Konzert: Ocotillo
Ort: Wohnzimmer in Frankfurt
Datum: 22. März 2016
Dauer: 55 min (+50 min)
Zuschauer: knapp 50
Where are you going? Somewhere I can dream.
(lyrics in Fence building)
Click for English version below
Im April 2014 begegnete ich der Musik von Kirsty McGee aus Manchester und war sofort bezaubert. Das war geerdet und voll Liebe zum Leben mit einer so innigen Stimme und einer mich sehr anrührenden Aufrichtigkeit. Besonders froh machte mich aber, dass wir uns bei einem ganz besonderen Konzert in meinem Wohnzimmer im Oktober 2014 auch persönlich kennen lernen konnten. Lange leuchtete dieser Abend und das Album Those old demons noch in mir nach. Für Kirsty war aber nach der Tour im Herbst 2014 irgendwie die Luft raus. Sie war sich nach zwölf Jahren und sieben Alben nicht mehr sicher, ob sie weiter Musikerin sein konnte oder ob es nicht Zeit für einen neuen Lebensabschnitt sei. Bis sie in der kalifornischen Wüste zur Ruhe kam und dort schließlich auf Robert Garson traf. Während ihrer Zeit beim Joshua Tree Festival 2015 stellten sie fest, dass die Musik des jeweils anderen in besonderer Weise Resonanz findet und Freude auslöst.
Der Plan für ein gemeinsames Projekt, das den Namen Ocotillo erhielt, war geboren. Kirsty benutzte ihr Netzwerk, um in Europa eine vierwöchige Tour zu buchen in Cafés auf kleinen Bühnen und in Wohnzimmern. Robert sollte natürlich auch so viel wie möglich von Europa sehen, hatte er doch die US-amerikanischen Küsten noch nie verlassen. Einige (ziemlich desaströse) Skype-Proben, und vier Tage in Manchester zum erarbeiten eines gemeinsamen Programms später machten sie sich auf den Weg. Kirsty sagte mir, diese Tour zu buchen wäre so leicht gefallen wie lange nicht und auch die bisherigen Tage wären für sie eine einzige große Freude und Gabe gewesen. Zunächst ging ihr Weg durch Großbritannien, dann aber auch "nach Europa", nämlich Brüssel, Prag, Wien und Bratislava und viele (meist) kleinere Städte in Deutschland und den Niederlanden.
Ursprünglich hatte ich gehofft, mir diese musikalische Zusammenarbeit während einer Konferenz in Bonn näher ansehen zu können, aber als ich diese Reise absagen musste, konnte ich zum Glück auf Frankfurt "ausweichen". Kirsty hatte mir den Kontakt vermittelt und zu meiner Freude hatte Peter - der Gastgeber in Frankfurt - keine Probleme, mich zum Konzert für Freunde in der WG dazu zu bitten. Sehr witziger Moment für mich war, auf der Strecke vom Bahnhof, die ich so oft schon - meist in Eile - gelaufen war zum ZOOM, zur Oper oder in andere Orte der Innenstadt, nun in eine Tür einzutreten und mich in einer Gründerzeit-Wohnung zu finden mit viel Atmophäre, hohen Räumen und auch vielen Bewohnern. Kurz später auch mit sehr vielen Gästen!
Das Set startete verführerisch tänzelnd im 20er Jahre Stil mit einem Song von Kirsty mit einem fast trotzigen Motto: Come what may. Der sofort beim Publikum einschlug. Richtig enthusiastisch wurde der Applaus aber nach dem zweiten Song, denn hier mischten sich die Stimmen zu einem wunderbaren Duett und das mit einem Bogen angestrichene Glockenspiel gab eine wunderbare weitere Farbe zu Roberts Blueslied. Und es zeigte sich, dass hier das Duo wirklich mehr als die Summe seiner Teile war. Sie ergänzten sich stimmlich und in der Musizierweise zu einem viel sprechenderen Ganzen als es jede/r für sich gewesen wäre.
