Donnerstag, 19. Juli 2007

Animal Collective, Paris, 18.07.07

Konzert: Animal Collective
Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 18.07.2007
Zuschauer: gab es trotz der Hitze so einige


"Voller Magen studiert nicht gern", heißt eines dieser blöden Sprichwörter. Nach dem heutigen Abend möchte ich hinzufügen: hungriger Magen geht nicht gerne auf Konzerte!

Hätte ich mir doch bloß noch etwas zwischen die Kiemen geschoben, bevor ich zur stickigen Maroquinerie aufbrach!

Dort angekommen, war es erwartungsgemäß schwül-warm und trotzdem ziemlich voll, obwohl die Amerikaner Animal Collective gerade erst am Vortag an gleicher Stelle ihre bizarre Show abgezogen hatten. Einige Zuschauer haben beide Konzerte mitgenommen, was wohl auch daran lag, daß im Moment so gut wie gar keine interessanten Gigs mehr stattfinden und Konzert-Junkies (zu denen ich mich auch zähle) verzweifelt versuchen, irgendwie an ihren Stoff zu kommen.

Vor Animal Collective wurden aber zunächst noch zwei andere Acts platziert, nämlich Gravenhurst und Sebastian Schuller. Erstgenannten habe ich verpasst und
normalerweise würde ich leider sagen, weil ich die folkige Musik des Engländers mag, aber heute war ich einfach nicht in der Stimmung für endlose Konzerte und viele Vorgruppen. So hielt sich dann auch meine Begeisterung für den Franzosen Sebastian Schuller, der noch auf seinem elektrischen Piano klimperte, als ich den heißen Saal betrat, in Grenzen. Und das obwohl der Mann durchaus ein Gespür für schöne sphärische Musik hat. Sein Album "Happiness" aus dem Jahre 2005 zählte zu den Kritikerlieblingen in Frankreich und das mit Sicherheit nicht zu Unrecht.

Gegen 21 Uhr 30 nahmen dann endlich die Animal Collectives ihre Plätze hinter den vielkabeligen Mischpults ein. Normalerweise besteht die Band aus vier Mitgliedern:

Brian Weitz aka Geologist, Josh Dibb aka Deaken, David Parker aka Avey Tare und Noah Lennox aka Panda Bear. Eben jener letztgenannte Panda Bear hat unter diesem Namen 2007 ein vielumjubeltes Album vorgelegt, "Person Pitch" heißt das Machwerk. Von Panda Bear stammte aber am heutigen Abend kein Titel, schließlich haben Animal Collective selbst bereits sieben Alben in fünf Jahren auf ihrem Guthabenkonto und dieses Jahr ist mit "People" schon wieder eine neue EP erschienen, da besteht wirklich keinerlei Mangel an spielbarem Material...

Eine der vier Burschen schien aber heute zu fehlen, denn auf der Bühne waren nur drei junge Herren in Aktion. Panda Bear war mit Sicherheit von der Partie, schließlich
steuerte er einen Teil der Gesangesparts bei, aber auch ein weiterer Sänger mit rapperhafter Basecap und ebensolchen Gesten und Gesangestechniken und schließlich ein bärtiger Typ, der witzigerweise ein Lämpchen um den Kopf befestigt hatte, wie sie normalerweise Grubenarbeiter verwenden...

Ein recht kurioses und verrücktes Trio also, das nicht nur etwas kauzig aussah, sondern auch die entsprechende Musik dazu machte. Da ich die Alben "Sung Tongs" (2004) und "Feels" (2006) besitze, wußte ich allerdings ungefähr, auf was ich mich da eingelassen hatte...

Nicht einkalkuliert hatte ich aber, wie eingangs bereits erwähnt, daß ein leerer Magen
auf solcherlei experimentelle Musik nicht gut zu sprechen ist und daß man Animal Collective vielleicht lieber auf einer Wiese liegend genießen sollte, am besten noch bei gleichzeitiger Einnahme eines glücklich machenden halluzinogenen Pilzes!

Dies soll jetzt aber keine Anstiftung zur Einnahme von Drogen sein, auf gar keinen Fall, obwohl man mit der Hilfe solcher Substanzen den Abend wahrscheinlich angenehmer verbracht hätte.

