Konzert: Die Nerven
Ort: Húrra, Reykjavik (Iceland Airwaves)
Datum: 03.11.2016
Dauer: gut 40 min
Zuschauer: vielleicht 250 (volle Kneipe)
Ich habe gut drei Jahre und 2.200 km gebraucht, um endlich einmal Die Nerven live zu sehen und nach drei Minuten dachte ich, die ersten drei Jahre unserer Beziehung seien die besseren gewesen. Schlagzeuger Kevin Kuhn kam in T-Shirt und Unterhose auf die Bühne des Húrra, einer kleinen Kneipe in der Nähe des Kunstmuseums. Seine beiden Kollegen, Gitarrist Max Rieger und Bassist Julian Knoth waren zwar komplett bekleidet, schlossen sich aber Kevins Rockposen an. Albtraum war ein passender Titel für den Auftakt. Das also ist die spannendste Band* der spannenden Stuttgarter Szene? Dieses Rockgejamme? Es war zu voll, um gleich wieder rauszugehen - aber 40 Minuten können lang sein, wenn die Band schlimm ist.
Ein paar Augenblicke später dachte ich schon, daß 40 Minuten viel zu kurz sind. Im zweiten Lied (Barfuß durch die Scherben vom letzten Album Out) schwenkte meine leicht angeekelte Distanz um in kritiklose Begeisterung. Es stimmte, was alle auf mich eingeredet hatten, die Gruppe aus Esslingen ist eine fantastische Liveband mit mitreißenden Songs und faszinierend viel Energie.
Auch wenn viele Deutsche beim Airwaves waren, kannte sicher die Mehrheit im Saal vorher nichts von den Nerven. Aber sehr schnell zappelte jeder, auf der Bühne war auch wirklich reichlich überschüssige Energie vorhanden.
Die beiden Sänger Julian (der auch als All diese Gewalt Musik macht) und Max wechselten sich ab, stilistisch änderte sich dadurch nichts (es gibt ja solche Bands mit zwei Sängern, in denen die jeweilige Lieder typisch für den Sänger sind, Wolf Parade zum Beispiel).
Die Rockgesten, die es immer wieder gab, brauche ich nicht. Aber sie nervten irgendwann auch nicht mehr, weil die Lieder und die Art, wie sie gespielt wurden enorm stark waren. Bestes Stück war Angst, wobei sich das alles nicht viel nahm.
In den letzten Tagen bin ich unfreiwillig über einige dieser offenbar jetzt überall auftauchenden entsetzlichen Musiker wie Mark Forster, Tim Bendzko, Max Giesinger (vorher nie gehört) und Wincent Weiss (auch nicht) gestolpert. Wenn von einer neuen Musiker-Generation aus Deutschland die Rede ist, fallen diese Namen. Kein Wunder, daß man nach Island reisen muß, um die tollen deutschen Bands wie die Nerven oder Warm Graves kennenzulernen.
Setlist Die Nerven, Húrra, Reykjavik:
01: Albtraum
02: Barfuß durch die Scherben
03: Gerade deswegen
04: Schrapnell
05: Dreck
06: Blaue Flecken
07: Roter Sand
08: Angst
09: Der letzte Tanzende
Links:
- aus unserem Archiv:
- Die Nerven, Reykjavik, 03.11.16
- Die Nerven, Mannheim, 03.06.16
- Die Nerven, Bonn, 22.10.15
- Die Nerven, Rüsselsheim, 11.07.15
- Die Nerven, Stuttgart, 06.02.14
- Die Nerven, Stuttgart, 17.01.14
- Die Nerven, Karlsruhe, 07.12.13
- Die Nerven, Stuttgart, 06.09.13
- Die Nerven, Stuttgart, 01.08.13
* wobei sich da die Gelehrten streiten und auch Karies nennen
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