Der Song Survival mit dem Refrain I'm a survivor klingt für mich immer wie Filmmusik, obwohl diese Rolle ja dem wunderbaren und von mir heiß geliebten Lied Sandman zufiel, das als nächstes auf dem Programm stand und mit Lapsteel geboten wurde. Für diesen Song könnte ich mir auch eine ganze CD mit Versionen vorstellen, wie für Gloomy Sunday... Robert erzählte uns, dass er den Instrumentenkasten des Lapsteel-Oldtimers (aus den 1950er Jahren) vor dem Abflug noch schnell ersetzen musste und sich als einzig praktikable Lösung die Hülle eines AK47 anbot.
Sie erzählten auch darüber, dass sie die langen Autofahrten dafür nutzten, ihre Duett-Fähigkeiten zu polieren. Der Blues Nobody knows von Robert wurde mit Hilfe der singenden Säge ganz besonders eindrucksvoll und irgendwie auch traurig. Leider war die Bassflöte kaputt darum fiel ein Lied des vorbereiteten Programms weg. Im nächsten Stück A trick of the light klang mir ihr inniges Duett wie Glen Hansard und Markéta Irglová aus dem Film Once. Eine der drei Gitarren aus Kirsties Sammlung, die mit auf die Reise kommen durften, stammt aus einem Laden in Aarhus und wird von ihr liebevoll Fritz genannt. Deshalb fände sie es immer wieder lustig, in Gegenden zu kommen, wo ihr Fritzcola angeboten würde - wie z.B. in Frankfurt an diesem Abend.
Die vielen eingesetzten Instrumente - von Kirsty zu beginn etwas salopp als bunch of toys kann man natürlich etwas belächeln; und sie sind unterwegs auch nicht nur von Vorteil. Aber ich fand im Laufe das Programms, dass jedes Mal das gewählte zusätzliche Instrument wirklich das Universum für den Song mit schuf und ermöglichte und damit keineswegs überflüssig war. Das galt auch für die Kalimba zu Come on und die Flöte im letzten Song des ersten Sets. Nach 50 min war die Herrlichkeit zunächst vorbei und in der Pause ergaben sich Gelegenheit zum CD-Kauf und auch zum Geschichtchen tauschen.
Für mich war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass ich nach der Pause maximal noch für ein oder zwei Lieder des zweiten Sets bleiben können würde, weil mein Zug "rief". Zu meiner Freude stand das atemlos innige Pray als erster Song auf dem Programm - über eine ganze Strecke ganz acapella. Weitere elf Songs von der Setlist musste ich leider verpassen. Aber es überwog doch sehr deutlich und eindeutig die Freude über diesen ganz besonderen Abend über die Trauer, was ich verpassen musste.
Alle Bilder
Setlist:
01: Come what may (K)
02: Fence building
03: Survival (K)
04: Sandman (K)
05: Nobody knows
06: A trick of the light (K)
07: Come on
08: Electricity (K)
09: Free life
10: Pray (K)
usw.
11: Dollar (K)
12: Dark night
13: Little stars (K)
14: I'm just saying (singende Säge)
15: Dark Mary (gestrichenes Glockenspiel)
16: Imaginary kiss (K)
17: Drive on (Phono-Fidel)
18: Bad curiosity (singende Säge)
19: Madness & the moon (K)
20: Pancho & Lefty (Z, singende Säge)
21: Pony (Z)
English version
In April 2014 I met the music of Kirsty McGee from Manchester and immediately was enchanted since it was grounded and full of love for life with so intimate a voice and to me very touching sincerity. For that I was particularly pleased with a (very special) concert in my living room in October 2014. For a long time now this evening and the album Those old demons have shown a light in my heart. But after this tour in autumn 2014 Kirsty was no longer certain, whether she would continue to be a musician or whether it was time for a new step in her life. Until she came to rest in the California desert, where finally she met Robert Garson. During their time at the Joshua Tree Festival in 2015, they found that the music of the other resonates in a special way and triggers joy.
The plan for a joint project, which was named Ocotillo, was born. Kirsty used her network to enroll in a four-week Europian tour in cafes, on small stages and in living rooms. Robert should, of course, also see as much as possible of Europe, as he had never left the US coasts before. Some (fairly disastrous) Skype renditions, and four days in Manchester to work out a common program later they were on their way. Kirsty told me to book this tour felt so easy to her and also the previous days of touring had been one great joy and gift for them both. First, their path had led through the UK, then "to Europe", namely Brussels, Prague, Vienna and Bratislava and many (usually) smaller towns in Germany and the Netherlands.
