Kim Janssen (35 min) Garda (100 min)
Dreikönigskirche in Dresden
Zuschauer: etwa 350
Meine spontane Reaktion nach dem Konzert: Vielleicht mein bestes Konzert 2013? kann und werde ich hier sicherlich musikalisch gut begründen. Was wohl schwieriger wird, ist es nachvollziehbar zu machen, wieso mir der Ort der Dreikönigskirche so heimatlich und besonders ist. Im Bericht vom letzten Jahr finden sich dazu die Fakten. Aber das Gefühl in meinem Herzen ist sicher auch zum großen Teil subjektiv und nicht vollständig rational begründbar. Und es ist durch das schöne Konzert mit Nils Frevert, Tiny Ruins und Thos Henley Anfang September 2012 nur noch gewachsen. Ihre guten Geister stehen im Warten auf den Anfang des Konzertes 2013 sozusagen noch im Raum für mich.
Die besondere Stimmung des Raumes passt sehr gut zur Musik der beiden Bands, die für diesen Abschiedsabend geplant sind. Zwischen den Zeilen ist es eine feine Balance, dass Kim Janssen sich gerade entschieden hat, die Arbeit mit The Black Atlantik zugunsten seines eigenen Projektes zu beenden und Garda hier vor eine langen Konzertpause ein letztes Mal aufspielt - ein feierlicher Beginn und ein feierlicher Abschluss jeweils eines Lebensabschnittes finden hier also einen mehr als würdigen Rahmen. Man muss das aber nicht wissen, um zu spüren, dass dies ein besonderes Konzert werden wird.
Das Set von Kim Janssen ist zu großen Teilen solistisch mit Gitarre. Er wird aber dabei öfter am Piano und vom Bass unterstützt und in einigen Songs tritt auch ein Schlagzeug dazu. Mir erscheint es jeweils sehr gut ausgewogen und passend, wie sich Band und Person im musikalischen Anliegen ergänzen. Ein Rockkonzert wird es auch in voller Besetzung nicht, eher drängender und emphatischer in der Aussage der Songs. Der Schwerpunkt liegt in den nachdenklichen Liedern, aber z.B. Tors (was eigentlich auch noch Bläser und Streicher hat, die heut nicht dabei sind) ist ein unglaublich optimistisch nach vorn drängendes Stück, das aber nicht als Schluss stehen bleiben darf. Statt dessen setzt sich Kim für das letzte Stück Drift ans Piano und setzt einen ganz besonders innigen und ruhigen Punkt hinter sein Set in der Dreikönigskirche. So ist der Rahmen: Beginn Solo mit Gitarre und Ende sehr nachdenklich und ruhig am Piano sicher typisch und passend für die Gesamtfärbung dieses ersten Teils das Abendprogramms. Die Zwischenansagen geben den Songs jeweils noch eine Bedeutungsdimension, die das Hören allein nicht liefern könnte und sind willkommen und sympathisch.
Setlist Kim Janssen:
1) Commons
2) Casket
3) Tokyo
4) Lonely Mountains
5) Sommer Colony
6) Holes
7) Stiles
8) Wage
9) City of the Dead
10) Tors
11) Drift
Für das Set von Garda wird anschließend sehr viel auf die Bühne gebracht. Am Ende werden dort 8 Musiker in Reih und Glied sitzen, am rechten Rand durch Vibraphon und Schlagzeug aberundet, die die Reihe nicht einhalten können und müssen. Davor steht Kai Lehmann mit seiner Gitarre. Es hat fast etwas von einem griechischen Drama, wo der Chor die Aussage des Sängers vorn aufnimmt, wertet und sowohl wider- als auch wiederklingen läßt. Es ist eindeutig ein Gemeinschaftswerk und ein Gesamtkunstwerk, aber das Herz schlägt lebhaft vorn.
Besonders in Line-up ist, dass die ganze Band an diesem Abend dabei ist und zusätzlich noch durch zwei Geigen und ein Cello abgerundet wird. Es wird also ein besonderer Abend auch durch die besonderen Arrangements. Und dies zeigt sich gleich zu Beginn, als die Streichergruppe die ersten Takte ganz für sich bekommt und den Ton für den Abend setzen darf.
Gallows beginnt nach den Streichern wie hingetupft mit Schlagwerk und Klavier, steigert sich dann und endet mit einem Knall - was für ein Start!
