Konzert: Line Bøgh
Ort: Scala Adorf
Datum: 20.04.2018
Dauer: 80 min
Zuschauer: 19
Line Bøgh und Christian Gundtoft kommen aus Dänemark nach Adorf, sie sind gerade im Rahmen einer Deutschlandtournee in der Gegend. Beide leben in einem Vorort von Kopenhagen in einer alten Fabrik. Dort arbeiten sie mit anderen Künstlern, haben ein Studio für ihre Musik und die Entwicklung der Visuals und ein Atelier/Galerie für Christians Kunst. Das klingt nach einem kreativen Platz zum Entwickeln neuer Ideen, den wir uns unbedingt einmal anschauen werden.
Wir erwarten einen audiovisuellen Abend. Der Soundcheck ist einer der kürzeren in diesem Hause, das Anbringen einer großen Leinwand und der Aufbau des Beamers beanspruchen eher etwas mehr Zeit. Christian erzählt, dass sich bisher in jeder Location eine Möglichkeit für die Leinwand fand. Das Set ist in jedem Falle wohnzimmertauglich. Bei uns waren beispielsweise die Galerieleisten hilfreich. Dann wurden der Beamer eingeschaltet und auf dem Fussboden verschiedene Positionen des Keyboards mit Klebeband für das Konzert markiert. Weiter habe ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gezeigt bekommen, was irgendwelche Schlüsse auf die Bilder das Abends zuließ.
Kurz vor halb Neun haben wir die Jalousien heruntergelassen und uns in die Dunkelheit begeben. Neben den Instrumenten wie Keyboard, Omnichord kamen nun Beamer, iPad und Apple Pencil zum Einsatz.
Line stand wörtlich im Fokus. Sie wurde meist angestrahlt vom Licht des Beamers. Ihre Musik wird im Internet als ArtPop bezeichnet. Ich erlebe sie als elfenhafte Lieder um Liebe, das Leben und Einsamkeit - gespielt mal mit Keyboard, mal mit Omnichord. Line hat sie sparsam arrangiert, hier steht bei der Musik immer auch der Gesang und damit der Text der Lieder im Mittelpunkt.
Ummalt wird Line von Christian. Während des Konzertes arbeitet er auf dem iPad mit ProCreate und erschafft spontane Szenen um Line herum. Er malt und löscht und malt neu, manches fügt er zu vorbereiteten Szenen hinzu. Manchmal spielt Line, nur das Mikrofon in der Hand, mit dem Licht und ein Spot verfolgt sie auf ihren Wegen vor der Leinwand. Immer untermalt Christian die Lieder von Line sehr gefühlvoll und oft nahegehend. Der eine oder andere Seufzer aus dem Publikum war bei den melancholischen Stellen ebenso zu hören wie die Ahs und Ohs bei besonders beeindruckenden Stellen.
Diese Art der Präsentation von Live-Musik hatte niemand im Publikum je gesehen - so zauberhaft und professionell und immer passend zu den Liedern. Für einen kurzen Bühnenumbau wurde ein Film eingespielt, ein Video zu einem ihrer Lieder „I know a Place“, in dem man Line und ihr von Christian gezeichnetes alter ego beobachtet. Danach spielt sie das Lied noch einmal live in einer Solofassung mit Omnichord.
Im Gegensatz zu Konzepten, bei den Filme oder Bilder eingeblendet werden, entsteht hier fast alles live und zeigt damit auch die große Kunstfertigkeit von Christian Gundtoft und die perfekte Symbiose von Musik und Malerei, wenn Christian die gesamte Leinwand von außen nach innen ganz langsam schwärzt und genau zum Ende des Songs auch das letzte Fleckchen Helligkeit verschwindet. Das sind die Momente an diesem Abend, wo es dann immer einen Wimpernschlag länger dauert, bis man sich endlich entschließt zu klatschen. Wir sehen die Skyline einer Großstadt an der Leinwand, einen Sternenhimmel der allmählich von großen Bäumen zugewachsen wird, die Geschichte zweier Liebender oder auch einmal lesen wir die Story von 2 Menschen, die es nie schaffen, sich zu begegnen obwohl sie immer auf der Suche sind („Give Sophie a Shot“).
Da Line in ihren Konzerten nicht gern über ihr eigenes Merch-Angebot spricht, haben die beiden auch dafür einen kurzen und sehr humorvollen Werbefilm gedreht.
Die meisten Songs des Abends stammen vom 2017er Album „Like Fire Like Fire“ und einige weitere vom 2013er Album „SOMETHING ELSE AND SOMETHING ELSE AND SOMETHING ELSE AGAIN“. Das Cover von „Like Fire Like Fire“ hat wiederum Christian Gundtoft gestaltet. Christian ist selbst bildender Künstler und malt neben dem iPad auf Papier und Leinwand. Zu Hause in Dänemark hat er großformatige Arbeiten hängen und ausgestellt. Auf der Tour hat er kleinere Papierarbeiten dabei.
Line und Christian spielen 2 Sets und eine Zugabe und werden zu Recht für diesen einzigartigen Auftritt gefeiert - bis spät in die Nacht!