Sonntag, 8. Dezember 2013

Dean Wareham, Paris, 07.12.13


Konzert: Dean Wareham
Ort: Point Ephémère, Paris
Datum: 07.12.2013
Dauer: Dean Wareham gut 70 min, Papercuts knapp 35 min
Zuschauer: 170 bis 200 



Wenn ich gefragt würde - ich werde aber leider nie danach gefragt - welche fünf Bands die wichtigsten meines Lebens wären, Galaxie 500 wäre immer dabei. Das Trio aus Boston, das sich 1990 nach drei Platten in drei Jahren schrecklich früh auflöste (altes Problem: eine Band, die aus einem Paar - Naomi Yang und Damon Krukowski - und einem weiteren Musiker - Dean Wareham - besteht, kann langfristig nicht funktionieren), hat diesen Liebling-Job bei mir seit den ersten Liedern, die ich von ihnen Ende der 80er Jahren gehört hatte, sicher. Im Gegensatz zu fast allen anderen Lieblingsbands hatte ich Galaxie 500 damals live gesehen (auf der Loreley beim Bizarre Festival), ich erinnere mich aber leider nicht mehr an dieses Konzert.


2010 beim von Belle & Sebastian veranstalteten Bowlie 2 stand der Frontmann, der die Jahre nach dem Split mit seiner neuen Band Luna zugebracht hatte, als "Dean Wareham plays Galaxie 500" im Programm. Ich war im Vorfeld skeptisch, nach ein paar Takten Flowers aber noch einmal neu verliebt und hatte mich nicht nur nach diesem Konzert gefragt, warum Galaxie 500 nicht den gleichen Stellenwert wie Gruppen wie  Nirvana haben. Und mir die Antwort gleich selbst gegeben: weil die Musikwelt enorm ungerecht ist - und weil Marketing offenbar nie Dean Warehams Stärke war. 

Vor einiger Zeit wurde Solomaterial des gebürtigen Neuseeländers Wareham angekündigt. Obwohl der Sänger seit 25 Jahren unzählige Platten (zuletzt als Dean & Britta mit seiner Frau und Ex-Luna-Bassistin Britta Phillips) veröffentlicht hat, sind die im September erschienene Single Love is colder than death und die nachfolgende EP Emanzipated hearts erstaunlicherweise die ersten Veröffentlichungen von Dean Wareham. 


Love is colder than death war für mich Liebe auf den ersten Blick. Das Lied ist schlicht grandios. Auch die anderen Stücke der EP überzeugen vollkommen, die Vorabsingle steht aber über allem.

Als Dean Wareham eine kurze Europatour ankündigte und keine Deutschland-Termine dabei waren, war eines der beiden Londoner Konzerte meine erste Wahl. Am Tag des Konzerts musste ich die Pläne kurzfristig ändern und stattdessen auf Paris umbuchen. Auch die Musiker hatten Probleme, in die St Pancras Old Church zu kommen, am Nachmittag twitterte Britta aus einem Zug, daß sie Hilfe benötigten, um es zum Konzert zu schaffen, weil der Zug bei Manchester sturmbedingt stillstehe. Die Band schaffte es nach London - und ich nach Paris in den Point Ephémère, einen kleinen Laden am Kanalufer, der vielleicht 250 Zuschauer fasst, leider aber nicht ausverkauft war.


Um halb neun begann das Vorprogramm zunächst mit drei Sololiedern des Supports Papercuts. Jason Robert Quever aus San Francisco, der sich hinter diesem Namen verbirgt, hat mit Dean Wareham als Produzent bei dessen Solodebüt gearbeitet. Die drei akustischen Lieder am Beginn gefielen mir gut, mit den beiden zusätzlichen Musikern Anthony LaMarca am Schlagzeug und Britta Phillips am Bass und einer elektrischen statt der akustischen Gitarre wurde es sehr gut. Ein tolles Vorprogramm, das perfekt zum Sound der "Hauptgruppe" passte!

Um halb zehn begann dann deren Part, mit Dean (Gitarre), Britta (Bass), Anthony (Schlagzeug) und Jason (Keyboard). Und es begann gleich mit den fabelhaften Love is colder than death. Eigentlich eine Verschwendung, einen solchen Hit gleich an den Anfang zu stellen. Aber da nur Hits folgten, störte das nicht weiter.

