Konzert: The Indelicates
Ort: Sonic Ballroom, Köln
Datum: 02.12.2010
Dauer: The Indelicates 75 min, Stereo Inn 45 min
Nein, nein, es ist immer noch nicht langweilig, die Indelicates schon wieder zu sehen. Auch heute haben es Julia und Simon Indelicate verstanden, ein wundervolles Konzert mit hohem Unterhaltungswert abzuliefern.
Eröffnet wurde der Abend von Stereo Inn aus Köln, einer fünfköpfigen Band, deren Dresscode rot-schwarze Holzfällerhemden vorschreibt. Die beiden Gitarristen Fabio und Lukas singen abwechselnd, meist aber gemeinsam, und da ihre Stimmen hervorragend zueinander passen, konnten sie damit sofort punkten. Die weiteren Bandmitglieder sind Olli (Schlagzeug*), Guido (Bass) und Gonzo (Keyboard). Der Mann mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen (hoffentlich!) spielte aber nicht nur Keyboard, er bediente auch bei mehreren Stücken ein Akkordeon und einmal mit der rechten Hand Melodica und mit der linken sein Piano. Auch wenn als Referenzen auf der Sonic Ballroom Seite die Beatles und Housemartins genannt wurden, kam mir sofort und dann immer drängender eine andere aufgelöste Gruppe in den Sinn: Stereo Inn erinnerten mich mit ihren lockeren Melodien und der unverkrampft fröhlichen Musik an die Lucksmiths. Das war nicht nur gut, es war vor allem auch über die Distanz von 45 Minuten kurzweilig.
Obwohl in der Umbaupause für eine ganze Band angerichtet wurde, kamen anschließend zunächst nur Julia und Simon Indelicate auf die Bühne. Bei den beiden weiß man vorher nie recht, in welcher Konstellation und mit welchen Mitmusikern sie auftreten. The Indelicates sind eben ein Duo, das um mehr oder weniger feste Musiker ergänzt wird. Bei meinem letzten Indelicates Konzert im Sommer im Bett in Frankfurt spielten Simon und Julia alleine. Und so begannen sie jetzt eben auch; sie hinter dem Keyboard sitzend und er mit ziemlich verstimmter Gitarre stehend.
Nachdem sie mir mit dem ersten Stück New art for the people (einem Liebling) gleich wieder gezeigt hatten, warum ich sie so mag, bewies Simon danach, daß auch das zwischen den Liedern bei den Indelicates so unterhaltsam ist. "Wir sind nicht hier, um unser neues Album zu promoten, ich hasse so etwas, das ist Mist! Wir promoten lieber unsere dritte Platte David Koresh Superstar, die irgendwann erscheinen wird. Bis dahin habt ihr aber wieder vergessen, daß wir dafür Werbung gemacht haben!"
Von dem Waco-Konzeptalbum folgte dann I am Koresh, dies blieb aber auch der einzige Appetitanreger, das Bewerben der Platte, die wieder auf ihrem eigenen Label Corporate Records (nach dem Prinzip: bezahl für den Download soviel, wie du willst) erscheinen wird, wurde also eher subtil beworben.
Weil es die eigentlich aktuelle Platte Songs for swinging lovers schon eine Weile gibt, sind mir die Lieder mittlerweile extrem vertraut - und, wichtiger, sie ziehen live hervorragend! Auch wenn ich den akustischen Anfang schon sehr mochte, wirkten in dem kleinen Club die schmissigen Stücke mit viel Band und Lautstärke heute noch besser. Your money oder America waren herrlich druckvoll und laut, natürlich auch, weil da die Band dabei war.
Die zusätzlichen drei Musiker standen am Bühnenrand und bekamen bei Roses die Ansage, sich diskret auf ihre Plätze zu begeben. Den Bassisten Laurence Owen kannte ich, er war im Sommer schon einmal dabei. Neu war der Schlagzeuger (Neil) und der zweite Gitarrist, der hinten hinter Julia in die Ecke musste. Dieser Gastmusiker ist im Indelicates und Art Brut Umfeld für mich eine Art Legende, von ihm und seinen Bands las ich nämlich immer wieder, von den Art Goblins zum Beispiel, in denen auch Eddie Argos und Jasper Future von Art Brut spielen. Die Indelicates hatten mir in einem Interview von den Konzerten einer britischen Supergroup erzählt, bei der fünf oder sechs Gitarristen spielen, ohne zu wissen, wie das Lied geht. Die Band heißt Keith TOTP (And His Minor UK Indie Celebrity Allstar Backing Band) und ihr Kopf Keith spielte also heute die zweite Gitarre. Er hatte davon erst Montag erfahren, weil der der reguläre Gitarrist ausfiel. "His passport didn't work," erklärte Simon.
