Dienstag, 27. Februar 2007

My Brightest Diamond & Rodeo, Paris, 26.02.07

Konzert: My Brightest Diamond & The Rodeo
Datum: 26.02.2007

Ort: Le Point Éphémère, Paris

Zuschauer: gerammelt voll


Volle Hütte heute abend zum Konzert von My Brightest Diamond, was wohl auch daran lag, daß der Gig kurzfristig von der Maroquinerie in das eher kleinere Point Éphémère verlegt wurde. Zum Glück habe ich den entsprechenden Bulletin bei MySpace gelesen, sonst wäre ich nichtsahnend zur Maroquinerie getigert...

Zunächst einmal lauschte ich aber den folkigen Klängen von The Rodeo, dem neuen Projekt der Sängerin Dorothée, die ansonsten bei der Pariser Band Hopper röhrt. Da ich Hopper vor allem wegen der Stimme von Dorothée mag, hatten The Rodeo leichtes Spiel bei mir. Schon die auf der MySpace-Seite bereitgestellten Songs "People know", "Your love is huge" und vor allem "I'm rude" haben mir auf Anhieb gefallen. Auch mit den musikalischen Einflüssen der Band kann ich etwas anfangen, denn dort finden sich solch illustre Namen wie z.B. Willy Mason, Cat Power und Bright Eyes. Da die zierliche Sängerin aber eine unverkennbare Rockröhren-Stimme hat, behält die Band ihre Eigenständigkeit. Dorothée wurde am heutigen Abend begleitet von einem Country-Violinisten und einem Schlagzeuger, der, soweit ich das richtig erkannt habe, ansonsten auch in Diensten von Hopper steht. Leider war das Set schnell zu Ende, was auch damit zu tun hatte, daß ich wesentlich zu spät gekommen bin, schade...

Ich werde mir aber The Rodeo, von denen es bisher keinerlei Tonträger zu kaufen gibt, bei Gelegenheit wieder anschauen.

Dann wartete das fachkundige Publikum auf My Brightest Diamond aus Brooklyn, USA bzw. vielmehr auf die Frau, die dahinter steckt, nämlich Shara Worden. Letzgenannte erschien dann schließlich zunächst ganz alleine auf der Bühne und trug mit ihrer Klampfe "bewaffnet" zwei Stücke vor, die einen deutlich souligen, ja phasenweise chansonesquen Einschlag hatten. Kein Wunder im übrigen, da Shara aus einer Musikerfamilie mit einem breiten musikalischen Horizont stammt. Schon ihr Großvater war musizierender, evangelischer Wanderprediger, ihr Vater ein nationaler Akkordeon-Champion und ihre Mutter Organistin in der Kirche. So wuchs sie auf mit sunday morning gospel, klassischer Musik und Jazz. Und wie so oft bei klassisch ausgebildeten Musikern (sie hat an der Uni u.a. Debussy studiert), neigen sie dazu ,die gesamte Bandbreite ihres Könnens zu zeigen, was auch gewaltig nerven kann! Ja nerven! Nach den zwei Anfangsstücken fragte ich mich ernsthaft, ob ich das bis zum Schluß aushalten könne, da Shara ihre Stimme ähnlich einer Björk einsetzte. Zum Glück kamen dann aber ein Schlagzeuger und ein Gitarrist hinzu und das Konzert gewann mächtig an Dampf. Vor allem das an PJ Harvey erinnernde Stück "Something of an end" von ihrem Debütalbum "Bring me the workhorses" gefiel mir sehr gut. Was man da zu hören bekam, war schon fast Stoner-Rock, Josh "Queen of the stone age" Homme könnte sie also durchaus mal zu seinen berühmten Dessert Sessions einladen. Auch "Golden star" und "Disappear" waren stark und ich fand langsam aber sicher Gefallen an diesem Konzert. Zum Ende hin wurde es aber wieder phasenweise recht anstrengend, weil die Stimme von Shara einige Kapriolen schlug und es teilweise ziemlich jazzig wurde, was nicht so ganz mein Ding ist. Der letzte Song des offiziellen Sets war dann aber wieder etwas für mich, denn mit "Freak out" kam ein fetziges Stück, zu dem die kleine Sängerin, die ein grünes Kleid und eine rosa Strumpfhose trug, wie wild umherhüpfte. Für mich wäre das eigentlich schon ein würdiger Abschluß gewesen, aber die Zuschauer wollten mehr und sie bekamen auch mehr. Zunächst kam das zierliche Persönchen alleine zurück und trug zum größten Gefallen des Publikums ein Lied auf französisch vor. Ich glaube es handelte sich um ein Stück von Edith Piaf, bin mir aber nicht sicher. Das Stück kam logischerweise unglaublich gut an, zum einen weil Shara fast akzentfrei sang, zum anderen, weil sie das Lied zunächst aufgrund eines Lachkrampfes abbrechen mußte. Das hatte etwas sehr natürlich-symphatisches und spätestens jetzt waren die Pariser der Amerikanerin verfallen. "I think I was born in the wrong place", sagte sie dann auch belustigt, woraufhin ein frecher Zuschauer einwarf: "Where? In Iowa?" - "In Arkansas, that's worse", antwortete der neue Publikumsliebling schlagfertig.