Anschließend muss noch schnell ein übersehenes Mikro (Ronny am Schlagzeug fordert es sich mit seinem unnachahmlichen Charme ein) mit Strom versorgt werden, damit Upper lower water schön groovy rüberkommen kann. Die Streicher zupfen. Dieser Ton wird auch in Mistakes & Failures weitergeführt, wobei hier zwei Gitarren, Trommel und Gesang den Anfang machen, bevor Klarinette und Vibraphon noch eigene Akzente setzen.
Guilty wird dann vom Besen am Schlagzeug wie ein Wiegenlied im Dreiertakt eingestrichen und behält diesen Charakter bis zum Schluß.
Oh, Euphoria ist immer für mich ein besonderes Stück bei Garda. Auch an diesem Abend gibt es eine volle Ladung Gefühle: Es wird von rechts laut eingetrommelt und von links außen mit Mantra-artigen Gitarrenklängen begleitet bevor erst die Streicher und dann alle anderen Instrumente dieses spröde Gerüst füllen und miteinander verhandeln bis endlich die Sonne durchbrechen darf zu dem gesungenen Ergebnis, dass es nur eines Versprechens bedarf. Schließlich darf das besiegelt werden durch einen Herzschlag-artigen Schlußpunkt von rechts außen. Hier gibt es einen aus tiefsten Herzen kommenden euphorischen Applaus.
Es geht für mich sehr emotional weiter mit 00:00, das stets mit so Ursuppengeräuschen beginnt - etwas ungeformt und offen. Schließlich darf die Stimme von Kai einsetzen und gibt der offenen Stimmung etwas tröstliches, sozusagen ein Versprechen, dass er für eine gute Ordnung hier sorgen wird. Das wird vom Klaviereinsatz aufgenommen und das Stück nimmt anschließend eine rasante Fahrt auf, die das Versprechen zum Teil erfüllt, aber nichts perfektes zurücklässt.
Dagegen ist A heart of a pro im Anschluß sehr ruhig und zurückgenommen. Zu diesem Zeitpunkt auch ganz angenehm. Bevor in Ghosts ein flirrender Klangteppich wieder eine Entwicklung verspricht, die durch rhythmisch jagende Teile aufgelöst wird. Richtig atemlos wird es schließlich in Vessels wo die Steelguitar den Tonfall setzt und anschließend das Stück den Sänger hetzt. Als Mitmusiker und Zuhörer fallen wir schließlich früher oder später innerlich alle in den Trab ein und versuchen ihm als Weggenossen aufmunternd zuzulächeln, aber hinterher sind wir alle zwar irgendwie glücklich, aber erschöpft.
Black ist der Abschluss des eigentlichen Sets. Eine positive Morgenstimmung als Ausgangspunkt, die schließlich durch eine sehr intensive Antwort am Piano zu einem expressiven Ausbruch an allen Instrumenten geführt wird. Was für ein Schlusspunkt!
Black ist der Abschluss des eigentlichen Sets. Eine positive Morgenstimmung als Ausgangspunkt, die schließlich durch eine sehr intensive Antwort am Piano zu einem expressiven Ausbruch an allen Instrumenten geführt wird. Was für ein Schlusspunkt!
Natürlich rufen wir die Künstler zurück und erhalten noch drei Zugaben. Erst eher Kammermusikalisch, dann mit Band etwas melancholisch und schließlich noch einmal mit den Streichern alle Register ziehend irgendwie nachdenklich, aber doch mit Trost in den Abend geschickt. In meinem Herzen habe ich zu diesem Zeitpunkt nur ein tiefes Glücksgefühl und die Dankbarkeit darüber, hier dabeigewesen zu sein. Allen Gardaleuten nur das Beste für den Weg, der vor ihnen liegt verbunden mit dem Wunsch, irgendwann auch wieder hineinlunsen zu dürfen in die Ergebnisse!
Setlist Garda:
1) Gallows
2) Upper lower water
3) Mistakes & Failures
4) Guilty
5) Oh, Euphoria
6) 00:00
7) A Heart of Pro
8) Repeat & Control
9) Ghosts
10) Vessels
11) Black
12) Amidon Cover (Z)
13) My heart is empty (Z)
14) Chest (Z)
Mehr Bilder:
Aus unserem Archiv:
Sound of Bronkow 2013 Tag 2
Sound of Bronkow 2013 Tag 1
Sound of Bronkow 2012 Tag 3
Sound of Bronkow 2012 Tag 2
Sound of Bronkow 2012 Tag 1
Kim Janssen, Karlsruhe, 28.01.12
Garda, Mannheim, 31.05.13
Garda, Lörrach, 02.03.13
Garda, Karlsruhe, 20.04.12
Garda, Paris, 15.10.08
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen