Konzert: Chorusgirl
Ort: Midlands Railway Centre, Ripley (Indietracks)
Datum: 25.07.2015
Zuschauer: ein paar hundert
Beim Indietracks Festival im Midlands Railway Centre bei Ripley ist alles wundervoll. Beispiele? Vor dem Lokschuppen, in dem die Indoorbühne ist, steht eine Dampfwalze, die regelmäßig den Dosenmüll der Besucher plattmacht. Gleich gegenüber steht der Eulenzüchter mit seinen Tieren und betreibt einen Twee-Pop-Streichelzoo. Im zentralen Treffpunkt, dem Merchzelt, spielen immer wieder Musiker, die nicht im Lineup stehen, aber als Fan da sind, kurze Spontankonzerte (dieses Jahr u.a. Bill Botting von Allo Darlin' mit seiner Schwester, Amelia Fletcher von Heavenly oder Cris Romero von The Royal Landscaping Society - am 29.01.16 in Köln und am 30.01.16 in Berlin!).
Auch die Organisation ist perfekt. Das Festival ist auf drei Tage verteilt, allerdings spielen am Freitag nur drei Bands (Fever Dream, The School und Cinerama 2015). Die anderen rund 50 Künstler verteilen sich auf die anderen beiden Tage. Da abends das Liveprogramm um 22.15 h endet, beginnt es eben früher. Die erste Band am Samstag spielte schon um 13 h auf der Indoorbühne. Auch wenn ich dieses Jahr erstaunlich viele Künstler kannte - das ist keine Koketterie, trotz meines Tweepop-Hintergrunds bin ich Jahr für Jahr ahnungslos und kenne höchstens 10% der Bands - und Kennen heißt dabei, daß ich den Namen schon mal gehört habe - sind der Großteil des Lineups Blinddates. Mit dem Sampler des Festivals, auf dem ein Lied pro Act ist, kann man sich erste Eindrücke verschaffen. Da man aber eigentlich beim Indietracks nichts falsch machen kann und immer zehn großartige Konzerte sehen wird, ist auch die Ein-Lied-Vorbereitung absolut ausreichend.
Bei Chorusgirl reichte mir das Sampler-Lied (No moon) vollkommen aus, um früh aufs Gelände zu fahren. Chorusgirl - so lernte ich in Festivalprogramm - seien ein "London-based noisepop 4-piece", das irgendwo zwischen Lush, Pulp, den Breeders, The Cure, den Bangles und Surfpop festzumachen sei.
Mich begeisterten Chorusgirl sofort. Die Stimme von Sängerin Silvi (einer Deutschen, das wusste ich da aber noch nicht) ist herrlich rotzig und erinnerte mich an meine alte Heldin Hazel O'Connor. Außer New moon kannte ich natürlich nichts. Die Debütplatte der Band erschien erst jetzt, fast ein halbes Jahr nach dem Auftritt. Aber auch das ist typisch fürs Indietracks. Bands, die erst ein paar Singles oder eine EP veröffentlicht haben, sind wirklich keine Ausnahme im Lineup. Jetzt, Monate später, läuft Chorusgirl bei mir hoch und runter. Die Platte erschien bei Fortuna POP!, so weit, so wenig überraschend. Daß sie im Kölner Studio der wundervollen Locas In Love aufgenommen wurde, überraschte mich sehr. Produziert wurde das Album von Jan Niklas Jansen, seine beiden Locas-Kollegen Saskia (Schlagzeug) und Maurizio (Ex-Schlagzeug) spielen auch auf der Platte mit. Schöne kleine Indiewelt!
Neben No moon war Girls of 1926 ein besonderer Knüller. Aber das Highlight kam am Schluß mit Oh, to be a defector. Dazu bat Silvi einen Indiepop-Frauenchor auf die Bühne (u.a. mit Alice von den Cosines, Bev von den Tuts).
Am Anfang habe ich übrigens gelogen... Mir gefällt nicht alles beim Indietracks. Ich hasse es Jahr für Jahr wieder, wie viel ich wegen paralleler Konzerte verpasse. Und wie viele Berichte ich eigentlich schreiben müsste, um ein-zwei-Single-Bands mehr Leuten vorzustellen. Chorusgirl sind so eine Band. Es wäre eine Schande, deren tollen Auftritt in Ripley zu verheimlichen.
Setlist Chorusgirl, Indietrack, Ripley:
01: Alone
02: No moon
03: Shiver
04: Girls of 1926
05: This town kills
06: Oh, to be a defector
1 Kommentare :
fein!
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