor meiner Nase agierte Aurelia, eine der beiden Sängerinnen und Gitarristinnen bei Hopper. Und diese Dame hat wirklich Feuer unter dem Arsch! Sie wirbelte rund 40 Minuten lang herum wie eine Wilde und lieferte sich mit Dorothée einen regelrechten Schlagabtausch. Aber bei den Parisern gibt es phasenweise auch sanftere Töne zu genießen. Malcolm beispielsweise ist eine herrliche Ballade mit einer traumhaft schönen Gitarrenmelodie. Ich fühlte mich wie auf einer Wolke und vergas fast meine Trauer darüber, daß dies heute mein letztes Konzert mit Hopper sein würde...
Gegönnt wurde mir noch einmal das tolle Colours (dem alten Bassisten Romain gewidmet), eines der besten Stücke vom Debüt, dem eine zarte Melancholie innewohnt, die sich durch das ganze Lied zieht. Gesungen wird es von Dorothée, die eine rauere, verrauchtere Stimme hat als Aurelia. Ich habe Colours immer geliebt und werde es leider in Zukunft nur noch auf CD genießen können, verdammt schade! Noch wilder als Colours rockte aber ein anderes altes Stück, nämlich Calculating Infinity. Am Ende gab es einen einzigen ekstatischen Donnerhagel aus schrammeligen Gitarren und einem hektisch galoppierendem Schlagzeug und die Haare der heißen Rockröhren wirbelten nur so durch die Luft. Wow!
Der Abschluß wurde schließlich mit einem Cover der legendären Kölner Krautrocker Can, Vitamine C, bestritten. Allerdings erkannte keiner den Song, auch ich nicht. Vielleicht müsste ich mich öfter mit deutscher Musikgeschichte beschäftigen? Aber im Moment finde ich halt eben die französische besonders spannend! Auch wenn diese um eine famose Liveband ärmer geworden ist...
Setlist Hopper, La Flèche d'or, Paris:
01: Good Vibrations For Neigbourhood Militants
02: Rock N Roll High
03: Malcolm
04: Rainy Days Smells Like Gloow
05: Part II
06: Colours
07: Life Is Not A Test
08: Tell Everybody
09: Calculating Infinity
10: Vitamin C (Can Cover)
Erwähnenswert ist schließlich noch der Auftritt des irre komischen und sehr talentierten Duos My Girlfriend Is Better Than Yours, über die ich auf diesem Blog schon mehrfach berichtet hatte. Deshalb und weil Hopper nun einmal die Hauptpersonen des Abends waren, will ich mich diesbezüglich etwas kürzer fassen.
Nur soviel: My Girlfriend Is Better Than Yours wurde auf der Bühne unterstützt von dem Bassisten Yean Yves, der auch bei Syd Matters spielt, dem Schlagzeuger Jean und Mister Syd Matters himself, John Morali, am elektrischen Piano. Diese fünf Sympathen überzeugten auf ganzer Linie mit einem interessanten Gebräu aus Frenchpop, Sixtiespop, Psychedelica, und Postrock. Ein Album ist in Planung und ich hoffe, daß das tolle Like A Rebirth darauf enthalten sein wird. Girl From South , das heute zusammen mit den Mädels von Hopper performt wurde, dürfte gesetzt sein, genau wie die Ballade Winterfarmland.
Besonders klasse war auch noch einmal der Abschluß. Der depressive Titel Everybody Wants To Die wurde durch eine fröhlichen Lalala-Singalong perfekt aufs Korn genommen.
Eine Beerdigung ein Fest? Ja, schon, aber traurig bin ich trotzdem!
01: Setlist My Girlfriend Is Better Than Yours:
01: Before
02: My Girlfriend
03: From My Sofa
04: Winterfarmland
05: Like A Rebirth
06: Girl From South
07: Black Hole
08: My Dictionary
09: Everybody Wants To Die!
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