Stattdessen sah ich in meiner Umgebung etliche Leute unter der Hitze und der bisweilen extrem monotonen und repetitiven Musik leiden, was darin gipfelte, daß einige Besucher an die Geländer gelehnt, Schläfchen hielten!

Ja war das denn wirklich so öde? Zum Einschlafen? Nun, wenn man Samples bringt, in denen beispielsweise das deutsche Wort "Hundert" so einige Male wiederholt wurde und dann auch noch Passagen einbaut, in denen außer seltsamen
Zischgeräuschen und elektronischen Klängen nicht allzuviel passiert, kann man schon einmal wegnicken!

Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: ich mag Animal Collective! Eigentlich...

Mir fällt es allerdings schwer zu leugnen, daß ich mich... gräßlich gelangweilt habe und die Zeit mir sehr lang wurde. Woran lag's? Ich meine jetzt außer an dem Bärenhunger und der Bullenhitze? Lag es an den anderen Tieren also, dem animalischen Kollektiv mit ihrem ollen Panda Bear?

Nun, ein wenig schon, schließlich brachten sie kaum ein Lied, das ich erkannte. Das
relativ konventionelle, aber vielleicht gerade deshalb großartige "Purple Bottle" von dem Album "Feels", war zum Beispiel nicht dabei, aber auch sonst war das gespielte Material weitestgehend unveröffentlicht und somit unbekannt. Ein Musiker von Nelson, der ebenfalls anwesend war und die Band aus den USA sehr mag, sagte mir im Anschluß, daß sie etliche Titel von einem Werk gespielt hätten, das erst in 2 Jahren veröffentlicht werden soll. Wie bitte? Sind diese Amis wirklich so durchgeknallt? - Es scheint so, mit 7 Alben in 5 Jahren muten sie den Hörern ja eh schon viel zu, aber dazu dann noch Lieder zu bringen, die vielleicht nie erscheinen werden, das geht schon ziemlich weit!

Zum Glück erkannte ich wenistens den abschließenden und endlich auch ein wenig mitreißenden Titel, obwohl mir der Name jetzt gerade entfallen ist. Große Animal
Collective Fans werden wissen, wovon ich rede, wenn ich sage, daß eine Songzeile hierbei: "Tiger, Tiger, Tiger, Tiger" war.

Das kam irgendwie dann doch ziemlich gut: "Tiger, Tiger, Tiger" und dazu drei extatisch tanzende junge Männer, die die Temperaturen in der Maroquinerie noch einmal um geschätzte 5 Grad erhöhten!

Fazit: beim nächsten Mal komme ich satt und mit gekühltem Kopf zu ihrem Konzert und versuche wild mitzutanzen, denn wenn man nur an der Seite rumsteht, geht die Show definitiv an einem vorbei!

Animal Collective Konzerttermine:

22. Juli: Benicassim
29. Juli: Wien (Arena)




3 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Möglicherweise gespielt haben Animal Collective "Baby Day" und "Fickle Day", die wohl auf dem neuen Album enthalten sein sollen.

Danke für den Hinweis an Eike, der auf seinem gutgemachten Blog:

http://dasklienicum.blogspot.com

immer wieder sehr früh an guten Acts dran ist und etliche mp 3s zur Verfügung stellt!

E. hat gesagt…

da muss ich korrigieren, oliver. natürlich nicht in bezug auf den blog, hihi.
aber die songs von ac sind schon älter. der eine aus 2005, "fickle day" entstammt der grass ep. der andere, "baby day" müsste aus 2006 sein und einem b-sides projekt entstammen. es kann durchaus sein, dass ich auf meiner seite etwas unverständlich war. der hinweis auf ein neues album galt ausschließlich patrick wolf. sorry.

Oliver Peel hat gesagt…

Kein Problem, Eike, aber da sieht man, daß es gar nicht so leicht ist, bei Animal Collective den Überblick zu behalten!
Ein B-Sides Projekt, obwohl man 7 reguläre Alben in 5 Jahren gemacht hat, welche Band kommt schon auf solche Ideen?

 

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