I had hoped to be able to have a closer look at this musical collaboration during a conference in Bonn. When I had to cancel this trip, fortunately, I was able to "sidestep" to Frankfurt. Kirsty had brought me in contact with the host in Frankfurt and to my delight Peter asked me to his concert for friends in his flat. A very funny moment for me was when on my route from the railway station, which I so often - usually in a hurry - take to ZOOM, to the opera or to other places downtown, now I could enter a door and find myself in a Wilhelminian apartment with high ceilings and many residents. Shortly afterwards, also with many guests!
The set started seductively prancing in a 20s-style with a song by Kirsty with an almost defiant motto: Come what may. This was immediately warmly welcomed by the audience. Really enthusiastic applause arose after the second song, because here the voices blended into a wonderful duet. Moreover, the bowglock gave a wonderful additional color to Robert's Blues song. And it turned out that here the duo was truly more than the sum of its parts. They complemented each other vocally and in the music-making.
The song Survival with the refrain I'm a survivor always sounds to me like music from a film, although this role fell to the wonderful and much loved song Sandman that was the next on the program and offered with Lapsteel. For this song I could imagine a whole CD with versions, as for Gloomy Sunday... Robert told us that he had have to replace the box for his Lapsteel Oldtimer very quickly before departure to Europe and as the only workable solution came up with the bag of an AK47.
We were also told that they used the long car trips to polish their duet skills. The Blues Nobody knows by Robert was made especially impressive by the singing saw and somehow really sad. Unfortunately, the bass flute was broken and for that a song of the prepared program had to fall away. In the next piece A trick of the light to me they sounded as intimate a duet as Glen Hansard and Markéta Irglova from the movie Once. One of the three guitars of Kirsties collection that were allowed to come along for the ride, came from a store in Aarhus and got the nickname Fritz. Therefore, Kirsty would find it always funny to come into areas where Fritz Cola is offered - such as in Frankfurt this evening.
The many instruments used - Kirsty casually called them our bunch of toys - can of course be laughed at; and while traveling they are not only beneficial. But during the program I found that every time the selected additional instrument really created the universe for the song and thus was not superfluous at all. This was also true for the kalimba in Come on and the flute in the last song of the first set. After 50 minutes, the glory was over for the moment and in the break there was time to get CDs and also a few stories were exchanged.
For me at that moment it was already clear that I would only stay for one or two more songs in the second set after the break, because my train "called". To my delight the breathless intimate Pray was the first song on the program - acapella over a long while. Unfortunately, another eleven songs from the setlist I had to miss. But very clearly and unambiguously the joy to have been part of this very special evening prevailed over the grief about what I had to miss.
Ocotillo European tour 2016
MARCH
02 Kings Arms: Salford, UK
04 Ireshopeburn Library Institute: Ireshopeburn, UK
05 Upfront Gallery: Penrith, UK
06 Nab Cottage: Ambleside, UK
08 The Wonder Inn: Manchester, UK
09 The Hawthorns: Glastonbury, UK
11 House concert: Brussels, Belgium
12 House concert: Neeritter, Netherlands
13 Sijf: Rotterdam, Netherlands
14 Cafe La Victoria: Bonn, Germany
15 Kater Murr: Nuremberg, Germany
16 Cayman Bar: Gunzenhausen, Germany
19 Schwarzberg (with Son of the Velvet Rat): Vienna, Austria
20 Rustique: Bratislava, Slovakia
22 House concert: Frankfurt, Germany
23 House concert: Wuppertal, Germany
24 Tom Bombadil Pub: Solingen, Germany
27 Kelmarsh Hall @ 1pm: Kelmarsh, UK
27 Green Note @ 8pm: London, UK
28 House concert: Hastings, UK
APRIL
02 Churchtown Farm Barn Concert: Plymouth, UK
Aus unserem Archiv:
Kirsty McGee, Karlsruhe, 19.10.14
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