Sonntag, 5. November 2017

Wolf Alice, Köln, 02.11.17


Konzert: Wolf Alice
Ort: Luxor, Köln
Datum: 02.11.2017
Dauer: Wolf Alice 75 min, The Magic Gang gut 25 min
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft




Ich glaube, man nennt den Stil von Wolf Alice Nu Grunge. Aber was weiß ich schon, ich mochte den alten schon nicht.* Eigentlich würde ich also alles meiden, was ein Etikett mit "Grunge" dran trägt. Dummerweise hatte ich Wolf Alice aber ganz unvorbereitet und daher unvoreingenommen beim End Of The Road Festival kennengelernt und mich spontan in Lieder wie den verloreren Elastica-Song Blush verliebt.


Irgendwann erschienen danach die ersten EPs, die in den Jahren danach Wahnwitzig wertvoll wurden. Um Wolf Alice entstand ein enormer Hype, vor allem in Großbritannien. In Deutschland wurde die Band vor allem durch die Riesenhallen-Tour als alt-J-Support bekannt. 2015 erschien die erste Platte My love is cool, vor anderthalb Monaten Nummer zwei Visions of a life, beide erreichten Platz zwei der britischen Charts. Der allgemeinen Charts, nicht der Indie-Hitparade. Ich höre die Platten nicht schrecklich oft, obwohl sie sehr gut sind, für mich sind Wolf Alice eine Live-Band. Gut, das sind die meisten, bei der Gruppe aus London gilt das aber besonders.


Als ich im Luxor ankam, liefen die Ramones (diese Band von den H&M-Shirts). Pünklich um acht stoppte die Kassette und The Magic Gang kamen auf die Bühne. Wenn ich nach dem Äußeren gegangen wäre und vom T-Shirt des Sängers auf den Musikstil geschlossen hätte, hätte ich richtig gelegen. Die mir unbekannte vierköpfige Gruppe aus Brighton machte ringelshirtartigen Indiepop, das erinnerte mal an Teenage Fanclub und war hörenswert und kurzweilig.

Setlist The Magic Gang, Luxor, Köln:

01: Lady, please
02: All this way
03: Only waiting
04: No one else
05: New banger (?)
06: Your love
07: Alright
08: How can I compete
09: All that I want is you


Was mich bei Wolf Alice erwarten würde, wusste ich. Zwar war es in den letzten Jahren nicht immer einfach, die Briten zu sehen, mal fielen Konzerte aus, weil Wolf Alice für Preise nominiert waren (gewonnen haben sie u.a. zwei NME-Awards, nominiert waren sie auch für den Mercury Prize), mal musste ich dafür wie erwähnt zu alt-J gehen.

Wolf Alice sind Frontfrau (und Gitarristin) Ellie Rowsell, Gitarrist Joff Oddie, Bassist Theo Ellis und Schlagzeuger Joel Amey. Ellie singt in zwei Mikros, eines verzerrt, eines normal. Das sieht immer ein wenig nach einer Pressekonferenz aus. Ellie und Bassist Theo wechseln ihr Aussehen von Konzert zu Konzert, das ich sehe. Ellie sah diesmal aus wie Eleven in der zweiten Hälfte von Stranger Things 2, Theo hatte mal wieder Haare und blieb das ganze Konzert lang weitestgehend angezogen. Die beiden Männer rechts und links der Sängerin bewegen sich während eines Auftritts irre viel und schwitzen ganz ordentlich. Ob das der Grund war, warum der Roadie unmittelbar vor Konzertbeginn noch mit Frischhaltefolie am Pedalbrett von Joff arbeitete, weiß ich nicht. Mir fiel aber keine andere Erklärung als Schweißschutz ein.

Es ist eine eiserne Regel, daß man Konzerte mit dem ersten Lied der aktuellen Platte beginnt, fast jede Band macht das so, wenn ein Album betourt wird. Wolf Alice sind da keine Ausnahme, Heavenward war das erste Stück des Abends, gefolgt vom Lied zwei von Visions of life, dem wuchtigen Yuk fu. Sie spielten am Anfang ohne Pausen. Zwischen Yuk fu und dem tollen You're a germ (erste Platte) blieb gerade mal Zeit für einen "I love you Theo" Zuruf. Wolf Alice haben mittlerweile so viel Material, daß sie wohl möglichst viel davon unterbringen wollten.** Apropos soviel Material und Theo...: der Bassist wechselte regelmäßig sein Instrument. Mindestens drei Bässe hatte er im Einsatz. Ich höre zwischen Bässen keinen Unterschied, es ist aber sicherlich musikalisch sinnvoll und keine Poserei. Mich erstaunte aber, daß teilweise von Lied zu Lied der Bass gewechselt wurde, das spricht für mich für sehr prefessionelles Herangehen an den Job.


Das Repertoire von Wolf Alice ist ein wenig speziell. Das stilistische Spektrum der Band ist riesig, man kann ihr wirklich nicht vorwerfen, nur Variationen des immer gleichen Lieds zu schreiben. Weil die Spanne so groß ist, vom Popsong zu ziemlich harten Rock- oder Grungeliedern, sind eben trotz der vielen großen Hits auch immer mal wieder Songs dabei, die mich nicht umhauen. Bei Konzerten ist das aber gar nicht dramatisch, weil die Bandlive fantastisch ist und sich das aufs Publikum überträgt (wäre das männlicher und daher rowdyhafter gewesen, wären wir mit blauen Flecken rausgegangen). 

Neben den offensichtlichen Hits wie Blush, Fluffy, Moaning Lisa smile und Bros gefiel mir Silk besonders gut, das hatte ich bisher gar nicht wirklich beachtet. Visions of a life, der Titelsong vom neuen Album, löste bei mir ZZ Top-Assoziationen aus, diese Gitarren... puh!

Auch wenn ich nicht jedes Lied gleich liebe, war das Konzert sehr gut. Mit Wolf Alice-Konzerten kann man nichts falsch machen, dafür würde ich sogar noch mal zu alt-J gehen.  

Setlist Wolf Alice, Luxor, Köln:

01: Heavenward
02: Yuk foo
03: You're a germ
04: Your loves whore
05: St. Purple & Green
06: Don't delete the kisses
07: Formidable cool
08: Silk
09: Lisbon
10: Planet hunter
11: Beautifully unconventional
12: Moaning Lisa smile
13: Sadboy
14: Space & time
15: Bros
16: Visions of a life
17: Fluffy

18: Blush (Z)
19: Giant peach (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
-
Wolf Alice, Frankfurt, 03.09.16
- Wolf Alice, Köln, 12.02.16
- Wolf Alice, Offenbach, 07.02.15
- Wolf Alice, Larmer Tree Gardens, 30.08.13 


* und ich hatte da wirklich gute Gründe! Grunge haben Bands wie Galaxie 500 getötet, weil plötzlich alles so klingen sollte wie Nirvana.
** auf beiden Platten sind zwölf Lieder, meine iTunes-Sammlung umfasst 36 Stücke





 

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