Konzert: Zeitgeist Festival
Ort: Doornroosje Nijmegen
Datum: 07.12.2024
Dauer: ein Tag
Zuschauer: ausverkauft
Von unserem Gastautor Jonas:
Was bewegt jüngere Generationen in Konzerthallen? Das Zeitgeist Festival in Nijmegen scheint es genau zu wissen.
Vergangenes Wochenende finde ich mich schon um 15:30 in einem prall gefüllten Saal, dabei hat die erste Band ihr Set noch gar nicht begonnen.
Wie kann das sein?
Redet man in Deutschland immer doch wieder nur darüber, junge Menschen überhaupt aus dem Haus und näher der Kultur zu bewegen, wurde hier indes vieles bereits erreicht. Alleine die ersten beiden Konzerte des Festivals können so sehr begeistern, dass ich mir sicher bin, dass ich die Gleichen und noch mehr Jugendliche auch nächstes Jahr wieder sehen werde.
Angefangen mit der Location: das Doornroosje ist nicht nur zentral gelegen, es bietet zudem drei interne Säle mit voller Ausstattung und exzellenter Sound, zahlreiche Bars mit Sitzgelegenheiten, eine Fahrradgarage, eine Merch-Etage etc. Ein reibungsloser und angenehmer Ablauf ist hier schonmal sicher.
Und dann stehe ich pünktlich vor der Hauptbühne und das Festival beginnt mit Maruja, welche dem Haus sichtlich nicht neu sind.
Wie eine Bombe schlagen Bass, Schlagzeug und (Sprech-) Gesang ein – aufgefangen werden sie immer wieder von jazzig, sphärischen Passagen eines Saxophons. Mit enormer Wucht spielt die Band das vorne tobende (15:00h) Publikum an. Trotzdem ist der Auftritt auch sehr dynamisch Aufgebaut. Denn die Texte sind hier der Taktgeber der Klänge.
Mal entspricht die Musik wütenden revolutionären Erstreben nach Frieden und Gerechtigkeit und ein anderes Mal plädiert Frontsänger Harry Wilkinson für Zusammenhalt und Solidarität aller Menschen im Saal, während die Band ein psych.-rockiges Crescendo spielt. Mich erfüllt das Konzert mit Euphorie auf hoffentlich zahlreiche noch erscheinende Alben der Band.
Und dann sehe ich im Anschluss bereits den Grund, warum es mich überhaupt über die Landesgrenze bewegt hatte: Geordie Greep. Der ehemalige Frontsänger von Black Midi spielt zwar mehrfach in den Niederlanden, in Deutschland allerdings nur noch Berlin.
Greep und seine Band zeichnet vor allem eins aus: Spielfreude. Auch deshalb kommen sie einfach schon 10 Minuten früher auf die Bühne, seine Gitarre stimmt er dafür während des ersten Songs, der eigentlich auch nur ein spontaner Jam ist.
Damit ist aber noch nicht alles gesagt: Die Musik – eine Synthese aus Black Midi und brasilianischem Salsa – lebt von Übertreibung. Sie durchzieht erstens die Texte, welche meist aus der Perspektive von verbitterten und / oder geschiedenen Freiern erzählt werden. Und sie durchzieht den Klang der Gruppe, wenn sie in manchen Passagen die Hölle auf Erden bespielen und sich ein paar Takte weiter bereits darüber lustig zu machen.
Geordie Greep selbst hat durch einen neuen Gitarristen die Chance, sich allein auf seine Wortketten zu konzentrieren und sich in sein Kabinett an hoffnungslosen Charakteren genaustens hineinzufühlen. Dabei dirigiert er zusätzlich immer wieder seine Band, um spontan ausbrechen zu können. Dem Publikum ist seine Freude am Musizieren greifbar.
Gerne hätte ich noch den mehr als 10 Minuten langen Track „The Magician“ live gesehen, dafür spielt die Band fast jeden anderen Song des Albums durch. Teilweise werden sich Songs aus dem Publikum gewünscht, es wird häufig mitgesungen; für Black Midi-Verhältnisse alles unvorstellbar. Und es steht ihm gut.
Greep schafft das Pompöse und die großen Momente, verliert dabei aber nie an Komplexität.
Zwei aufstrebende Bands mit tollen Auftritten, progressiven Themen und eben für und mit einem jungen Publikum, ein hoffnungsstiftender Tag.