Konzert: Apes & Horses & Ollie Fury & Ollie Joe
Ort: Les Disquaires, Paris
Datum: 12.12.10
Zuschauer: etwa 40-50
In meinem Freundes-und Bekanntenkreis sind wir uns darüber einig, daß Ollie Fury alles mitbringt, um in der Musikszene den Durchbruch zu schaffen. Er hat eine unfassbare Reibeisenstimme (gurgelt er morgens mit Whiskey?), ungemein packende Songs und sieht zudem unverschämt gut aus. Kein Wunder, daß alle Mädchen auf ihn stehen! Aber Mutti ist immer dabei und passt auf, daß er seiner Geliebten nicht untreu wird. Nicht, daß seine Mutter eine Glucke wären, nein das nicht, sie ist vielmehr an der Musik ihres Sohnes interessiert, ohne ihn unter zu Druck zu setzen oder ihm dreinzureden. Heute kam sie mit ihrem Labrador vorbei und setzte sich in die Nähe der jungen Leute, die ansonsten die Location les Disquaires im Bastille-Viertel bevölkerten. Süß!
Zunächst war aber warten auf Godot, ähem, Ollie, angesagt, denn andere Acts traten vorher auf. Sein Bandkollege, der amüsanterweise ebenfalls auf den Namen Ollie hört, durfte unter dem Pseudonym Ollie Joe ran. In der Band von Ollie Fury spielt Olivier Mouchard Bass, in seiner eigenen Gruppe ist er Gitarrist. Den Bass hält bei ihm Julia, eine süße Pariserin und an den Drums tobt sich Cedric so richtig aus. Die drei jungen Menschen boten ein ansprechendes Set voller klassisch klinger Folk-Rocksongs ohne Schnörkel und Experimente und ließen keine Langeweile aufkommen. Besonders cool: die knackigen Gitarrensoli von Ollie Joe! Um die draufzuhaben, muss man schon gut spielen können, oder?
Danach wurde der Stil gewechselt, denn mit Apes & Horses trat eine junge Band auf, die sich den Stilrichtungen Dreampop, Shoegaze, New Wave Revival verschrieben hat. Aufgeweckte Burschen, die sich ihre bisherigen Konzerttermine alle selbst zusammengesucht haben. In den letzten Wochen spielten sie bereits in etablierten Schuppen wie dem International und dem Espace B, heute waren Les Disquaires fällig und im Januar geht es ins kultige Pop In. Nicht schlecht für grünschnäbelige Jungs, die aussehen, als würde sie noch die Schulbank drücken. Ein besonderes Händchen bewiesen sie für luftig-leichte Gitarrenmelodien, auf denen man davonschweben konnte. Auch ihre Lieder hatten bereits Potential, wenngleich noch etwas Feinschliff von Nöten ist. Ich traue ihnen künftig eine Menge zu, denn sie haben das Gespür für den ohrwurmigen Popsong, der einem in den Gehörgang klettert und nicht so schnell wieder da raus will. Am Ball bleiben ist also angesagt. Kurios: weil die Bühne für 4 Musiker zu klein war, spielte der Keyboarder Pablo außerhalb, irgendwo zwischen den Zuschauern. So etwas hatte ich auch noch nie gesehen!
Dann aber endlich Ollie Fury. Begleitet wurde er von dem Bongospieler Alexandre und dem bereits vorhin erwähnten Ollie (Ollie Joe), der nun am Bass zupfte und in die Melodica blies.
Von dem blendenden Aussehen von Ollie Fury hatte ich ja bereits gesprochen und viele, die ihn das erste Mal sehen, sagen: "der sieht ja aus wie ein Schauspieler!" Das Witzige ist: damit liegen sie richtig, neben der Musik ist Ollie auch am Theater aktiv! Angefangen mit der Musik hat der rotstichige Bursche in New York, wo er einige Jahre gelebt hat. Die Romantik und Le Vol hießen dort seine Bands und deren Songs sind auch alles andere als übel. Ich empfehle unbedingt, sich mal durch ihre Myspace Profile (zu finden unter den Top Friends) zu hören. Nachdem er (wieder) nach Paris kam, spielte er zunächst auf Brücken und in Bars, die kaum einer kannte. Dann lernte er mich kennen, spielte als Joker drei Songs bei einer meiner Oliver Peel Sessions und wurde bei dieser Gelegenheit von Erwane Broussine von Waterhouse Records und Camille, der Programmgestalterin vom Espace B entdeckt. Erfreuliche Folge: er hatte plötzlich Konzertermine im Pop in und im Espace B! Aber nicht, daß er meine Hilfe bräuchte, um nach vorne zu kommen. Sein Talent wird ihn früher oder später irgendwann ohnehin bekannt machen. Und bekannter wird er jetzt schon von Woche zu Woche mehr, was ihn nicht daran hindert, den steinigen Weg zu gehen und zusätzlich offiziell akkreditiert in der Pariser Metro (!) zu musizieren.
Heute chez les Disquaires musste er aber nicht die mitunter üble und zugige U-Bahnluft einatmen, sondern er konnte seine tollen Songs ganz entspannt bei gedimmten Licht im Warmen vortragen. Ein ausgiebiges Set vollgepackt mit reinrassigen Folkrocksongs gönnten uns die Jungs, das mit einem veritablen Hit abgeschlossen wurde. One Two, For You hat definitiv das Zeug in den Charts zu landen. In einer gerechten Welt würde diese Nummer in den College-Radios dieser Welt rauf und runterlaufen. Ein moderner Klassiker!
Ollie Fury ist ganz klar eine der Entdeckungen des Musikjahres 2010. 2011 werden ihn die anderen Pariser Musikblogger verfolgen, dessen bin ich sicher. Und dann kann ich wieder schelmisch grinsend behaupten: "Ach, der Kerl hat doch schon letztes Jahr bei mir gespielt!"
0 Kommentare :
Kommentar veröffentlichen