Donnerstag, 2. Oktober 2008

Someone Still Loves You Boris Yeltsin, Köln, 01.10.08


Konzert: Someone Still Loves You Boris Yeltsin (& Periscope & It's Not Not)
Ort: Tsunami Club, Köln
Datum: 01.10.2008
Zuschauer: ca. 70


Die freie Parklücke 50 m vor dem Tsunami Club mitten im Kölner Süden hätte uns stutzig machen müssen. Hier treibt jemand ein bitterböses Spiel mit uns...

"Eure Tickets bitte! Und jetzt müsst ihr bitte jeder ein Formular ausfüllen, Name, Anschrift und Unterschrift!" "Ähh. wieso?" "Ihr müsst Mitglied im Raucherclub werden, um reinzukommen!" "Wir haben Konzertkarten gekauft und wollen rein, wir wollen in keinen Raucherclub" "Wenn ihr das nicht ausfüllt, könnt ihr nicht rein! Ok, es reicht, wenn das einer ausfüllt..." "Nein, wir wir wollen bloß das Konzert sehen. Sonst möchten wir die Tickets zurückgeben" "Na gut, dann geht ausnahmsweise so rein." Die Frauen, die sich nach uns angestellt hatten, füllten nach kurzem Einwand ("Aber ich rauche doch gar nicht!") brav das Formular mit allen Angaben aus, wie wahrscheinlich die meisten der (in der Regel) nichtrauchenden Zuschauer im Tsunami-Club in der Kölner Südstadt. Ein Club, den ich mal sehr gerne mochte.

Ich bin wirklich sehr toleranter Nichtraucher und habe schon viele Abende in Qualmwolken verbracht. Seit in vielen Clubs Rauchverbot herrscht, sind Abende aber unbestritten viel angenehmer.
Wenn allerdings keines herrscht, akzeptiere ich das auch. Dann stinkt es (und man) zwar mehr, es ändert sich jedoch nichts im Vergleich zu früher. Aber Mitglied in einem Raucherclub zu werden, damit die pfiffige Idee irgendeines Gesetzeslückensuchers umgesetzt und das Rauchverbot umgangen wird, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Das Bett in Frankfurt ist auch hier unübertroffen. Der kleine Club mit dem doofen Namen und tollen Programm weist darauf hin, daß das Rauchverbot in Kneipen unter 75 m² gekippt wurde. Weil man aber so gute Erfahrungen mit Nichtrauchen während der Konzerte gemacht hat und von vielen Besuchern gelobt wurde, bittet das Bett, auch weiterhin erst nach dem Konzert zu rauchen.

Die Skrupel, nicht jedem, der nett fragt, glaich Adresse, Name, email-Adresse, Handynummer, Kontodaten, Kreditkartennummer und PIN-Nummer zu geben,
hatten aber offenbar nicht viele, der Raucherclub Tsunami, bekam sicher 70 neue Mitglieder.

Wir waren also dann drinnen, kamen nicht auf die böse Idee, uns beim Ordnungsamt als Schwarz-Konzertgänger anzuzeigen und erlebten kurz danach die erste
Vorgruppe, It's Not Not aus Barcelona, die wohl ganz spontan zusätzlich auf dem Roster erscheinen waren. Die Tanzfläche war sehr leer, als die vollbärtigen Spanier begannen. Einige ihrer Ausrüstungsgegenstände hatten sie jenseits der kleinen Bühne aufgebaut. Dies geschah aber wohl nicht aus Platzmangel sondern schien zum Konzept zu gehören. Sänger Joel tanzte und hüpfte quer durch den Saal, drehte einem Zuschauer die Baseballkappe um, zog sie sich beim nächsten Vorbeitanzen ganz auf, nahm sich die Brille eines anderen Gasts und setzte die auf und jagte vielen mit dieser sehr eindringlichen Performance offenbar Angst ein. Musikalisch war es ähnlich wild, begeisterte mich aber nicht. Man kann die Musik vielleicht als Folkpunk bezeichnen, man mußte sie aber nicht mögen.

Die zweite Band des Abends hatte ich neulich als Vorgruppe von Jonquil im schönen Motoki Wohnzimmer erlebt. Damals hatten Periscope aus Köln ein recht leises Set gespielt und die Besucher begeistert. "Wir spielen für gewöhnlich alles was lauter," hatte da eines der Periscope Mitglieder erklärt. Im Tsunami stimmte das, sie spielten eine Ecke lauter, was dazu führte, daß mir viele Wiedererkennungseffekte fehlten. Es war sicher ein guter Auftritt, mir gefiel die ruhige Art des Wohnzimmerkonzerts allerdings besser. Wobei ich gar nicht bestreiten will, daß meine Laune und Müdigkeit mich auch weniger begeisterungsfähig machten als vor einem Monat in Ehrenfeld. Aber - da bin ich sicher - Periscope werde ich nicht zum letzten Mal gesehen haben!

Someone Still Loves You Boris Yeltsin ging dann ziemlich an mir vorbei. Nicht daß die Band schlecht wäre. Vor anderthalb Jahren hatte ich SSLYBY im Gebäude 9 erlebt
und war begeistert. Wie so oft, habe ich aber auch die Amerikaner danach etwas aus dem Auge und Ohr verloren und mich wenig mit ihrer Musik beschäftigt. Als ich dann nach längerer Zeit kürzlich wieder ihre zweite Platte Pershing gehört habe, fehlte mir ein wenig die große Begeisterung vom Frühling 2007. Keine Frage, SSLYBY machen schönen Indie-Pop. Im Tsunami hat es mich aber nicht vom Hocker gerissen. Auch hier war es sicher eine Kombination aus Müdigkeit, Aufnahme-Überlastung durch drei Bands mitten in der Woche und was auch immer. Aber es war im Ergebnis ein Konzertabend, an den ich mich sicher nicht mehr lange erinnern werde, daran konnten auch SSLYBY nichts ändern - auch ihre Instrumentenwechsel nicht, die mich im Gebäude 9 begeistert hatten.

Links:

- Someone Still Loves You Boris Yeltsin im Gebäude 9 (im Mai 2007)
- Periscope in Köln (September 08)
- die Fotos



 

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