Die erste Phase gehörte den Solostücken. Die Band spielte zu Beginn auch The longest bridges in the world, The deadliest day since the invasion began und Emanzipated hearts (mit dem kurzen Weihnachtslied-Sample wie auf Platte). Das dazwischen gestreute When will you come home von On fire machte aber früh klar, daß das, was Dean Wareham auf Facebook angekündigt hatte ("playing the new EP and older tunes too") natürlich ernst gemeint war. Ich hatte auf eine "Werksschau" gehofft, auf Lieder aus allen Karrierephasen. 

Die zweite Konzertphase war dann genau das. Lieder von Galaxie 500, deren ersten Takte vom sehr andächtigen Publikum bereits gefeiert wurden und Moon palace und Lost in space von Luna (beide von Penthouse) wechselten sich ab. Dazwischen spielte das Quartett mit Air noch ein letztes Lied der EP. Air ist ein Cover der Incredible String Band (Dean: "even hippies can write good music").  


Auch wenn Love is colder... oder The longest bridges... oder The deadliest day... grandios waren und für sich wundervolle Lieder sind, standen sie in meinem Fan-Ohr im Schatten der Galaxie 500 Evergreens. Strange, Temperature's rising oder Tugboat gehören zu meinem persönlichen Weltkulturerbe und jedes von ihnen hatte die Fahrt nach Paris gerechtfertigt. Endlich Luna-Lieder live zu hören, war ein wundervoller Bonus zu einem ohnehin schon großartigen Abend! Mit Moon palace und Lost in space war ich auch sehr glücklich und ohne den anderen Luna-Mitgliedern zu nahe zu treten zu wollen, galt auch hier das gleiche wie im Fall von Galaxie 500. Auch solo oder mit "Ersatzband" funktionieren diese Stücke alleine durch Deans Stimme und Gitarre perfekt!

Anfang des Jahres erscheint das Solodebüt des Sängers, die neun Songs dafür sind fertig. 2014 wird eine Europatour folgen. Dabei werden die neuen Lieder sicher deutlich mehr im Vordergrund stehen. Aber es werden genauso sicher großartige Abende werden! Und wenn als Sahnehäubchen immer ein paar ältere Perlen dabei sind (dann vielleicht auch von Dean & Britta), umso besser!


Die beiden neben Fourth of July wohl bekannsteten Galaxie 500 Lieder Blue thunder (bei dem ich das Gefühl hatte, daß Dean einige wenige der ganz hohen Töne ausließ) und Tugboat beschlossen das reguläre Set. Als Zugabe folgte mit Ride into the sun eine Verneigung gegenüber Lou Reed, den Dean extrem schätzte. Das beste der drei Cover des Abends folgte aber danach und sorgte mit den ersten Bass-Tönen schon für Verzückung. Ceremony, der Joy Division Song, der erst von New Order nach Ian Curtis' Tod veröffentlicht wurde, ist auch in der Galaxie 500 Version atemberaubend. Vielleicht war Dean die Idee, das Lied ins Set aufzunehmen, beim unfreiwilligen Bahnstopp gekommen, gestrandet waren die Musiker nämlich in Macclesfield, dem Ort, an dem Ian Curtis starb und beigesetzt ist.

Ein Abend rund um viele musikalische Helden. Und einer, der mich glücklich macht, was für ein gutes Händchen ich doch bei der Wahl meiner Lieblingsbands bewiesen habe, egal, ob mich jetzt jemand nach denen fragt oder nicht.

Setlist Dean Wareham, Point Ephémère, Paris:

01: Love is colder than death
02: The longest bridges in the world
03: When will you come home (Galaxie 500)
04: The deadliest day since the invasion began
05: Emancipated hearts
06: Temperature's rising (Galaxie 500)
07: Strange (Galaxie 500)
08: Air
09: Moon palace (Luna)
10: Lost in Space (Luna)
11: Blue thunder (Galaxie 500)
12: Tugboat (Galaxie 500)

13: Ride into the sun (Lou Reed Cover) (Z)
14: Ceremony (Galaxie 500) (Joy Division / New Order Cover) (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Barcelona, 28.05.11
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Paris, 19.02.11
- Dean Wareham plays Galaxie 500, Minehead, 11.12.10



3 Kommentare :

Andy hat gesagt…

My German is rusty so had tO rely on Google to translate this but think I got the idea, I love Dean too! Fantastic pictures - thanks for this!

Christoph hat gesagt…

Thanks Andy! I was a fantastic concert - once again.

Christoph hat gesagt…

"It" not "I"

 

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