Keith TOTP bat direkt um mehr Licht, er konnte nämlich seine Zettel, auf denen er die Akkorde der Lieder notiert hatte, nicht lesen! Trotz Simons ungestimmter Gitarre und der neuen Musiker war das Konzert aber toll wie immer! Die fehlende Eingespieltheit wurde herrlich überbrückt. Bei Our daughters will never be free gibt es eine Phase, in der die Basedrum regelmäßige Einsätze hat. Damit Neil das nicht verpatzt, zeigte Simon jeden dieser Trommelschläge an, herrlich!
Nach dem Lied war vorerst Schluß, also zumindest im Prinzip. "Jetzt kommen die Zugaben, stellt euch vor, wir verlassen die Bühne, aber wir bleiben hier!" erklärte Simon. Julia, die sehr gut deutsch spricht, erzählte dann, daß sie bei Konzerten in Österreich und Deutschland immer gedacht habe, die Leute riefen danach "Buchstaben, Buchstaben", um die zusätzlichen Lieder zu verlangen. Und sie habe nie verstanden, was das solle.
Natürlich riefen auch wir nach Jerusalem "Buchstaben, Buchstaben" und bekamen damit die grinsenden Indelicates zurück auf die Bühne. Aber nur Simon und Julia. Die anderen drei Musiker standen in der ersten Reihe, während die beiden fragten, was wir noch hören wollten. Ich bin für so etwas immer zu schüchtern. Aber einen meiner Wunschtitel (Fun is for the feeble minded) brüllte jemand anderes nach vorne: Gitarrist Keith TOTP...
Ein wundervolles Konzert, und ich freue mich auf das nächste! Geht hin, seht euch die Indelicates an und fordert Buchstaben!
Setlist The Indelicates, Sonic Ballroom, Köln:
01: New art for the people
02: I am Koresh
03: Sixteen
04: Savages
05: Roses
06: We love you, Tania
07: Your money
08: Europe
09: Flesh
10: America
11: Stars
12: Ill
13: Be afraid of your parents
14: Our daughters will never be free
15: Waiting for Pete Doherty to die
16: Jerusalem
17: Julia, we don't live in the 60s (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
The Indelicates, Frankfurt, 05.08.10
The Indelicates, Köln, 09.06.10Ort: Sonic Ballroom, Köln
Datum: 02.12.2010
Dauer: The Indelicates 75 min, Stereo Inn 45 min
Nein, nein, es ist immer noch nicht langweilig, die Indelicates schon wieder zu sehen. Auch heute haben es Julia und Simon Indelicate verstanden, ein wundervolles Konzert mit hohem Unterhaltungswert abzuliefern.
Eröffnet wurde der Abend von Stereo Inn aus Köln, einer fünfköpfigen Band, deren Dresscode rot-schwarze Holzfällerhemden vorschreibt. Die beiden Gitarristen Fabio und Lukas singen abwechselnd, meist aber gemeinsam, und da ihre Stimmen hervorragend zueinander passen, konnten sie damit sofort punkten. Die weiteren Bandmitglieder sind Olli (Schlagzeug*), Guido (Bass) und Gonzo (Keyboard). Der Mann mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen (hoffentlich!) spielte aber nicht nur Keyboard, er bediente auch bei mehreren Stücken ein Akkordeon und einmal mit der rechten Hand Melodica und mit der linken sein Piano. Auch wenn als Referenzen auf der Sonic Ballroom Seite die Beatles und Housemartins genannt wurden, kam mir sofort und dann immer drängender eine andere aufgelöste Gruppe in den Sinn: Stereo Inn erinnerten mich mit ihren lockeren Melodien und der unverkrampft fröhlichen Musik an die Lucksmiths. Das war nicht nur gut, es war vor allem auch über die Distanz von 45 Minuten kurzweilig.
Obwohl in der Umbaupause für eine ganze Band angerichtet wurde, kamen anschließend zunächst nur Julia und Simon Indelicate auf die Bühne. Bei den beiden weiß man vorher nie recht, in welcher Konstellation und mit welchen Mitmusikern sie auftreten. The Indelicates sind eben ein Duo, das um mehr oder weniger feste Musiker ergänzt wird. Bei meinem letzten Indelicates Konzert im Sommer im Bett in Frankfurt spielten Simon und Julia alleine. Und so begannen sie jetzt eben auch; sie hinter dem Keyboard sitzend und er mit ziemlich verstimmter Gitarre stehend.
Nachdem sie mir mit dem ersten Stück New art for the people (einem Liebling) gleich wieder gezeigt hatten, warum ich sie so mag, bewies Simon danach, daß auch das zwischen den Liedern bei den Indelicates so unterhaltsam ist. "Wir sind nicht hier, um unser neues Album zu promoten, ich hasse so etwas, das ist Mist! Wir promoten lieber unsere dritte Platte David Koresh Superstar, die irgendwann erscheinen wird. Bis dahin habt ihr aber wieder vergessen, daß wir dafür Werbung gemacht haben!"
