Donnerstag, 2. Juli 2009

Regina Spektor, Paris, 01.07.09


Konzert: Regina Spektor

Ort: Le Bataclan, Paris
Datum: 01.07.2009

Zuschauer: vermutlich ausverkauft

Temperatur: gefühlte 57 ° Celsius


"Machen sie einmal eine typische Handbewegung", hieß es in Robert Lembkes Ratesendung "Was bin ich?" immer und dann demonstrierte der Gast, dessen Beruf gesucht werden mußte, welchen Handgriff er am häufigsten in seinem Job ausübte.

Die typische Handbewegung des heutigen Konzertabends war ein heftiges Fecheln von links nach rechts und von rechts nach links, um die aufgehitzte Luft im Bataclan umzuwühlen und so scheinbar für Abkühlung zu sorgen. Der zu erratende Beruf war "Besucher bei einem Regina Spektor Konzert am 1. Julli." Die ganze Fechelei half aber nicht viel, denn es blieb unerträglich heiß. Und dies obwohl einige Zuschauer gut vorbereitet waren und Fächer mitgebracht hatten, während weniger gut präparierte Zeitgenossen die vor der Tür verteilten Flyer zur Hand nahmen.

Vorne auf der Bühne versuchte die dralle Regina Spektor gute Miene zum bösen Spiel zu machen, was ihr auch sehr gut gelang. Sie spielte nämlich begleitet von Streichern ein scheußliches Lied nach dem anderen und lächelte trotzdem wie ein Honigkuchenpferd - Nein, Spaß beiseite ganz so übel war ihre Klimperei auch nicht und wenn man eine romatische Ader hat, konnten man ihren Songs durchaus Berührendes abgewinnen. Auf mich wirkte das aber alles einen Tick zu kitschig (ein älteres Album heißt bezeichnenderweise ja auch schon Soviet Kitsch), bombastisch und gekünstelt und in schlimmen Momenten erinnerte sie mich gar an Kate Nash, was eine wahrlich unschöne Assoziation ist. Das Publikum um mich rum, zum Großteil bestehend aus braven 16-23 jährigen Mädchen aus gutem Hause, deren andere Lieblingskünstler mit großer Wahrscheinlichkeit Feist, Tori Amos, Björk und Bat For Lashes heißen, schien hingegen entzückt. Es fraß dem Lockenköpfchen am Klavier förmlich aus der Hand und fand jede kleine Ansage der New Yorkerin mit russischen Wurzeln charmant und hochgradig witzig. Mein persönlicher Geduldsfaden platzte, nachdem sich die Spektor eine mintgrüne Gitarre vor die üppige Oberweite geschnallt hatte (Machospruch, ich weiß, aber dieses Foto von einem Flickr Kollegen wurde über 15.000 mal angesehen, warum wohl?) und darauf zwei ziemlich beknackte Nummern vorgetragen hatte. In einem Lied (Bobbing For Apples) hieß es textlich: "Someone's next door's fucking to one of my songs." Das provozierte ein Jauchzen der Entzückung bei den jungen braven Girlies im Publikum, die sich wohl herzlich danach sehnen, auch einmal in ihrem Leben ein wenig frech, vulgär und provokant zu sein, ich hingegen reagierte eher genervt, weil ich es eigentlich schon immer überflüssig fand, den Liebesakt mit einer bestimmten Musik zu untermalen.

Fazit: Nicht mein Wetter! Weder die Musik noch die Hitze im Bataclan! Nach Après Moi hatte ich genug von dieser Veranstaltung und eilte zu meinem Freund Thos Henley ins nahe gelegene Pop In.

Warum ich überhaupt zu der Spektor gegangen bin? Neugierde glaube ich...

Setlist Regina Spektor, Le Bataclan, Paris (Merci beaucoup à Michael!):

01: The Calculation
02: Eet
03: Time is all around
04: One More Time With Feeling
05: Machine
06: Blue lips
07: Laughing With
08: On The Radio
09: Bobbing For Apples
10: That Time
11: Après Moi
12: Poor Litlle Rich Boy
13: Human Of The Year
14: Lacrimosa
15: Ne Me Quitte Pas
16: Man Of A Thousand Faces
17: The Flowers
18: Samson
19: Dance Anthem Of The 80s
20: Ghost Of A Corporate Future
21: Us
22: Fidelity

Anmerkung:

Die Fotos stammen von Michael C. Merci encore à Michael. Bien fait!



2 Kommentare :

E. hat gesagt…

die liveerfahrung teile ich zwar nicht, aber ich war immer angetan von der musik reginas. auch vom neuen album. sehr überraschend, dass wir zwei hier so sehr divergieren. hätte ich nicht gedacht. im gegenteil hätte ich mir begeisterung erwartet ob einer verspieltheit, die den bissigen texten die schamesröte ins gesicht treibt.

Oliver Peel hat gesagt…

Nun, es kommt eben vor, daß auch wir mal auseinanderliegen, Eike. Zumal Du Dich zu Acts wie Bat For Lashes, Amanda Palmer oder Dear Reader auch nicht gerade begeistert geäußert hast, obwohl sie musikalisch nicht weit von Regina Spektor entfernt sind.

Abschließend will ich aber noch einmal festhalten, daß ich das Konzert trotz geäußerter Kritik nicht miserabel fand, sondern insgesamt passabel. Auf einer Punkteskal bis zehn würde ich es mit 5,5 bis 6 Punkten bewerten.

Meine Handbewegung wäre also gewesen: Daumen weder nach oben noch nach unten, sondern zur Seite.

 

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