Freitag, 23. Februar 2007

The Decemberists & Lavender Diamond, Paris, 22.02.07

Konzertbericht The Decemberists & Lavender Diamond
Datum: 22.02.2007
Ort: La Maroquinerie, Paris
Zuschauer: seit langem ausverkauft, im Publikum auch etliche Amerikaner

Bevor ich mit dem eigentlichen Konzertbericht beginne, möchte ich kurz etwas klarstellen: wenn ich in meinen Artikeln oft von heißen Bräuten, schönen Frauen, Sexbomben etc. berichte, so dient das nur der Unterhaltung! Ich bin nämlich spießigerweise glücklich verheiratet und Cécile immer treu gewesen. So, das wäre gesagt, aber jetzt komme ich zu meinem Bericht, da wir hier ja nicht bei "Nur die Liebe zählt" sind, sondern bei meinzuhausemeinblog dem besten Blog im Internet ;-)

Frühzeitig hatte ich mich auf die Söckchen gemacht, um die Vorgruppe auch ja nicht zu verpassen. Von Lavender Diamond aus Los Angeles hatte ich nämlich in der Fachpresse schon viel Gutes gelesen. Zum Beispiel, daß sie Stars der Blogger-Szene seien und sie bald groß raus kämen. Bei dem Namen Lavender Diamond könnte man glatt an eine Sängerin denken, was auch gar nicht so falsch ist, da eine Sängerin im Mittelpunkt steht. Die Sängerin heißt aber Becky, Lavender Diamond ist nur der Name der Gruppe. Letztendlich ist das aber unerheblich, da sowieso nur alle Blicke auf die hübsche Becky gerichtet waren. Eine junge Dame, mit einer roten Blume im Haar, träumerischen Gesten und - nebenbei erwähnt - gesegnet mit einer schönen Stimme. Während des Konzertes versuchte ich meinen Blick ständig auf sie zu richten, um Lachkrämpfe zu vermeiden. Der Schlagzeuger der Band hatte nämlich Zöpfchen wie ein Mädchen, der Keyboarder hatte was von einem Geschichtslehrer, der zugunsten der Musik ausgestiegen ist und der Gitarrist war auch ein komischer Kauz. Dieses seltsame Völkchen sollte aber einen passenden Vorgeschmack auf die Hauptgruppe des heutigen Abends geben. Die Decemberists aus Portland, Oregon sind nämlich in punkto Kauzigkeit auch nicht ohne...

Ja, komisch sehen sie irgendwie aus, die Amerikaner. Sänger Colin Meloy hat etwas von einem Französischlehrer, der gerne mal einen guten Rotwein trinkt, der bärtige Drummer John Moen hat etwas von einem Neo-Hippie und Kontrabassist Nate Query könnte auch Fischer im Hauptberuf sein. An meiner Schilderung merkt ihr es schon. Cool und sexy sind die Decemberists nicht. Wollen sie aber auch gar nicht sein, sie kultivieren vielmehr ihre Kauzigkeit.
Das wirkt sich natürlich auch auf die Musik aus, die etwas von einer Seefahrer-Romantik vermittelt. Irgendwie schon was für Filzpantoffel-Träger, Atomkraftgegner oder ganz einfach für Pauker. Und um es voranzustellen, die Musik trifftet auch gerne mal ins Käsige ab!

Aber Schluß jetzt mit der Lästerei! Machen wir das Ganze nicht so schlecht! Denn um es gleich zu sagen: ich hatte einen tollen Abend!
Dies lag zum einen an dem unbestreitbaren Talent der Band schöne und herzerwärmende Melodien aus dem Hut zu zaubern und zum anderen an dem fabelhaft mitgehenden Publikum. Etliche Amerikaner hatten sich heute eingefunden und die sangen von Anfang an lauthals mit, so daß sofort eine wunderschöne Stimmung entstand. Ganz in meiner Nähe stand eine kleine Gruppe von jungen und gutgelaunten Yankees, darunter eine süße Blondine mit einer fabelhaften Kurzhaar-Frisur. Am Ende des Konzerts sagte ich ihr übrigens, daß mir ihr "Hair-Cut" außerordentlich gut gefalle, was sie aber nicht mit keinem Lächeln oder Dank quittierte. Dumme, arrogante Ziege, wollte doch nur nett sein!
Dafür standen aber andere Frauen im Publikum auf mich! Was aber wohl am Alkoholpegel der beiden Engländerinnen lag. Sie waren auf mich aufmerksam geworden, weil ich Notizen für diesen Blog in ein kleines Büchlein kritzelte. "Bist Du Journalist?", fragte mich die eine der Beiden. "Ähh, so was Ähnliches," stammelte ich etwas verlegen." Die Notizen schienen sie sehr zu interessieren, sie kam mir sehr nahe, sie hing mir förmlich fast an den Lippen. "Wie gefällt Dir das Konzert?", fragte sie mich." Nun, ziemlich gut, aber manchmal wird es etwas käsig", antwortete ich ihr. Sie widersprach nicht. Jetz kamen aber gerade die beiden besten Songs des Abends hintereinander, "Oh Valencia" und "16 Military Wives". "Meine" kleine Engländerin wollte fast mit mir schunkeln, was ich aber nicht mitmachte. Im nächsten Satz sagte sie dann, daß sie mit ihrem "Boyfriend" hier sei. Ich blickte nach hinten und sah einen Typen mit Brille und Professorenglatze der schon die Vierzig überschritten haben dürfte. Ich mußte mich beherrschen, nicht laut loszuprusten, dermaßen entsprach er dem Klischee-Bild, das ich vorhin von den Decemberists und ihren Fans gezeichnet hatte.
Trotzdem blieb die Kleine sehr anhänglich und auch ihre Freundin kam mir immer sehr nahe, so daß ich ihre Fahne riechen konnte. Meiner Stimmung tat das keinen Abbruch, ich erfreute mich an Hits wie dem Titeltrack des letzten Albums "The crane wife", oder dem das offizielle Set abschließende "Sons & Daughters". Ziemlich am Anfang hatten sie auch das extrem an "Losing my religion" erinnernde "We both go down together" und die Ballade "Engine Driver" gebracht.

Zwei Zugaben gab es auch noch , zusammen mit der Band von Lavender Diamond, inklusive einem kleinen Kind, welches mit Kopfhörern ausgestattet auf die Bühne gebracht wurde. Es war schon grotesk, aber zugegebenermaßen rührend und herzerwärmend!

Am Ende traf ich auch noch die nette Solveig, die ich über MySpace kennengelernt habe. Hallo Solveig, falls Du das hier liest, nice to meet you!

Mit "Oh Valencia" im Ohr trottete ich dann gutgelaunt nach Hause.

von Oliver


2 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Ha! Genau die Szene habe ich auch schon erlebt! Bei Mates of State kam am Ende das Bandkleinkind mit auf die Bühne, mit Ohrenschützern.

Das scheint auch im großen Handbuch für Rockstars zu stehen!

E. hat gesagt…

interessant finde ich, dass auch ich mich schon versucht sah, meiner frau wegen ein statement richtung ehr und treue abzugeben. aber meine süße ist mehr als nachsichtig. außerdem fällt auf, dass unsere generation einige ergebenst treue "trottel" aufzuweisen hat. wir sind so ´ne mischpoke zwischen den stühlen - machois- und feminismus. gefällt mir aber, beständigkeit im wandel!! weiter so, oliver und christoph!

 

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