Donnerstag, 5. November 2015

Beach House, Köln, 04.11.15


Konzert: Beach House
Ort: Gloria Theater, Köln
Datum: 04.11.2015
Dauer: Beach House knapp 90 min, Dustin Wong gut 30 min
Zuschauer: 400 - 500 (nicht ausverkauft)



Wie sage ich es am besten?
Beach House, das franko-amerikanische Duo aus Baltimore, hat sich in den letzten Jahren immer mehr in mein Herz gespielt. Wundervolle Platten, vor allem aber atemberaubend schöne Konzerte hatten da keine große Mühe. Als für 2015 ein neues Album angekündigt wurde, nahm ich also sehr vorfreudig auf. Bei den meisten Neuveröffentlichungen bin ich lahm. Ich höre keine Streams vorab, lasse mich nicht "bemustern" (schreibe ja auch nicht über Platten - das kann ich nämlich noch weniger) und brauche auch, wenn ich die Platte schließlich in der Hand halte, oft noch ewig bevor ich sie höre. Neue Musik auf Konzerten kennenzulernen, ist ja eh viel spannender (und spart Zeit), da sind wir Konzertjunkies uns wohl einig. Das Ende August erschienene Album Depression cherry habe ich daher zunächst einmal über viele Kritiken kennengelernt. Die meisten dieser Urteile waren wenig euphorisch, was meine Motivation hemmte, die Platte endlich zu hören. Bei Herzensangelegenheiten, bei denen man ahnt, daß es nicht mehr so passt, verdrängt man ja gerne mal alles weg. Bevor ich mich dann wirklich mit dem Album mit dem Samt-Cover beschäftigen konnte, erschien plötzlich im Oktober schon wieder eines (mit schönerem Cover und dem Titel Thank your lucky stars). 


Thank your lucky stars erhielt in meinem Umfeld bessere Noten, selbst habe ich die Platte bisher nur ins Regal geräumt. Ich muß auch beim Hören die Reihenfolge beachten.

Mein Konzertabend war also weniger von beachhousetypischer Vorfreude als von Skepsis geprägt. Daß noch dazu meine Konzertverabredungen nach und nach absagten ("wissen die mehr als ich?"), verkleinerte meine Unsicherheit nicht. 

Als ich um kurz vor acht im Gloria ankam, war der Saal noch sehr leer. Auf der Bühne stand ein Stuhl, auf dem ein einzelner Musiker mit Gitarre Platz nahm und etwas später anfing, ein Lied mit immer wieder aufgenommenen Gitarrenloops aufzubauen. Ich mochte das am Anfang (R.E.M.-Phase des Auftritts), irgendwann glitt der eine Song, den Dustin Wong spielte, aber immer mehr in die Gitarrenversion eines Mike Oldfield Megamixes ab. Ich war mit 13 (oder so) riesiger Mike Oldfield Fan, bin es aber nicht mehr, wie ich beim Vorprogramm feststellen musste. Gegen Ende des halbstündigen Sets sang Dustin noch (wortlos und sehr laut).

Der Umbau zu Beach House bestand vor allem darin, Beamer auf der Bühne aufzubauen bzw. auf den Hintergrund auszurichten. Als die Band um neun auftrat, bleib es auf der Bühne aber zunächst stockdunkel. Victoria Legrand und Alex Scally wurden von zwei weiteren Musikern begleitet, einem Keyboarder und Bassisten und einem Schlagzeuger (Skyler Skjelset und Graham Hill?).

