Konzert: Stereophonics
Ort: Carlswerk Victoria, Köln
Datum: 04.02.2020
Dauer: 110 min (Nadia Sheikh 30 min)
Zuschauer: nicht ausverkauft (unter 1.600)
von Astrid aus dem Ruhrgebiet
Vorgestern verschlug es mich mal wieder nach langer Zeit vom Ruhrgebiet nach Köln. Man wird älter und bequemer. Die Bereitschaft, in der dunklen und nasskalten Jahreszeit eine weite Strecke in Kauf zu nehmen, sinkt merklich...
Doch für die Stereophonics habe ich mich nun aufgerafft, schließlich habe ich diese fantastische Band bisher nur ein einziges Mal live gesehen.
Beim Carlswerk Victoria handelt es sich um eine relativ neue Veranstaltungs-Location, sie entspricht in etwa der Kölner Live Music Hall.
Die Halle, die seit Ende 2018 für Konzerte genutzt wird, befindet sich in der Nähe des E-Werks und des Palladiums. Einen dicken Pluspunkt gibt es für das eigene (kostenpflichtige) Parkhaus mit 440 Stellplätzen! Da die Halle noch nicht wirklich bekannt ist, irrten wir, phasenweise begleitet von anderen Fans, herum, um die Halle zu finden. Erstaunlicherweise konnte man uns in den rundherum ansässigen Locations auch keine Auskunft geben, die ganze Szene dort entsteht gerade erst.
Als uns ortskundige Fans zum Eingang führten, sahen wir noch einige Besucher Tickets an der Abendkasse kaufen. Vermutlich reichte die Nachfrage jedoch nicht, um alle verfügbaren 1600 Tickets abzuverkaufen.
Es gab mehrere Getränke-Theken, sogar eine Express-Theke, an der Flaschen (ohne Deckel) verkauft wurden.
Punkt 20:00 Uhr trat die aus Spanien stammende Wahl-Londonerin Nadia Sheikh mitsamt Band auf die Bühne. Das Publikum rutschte ein Stückchen näher Richtung Bühne, doch insgesamt war es nur in den vorderen Reihen gefüllt. Die bis dato wohl ziemlich unbekannte Nadia lieferte eine solide und qualitative Show ab. Ihre Stimme war gewaltig, die Fans honorierten es mit starkem Applaus und dichter werdenden Reihen.
Nadia bedankte sich überschwänglich bei den Stereophonics für das Engagement während der kompletten Europa-Tour und erkannte treue Fans in den ersten Reihen wieder, die sie bereits auf vorausgegangenen Konzerten gesichtet hatte.
Bis 20:30 Uhr spielten Nadia und ihre Band, das Publikum war tatsächlich ein wenig angeheizt und aufgetaut. Dies wurde allerdings durch die 30-minütige Umbaupause mit eher nerviger Musik aus der Konserve wieder zunichte gemacht.
Pünktlich um 21:00 Uhr traten dann endlich die Stereophonics auf die Bühne und Sänger Kelly Jones legte direkt mit dem 19 Jahre alten Klassiker Mr Writer los.
Die Stimmung war vom ersten Moment an toll, die Phonics haben dankbare Fans! Das Alter lag geschätzt bei 40plus, es dürften kaum neue Fans dabei gewesen sein. Die Textsicherheit der Fans fokussierte sich ganz klar auf die früheren Songs... Das Publikum war optisch bunt gemischt, aber die Stimmung untereinander war sehr gut, man hielt Plätze für Getränkeholende frei und nahm Rücksicht aufeinander.
Ein wenig wunderlich kam die Weihnachtsbeleuchtung über der Bühne daher, aber man gewöhnte sich schnell an dieses Bühnenbild.
Direkt im Anschluss ging es ohne große Worte weiter mit dem 2005er Hit Superman. Beim darauffolgenden Geronimo beeindruckte dann ein Saxofon-Solo.
Mit Maybe tomorrow dann ein weiteres Highlight. Dieser Song wurde erst einmal von Kelly alleine mit seiner Gitarre eingeleitet, ausklingen durfte er später durch den Gesang des Publikums.