Zur zweiten Zugabe kam ihre Band zurück und danach glaubte ich, daß das Konzert endgültig vorbei sei. Der Beifall war aber so tosend, daß Sharah noch einmal alleine zurückkam und barfuß ein Blues-Stück vortrug, zu dem sie mit den Füßen energisch auf den Boden trat. Wieder frenetischer Applaus und jetzt war ich sicher, daß Schluß sei. Aber erneut gefehlt, das Publikum hatte immer noch nicht genug und es gab noch eine Zugabe! Inzwischen hatte auch ich meine Reserviertheit abgelegt und klatschte begeistert in die Hände. Die kleine Sängerin verteilte gerührt Kußhände und ganz plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen. Um nicht hemmunglos zu weinen, verließ sie schnell die Bühne. Zwei junge Frauen rechts von mir konnten ihre Tränen aber nicht zurückhalten, so gerührt waren sie! Auch ich hatte einen Kloß im Hals. Einen solch intensiven Moment habe ich seit langem nicht mehr erlebt. My Brightest Diamond hat nicht nur mich verzückt. Ich glaube daran werde ich mich noch eine ganze Weile erinnern...

von Oliver


1 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

hi,

ich habe mbd am 14.2. in köln im gebäude 9 gesehen. ich kannte vorher nur die stücke, die im netz auffindbar sind, also das workhorse-album, einiges von mbd als sie noch awry hießen sowie soloauftritte von shara worden mit gitarre (ebenfalls die in ... paris).
da aber mbd angekündigt waren, habe ich gehofft um die solonummern drum herum zu kommen. auch mir gefallen die bandnummern besser als diejenigen, bei denen sie alleine spielt, und bei denen dadurch ihre stimme mehr im vordergrund steht, auch wenn ich mich gerade auf diese stimme bewusst eingelassen habe (sie ist ja irgendwie das stimmliche pendant zu scott walker, den ich ebenfalls sehr ansprechend finde).
das gebäude 9 war nur mit etwas mehr als 30 leuten belegt, trotzdem war eine irrsinnsstimmung da, so dass wir in der verdammt unterbelegten halle immerhin noch zwei zugaben bekommen haben. in köln ging das ohne tränen ab, aber bewegend fand ich es trotzdem, sie ist so ein kleiner irrwisch, der eine unglaubliche vitalität und energie aus diesem kleinen körper verstrahlt, so dass bei ihr auch kaum verzerrte gitarrenklänge wie härtester rock rüberkommen, weil sie den körper beim spielen verbiegt, sich wiegt, krümmt und stampft. man merkt einfach, dass sie für die musik lebt.

 

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