Viele der ersten Lieder stammten von den beiden neuen Alben. Am Anfang war mit Walk in the park nur ein alter Liebling dabei. Es klang an diesem Abend alles restlos großartig, der Sound im Gloria war brillant. Und die (mir) neuen Stücke hatten sehr viel Beach House in sich, es war ein harmonisch-schönes Konzert, das ich sehr geliebt hätte, hätte ich die Band nicht vorher schon gesehen. Der Fluch der frühen Platten ist nämlich, daß Beach House Konzerte bisher eine Aneinanderreihung von Riesenhits war. Natürlich ist es unfair und vermutlich auch unseriös, wenn ich über Lieder urteile, die ich vorher noch nie gehört hatte. Aber von den vielen mir unbekannten Stücken bleib keines hängen, wie das Myth, Lazuli, Norway, Zebra, New year, Irene, Wishes, 10 mile stereo und die vielen anderen taten. Es war nicht etwa so, daß die Beach House Ästhetik  bei den Stücken der beiden 15er Platten fehlte, sie klangen alle sehr schön, keines hatte aber den besonderen Pfiff, um es irgendwann in die Reihe oben einzuordnen.

Victoria und Alex verzichteten offenbar ganz bewußt auf viele ihrer Standards. Ein Beach House Konzert ohne Zebra oder Lazuli erschien mir bisher unmöglich zu sein.  Ob es daran lag, daß die Tour keine bloß zu einem Album ist oder an bewußtem Verzicht auf die immer gleichen ollen Kamellen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Daß aber gerade die in meiner Wahrnehmung größten Hits fehlten, fand ich komisch.

Den jüngeren Lieder gegenüber war es ungerecht, ans Ende des Abends - als zweite Zugabe - Irene zu setzen. Der Song von Bloom (2012) war herrlich lang, wurde immer lauter und machte deutlich, was für große Songschreiber Victoria und Alex sind. 

Noch etwas war komplett anders als bei meinen ersten Beach House Konzerten... Sängerin Victoria sprach. Bisher hatte ich die lockige Frau wortkarg in Erinnerung, in Köln sprach die Frau dauernd. Sie war blendend gelaunt, antwortete auf Zurufe, fragte, ob das Gloria wirklich früher ein Pornokino gewesen sei und welche Filme da gelaufen seien (auf die Antwort eines Zuschauers reagierte sie mit "you teach me dirty stuff") und überbrückte technische Probleme mit Geplauder über Sprachen in anderen Ländern.

Nein, das war nicht mein bestes Beach House Konzert. Objektiv (bin ich nicht) war es sicher ein gutes, mir fehlte all der verhutschelte Zauber (puh...) früherer Auftritte.

Setlist Beach House, Gloria, Köln:

01: Levitation 
02: Beyond love 
03: Walk in the park 
04: PPP 
05: All your yeahs 
06: Silver soul 
07: Space song 
08: Gila 
09: 10 mile stereo 
10: The traveller 
11: Master of none 
12: Sparks 
13: One thing 
14: Myth 

15: 10:37 (Z) 
16: Irene (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Beach House, Esch-sur-Alzette, 21.03.13
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- Beach House, Frankfurt, 29.08.12
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- Beach House, Frankfurt, 16.08.10
- Beach House, Paris, 03.06.10
- Beach House, Paris, 20.02.10
- Beach House, Paris, 24.05.08



1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Ich war an den Beach House Konzerten letzte Woche am Pitchfork Festival Paris (riesig) und im Gloria (intim). Beide Male hat das Konzert wunderbar funktioniert. Ich stimme zu, dass die neuen Songs ein bisschen Zeit brauchen. Aber Beyond Love, All your Yeahs, Space Song, One Thing oder PPP stehen den bekannten Hits aus der Teen Dream und Bloom Zeit in überhaupt nix nach. Im Gegenteil, sie entwickeln sich sehr grossartig. Scheinbar im Gegensatz zu Dir stürze ich mich auf eine neue Platte, wenn sie rauskommt, hole mir eine Flasche Wein und kann nicht mehr aufhören, das Album zu hören. Habe so auch schon eine Nacht nach einer Veröffentlichung durchgemacht. Thank Your Lucky Stars war ja auch ein Geschenk, da kam die Platte aus den USA tatsächlich genau zum Veröffentlichungstermin in der Schweiz an, sie wurde somit eine Woche früher verschickt. Ich wünsche Dir viel Spass an einem Beach House Konzert im nächsten Sommer, bestenfalls unter Sternenhimmel, wenn Du die neuen Lieder schon kennst und sich die alte Liebe zur Band neu entfacht hat.

 

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