Von dem Waco-Konzeptalbum folgte dann I am Koresh, dies blieb aber auch der einzige Appetitanreger, das Bewerben der Platte, die wieder auf ihrem eigenen Label Corporate Records (nach dem Prinzip: bezahl für den Download soviel, wie du willst) erscheinen wird, wurde also eher subtil beworben.
Weil es die eigentlich aktuelle Platte Songs for swinging lovers schon eine Weile gibt, sind mir die Lieder mittlerweile extrem vertraut - und, wichtiger, sie ziehen live hervorragend! Auch wenn ich den akustischen Anfang schon sehr mochte, wirkten in dem kleinen Club die schmissigen Stücke mit viel Band und Lautstärke heute noch besser. Your money oder America waren herrlich druckvoll und laut, natürlich auch, weil da die Band dabei war.
Die zusätzlichen drei Musiker standen am Bühnenrand und bekamen bei Roses die Ansage, sich diskret auf ihre Plätze zu begeben. Den Bassisten Laurence Owen kannte ich, er war im Sommer schon einmal dabei. Neu war der Schlagzeuger (Neil) und der zweite Gitarrist, der hinten hinter Julia in die Ecke musste. Dieser Gastmusiker ist im Indelicates und Art Brut Umfeld für mich eine Art Legende, von ihm und seinen Bands las ich nämlich immer wieder, von den Art Goblins zum Beispiel, in denen auch Eddie Argos und Jasper Future von Art Brut spielen. Die Indelicates hatten mir in einem Interview von den Konzerten einer britischen Supergroup erzählt, bei der fünf oder sechs Gitarristen spielen, ohne zu wissen, wie das Lied geht. Die Band heißt Keith TOTP (And His Minor UK Indie Celebrity Allstar Backing Band) und ihr Kopf Keith spielte also heute die zweite Gitarre. Er hatte davon erst Montag erfahren, weil der der reguläre Gitarrist ausfiel. "His passport didn't work," erklärte Simon.
Keith TOTP bat direkt um mehr Licht, er konnte nämlich seine Zettel, auf denen er die Akkorde der Lieder notiert hatte, nicht lesen! Trotz Simons ungestimmter Gitarre und der neuen Musiker war das Konzert aber toll wie immer! Die fehlende Eingespieltheit wurde herrlich überbrückt. Bei Our daughters will never be free gibt es eine Phase, in der die Basedrum regelmäßige Einsätze hat. Damit Neil das nicht verpatzt, zeigte Simon jeden dieser Trommelschläge an, herrlich!
Nach dem Lied war vorerst Schluß, also zumindest im Prinzip. "Jetzt kommen die Zugaben, stellt euch vor, wir verlassen die Bühne, aber wir bleiben hier!" erklärte Simon. Julia, die sehr gut deutsch spricht, erzählte dann, daß sie bei Konzerten in Österreich und Deutschland immer gedacht habe, die Leute riefen danach "Buchstaben, Buchstaben", um die zusätzlichen Lieder zu verlangen. Und sie habe nie verstanden, was das solle.
Natürlich riefen auch wir nach Jerusalem "Buchstaben, Buchstaben" und bekamen damit die grinsenden Indelicates zurück auf die Bühne. Aber nur Simon und Julia. Die anderen drei Musiker standen in der ersten Reihe, während die beiden fragten, was wir noch hören wollten. Ich bin für so etwas immer zu schüchtern. Aber einen meiner Wunschtitel (Fun is for the feeble minded) brüllte jemand anderes nach vorne: Gitarrist Keith TOTP...
Ein wundervolles Konzert, und ich freue mich auf das nächste! Geht hin, seht euch die Indelicates an und fordert Buchstaben!
Setlist The Indelicates, Sonic Ballroom, Köln:
01: New art for the people
02: I am Koresh
03: Sixteen
04: Savages
05: Roses
06: We love you, Tania
07: Your money
08: Europe
09: Flesh
10: America
11: Stars
12: Ill
13: Be afraid of your parents
14: Our daughters will never be free
15: Waiting for Pete Doherty to die
16: Jerusalem
17: Julia, we don't live in the 60s (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
The Indelicates, Frankfurt, 05.08.10
The Indelicates, Heidelberg, 14.08.08
The Indelicates, Frankfurt, 12.08.08
The Indelicates, Münster, 30.04.08
The Indelicates, Köln, 24.04.08
The Indelicates, Köln, 04.10.07
The Indelicates, Frankfurt, 30.09.07
- unser Interview mit den Indelicates
1 Kommentare :
Hach, da freu ich mich drauf. Was ist denn jetzt aus dem versprochenen Weihnachtslied geworden?
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