Montag, 12. August 2024

LIve /s Live Festival - Antwerpen

 


Konzert: Live /s Live Festival Antwerpen
Ort: City of Antwerp
Datum: 28.-30.06.2024
Dauer: 3 Tage
Zuschauer: ca. 20.000/Tag


Ein Bericht unserer Gastautorin Sonja: 

Für mein erstes Festival in diesem Jahr, reise ich nach Antwerpen. Das Line- Up und die „anfängliche“ Wetterprognose sieht vielversprechend aus. Am Freitag verpasse ich die wunderbare Bess Atwell und auch Alvvays, da ich erst am späteren Nachmittag anreise. So startet die Erkundungstour des Geländes zu den entfernten Klängen von Ben Howard. 

Das Gelände ist sehr großzügig und liebevoll hergerichtet. Überall auf dem Gelände sind überdachte Sitzgelegenheiten verteilt und auch Bars sowie Food Trucks sind ausreichend vorhanden. Da es sich bei dem Festival Gelände um einen Park in der Stadt handelt gibt es vor Ort kein Camping. Aber Antwerpen bietet zahlreiche Hotels um sich hier ein komfortables Festival Wochenende zu gestalten. 


Für den ersten Abend habe ich nur The National auf dem Plan, die als Headliner für diesen Abend mit leichter Verspätung dafür aber gut gelaunt die Bühne betreten. Das Set ist eine gelungene Mischung für ein Festival-Gig. Alle „All Time Favourites“ wie Bloodbuzz Ohio, I Need My Girl, Conversation 16, Light Years, Fake Empire uvm. sind dabei. Aber auch die neuen Songs wie Eucalyptus und Tropic Morning News fehlen nicht. Mein persönliches Highlight war der wundervolle Track „England“ vom Album „High Violet“.


In einem Bericht habe ich mal den Kommentar gelesen: „Matt Berningers Bariton ist ein Geschenk der Götter, völlig gleich ob er schmachtet, kratzt oder bricht“. Wenn dazu noch die Gitarren von Aaron und Bryce Dessner jauchzen und das Schlagzeug sowie der Bass von den Devendorf-Brüdern Bryan und Scott ihre angetraute Schlagzahl gefunden haben ist das „The National Feeling“ da. 


Eine umarmende Melancholie, die einen emotional tief berührt, aufgewühlt und gleichzeitig auch hoffnungsvoll zufrieden zurücklässt. Und genau all dies durfte man an diesem Abend erleben. Es ist das das dritte Mal das ich diese wunderbare Band live sehen durfte und es war bestimmt nicht das letzte Mal. 


Der Samstag hält tolle Namen parat, auf meiner Liste stehen Lord Huron, Paolo Nutini und Editors. Lord Huron stehen bereits um 15:00 Uhr bei strahlendem Sonnenschein auf der Bühne. Sie starten ihr Set mit „Meet me in the Woods“ dessen Rhythmus gut zum gute Laune Wetter passt. Alle bekannten Songs wie z.B. „Dead Man ́s Hand“, „Ends of the Earth“ sind dabei. Das wunderbare „I lied“ fehlt leider und auch wenn sie Ihren Auftritt mit ihrem größten Hit „The Night We Met“ beenden, will der Funke bei mir nicht überspringen. Vielleicht liegt es an dem guten Wetter und dem Auftritt im Sonnenschein, was bei mir leider dazu führt, dass die emotionale schwere der Songs, die ich so mag, nicht bei mir ankommt. 


Der schottische Sänger Paolo Nutini mit seiner unfassbar berührenden und intensiven Soulstimme braucht nicht viel Show auf der Bühne. Er steht lässig mit T-Shirt und Jeans auf der Bühne und überzeugt durch die abwechslungsreichen Tracks. Sei es von den Songs der vorigen Alben wie „New Shoes“, „Candy“ bis hin zu den aktuellen „Afterneath“ und „Acid Eyes“ von Last Night In The Bittersweet. Auch der Stil reicht hin von rockigen Nummern bis zu den richtig gefühlvollen Einlagen. Wenn er beispielsweise bei „Through The Echoes“ das Publikum mit einbezieht und mitsingen lässt. Zum Abschied gibt es dann einen gute Laune Song zum Wohlfühlen. Mit „Shine a Light“ verabschiedet er sich und es bleibt das Gefühl: "Da war mehr drin".


Auf Editors freue ich mich heute besonders.  Die musikalische Entwicklung der Band gefällt mir mal mehr und mal weniger. Der charismatische ​ Bariton von Tom Smith fesselt mich aber immer. Trotzdem ist die Hoffnung groß, dass die Setlist an diesem Abend möglichst viele Songs von den ersten beiden Alben The Back Room und An End Has a Start beinhaltet. Die Show startet mit „Strawberry Lemonade“ direkt gefolgt von „An End Has a Start“ und die düstere Stimme von Smith hat mich in diesem Moment schon abgeholt. Die Abwechslung zwischen New Wave und Indie-Rock präsentiert die Band in dunkler Kleidung und auf der Bühne gibt es Pyrotechnik und Stobogewitter bei Songs wie „The Racing Rats“ und „Picturesque“. Aber nicht mehr soviel und übertieben wie auf den letzten Tourneen. Das Songmaterial hat Vorfahrt.