Der 22 Jahre alte Song Hurry up and wait war einer der Oldies des Abends und nicht ganz so bekannt, bevor dann bei Have a nice Day wieder jeder mitsingen konnte, und wenn es nur „babada-bababadada“ war.
Mit Bust this Town wurde anschließend der erste Song des neuen Albums Kind angestimmt. Recht spät, wenn man bedenkt, dass es sich um die Kind-Tour handelt. Aber natürlich machte keiner der Fans den Eindruck, es sich anders gewünscht zu haben. Insgesamt wurden sechs Songs vom neuen Album gespielt, wobei ich den Eindruck hatte, dass die Stimmung bei Don't let the Devil take another Day am besten war.
Mr and Mrs Smith war der erste Song, zu dem Kelly ein paar Worte verlor, er erklärte den Fans den Inhalt. Überhaupt war er recht wortkarg. Die häufigste Interaktion mit dem Publikum bestand darin, ein paar Mal zu lächeln und die Fans zum Klatschen und Mitsingen zu animieren. Positiv fiel mir auf, dass das Publikum immer wieder für längere Augenblicke angeleuchtet wurde und somit auch für die Band gut zu sehen war, worüber sich vor allem Bassist Richard Jones zu freuen schien. Jamie Morrison durfte sein ganzes Können bei einem Schlagzeug-Solo zeigen und wurde gebührend beklatscht. Die anderen Bandmitglieder blieben eher unauffällig.
Auch zum späteren Song Elevators gab es noch ein paar erklärende Worte von Kelly. Außerdem erzählte er uns, dass er die Songs für sich selber schreibt und sie uns anschließend präsentiert. Wer hätte das gedacht?
Ein wenig enttäuscht war ich von einem meiner Liebslingshits, Graffiti on the Train. Irgendwie kam live die ganze Tragik des Songs nicht so gut herüber...
Nachdem dann einige ruhige Songs das Publikum wieder ein wenig herunter kühlten, nahm das Konzert mit Just looking wieder volle Fahrt auf. Es folgte I wanna get lost with you und man hatte den Eindruck, dass nun auch der letzte Bewegungs-Verweigerer Spaß bekam. Das Konzert endete mit Local Boy in the Photograph, dem Oldie von 1997 - und die Halle kochte! Auch Kelly sah man nun deutlich die Anstrengung an, als er mit seinen Kollegen winkend von der Bühne ging... Erstaunlicherweise ließen sich die Stereophonics gar nicht lange bitten und kamen sehr zügig für ihre Zugaben zurück auf die Bühne. Die Stimmung ließ sich tatsächlich noch steigern, mit C'est la Vie und dem abschließenden Dakota, das als Zugabe nie auf einem Phonic-Konzert fehlen darf, konnte man es spätestens jetzt schon als Konzert des Jahres bezeichnen!
Nach diesen zwei Zugaben gingen Kelly und seine Band um 22:50 Uhr von der Bühne, nicht ohne dankend ihre Plektrons und Setlists ins Publikum zu werfen.
Während Nadia Sheikh sich am Merchandising-Stand präsentierte, machten sich die Stereophonics vermutlich schon auf den Weg zu ihrem direkt hinter dem Carlswerk parkenden „Phoenix Bussing Setra S431 DT“, da sie nun eine Nachtfahrt nach München vor sich hatten...
Die Songs wurden flott durchgespielt, leider gab es in Köln nur 22 davon. Das Highlight der Tour war bisher wohl Berlin mit 25 Songs. Aber schön, dass die Setlist jedes Mal ein wenig variiert wird, vor allem für die mitreisenden Fans!
Ein kleiner Wermutstropfen war die Abfahrt aus dem Industriegebiet. Da parallel das vom Radio präsentierte Konzert von Lewis Capaldi im Palladium zu Ende ging, entstanden lange Staus in alle Richtungen... Aber so konnte ich ganz in Ruhe in den neuen Erinnerungen schwelgen, ohne direkt über die dunkle Autobahn gen Heimat donnern zu müssen. Und ich merke auch bei dem Album Kind wieder einmal: Meine Begeisterung kommt langsam...aber sie kommt!
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