Zum Ende des Sets spielt Tom Smith das Intro zu „Smokers Outside the Hospital Doors“ als Akustik-Version und trifft mich mitten ins Herz, als die Band einsetzt und diesen berührenden Song mit viel Kraft unterstützt ist für mich klar, emotionaler wird es heute nicht mehr. Als Zugabe gibt es noch den absolut unter die Haut gehenden Song „No Sound but the Wind“, der von Smith selbst am Klavier begleitet wird und der Editor Klassiker „Papillon“ darf natürlich auch nicht fehlen und beendet ein für mich perfektes Konzert. Editors können immer noch Headliner, auch wenn sie dazu nur noch in Benelux und England Gelegenheit bekommen.


Alle guten Dinge sind drei, oder nicht? Der dritte Tag hält auch bekannte und vielversprechende Namen bereit. Für mich gibt es heute Mogwai, Interpol und The Smashing Pumpkins. Ein klein wenig 90er Nostalgie..... Mogwai sind dafür bekannt, keinen konventionellen Songstrukturen zu folgen und kommen auch fast immer ohne Lyrics aus. Die Band betritt wenig spektakulär die Bühne und beginnt ohne große Worte ihr Set mit „Yes! I Am a Long Way From Home“ direkt gefolgt von „I ́m Jim Morrision,I ́m Dead“. Der langsame Aufbau und die instrumentale Vielschichtigkeit begeistert mich. Bei den weiteren Songs wie „Kids will Be Skeletons“ und „Mogwai Fear Satan“ erlebt man wahre Klanglandschaften die eine düstere melancholische Atmosphäre zaubern. Ein super Live Erlebnis auch wenn ich sie lieber bei Nacht gesehen hätte. 


Interpol Touren ja bereits seit ein paar Wochen durch Europa und kommen wie gewohnt relaxed und komplett in schwarz gekleidet auf die Bühne. Den Auftakt macht C ́mere gefolgt von Narc. Leider ist der Gesang von Paul Banks sehr leise und "matschig" abgemischt. Ob es an der beanspruchten Stimme oder dem Techniker lag kann ich nicht beurteilen. Auch bei den weiteren Songs wie „My Desire“ oder „Into the Night“ ist der Sound nicht richtig gut. Bei „Evil“ und „Not Even Jail“ konnte man kurz erahnen das Interpol auch Live zu überzeugen wissen. 

Zum Finale des Abends und zum Ende des Wochenendes verabschiedet sich das gute Wetter, nun regnet es in Strömen. Also ab unter den Regenponcho und vor die Bühne. Smashing Pumpkins Sänger Billy Corgan gilt im Allgemeinen als schlecht gelaunt, sollte also zum Wetter passen. Bei diesem Konzert war dann alles anders und zudem noch erstaunlich gut.

In einem wallenden Mantel/Kleid in schwarz-weiß kommt er auf die Bühne, Gitarrist James Iha und Drummer Jimmy Chamberlin sind wieder mit dabei, was mich sehr freut. Das Set startet wie erwartet ohne große Worte mit „The Everlasting Gaze“ gefolgt von „Doomsday Clock“ man merkt schnell, Corgan hat trotz des Regens heute gute Laune. Jubelt mit den Fans, macht Ansagen, immer wieder sieht man ihn lachen und tanzend die volle Breite der Bühne nutzen. 



Zeitweise spielt er mit Handtuch auf dem Kopf und schaut dann aus wie ein ägyptischer Pharao, der im Regen steht. Das Licht der Scheinwerfer wird durch den Regen ganz speziell reflektiert, eine Leinwand gibt es keine. Gut so.

Auch wenn meine Schuhe und Hose mittlerweile komplett durchfässt sind, klingt die Band so gut. Befreit, heavy, schön, laut, gar nicht wie auf Platte, aber trotzdem erkennt man die Songs schon ab Note eins. „Disarm“, „Today“, „1979“, „Zero“ und The World is an Vampire... „Bullet with Butterfly Wings“ – alle Hits sind dabei. Zugegeben für mich war viel Nostalgie bei diesem Konzert im Spiel. Allerdings, wenn schon Nostalgie, dann so souverän, freudvoll und frisch wie von den Smashing Pumpkins an diesem Abend. 


Auch wenn die Wetterprognose nicht bis zum Ende durchgehalten hat, so hat das Line-Up gehalten was es versprochen hat. Viele einmalige Momente mit großartigen Künstlern in einem wunderbaren Ambiente von Antwerpen.


 

Konzerttagebuch © 2010

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